Städtetour West


Kalkar

NiederRhein 2001 - immer Rückenwind. Mit diesem Spruch warb die Touristik - Agentur NiederRhein für den Niederrhein als Ausflugs- und Urlaubsgebiet. "...zu jeder Zeit reizvoll" stimmt Kalkar auf seine Besucher auf einen Besuch in der kleinen Stadt ein. "Bei uns wird Geschichte lebendig," fügt Harald Münzer zu. Er ist Pressesprecher der kleinen Stadt am Niederrhein.
Mehr als jede Stadt am Niederrhein bietet Kalkar Städtebau, Kunst und Kultur des Spätmittelalters (Gotik) als Einheit. Beispiele dafür sind das größte erhaltene gotische Rathaus des Rheinlandes und die gotische St. Nicolai-Kirche mit ihren Schnitzaltären. Die historischen Ortskerne von Grieth und Wissel, Hanselaer, der Freizeitpark Wisseler See und das Radwegenetz mit den Rhein-Personen-Fähren Grieth - Grietherort und Reeserschanz - Rees runden das Freizeitangebot ab.
So beschreibt die niederrheinische Touristikagentur die Reize Kalkars. "Bauliche Zeugnisse vergangener Zeiten wie das Rathaus aus dem Jahre 1445, das Museum, der Beginenhof und viele Bürgerhäuser zeigen heute noch von dem ehemaligen Reichtum der Stadt. Die St. Nicolai-Kirche von 1450 ist wegen ihrer reichen Ausstattung von einzigartiger Bedeutung: 9 gotische Schnitzaltäre, gotische Skulpturen und Malereien sind dort vorhanden," ergänzt Münzner. Hinzu komme noch das breitgefächerte Sport- und Freizeitangebot: Wasser- und Radwanderwege, ein Golfplatz, der Freizeitpark Wisseler See mit angeschlossenem Naturfreibau, Campingplatz und Wassersportmöglichkeiten, ein Segelfluggelände, Reiterhof und Tennisanlage kann Münzner ebenfalls anpreisen.
"Man schreibt den 20. Oktober 1230, als die Siedlung Kalkar, gelegen im ehemaligen Herzogtum Kleve, gegründet wird. 1242 erhält Kalkar die Stadtrechte. Eine Stadt, gleichsam auf dem Reißbrett entworden, von parallel laufenden Straßenzügen durchzogen, die durch Seitengassen verbunden werden." Mit diesen Worten führt Kalkar in seine Geschichte ein. "Kalkar entstand auf einer Insel, die in einem Zufluß zum Rhein lag. Kalkar ist eine mittelalterliche Stadt und geplante Siedlung, die nicht um ein Gehöft oder eine Burg entstand, sondern auch heute noch eine gewisse Ordnung sichtbar enthält," ergänzt Münzner.
Und heute? Wovon lebt Kalkar heute? Es gebe des Kulturleben, das Schulsystem mit allen Schulformen, das Krankenhaus - "sie machen das (klein-)städtische Leben aus. Wir bieten in vielen Bereichen die Infrastruktur für das Umland. Themen wie Gewalt an den Schulen stellen sich hier nicht. Natürlich herrscht auch hier nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen. Es gibt zu wenige Lehrstellen für die Jugendlichen, oft herrscht bei ihnen Langeweile vor und sie wollen ihre Freizeit woanders verbringen. Trotzdem sind die Kalkarer stolz auf ihre Stadt. Es ist ein braves, behütetes, bürgerliches Leben."
Schiffahrt und Landwirtschaft spielen heute kaum noch eine Rolle, wie Münzner erzählt, auch wenn Kalkar eine Stadt im Grünen ist. "Wir haben schon einen großen Anteil an Kultur und Tourismus. Nach Xanten und Kevelaer sind wir das wichtigste touristische Zentrum am Niederrhein. Wir registrieren etwa 500 gebuchte Führungen pro Jahr mit zirka 9.000 bis 10.000 Besuchern. Gastronomie und Einzelhandel profitieren sicherlich davon."
Hinzu kommt noch das Kernwasser Wunderland als neue touristische Attraktion. "Lang, lang ist`s her, als 1972 die Niederlande, Belgien und Deutschland den Bau des Schnellen Brüters beschlossen. Was danach kam, ist allseits bekannt: Demonstrationen, steigende Baukosten und sechs Jahre nach Fertigstellung (1985) das definitive `Aus' für das Kernkraftwerk. Doch was weniger bekannt ist: Seitdem hat sich in der alten Atomruine vieles getan. Von einer Ruine ist schon lange nicht mehr die Rede. 1995 kaufte der Unternehmer Hennie van der Most den Schnellen Brüter und machte daraus das Kernwasser Wunderland. Das Freizeit- und Tagungszentrum wird jedes Jahr durch neue Einrichtungen erweitert. Und da das Atomkraftwerk nie am Netz war, ist das Kernwasser Wunderland auch garantiert strahlungsfrei! Dort, wo vor einiger Zeit noch eine karge Betonwüste angesiedelt war, grünt und blüht es heute mehr denn je. Eingebettet in zahlreiche Teichanlagen und Gärten hat sich das ehemalige Kernkraftwerk zu einem der größten Erholungs- und Tagungszentren Deutschlands verwandelt. Ob man sich auf dem Gelände in einem der vier Restaurants mit kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnen lässt, einfach nur einen gemütlichen Abend im Weinkeller verbringt oder bei einem ausgedehnten Spaziergang direkt am Rhein einmal die Seele baumeln lässt - zu all diesen Dingen haben die Besucher dort Gelegenheit." Verschiedene Angebote hält der Betreiber bereit, um seine Gäste zu verwöhnen.
Der Start 1995 sei sehr sehr schwach gewesen, berichtet Münzner. Es seien überwiegend Holländer gekommen, weil ihnen diese Art Urlaub von zuhause vertraut sei. Einige Zeit später sei jedoch das Programm geändert worden. "Nicht mehr Wein, Weib und Gesang stehen heute im Vordergrund, sondern Angebote für Gruppen."
Ein zufälliger Besucher kann ja nun den Eindruck gewinnen, Kalkar sei eine Schlafstadt, so ruhig, wie es ist. "In manchen Bereichen stimmt es leider. Natürlich gibt es viele Pendler, die hier wohnen und woanders arbeiten. Sobald Sie aber mit dem Bus in Richtung Xanten fahren, kommen Sie auch an unserem Gewerbegebiet vorbei. Dort können Sie beispielsweise eine der modernsten Zuckerfabriken Europas sehen. Großindustrie wie im Ruhrgebiet werden Sie bei uns allerdings nicht finden."
Wenn man eine Reise tut, dann kann man was erzählen. Behauptet zumindest der Volksmund. Ein wenig verschlafen wirkt die Stadt mit ihren 14.000 Einwohnern allerdings schon. Ob es ausreicht, auf die eigene Geschichte und die Infrastrukturleistungen für das Umland zu verweisen, wenn es darum geht, eine gesunde Basis für die Zukunft zu legen, wird sich noch zeigen. Vielleicht wäre es ja sinnvoll, die Stadt endlich aus ihrem Dornröschenschlaf zu küssen...