Städtetour West - Dorsten


Dorsten liegt am nördlichen Rand des Ruhrgebiets. Mit über 81.000 Einwohnern gehört Dorsten zusammen mit neun anderen Städten zum Kreis Recklinghausen. Das Stadtgebiet umfasst insgesamt 171 Quadratkilometer. Die historische Altstadt im Kern der neueren Besiedlung genauso wie zehn weitere Stadtteile, die teilweise noch ländlich strukturiert sind. 79 Prozents des Stadtgebiets sind mit Wald- und Ackerflächen bedeckt, 10 Prozent mit Gebäude- und Hofflächen.
Bereits 700 vor Christus sind bäuerliche Siedlungen in Dorsten belegbar. In den Jahren 11 bis 7 vor Christus bestand im heutigen Holsterhausen ein Römerlager. Im 8. Jahrhundert begann die Christianisierung. 890 ging Durstinon als Schenkung an die Abtei Werden. Deuten und Sölten werden in Urkunden genannt. 1017 findet sich Lembeck in den Papieren der Paderborner Kirche. Um 1150 wird auch der Ortsteil Holsterhausen im Archiv der Abtei Werden erwähnt, wenig später der Name des Truchseß Albert von Wulfhem. Als Pfarrort ist Hervest um 1188 im Güterverzeichnis des Grafen von Dale verzeichnet. Rhade wird als Rhote erst 1331 urkundlich genannt.
1251 verlieh der damalige Landesherr, der Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden, der Gemeinde Dorsten die Stadtrechte. Damit begann die Zeit des Ausbaus und der Befestigung des 90- Seelen- Ortes. Die Bevölkerung in Dorsten wuchs im 13. Jahrhundert stark an. Handel und Gewerbe blühten auf. Die Stadt besaß das Marktrecht. Im 13. Jahrhundert und von 1653 bis 1680 hielt Dorsten sogar auch das Münzrecht. Umliegend lebende Tagelöhner und Leibeigene zogen nach Dorsten. Waren sie 1 Jahr und 1 Tag  innerhalb der Stadtmauern, galten sie als freie Bürger. Sie waren dem Gutsherrn nicht mehr verpflichtet.
Im Hansebund war Dorsten als Kleine Hansestadt vertreten. Dorstener Handelsleute hatten direkten Zutritt zu Hansekontoren und Niederlassungen aller Hansestädte. Die Einnahmen der Stadt stiegen. Der Wohlstand der Bürger wuchs, obwohl der Schutz und die Privilegien, die die Dorstener Kaufleute genossen, viel Geld kosteten.
In der aufblühenden Stadt bildeten sich frühdemokratische Strukturen. Sieben Gilden wählten jährlich zwei Bürgermeister, 10 Gildemeister, 10 Schöffen (=Ratsmitglieder), 2 Rentmeister und 2 Kämmerer. Mit der Eroberung Dorstens durch die Hessen wurden die Festungsmauern ausgebaut. Der 30-jährige Krieg ließ Handel und Verkehr erlahmen. 1641 fiel Dorsten nach zweimonatiger Belagerung zurück an das Kurfürstentum Köln. Nach dem Westfälischen Frieden konnten Dorsten den einstigen Wohlstand nicht wiedergewinnen. Die große Zeit der Hanse war vorbei. Zahlreiche Einquartierungen und Besatzungen erschwerten der Stadt bis ins 18. Jahrhundert hinein, sich finanziell und wirtschaftlich zu erholen.
Mit Beginn des 19. Jahrhunderts waren die urbanen Strukturen der Stadt weitgehend zerstört. Sie wandelte sich zur Landgemeinde. Sie fiel zusammen mit der Herrlichkeit Lembeck an den Kreis Recklinghausen. Die Industrielle Revolution brachte den für Dorsten notwendigen Aufschwung. Arbeitsplätze und Zuwanderer kamen mit der Maschinenspinnerei, einer Weberei und später einer Eisengießerei. Erste städtische Gaswerke versorgten die Bürger mit Energie. Mit der Abteufung der Schächte Baldur I und II erreichte der Bergbau die Stadt, in der seitdem Kohle abgebaut wird.
Dorstens neuere Geschichte ähnelt der des Ruhrgebiets. Nach dem 1. Weltkrieg druckte die Stadt eigenes Inflationsgeld. 1925 zogen die belgischen Truppen aus der besetzten Stadt ab. Mit dem Bau des Wesel-Datteln-Kanals erholte sich Dorstens Wirtschaft. Baldur wurde zwar stillgelegt. Dafür baute aber die Hoesch AG in ihrem Werk Fürst Leopold Kohle ab. Zusammen mit Hervest und Holsterhausen zählte Dorsten im Jahre 1943 bereits 28.000 Einwohner.
Der 2. Weltkrieg zerstörte die Altstadt durch Luftangriffe zu 80 Prozent. Er riß damit tiefe Wunden in die klassische Architektur des Stadtkerns. Noch wenige Tage vor Kriegsende, am 22. März 1945 richtete ein letzter Bombenangriff schwerste Schäden in der Altstadt an. Erst nach 1946 stieg die Zahl der Einwohner wieder. In den 1950er Jahren vergrößerte sich Dorsten. Es entwickelte sich zu der großen Flächengemeinde, die im Verbund ihrer elf Stadtteile seit der kommunalen Neugliederung 1975 das heutige Dorsten bildet.
Die Tüshaus-Mühle liegt am Hammbach. Sie wurde im Jahre 1615 durch die Herren von Lembeck gepachtet. Sie war bis 1970 in Betrieb. Die Mühle wurde im Verlaufe der Zeit mehrfach umgebaut und modernisiert. Anfangs als Walkmühle zur Filzherstellung gedacht, wurde sie später als Öl- und Kornmühle genutzt.
Zunächst reichte ein Mühlrad zum Antrieb der Walzenstühle aus. Mit der Erweiterung zur Ölmühle kam ein weiteres hinzu. 1890 ersetzte bereits eine leistungsfähige Turbine das Wasserrad. Seit 1908 lieferte der Generator auch Elektrizität für die Beleuchtung. In der damaligen Zeit war es eine echte Sensation.
Während sich die Kornmühle über vier Stockwerke verteilt, ist die Ölmühle in einem einzigen Raum untergebracht. Erst 1914 wurde sie technisch überarbeitet. Eisenofen, Kellergang mit zentnerschweren Mahlsteinen und die Hydraulikanlage wurden eingebaut. Während der Wintermonate waren zwei Ölmüller damit beschäftigt, das von den Bauern gelieferte blaue Rapskorn zu bearbeiten. Anschließend wurden die großen Korbflaschen mit Rapsöl und die ausgepressten Ölkuchen wieder abgeholt. Bevor es verwendet werden konnte, mußte das Öl zuhause auf dem Herd noch ausgeglüht werden. An einem kühlen Ort hielt es sich dann mehrere Monate.
Die Arbeit des Ölmüllers war äußerst anstrengend und geruchsintensiv. Die Kornmühle lief das ganze Jahr über. Sie wurde nur von einem Müller betreut. In seiner Verantwortung standen auch die Stromanlage und ein kleiner Landhandel, der auf dem Verkauf von Kleintierfutter basiert, das aus den gepressten Ölkuchen hergestellt wurde.
Neben den 2 Mahlgängen (einem Schrot- und einem Feinmahlgang) gehörten noch zahlreiche andere Maschinen zur Mühleneinrichtung. Ein Seilaufzug und die Saatgutreinigung auf dem Dachboden seien hier genannt. Sichter und Flockenstuhl sind in der zweiten Etage untergebracht. Die Reinigungs-, Filter-, Misch- und Absackungsanlage steht auf dem Mahlboden. Die Schälmaschine und der Buchweizensichter sind im Kellergeschoß der Mühle.
1908 erreichte die Mühle mit dem Einbau einer 110 Volt-Gleichstromanlage den Höhepunkt der technischen Entwicklung. Damit wurde das Wasser nicht mehr nur als Antriebskraft des Mühlrades, sondern auch zur Erzeugung von Strom genutzt. Heute versorgen die Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen AG (VEW) das gesamte Stadtgebiet. Dazu gehören auch kleine, entlegene Gehöfte wie die Tüshaus-Mühle.