14. Juni
2023 bundesweiter Apotheken-Protesttag Berlin/Duisburg,
9. Juni 2023 - Die Apotheken in
Deutschland kämpfen nicht nur tagtäglich gegen Lieferengpässe bei
lebenswichtigen Medikamenten, sondern leiden auch unter zunehmender
Bürokratie, steigenden Energie- und Lohnkosten sowie einem
stagnierenden Honorar. Die Zahl der Apotheken geht seit Jahren
zurück, der Nachwuchsmangel wird immer greifbarer. Die
Apothekerschaft führt daher Protestaktionen gegen die untätige
Gesundheitspolitik durch, darunter die neuartige Initiative „Gegen
Zukunftsklau“.
Entwicklung der Apothekenzahl:
Apotheken in der Pandemiebekämpfung:
Start dieser Initiative, bei der die Standesvertretung der
Apothekerinnen und Apotheker Hand in Hand mit dem pharmazeutischen
Nachwuchs agiert, ist der Tag der Apotheke am 7. Juni, der dieses
Jahr im Zeichen des Apotheken-Protests steht. Am Vortag des Tages
der Apotheke veranstaltete die ABDA den Start der Initiative GEGEN
ZUKUNFTSKLAU“.
Aufteilung der Gesamtausgaben der
Krankenkassen:
Auszug: Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA –
Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V.: Die
Arzneimittelversorgung der Menschen in Deutschland durch öffentliche
Apotheken funktioniert noch sehr gut – und zwar flächendeckend in
allen Winkeln der Republik, jederzeit auch an Feiertagen und in
tiefster Nacht, entgegen allen Herausforderungen von Personalmangel
bis Lieferengpässen. Ich sage gerne, dass die Apotheke wie Strom aus
der Steckdose ist – sie ist einfach da.
Natürlich kann der
Weg zur nächsten Apotheke in der Uckermark ein paar Kilometer weiter
sein als in der Mitte Berlins, aber mit genau dieser
Unterschiedlichkeit und Vielfalt wollen und können wir als
Expertinnen und Experten der Vor-Ort-Versorgung auch die Menschen
versorgen. Gerade 3 die inhabergeführten Apotheken haben in den
vergangenen drei Jahren der Corona-Pandemie gezeigt, wie sie in
ihrem eigenen Umfeld jeweils passgenaue Lösungen für Patientinnen
und Patienten finden – egal, ob auf dem Land oder in der Stadt.
Aber die Bewältigung dieser riesigen Aufgabe fällt den
Apothekenteams immer schwerer, denn nach der Pandemie sind wir und
unsere Patientinnen und Patienten direkt in die nächste Krise
gestürzt: Die unsäglichen Arzneimittel-Lieferengpässe beschäftigen
unsere Teams mehrere Stunden pro Tag. Zusätzlich vergütet werden wir
für diese Bemühungen nicht. Ganz im Gegenteil: Durch Bürokratie und
von den Krankenkassen angeordnete Honorar-Streichungen werden wir
zusätzlich belastet.
Die Zahl der Apotheken ist im Jahr 2022
um 393 auf 18.068 Apotheken gesunken – die geringste Zahl seit
Anfang der 1980er Jahre. Im ersten Quartal 2023 ist der Tiefstand
sogar schon bei 17.939 Apotheken angekommen. Bei den Inhaberinnen
und Inhabern, die insgesamt bis zu vier Apotheken betreiben dürfen,
liegt der Stand zum Jahresende 2022 bei nur noch 13.355 – ein
trauriger Wert für unseren Berufsstand.
In diesen rund
18.000 Apotheken sind knapp 160.000 Beschäftigte im Einsatz – mehr
als noch vor zehn oder 20 Jahren. Dass in immer weniger Apotheken
immer mehr Menschen arbeiten, hängt zuweilen mit
familienfreundlichen Teilzeitarbeitsplätzen zusammen, aber auch mit
einer erhöhten Nachfrage einer älteren und morbider werdenden
Gesellschaft, die auch am medizinischen und pharmazeutischen
Fortschritt teilhaben will. Die Aufgaben für die Apothekenteams
werden also immer größer, komplexer und herausfordernder.
Das
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zählt hunderte
Lieferengpässe – und kann doch nur bei den wenigsten von ihnen etwas
tun. Kurzum: Die Lieferengpässe sind Sinnbild einer allzu sehr auf
Ersparnisse gerichteten Gesundheitspolitik, die nichtmonetäre
Kriterien wie Versorgungssicherheit, Krisenresilienz oder
Zukunftsfähigkeit systematisch auszublenden scheint – auch und
gerade bei den Apotheken. Wir in den Apotheken müssen die
Ergebnisse dieses kaputtgesparten Systems ausbaden – unsere Teams
brauchen immer länger, um noch Arzneimittel zu finden, die zu den
Verordnungen der Ärzte passen. Bei diesem Einsatz werden wir von der
Politik schon seit Jahren nicht unterstützt – ganz im Gegenteil! Die
Einnahmen der Krankenkassen sind seit 2004 auf mehr als das Doppelte
angestiegen, während sich die Apothekenvergütung nur um weniger als
ein Fünftel gesteigert hat.
Zuletzt gab es sogar
Honorar-Kürzungen für die Apotheken: Der Rückgang der
Apothekenvergütung von 2022 auf 2023 ist gesundheitspolitisch also
gewollt, denn mit dem GKVFinanzstabilisierungsgesetz hat man den
sogenannten Apothekenabschlag erhöht und somit das für uns
überlebenswichtige Festhonorar weiter gekürzt. Man beachte auch,
dass die Tariflöhne der Beschäftigten in den Apotheken um mehr als
die Hälfte angestiegen sind – kein Wunder bei den steigenden
Lebenshaltungskosten und dem enormen Personal- und Nachwuchsmangel,
dem die Apotheken ausgesetzt sind.
Ich fasse zusammen: Die
Arzneimittelversorgung für mehr als 80 Millionen Menschen in
Deutschland funktioniert und wird auch weiterhin durch die knapp
18.000 öffentlichen Apotheken sichergestellt. Die immer schneller
zurückgehende Zahl der Apotheken, die dramatischer werdenden
Lieferengpässe, überbordende Bürokratie und der Sparwahn der
Krankenkassen sind allerdings Indizien dafür, dass die Lage der
Apotheken sich zusehends verschlechtert.
Mit dem
Apotheken-Protesttag am 14. Juni wollen viele Apotheken ein Zeichen
setzen, dass politisches Handeln zur Stärkung der Apotheken dringend
geboten und erforderlich ist. Die gemeinsame Initiative „Gegen
Zukunftsklau“ von ABDA und jungen Apothekerinnen und Apothekern
startet am morgigen Tag der Apotheke, um die Perspektive des
Nachwuchses in die gesundheitspolitische Debatte einzubringen. In
unserem Berufsnachwuchs steckt so viel Innovationskraft, Tatendrang
und heilberufliche Expertise. Ich appelliere an die Politik: Hören
Sie auf diese tolle Generation, um die Versorgung auch in Zukunft
sicherzustellen!
Entwicklung der Apothekenvergütung:
Apothekenklima-Index: Nachfolgerinnen und Nachfolger gesucht:
Quelle: ABDA
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