Dortmund
Chemie ist, wenn es knallt
und stinkt. Nein, halt, dieser Spruch stimmt nicht im Dortmunder Museum
für Naturkunde, das in der nördlichen Innenstadt von Dortmund liegt.
Hier geht es um Lebewesen. Dinosaurier aus Plastik sind hier genauso
vertreten wie lebende Fische.
Samstags ist hier Familientag. Der Eintritt ist dann frei. Ich besuche
das Museum am ersten Samstag im Jahre 2008. Die Anreise verläuft
problemlos; es gibt eine direkte Bus- und Straßenbahnverbindung vom
Dortmunder Hauptbahnhof aus.
Und tatsächlich: Viele Familien mit Kindern sind hier. Ob es wohl daran
liegt, dass dieser Samstagvormittag bewölkt und regnerisch ist?
Vermutlich. Weder die erdgeschichtliche noch die biologisch -
lebensbezogene Abteilung sind irgendwie interessant. Es gibt keine
Videoinstallationen, die beispielsweise bestimmte Lebensräume (z. B. den
Wald, Bauernhof, Flüsse, Luft) oder die artgerechte Tierhaltung
vorstellt. Es gibt keine Hörstation, die Tierstimmen vorstellt. Es
existiert kein interaktiver Computer. Das Museum hat eher den Charakter
von miefigen, antiquierten Heimatmuseum. Wer mit seinen Kindern Tiere
kennenlernen möchte, ist in einem Freiluftzoo besser aufgehoben.
Ein ganz anderes Bild bietet die Dauerausstellung, die im Museum für
Kunst und Kulturgeschichte zu sehen ist. Das Museum liegt ganz in der
Nähe vom Hauptbahnhof und der Stadt- und Landesbücherei. Enthält das
Erdgeschoß noch den Eingangsbereich incl. Kasse und Museumsshop, gibt es
im 1. Obergeschoß eine Art Plaza, um das sich die Ausstellung wie eine
Art Wendelgang schließt. Auch das 2. bis 4. Obergeschoß bietet nur
Rundgänge um diesen Plaza.
Ganz egal, ob es Möbel, Einrichtungsgegenstände, Gemälde oder irdene
Gegenstände aus der Steinzeit sind, bieten sie viel Freude für das
wohlmeinende, kunstinteressierte Auge. Je mehr man sich dem obersten
Stockwerk nähert, desto näher kommt man auch der Gegenwart. "Oh welche
Schönheit! Oh welcher Glanz," möchte man hier ausrufen. Wer sich für
Kunst, vor allem aber für Kunsthandwerk interessiert, wird hier auf
jeden Fall auf seine Kosten kommen. Zumindest für mich ist dies einer
der Orte, an denen man leicht Zeit und Raum vergessen kann.
"1883 wurde es als erste städtisches Museum im Ruhrgebiet gegründet. Die
allein auf bürgerlichem Engagement sowie dem Einsatz höchst motivierter
Stadtväter und des ersten Museumsdirektors Albert Baum beruhende
Sammlung wuchs schnell über die jeweiligen Standorte hinaus. Seit 1983
befindet sich das Museum im umgebauten ehemaligen Hauptgebäude der
Stadtsparkasse, das 1924 als einer der ersten Stahlbetonbauten von Hugo
Steinbach im Art Déco - Stil errichtet wurde.
Archäologische Funde geben im Erdgeschoß kulturgeschichtlichen Überblick
über unseren Lebensraum und seine Bewohner in ur- und
frühgeschichtlicher Zeit. Die Objekte stammen meist aus Ausgrabungen. Es
sind Feuersteingeräte, Grab- und Gebrauchskeramik oder seltene
Metallobjekte aus der Altsteinzeit bis zum Frühmittelalter. Der
herausragende Dortmunder Fund, der spätrömische Goldschatz, wird in
einer kleinen Schatzkammer präsentiert.
Die Funde aus dem griechischen und dem etruskischen Altertum stammen aus
der ehemaligen Privatsammlung des Dortmunder Studiendirektors W.
Schlotter, der in ihnen eine wichtige kulturhistorische
Informationsquelle zur antiken Zivilisation sah.
Im 13. und 14. Jahrhundert erlebte die freie Reichs- und Hansestadt
Dortmund ihre wirtschaftliche und kulturelle Blüte, die sich auf den
Handel zunächst mit dem Ostseeraum, später mit England und Flandern
gründete. Hatte die Stadt 1618 noch stattliche 7.000 Einwohner, sank sie
durch die wirtschaflichen Folgen des 30jährigen Krieges und durch
weiterhin andauernde politische und kriegerische Konflikte zu einem
Ackerbürgerstädtchen mit nur 2.000 Einwohnern herab. 1803 verlor
Dortmund aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses seine
Selbständigkeit und wurde 1815 in den preußischen Staat eingegliedert.
Eine Kunst- und Wunderkammer, ein Wohnraum des 17. Jahrhunderts, ein
Porzellankabinett und Meisterstücke der Goldschmiedezunft des 16. bis
18. Jahrhunderts bilden die Höhepunkte dieser Abteilung. Die mit
Gemälden, Silber- und Goldpokalen, Tieren, Muscheln und Waffen gefüllte
kleine Wunderkammer verweist auf die Anfänge des Museums.
Im ersten Teil der Gemäldegalerie befinden sich die Gemälde des 18. und
frühen 19. Jahrhunderts mit Werken von Caspar David Friedrich und
anderen Romantikern. Die italienischen Landschaften bilden eine
besonders reizvolle Abteilung. Im zweiten Teil sind die Gemälde der
Düsseldorfer, Münchener und Berliner Schulen zu sehen.
Der Reigen inszenierter Zimmer beginnt mit einem Schlafraum im Stil des
französischen Empires, setzt sich fort mit einem Dortmunder Wohnzimmer
im Stil des Wiener Biedermeier, einem großbürgerlichen Musiksaal aus
Bremen, der heute auch als exklusives Trauzimmer dient, und einem
Damensalon des Jugendstilarchitekten Joseph Maria Olbrich sowie einem
neugotischen Speisezimmer, beide aus Dortmunder Besitz.
Die Sammlung angewandter Kunst zeigt die Fortentwicklung edler
Gebrauchsgegenstände bis in unsere Zeit. Sie reicht von Gefäßen und
Möbeln des Jugendstils bis zu Erzeugnissen des Bauhauses und des
zeitgenössischen Designs, von der Sitzmaschine des Wiener
Jugendstilarchitekten Josef Hoffmann bis zum Ball Chair des Finnen Eero
Aarnio.
Den Abschluß des Rundganges bildet eine Abteilung zur Stadtgeschichte
des letzten Jahrhunderts. Es wird der Aufstieg Dortmunds zur
industriellen Großstadt mit all ihren Facetten gezeigt. Bier, Stahl und
Kohle waren bis weit ins 20. Jahrhundert hinein die hauptsächlichen
Wirtschaftsfaktoren, auf denen der Reichtum der Stadt aufbauen konnte.
Die Rolle der Frau in den zwanziger Jahren ist nur ein Beispiel der
untersuchten Themen," beschreibt sich das Museum in einem Flyer.
"In halbjährlichem Wechsel präsentiert das Museum am Ostwall im
Obergeschoß Werke aus seinem Bestand. Das Thema `Landschaft' mit
zahlreichen Gemälden und Arbeiten auf Papier aus dem Bereich des
Expressionismus bildet dieses Mal einen Schwerpunkt. Darüber hinaus
wurde ein eigener Raum für Visuelle und Konkrete Poesie eingerichtet,
deren Umgang mti Schrift sich in sprachlichen Experimenten sowie
lautpoetischen Arbeiten spiegelt. Der Klangkunstpool des Museums bietet
zahlreicher solcher Hörbeispiele zur Benutzung an. Neben Werken aus dem
Gebiet der Op Art, der Farbmalerei und des Informel, die neu in die
Sammlungspräsentation integriert wurden, macht das Museum am Ostwall
erstmals Teile des Archivs des Intermedia - Künstlers Hans Breder
öffentlich zugänglich," beschreibt sich das Museum am Ostwall und seine
seine Sammlung in einem Faltblatt selbst.
Ganz am Ende der Fußgängerzone in der Nähe der Reinoldikirche gelegen,
präsentiert das Museum gute zeitgenössische Kunst. Das Informel ist
dabei genauso vertreten wie der Expressionismus, der Impressionismus,
die Op Art oder das Happening. Alexej von Jawlensky ist also
ausgestellt, Karl Schmidt - Rottluff, Emil Nolde, Ernst Ludwig Kirchner,
Jörg Immendorff, Joseph Beuys oder Dieter Roth. Gemälde sind genauso
vorhanden wie Objekte, Fotos und Videoinstallationen.
Schon rein Flächenmäßig ist dieses Museumsgebäude nicht sehr groß.
Wirklich störend ist dies aber nicht. Wer moderne, zeitgenössische Kunst
mag, wird hier sicherlich auf seine Koste kommen.
Proletarier aller Länder,
vereinigt euch. Ach nein, was Karl Marx früher forderte, das ist heute
in der Mottenkiste der Geschichte verschwunden. In dem Westfälischen
Industriemuseum Zeche Zollern II / IV bleibt die Geschichte der
Industrialisierung des Ruhrgebiets lebendig.
Über die frühere Lohnhalle gelange ich zu meiner ersten Station, nämlich
der Waschkaue mit ihrer Dauerausstellung. Alte Maschinen lassen erahnen,
wie körperlich hart, anstrengend und sehr schmutzig die Arbeit unter
Tage für die Männer gewesen sein muß. Doch auch das Privatleben und die
Freizeitgestaltung kommen nicht zu kurz. Ein Bandoneum ist genauso zu
sehen wie ein Fahrrad, eine Vespa, ein Volksempfänger und ein kleines
Kino. Multimedial ist diese Station; Filmmaterial gibt es genauso wie
eine Hörstation, Schauwände und Vitrinen. Luftig und großzügig ist die
Ausstellung gestaltet und auch für Kinder gut geeignet.
Sehenswert ist auch der Kinderkeller. Ich besuche Anfang Dezember 2007
das Museum; zu diesem Zeitpunkt beschäftigt sich die Ausstellung mit dem
Thema "Explosionen unter Tage". Schautafeln, alte Maschinen und
ärztliche Geräte gibt es zu sehen; Hörstationen und Filme kommen
ergänzend hinzu. Zumindest für uns Erwachsene ist dieser Teil der
Ausstellung sehr informativ.
Wer gut Treppen steigen kann und nicht schwindelig ist, der sollte die
"Schachthalle mit Fördergerüst II" zu seinem nächsten Ziel wählen; die
Schachthalle liegt - wie praktisch - gleich neben dem Gebäde für
Lohnhalle und Waschkaue. Als ich in Dortmund weile, ist es zwar kalt;
dafür strahlt die Sonne von einem strahlend blauen Himmel. Eine bessere
Aussicht kann ich mir nicht wünschen.
Was die Ausstellung anbelangt, wird die Maschinenhalle derzeit umgebaut.
Sie ist daher derzeit nich frei zugänglich. Daher genehmige ich mir an
dieser Stelle einen Ausflug - nein, nicht in die Botanik, sondern in die
naheliegende Maschinen - Landschaft. Viel Eisenbahn für über und unter
Tage gibt es hier zu sehen. Der viele Rost deutet aber an: Die meisten
Gegenstände müßten erst einmal renoviert werden, wollte man sie erneut
nutzen.
Die "Alte Verwaltung" ist - als Gebäude - zwar an diesem Samstag
geöffnet, wird aber für eine private Veranstaltung genutzt. Die Preise
in dem nebenan gelegenen Restaurant "Pferdestall" sind zivil.
Die "Alte Werkstatt" zeigt an diesem Samstag eine Kaninchenausstellung.
Wesentlich interessanter sind zwei weitere Ausstellungen, die an diesem
Wochenende parallel dazu ebenfalls in dem Gebäude (allerdings in einem
anderen Teil) stattfinden. Das "Fritz - Hüser - Institut für Literatur
und Kultur der Arbeitswelt" organisiert die Ausstellung "Bertolt Brecht
und Hans Tombrock - eine Künstlerfreundschaft im skandinavischen Exil"
(noch bis zum 16. Dezember 2007). Jede Menge Zeichnungen, Fotographien
und Plakate gibt es hier zu sehen; sie alle beschreiben das Werk der
beiden deutschen Künstler.
Eine eher zu klein geratene Ausstellung zeigt Fotos und Postkarten von
Dortmunder Kirchen und Synagogen.
Ob die Verbindung von Kultur und Tierausstellung wirklich gelungen ist,
sei einmal dahingestellt. Von der Geruchsbelästigung abgesehen passen
sie inhaltlich nicht zusamen.
Ansonsten ist das Museum einen Besuch wert. Verkehrstechnisch ist es gut
erschlossen. Gerade Familien bekommen hier eine gute Freizeitmöglichkeit
geboten, die insbesondere den Kindern viele Beschäftigungsmöglichkeiten
bietet.
"Neueröffnung - Ich hatte einen Kameraden"
Die neue Abteilung der Dauerausstellung im Kellergeschoss des
Lohnhallenkomplexes greift mit den tödlichen Arbeitsunfällen am Beispiel
der Zeche Zollern eines der schwierigsten Kapitel der Bergbaugeschichte
auf. Sie dokumentiert die 161 tödlichen Unfälle auf der Schachtanlage
Zollern II/IV. Die chronologische Übersicht der tödlichen Unglücke auf
Zollern zeigt, welche Unfälle typisch waren, wie gehäuft sie auftraten
und wie sie sich im Laufe der Zeit veränderten. Die Ausstellung bringt
den Besuchern Arbeitsabläufe und Betriebsgeschichte aus einer nie
gekannten Perspektive eindringlich und auf beinahe brutale Art und Weise
nahe. Der neue Ausstellungsraum ist mit nur wenigen Objekten bestückt.
Dadurch wirkt er karg und auf das Wesentliche reduziert. An die Wand ist
ein schlichter Wandstein montiert, den die Bergbau-Berufsgenossenschaft
Bochum als Dauerleihgabe zur Verfügung stellte. Der ?Den Toten gewidmete
Stein hing früher im Foyer der Genossenschaft.
Markenstube "Alle unter Kontrolle"
Das Betreten und Verlassen der Zeche war überwacht. An der
Markenkontrolle bekam jeder Bergmann bei Schichtbeginn eien Marke mit
seiner "Personalnummer", die er beim verlassen des Geländes wieder
zurückgab. Der Markenmeister udn seine Mitarbeiter hielten fest, wer wie
lange anwesend war. Das war zum einen eine Grundlage für die
Lohnberechnung, zum anderen eine Sicherheitsmaßnahme: Wessen Marke nach
Schichtende fehlte, war im schlimmsten Fall verunglückt und musste
gesucht werden. Die Ausstellugn "Markenstube" im Eingangsfoyer führt die
Besucher und Besucherinnen durch die teilweise rekonstruierte
Markenkontrolle, die auch die Bergleute früher passieren mussten und
macht mit Betriebspraktiken aus der Zechenzeit vertraut. Sie stellt die
ehemaligen Beschäftigten der Anlage im Überblick vor: Wer arbeitet hier?
Wie viele Personen unter, wie viele Personen über Tage?
Hygienegeschichte in der ehemaligen Waschkaue der Zeche Zollern
"Sauber und gesund" - Hygiene und Gesundheitsvorsorge im Ruhrbergbau
Als die Waschkaue der Zeche Zollern gebaut wurde, hatten sich auf den
Ruhrgebietszechen Umkleide- und Waschräume für die Bergleute bereits
durchgesetzt. Die Badebassins, in die alle Angehörigen einer Schicht
steigen mussten, wenn sie sich waschen wollten und die Verbreitungsherd
vieler Infektionskrankheiten waren, gehörten fast schon der
Vergangenheit an. Die Ausstattung der Kaue von Zollern entsprach dem
Standard der Zeit: ein Umkleideraum mit Brausegang und Haken, an denen
die Bergleute ihre Kleidung unter die Decke zogen. Nach dem Zweiten
Weltkrieg wurden die Duschen in einen Anbau ausgelagert und es entstand
ein neuer Umkleideraum, in dem nur noch die Straßenkeidung hing.
Die Ausstellung "Sauber und gesund" zeichnet anhand der Kauenausstattung
die Geschichte dieser Einrichtung nach und bettet sie in die allgemeine
Hygienegschichte ein. Sie stellt mit Bild- und Tondokumenten die
Menschen vor, die in der Kaue arbeiteten und die sie benutzten: den
Kauenwärter, der sie sauber hielt und die Bergleute, für die die Kaue
auch ein wichtiger Ort der Kommunikation war. Einbezogen werden die
Frauen der Bergarbeiter, die bis 1969 die Arbeitskleidung der Bergleute
waschen und instandhalten mussten. Die Ausstellung behandelt daneben
auch die Themen Arbeitsschutz und Gesundheitsvorsorge im Bergbau: mit
medizinischen und therapeutischen Geräten aus zecheneigenen
Gesundheitshäusern.
Lampenstube
Für den Bergmann waren funktionierende Lampen lebensnotwendig. An seinem
Arbeitsplatz waren sie häufig das einzige Licht. Sicherheitslampen
zeigten an, ob die Luft ?rein war oder das explosionsfähige Methan
enthielt. Grubenlampen waren und sind aber auch begehrte Sammelobjekte.
Die Ausstellung ?Ein Licht in der Nacht vermittelt den Besuchern und
Besucherinnen in einer Dunkelkammer einen sinnlich erfahrbaren Eindruck
von dem, was der Bergmann mit Hilfe seiner Lampe sehen konnte zeichnet
anhand historischer Grubenlampen die Funktion und Entwicklung des
bergmännischen Geleuchts im 20. Jahrhundert nach und zeigt in einer
rekonstruierten Werkstatt die Arbeit des Lampenmeisters und seiner
Mitarbeiter. Sie sorgten dafür, dass die Lampen geladen, gewartet oder
repariert wurden und richtig funktionierten. Die Ausstellung
verdeutlicht darüber hinaus, dass die Lampe nicht nur Arbeitsmittel war,
sondern auch Kultobjekt wurde und gibt anhand zahlreicher Beispiele aus
Kunst und Alltagskultur Einblicke in die Kulturgeschichte der
Grubenlampe im 20. Jahrhundert.
Kauenkeller
Explosionsgefahr" - Grubenrettungswesen und Versuchseinrichtungen
Die Arbeit im Bergbau ist mit zahlreichen Gefahren verbunden. Neben den
alltäglichen Arbeitsunfällen ereignen sich immer wieder Grubenunglücke,
die eine große Zahl an Todesopfern fordern. Seit der Mitte des 19.
Jahrhunderts stieg nicht nur die Fördermenge, sondern auch Zahl der
Explosionen unter Tage. Beim Abbau der Kohle wird Methan freigesetzt,
das in einer bestimmten Konzentration mit Luft explosionsfähig wird und
dann die sogenannten Schlagwetter bildet. Kohlenstaub ist ebenfalls eine
potentielle Explosionsquelle. Die verheerendsten Unglücke entstehen
durch kombinierte Schlagwetter- und Kohlenstaubexplosionen, die über
mehrere hundert Meter durch die Grubenbaue laufen können.
Die Ausstellung thematisiert die spezifischen Unfallgefahren im Bergbau
und erinnert an die schweren Grubenunglücke im Ruhrrevier. Sie macht die
Besucher und Besucherinnen in einem nachgestellten Übungsraum anhand von
Übungs- und Rettungsgeräten mit der Arbeit der Grubenwehr vertraut und
würdigt deren Einsatz und Leistung. Mit Modellen, Versuchsanordnungen
und Testobjekten aus der Dortmunder Versuchsgrube Tremonia und der
Bergbauversuchsstrecke Derne werden außerdem die erfolgreichen
Bemühungen um eine Verbesserung der Grubensicherheit gezeigt.
Waschkaue?Keine Herrenjahre. Arbeit und Freizeit im Revier
Seit den 1920er Jahren gibt es im Ruhrbergbau eine planmäßige
Ausbildung. Sie war Teil einer neuen betrieblichen Sozialpolitik der
Unternehmer: Der bergmännische Nachwuchs sollte systematisch geschult
und über ein attraktives Freizeitangebot auch nach der Arbeit an die
Zeche gebunden bzw. in die ?Werksgemeinschaft integriert werden.
Die Ausstellung ?Keine Herrenjahre rekonstruiert mit Originalexponaten
unter anderem aus der Lehrwerkstatt, der Berufsschule und dem Lehrrevier
die Stationen der Ausbildung. Dabei geht es um den Arbeitsalltag der
jugendlichen Berufsanfänger, ihre Lebensverhältnissen in der Kolonie, im
Lehrlingsheim und im Pestalozzidorf sowie um ihre Freizeitinteressen im
Spannungsfeld von betrieblicher Sozialpolitik, Arbeiterkultur und
moderner Freizeitindustrie. Die Ausstellung skizziert darüber hinaus
auch die unterschiedlichen pädagogischen und kulturellen Einflüsse, mit
denen die jungen Bergleute sich auseinander setzten und zeigt, wie sie
damit umgegangen sind, wo und inwieweit sie ihre Kultur und Geschichte
selbst gestaltet haben," beschreibt das Museum seine Ausstellung im
Internet selbst.
?Ich hatte einen Kameraden
Der neue Teil der Dauerausstellung greift mit den tödlichen
Arbeitsunfällen am Beispiel der Zeche Zollern eines der schwierigsten
Kapitel der Bergbaugeschichte auf. Sie dokumentiert die 161 tödlichen
Unfälle auf der Schachtanlage Zollern II/IV.
?Der oft gehörte Einwand mancher Besucher, die schönen Gebäude täuschten
über die Härte der Arbeitswelt hinweg, wird hier widerlegt, sagt
Museumsleiterin und Ausstellungsmacherin Dr. Ulrike Gilhaus. So nah war
man den Menschen, die auf Zollern gearbeitet haben, noch nie. Gilhaus
weiter: ?Die Zahl der tödlich Verunglückten fällt sofort ins Auge und
der Besucher sieht, wie Jugendliche, kaum aus der Schule entlassen,
abstürzten oder vom abgerissenen Kokereigewölbe erschlagen wurden. Alte,
erfahrene Hauer sprangen in Panik wegen verdächtiger Geräusche aus dem
Korb und erlitten einen Genickbruch. Die Ausstellung macht außerdem die
Häufung der Unfälle in Kriegszeiten, bedingt durch den Einsatz von
Bergfremden und Kriegsgefangenen sowie durch vernachlässigten Ausbau,
deutlich.
Die Dokumentation belegt schließlich auch den allmählichen Rückgang
vermeidbarer Unfälle. Denn auffällig oft starben in den ersten dreißig
Betriebsjahren Männer jeder Altersgruppe über Tage - gerade ihre Zahl
ging seit 1930 erheblich zurück. Deutlich wird, dass auch eine Zeche,
die wie Zollern von Massenunglücken verschont blieb, den Familien einen
hohen Tribut abverlangte. Manche Familien haben hier mehrere Angehörige
verloren, und im Durchschnitt starben in jedem Betriebsjahr 2,5 Männer
bei der Ausübung ihrer Arbeit. Am Einzelschicksal wird auch deutlich,
was Solidarität unter Tage bedeuten konnte: 1915 verunglückten auf
Zollern zwei Hauer bei dem Versuch, einen durch Sprengstoffgasschwaden
bewusstlosen Kameraden zu retten. Alle drei wurden tot geborgen. In den
meisten der 161 Fälle konnten Name, Todesdatum, Alter, berufliche
Funktion und Todesumstände rekonstruiert werden. Lediglich zehn Männer
blieben trotz aller Bemühungen unbekannt, aber aufgrund der
Betriebsstatistik wissen die Museumsmitarbeiter, in welchem Jahr sie
starben.
?Die Ausstellung verbindet das Thema des Todes mit den starken
religiösen Traditionen im Bergbau, die aus der ständigen Bedrohung durch
Unfallgefahren resultierten, erzählt Dr. Ulrike Gilhaus. Diese
Verbindung von Bergbau und Glauben fand in den ?Bergbaugemeinden des
Ruhrgebietes ihren Niederschlag darin, dass Objekte der bergbaulichen
Arbeitswelt in den Kirchen sakrale Funktionen übernahmen: So gab es
Altäre aus Kohle, die nicht von Kerzen, sondern von Grubenlampen
geschmückt wurden. Elemente der Arbeitswelt vermischten sich mit
christlichen Bildmotiven, wenn z.B. Fenster und Wandmalereien
Heiligenfiguren vor stilisierten Fördergerüsten zeigten. Schauobjekt der
neuen Abteilung ist eine hinterleuchtete Replik des sogenannten
Bergmannsfensters der evangelischen Kirche St. Stephani in
Gladbeck-Zweckel, entworfen in den 1950er Jahren. Das Motiv verbindet
Angst vor Verschüttung unter Tage mit christlicher Verheißung und
Hoffnung. Es ist das einzige bekannte Objekte, das auch textlich durch
Psalm 71, Vers 20 eine Verbindung von Glauben und bergbaulicher
Arbeitswelt herstellt."
"Eine Künstlerfreundschaft im skandinavischen Exil
1939 trafen sich in Schweden zwei Künstler, die beide von den
Nationalsozialisten ins Exil gezwungen worden waren: Bertolt Brecht und
der Dortmunder Maler Hans Tombrock. Die Gastausstellung des
Fritz-Hüser-Instituts für Literatur und Kultur der Arbeitswelt der Stadt
Dortmund stellt die Zusammenarbeit mit Brecht und ihr künstlerisches
Ergebnis mit dem Galileo-Zyklus, den Brecht-Porträts und den Bildern mit
Brecht-Versen in den Mittelpunkt. Ergänzend dokumentieren zahlreiche
Fotos auch die gemeinsame Zeit beider Künstler.
Der Maler Hans Tombrock, 1895 in Dortmund-Benninghofen geboren und 1933
ins skandinavische Exil gezwungen, traf 1939 in Schweden mit Bertolt
Brecht zusammen. Gemeinsam entwickelten sie Darstellungen zu Themen aus
Werken Brechts, insbesondere zu ?Leben des Galilei, die Brecht noch nach
seiner Weiterreise nach Finnland intensiv korrigierte. Die Bilder
Tombrocks wurden vielfach von der schwedischen Arbeiterbewegung gekauft,
in deren Gewerkschafts- und Volkshäusern sie heute noch hängen. Was
beide Künstler zueinander hinzog, liegt großenteils im Bereich der
Spekulation. Brecht fühlte sich womöglich von Tombrocks ?Freibeutertum
angesprochen, nannte ihn seinen ?lebensgefährlichen Freund. ?Auch der
Gedanke, hier einen echten Proletarier vor sich zu haben, eine Art
?Exerzierstück für das Voranbringen der sozialen Revolution, wird seinen
Reiz ausgeübt haben, vermutet Johanna-Elisabeth Palm, Leiterin des
Fritz-Hüser-Instituts. Für Tombrock war die Begegnung und der Austausch
mit Brecht, die ihm Anerkennung und Förderung einbrachten, ganz sicher
eine wesentliche Erfahrung in seinem Leben, auf die er immer wieder
Bezug nahm.
Um sich Hans Tombrock nähern zu können, sind auch andere Phasen seines
Schaffens ausgestellt. Dazu gehören frühe Landschafts- und
Städtezeichnungen, die zunächst romantischen, später stark
sozial-kritischen Vagabundenzeichnungen, die Schärenlandschaften
Schwedens, die Bilder von seinen Reisen durch Marokko und seine letzten,
eher surrealen Bilder. Die Zerrissenheit seiner Persönlichkeit ist an
seinen Bildern abzulesen. Sein bewegter Lebenslauf und sein nicht
einfacher Charakter trieben ihn immer wieder an andere Orte und ließen
ihn keine dauerhafte Existenz oder Beziehung finden.
1946 kehrte Tombrock nach Dortmund zurück und gründete eine Kunstschule,
die er 1949 wieder aufgeben musste. Um 1949 trat er auch wieder mit
Brecht in Kontakt. Im gleichen Jahr erhielt er einen Lehrauftrag an der
staatlichen Hochschule für Baukunst und bildende Künste in Weimar, nach
der Auflösung der Abteilung Kunst unterrichtete er an der
Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Wieweit Brecht seinen Einfluss für
Tombrock geltend machte, ist nicht nachzuweisen. 1953 verließ Hans
Tombrock die DDR und zog nach Stuttgart. Der plötzliche Tod Brechts 1956
erschütterte ihn sehr, allerdings ist nicht bekannt, ob in den letzten
Jahren zwischen beiden noch ein Kontakt bestand. Tombrock selbst starb
1966.
Alle Bilder der Ausstellung stammen aus dem Besitz des
Fritz-Hüser-Instituts. Es dokumentiert und sammelt in seinem Archiv und
der Bibliothek die Zeugnisse zur Literatur der Arbeitswelt, zu Arbeiter-
und Bergarbeiterliteratur und zu Organisationen der
Arbeiterkulturbewegung. Es geht zurück auf die Sammlung zur
Arbeiterliteratur, die Fritz Hüser seit den 1920er Jahren anlegte."
Ihrem Gründungsdatum nach ist die Reinoldikirche die älteste
erhaltene mittelalterliche Kirche in Dortmund. Sie wurde nach dem
heiligen Reinoldus, dem Schutzpatron der Stadt, benannt.
In ottonischer Zeit wurde die Kirche als Pfalzkirche gegründet. Der
gegenwärtige Bau ist eine spätromanische Kirche mit spätgotischem Chor.
Die Reinoldikirche wurde zwischen 1250 und 1270 als Pfeilerbasilika mit
Querhaus errichtet. Sie liegt im Mittelpunkt der Stadt an der Kreuzung
des Hellwegs mit der historischen Straße von Köln nach Bremen.
Der Turm wurde ab 1443 erneuert. Er ist 112 m hoch; als er 1454
vollendet wurde, galt er als ?Wunder von Westfalen. Der Turmhelm wurde
1519 erstmals erneuert. Die Dacheindeckung mit Kupfer wurde am 24. Juni
1520 vollendet. Die Kugel wurde dann am 27. Juli 1520 aufgesetzt. So
wuchs die Dachspitze um weitere 7 Meter in die Höhe.
Der Turm stürzte 1661 auf Grund von Erdbebenschäden ein. Im folgenden
Jahr wurde das Fundament für einen neuen Turm gelegt. Das Bauwerk wurde
1701 mit einer barocken Haube vollendet.
Der Zweite Weltkrieg beschädigte den Turm erneut. Er mußte erneut
wiederaufgebaut werden. Der Turm der Reinoldikirche ist heute 104 m
hoch. Er kann bis zur ersten Plattform durch den Glockenturm bestiegen
werden. Im Innern hängt ein Großgeläute der Gießerei ?Bochumer Verein.
Es stammt aus dem Jahre 1954. Die 6 Stahlglocken wiegen insgesamt 20
Tonnen. Die Kosten beliefen sich damals auf 90.500 DM. Die schwerste
Glocke mit 6,5 Tonnen Gewicht und 2,50 Meter Durchmesser ist die größte
Gußstahlglocke Westfalens.
Am östlichen Rand der Dortmunder Innenstadt liegt sie, die
Reinoldikirche. Geschäftiges Treiben herrscht um sie herum. Menschen
schlendern durch die Fußgängerzone. Lieferwagen streben den Geschäften
zu. Die Kirche ist tagsüber geöffnet. Ob sie wohl eine Insel der Ruhe in
der umliegenden Hektik ist.
Langsam geht die Eingangstür zur Kirche auf. Dunkel, kalt und wenig
einladend wirkt die Kirche an diesem Januar - Morgen. Ein erster
Eindruck, der sich auch später nicht ändern soll. Eher schlicht sieht
der Innenraum aus. Lediglich die farbigen Fenster bieten dem Auge eine
Abwechslung.
Wie bei evangelischen Kirchen üblich fehlt dem Auge eine Abwechslung.
Auch wenn immer wieder Besucher in die Kirche kommen und sich in einer
der Bänke setzten: Es fehlen die heimeligen, kuscheligen Ecken, die zum
Verweilen einladen. Er kommt, der geht auch schnell wieder.
Kirche in der Stadt. Für die Menschen da sein, mit ihren reden, ihre
Probleme, Ängste, Nöte, Sorgen, aber auch freudigen Ereignisse
kennenlernen. So lautet das Ideal. Wie oft hört man in der Zeitung, daß
Menschen immer dann zu Kirche und zum Glauben finden, wenn sie
geistliche und seelische Hilfe brauchen. Die Reinoldi - Gemeinde vertut
hier eine gute Chance, in einem zunehmend säkularisierten Dortmund
Präsenz zu zeigen.
Im Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte wurde eine
Dependance der Alten Nationalgalerie Berlin eingerichtet. Die Ursprünge
der Nationalgalerie gehen auf das Vermächtnis des Berliner Bankiers und
Konsuls Heinrich Wagener an den Preußischen König 1861 zurück. 1876
konnte die nach Plänen von August Stüler erbaute Nationalgalerie bezogen
werden. Daß zahlreiche Gemälde aus der Sammlung in Dortmund gezeigt
werden können, ist dem föderalen Programm der Stiftung Preußischer
Kulturbesitz zu verdanken.
In der Goethezeit ist die Kunst von Romantik und Klassizismus geprägt.
Sie umfaßt den Zeitraum von der Aufklärung bis zum Biedermeier.
Historisch, sozial und politisch ist es eine Zeit im Umbruch: Vom
ständischen System hin zu einer staatsbürgerlichen Klassengesellschaft
mit bürokratischer Verwaltung, bürgerlichen Leistungs- und
Ausbildungsanforderungen. In ihr entscheiden Erfolg, Besitz und die
Stellung in der Produktion über den gesellschaftlichen Rang.
Auf der Suche nach einer Erneuerung der Kunst reiste im ersten Viertel
des 19. Jahrhunderts eine Gruppe junger Maler nach Rom. In ihren Werken
verherrlichten sie die Religion. Es erschien diesen Künstlern
folgerichtig, daß sich ihre neue Bilderwelt an die Vorbilder aus einer
Zeit anlehnten sollte, als im christlichen Abendland nur die katholische
Religion herrschte.
Sie idealisierten Raffael als größtes künstlerisches Genie. In Anlehnung
an seine Werke betonten auch sie die Umrißlinien ihrer Figuren und
verwendeten einen auf den reinen Grundfarben aufgebauten Farbkanon.
Spöttisch von Zeitgenossen als ?Nazarener bezeichnet, lebten sie in
klosterartiger Männergemeinschaft und nannten sich selbst ?Lukasbrüder.
Manche dieser Künstler konvertierten vom evangelischen zum katholischen
Glauben. Von ihrem Künstlerkollegen Caspar David Friedrich als naiv
verachtet, hatten sie dennoch großen gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Erfolg. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland erhielten
viele von ihnen hohe Ämter.
Vor allem die ?Befreiungskriege gegen Napoleon 1813 bis 1815 führen in
Deutschland zu einem Erstarken der nationalen Idee. Architektur und
Kunst antworteten darauf mit einer Rückbesinnung auf das ?deutsche
Mittelalte, insbesondere auf die Zeit und den Stil der Gotik. Dies ist
eine Epoche vermeintlich fortschrittlicher nationaler und sozialer
Erneuerung. Für diese Verherrlichung wurden Darstellungen von
Heldenleben aus deutscher Geschichte und Rittersagen genutzt.
Gleichzeitig widmeten sich die Künstler mit verstärkter Aufmerksamkeit
dem Tagesgeschehen. Sie wurden zu Chronisten der eigenen, neuen, als
groß empfundenen Zeit. So dokumentiert Albrecht Adam mit seinen
Schlachtgemälden den napoleonischen Rußlandfeldzug von 1814, den er
selbst begleitet hatte. Die Historienmalerei galt seit dem 17.
Jahrhundert als die höchste Gattung der Malerei. Sie dient den
patriotischen und ideologischen Vorstellungen des Nationalstaates.
Auch aus Religion, Mythologie, Geschichte und Literatur wurden Themen
für die Historienmalerei genommen. Die Wiedergabe der nationalen
Dichtkunst und des Sagenschatzes zählte ebenso zu den Aufgaben des
Historienbildes wie die Darstellung nationaler Geschichte. So fand das
Nibelungenlied vielfältigen Niederschlag in der Bildenden Kunst.
In seiner langen Kronprinzenzeit kompensierten Friedrich Wilhelm von
Preußen - der spätere Kaiser Friedrich III - und seine Frau Victoria die
politische Machtlosigkeit durch die Förderung von Wissenschaft, Kunst
und Kultur. Kunstakademie, Kunstvereine, private Kunstsammlungen,
alljährliche große und internationale Ausstellungen, Kunstförderung
durch den Kaiser Wilhelm I und Wilhelm II ließen im Berlin der
Gründerzeit ein günstiges Klima für die zeitgenössische Kunst entstehen.
Ein allgemeiner Ornament- und Schmuckbedarf an öffentlichen und privaten
Denkmälern sowie Ausstattungen für die neu erbauten Villen, der durch
Börsenspekulation reich gewordenen Parvenüs, boten ein reiches
Arbeitsgebiet. Ein Höhepunkt war 1876 die Eröffnung der Nationalgalerie,
eines wahren Tempels der deutschen Kunst. Künstler wie Anton von Werner
als Akademiepräsident oder Reinhold Begas als Staats- und Hofkünstler
bildeten und bestimmten den Geschmack. Ihre Kunst entsprach dem Anspruch
der reich gewordenen Bürgerschaft, die sich hinsichtlich materieller
Ausstattung und sozialem Anspruch nun am Adel orientierte.
Das Genrebild schildert alltägliche, bekannte Vorgänge, die sich im
Laufe des menschlichen Daseins durchaus wiederholen. Die Themen bleiben
im Allgemein - Menschlichen, ohne direkte politische oder historische
Bedeutung. Auch Trauer und Tod fanden in der zweiten Hälfte des
Jahrhunderts als individuelles Erleben Eingang in die Bildende Kunst.
Persönliche Züge wurden in der Darstellung ins Typische umgestaltet.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde die Welt für den Menschen bekannter
und erfahrbarer denn je zuvor. Die Einigungskriege: der preußisch -
dänische 1864, der preußisch - österreichische 1866 und der preußisch -
französische 1870 / 1871 veränderten die Machtverhältnisse und führten
letztendlich zur Bildung des Kaiserreichs unter Wilhelm I. Für eine
Nation mit Anspruch auf Großmachtpolitik war es nach damaligen
Vorstellungen unabdingbar, Kolonien zu erwerben. Das damit verbundene
Interesse an fremden Völkern äußerte sich in Völkerschauen, auf
Weltausstellungen und in den berühmt gewordenen Serien der Sammelbilder.
Die allgemeine Industrialisierung, Eisenbahn, Telegraphen und Zeitungen
ließen die Welt erreichbarer werden. Die neuen Reisemöglichkeiten
beschränkten die Reiselust und Neugier der Künstler nicht mehr auf die
obligate Studientour durch Italien, wo viele der deutschen Künstler
mehrere Jahre verbrachten, sondern öffneten ihnen auch den hohen Norden
oder den Orient. Landschafts-, Historien- und Genremaler fanden dort
ihre exotischen Vorbilder die stärkste Gruppe stellten weiterhin die
Bilder aus Italien. Römische Ansichten zu den beliebtesten Sujets und
wurden als Andenken gerne gekauft.
Der Franzose Gustave Courbet war anläßlich der ersten internationalen
Kunstausstellung im Glaspalast 1869 nach München gekommen und dort
begeistert empfangen worden. Seine Kunst war die Mischung von sozialer
Beobachtung, Freiluftmalerei und einer brachialen Handhabung des
Pinsels.
Die Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts ist geprägt von einem Kampf
gegen starre Akademieregularien und für freiere Auffassungen von Formen
und Motiven. Die ursprünglich unangepaßten Bestrebungen des Jugendstils
und des heimischen Symbolismus waren schnell von der offiziellen Kunst
vereinnahmt worden. Die großen Kunstausstellungen zeigten nur noch
Werke, die von der Jury etablierter Professoren genehmigt wurde.
Ausweg aus diesen verkrusteten Strukturen war die Gründung eigener
Künstlervereinigungen, in denen neue Ideale vertreten und auch
vermarktet werden konnten. Diese Abspaltungen vom bürgerlichen
Kunstbetrieb, ?Sezessionen genannt, entstanden in Berlin, Weimar,
Dresden, München und Karlsruhe. Ihr Ziel war die Erneuerung der Malerei
weit weg von Heroismus, Sentiment und Künstlichkeit. Allein die Natur
sollte das Vorbild sein. Sie empfanden ihre Zeit nicht mehr als groß und
wollten weder eine Verklärung noch eine Poetisierung ihres Alltags.
Diese Künstler waren in der realen Welt angekommen.
Auch formal sollte es keine Grenzen mehr geben. Angeschnittene Figuren,
verunklärende Perspektiven wurden zu künstlerischen Mitteln, Form und
Farbe zu eigenständigen Werten. Künstler wie Lovis Corinth zerlegten die
Motive in einzelne Pinselstriche, die als solche sichtbar bleiben. Adolf
Hoelzel fand bereits um 1905 zur Abstraktion. Die Moderne war
eingeleitet.
Großartige Kunst ist es, die hier geboten wird. So läßt sich die
Ausstellung, die in den Räumlichkeiten des Museums für Kunst und
Kulturgeschichte in Dortmund gezeigt wird, zusammenfassen.
Sehr altmodisch wirkt das Museumsgebäude, wenn man am Eingang steht. Es
stammt aus dem Jahre 1883, wie ich in einem Flyer des Museums nachlesen
kann. Welche Stilepoche war damals in der Architektur vorherrschend?
Keine Ahnung. Das steht da wieder nicht. Rein ins Gebäude,
Eintrittskarte gekauft, den Gang rechts entlang, vorbei an Cafe und
Museumsshop - und ich muß nur noch eine Glastüre öffnen, um im Museum zu
stehen.
?Wow! Geil, würde mein Sohn ausrufen, wenn er diese Pracht sehen würde.
Natürlich geht das nicht. In einem Museum benimmt man sich. Der Besucher
genießt still und leise. Es sind schöne Bilder fern ab jeglichen
modernen Kunstgeschmacks. ?Warum wird heute eigentlich nicht mehr so
gemalt, möchte man da spontan fragen. Wer möchte schon
Videoinstallationen oder Kunst a la Beuys sehen, wenn er solche Bilder
zu sehen bekommt. Jeder Christenmensch ist auch ein Priester, wie Luther
behauptet. Entgegen moderner Kunstauffassung ist aber nicht jeder
Kunstschaffender auch ein Künstler. Eine grundsätzliche Frage sollte
sich die moderne Kunst und insbesondere die Malerei schon stellen: Warum
wird nicht mehr Wert auf eine Kunst gelegt, die auch dem Auge gefällt?
In Museen wie diesem zeigt sich die Malerei von ihrer besten Seite. Es
sollte mehr davon geben.
Die Zeche Zollern ist ein stillgelegtes Steinkohlenbergwerk im
Nordwesten Dortmunds. Es besteht aus zwei Schachtanlagen, die ?unter
Tage zusammenhingen: Die Schachtanlage I / III (also die Schächte I und
III) in Dortmund - Kirchlinde und die Schachtanlage II / IV in Dortmund
- Bövinghausen. Die Zeche ist heute einer von acht Museumsstandorten des
dezentral angelegten Westfälischen Industriemuseums; hier ist auch der
Sitz des Museums. Die Zechenanlage ist Ankerpunkt der Europäischen Route
der Industriekultur.
Hinter dem Zechentor erstreckt sich ein großer baumbestandener Platz,
der den Betrachter eher an den Ehrenhof eines Schlosses denken läßt als
an eine Industrieanlage. Die Gebäude rundum entwarf der Architekt Paul
Knobbe (1867 - 1956), der in jener Zeit einen großen Teil aller
Neubauten der Gelsenkirchener Bergwerks - AG entwarf. Stilistisch ist
diese Architektur an dem Idealbild der norddeutschen Backsteingotik
orientiert: Die roten Mauern werden durch Formsteine, Zierverbände und
helle Putzfelder aufgelockert. Nicht weniger aufwendig ist auch das
Innere der Lohnhalle gestaltet, das nach einer langen Zeit der
Zweckentfremdung erst vor wenigen Jahren - wie alle Gebäude -
restauriert wurde.
Tatsächlich war die Schachtanlage insgesamt ohne größere Veränderungen -
wie sie eigentlich bei Zechen normal sind - geblieben. Nur einzelne,
verschlissene oder nicht mehr gebrauchte Teile der Anlage waren
abgebrochen, verschrottet oder ersetzt worden. Ende der 1960er Jahre,
als nach der Stilllegung ein vollständiger Abriß der Anlage zu
befürchten war, erregte dann endlich das spektakulärste Gebäude der
ganzen Anlage die Aufmerksamkeit der frühen Industriedenkmalpflege. Die
zentrale Maschinenhalle der Zeche war nämlich nicht mehr in massiver
Bauweise (wie zunächst von Knobbe geplant) ausgeführt worden, sondern in
der Hoffnung auf schnellere Fertigstellung als eine mit Backstein
ausgefachte Eisenfachwerk - Konstruktion. Vorbild war die
Ausstellungshalle der Gutehoffnungshütte auf der Rheinisch -
Westfälischen Industrie- und Gewerbeausstellung Düsseldorf 1902, in der
auch die elektrische Fördermaschine für den Schacht II (vor ihrer
endgültigen Montage in Bövinghausen) ausgestellt wurde.
Wie bei der Düsseldorfer Halle sorgte der Berliner Architekt Bruno
Möhring (1863 - 1929) für die Ausschmückung der Maschinenhalle mit
Details in Jugendstilformen. Als deren Höhepunkt kann der Haupteingang
mit farbiger Verglasung und einem geschwungenen Vordach (ähnlich den
Pariser Metrostationen von Hector Guimard) gelten. Das Vordach ist wohl
schon in den 1930er Jahren nach einem Schaden abgebrochen worden.
Die kaum modernisierte ?Musterzeche der Jahrhundertwende ist bis heute
eingebettet in eine weitgehend unverändertes bergbautypisches Umfeld.
Vor den Toren der Zeche liegt eine Gartenstadtsiedlung, am Rande -
inmitten eines Naturschutzgebietes - die inzwischen begrünte Halde.
Heute ist Zollern ein Museum der Sozial- und Kulturgeschichte des
Ruhrbergbaus und als Gesamtensemble eines der Zeugnisse der
Vergangenheit der Region.
Aus einem ehemaligen Bauerngut entstand zwischen 1898 und 1904 das
Prestigeobjekt einer Bergbaugesellschaft, die mit dem Bau dieser
Schachtanlage zum Marktführer aufstieg. Prestigedenken und
Selbstbewußtsein der Gelsenkirchener Bergwerks AG bestimmten die
architektonisch aufwendige und repräsentative Bauweise sowie die
technische Ausstattung auf modernstem Niveau. Man zeigte, wer man war.
Der vordere Teil der Tagesanlagen im Stil des Historismus der
Jahrhundertwende gleicht einer barocken, dreiflügeligen Schloßanlage.
Der hintere zeigt mit dem Repräsentationsobjekt Maschinenhalle einen
modernen Industriebau in Stahlskelettbauweise mit großen Glasfenstern
und Jugendstilelementen. Mit Aufnahme der Förderung 1902 avancierte
Zollern für einige Jahre zur vielbesuchten ?Musterzeche unter den
deutschen Steinkohlenwerken.
Nach dem Ende des 1. Weltkrieges begann der Niedergang. Ein
Rationalisierungsprogramm der neuen Eigentümerin, der Vereinigten
Stahlwerke, sah 1926 den Verschleiß der inzwischen wenig rentablen
Anlagen vor. Kriegsvorbereitungen, Zweiter Weltkrieg und Nachkriegsära
setzten andere Prioritäten. Seit 1955 verblieb dem Verbundbergwerk
zunächst noch die Seilfahrt. 1966 wurde die Zeche Zollern II / IV
endgültig stillgelegt.
1969 bewahrte der Landeskonservator Westfalen - Lippe die Zeche Zollern
vor dem schon beschlossenen Abriß. Die Maschinenhalle wurde als erstes
Industriebauwerk in Deutschland unter Denkmalschutz gestellt.
Engagierter Bürgerwille trug maßgeblich zur Rettung bei.
Die Ausstellung präsentiert das Prestigeobjekt der bedeutendsten
Bergbaugesellschaft der Jahrhundertwende in ihrem gewachsenen Kontext am
authentischen Ort. Die Tagesanlagen mit ihren erhaltenen sollen Quelle
und größtes Ausstellungsobjekt sein. ?Mit ihrer Hilfe erklären wir am
individuellen Beispiel die Geschichte einer ruhrgebietsprägenden Branche
und die Lebenswelt der mit ihr verbundenen Menschen, berichtet das
Museum.
Die Ausstellung orientiert sich am selbstformulierten Anspruch ihrer
Gründer - dem der Musterzeche. ?Sie untersucht die zeit- und
branchentypischen Muster, die sich in der Anlage und den
Funktionsbereichen niedergeschlagen haben. Dazu gehören das
systematische Ausbildungswesen im Bergbau, Verbesserungen der
betrieblichen Hygiene und Gesundheitsfürsorge, vielfältige Maßnahmen und
Versuchseinrichtungen zur Reduzierung von Arbeitsunfällen und
Grubenunglücken und schließlich die Mechanisierung des Ruhrbergbaus,
lautet der Anspruch des Museums
Soweit zum Anspruch. Doch die alltägliche Realität sieht ein wenig
anders aus. Nicht die große Welt der Arbeit ist hier zu sehen. Der
Besucher, der hier alleine durch das Museum läuft, wird auch so ziemlich
alleine gelassen. Nicht, daß das Museum schlecht wäre. Doch die
Museumspädagogik läßt das Museum nur bedingt lebendig werden. Beim
Verlassen bleibt der Eindruck des Unvollständigen. Vielleicht hätte man
ja an einer Führung teilnehmen sollen, um die Zusammenhänge zu
verstehen? Vielleicht wäre ja die eine oder andere Videoinstallation und
Hörstation mehr sinnvoll gewesen.
Ist das Museum guter Durchschnitt? Ja. Ist es ausbaufähig? Auf jeden
Fall. Lohnt sich ein Besuch? Ja, durchaus. Insbesondere Kinder und
Jugendliche scheinen das Angebot zu schätzen. Schulklassen nehmen daher
gerne die Museumspädagogik in Anspruch. Was in der Schule funktioniert,
dürfte auch im (freiwilligen) privaten Umfeld klappen. Wer als
Erwachsener kommt, wird viele Exponate sicher noch aus eigenem Erleben
(Arbeit, Familie) oder bereits aus anderen Museumsbesuchen kennen.
Die evangelische St. Marien - Kirche zu Dortmund ist die älteste der
vier mittelalterlichen Stadtkirchen. Der Baubeginn der spätromanischen,
dreischiffigen Pfeilerbasilika (das Hauptschiff ist höher als die
Seitenschiffe) liegt um das Jahr 1170. im Zweiten Weltkrieg wurde die
Kirche schwer beschädigt. Für die Baumeister der Romanik galt das
Quadrat als das Maß aller Dinge. Das Hauptschiff ist in drei
quadratische, schlicht gewölbte Raumabschnitte (Joche) gegliedert.
Quadratische Pfeiler nahmen das Gewicht der Gewölbe und Wände auf. Auch
der Südturm der früheren Doppelturmfassade zeigt einen quadratischen
Grundriß.
Den für die Romanik typischen Rundbogen gibt es an den noch vorhandenen
kleinen Fenstern und an den Arkadebögen. Früher schlossen im Osten drei
Apsiden (halbkreisförmige, niedrige Chorräume) die Kirchenschiffe ab.
Tageslicht fiel nur spärlich ins innere des Gebäudes.
Dem Zeitgeschmack entsprechend wurde das Gotteshaus um 1350 gotisiert.
Man entfernte die romanischen Apsiden und erweiterte das Mittelschiff um
den großen Chor. Der Chor umfaßt nun die zwei rechteckigen Joche und
einen vieleckigen (polygonalen) Abschluß. Das mächtige, großflächige
Mauerwerk wurde reduziert. Die Bauherren setzten hohe Spitzbogenfenster
in dünne Wände. Das Maßwerk war dabei für die Gotik typisch. Im
Kreuzrippengewölbe erkennen Fachleute Symbole der Trinität auf den
Schluß - Steinen.
Wegen der Gefahr des Absinkens mußten die Seitenschiffe gestützt werden.
Daher wurden gotische Fenster eingebaut. Erst im 19. Jahrhundert wurden
große Fenster in die Westfassade eingebrochen. 1805 mußte der baufällige
Nordturm abgetragen werden. Heute können verschiedene sehenswerte
Ausstattungsstücke besichtigt werden.
Das romanische Taufbecken stammt aus dem Jahre 1200. Er ist mit einem
kunstvollen Banddekor aus Akanthusblättern (Akanthus = Sinnbild der
Unsterblichkeit) sowie den Christussymbolen Rose und Traube
ausgestattet. Die Rose steht wegen ihrer roten Farbe als Farbe der
Liebe. Die Traube weckt die Assoziation Traube = Wein = Blut Christie.
Die gotische, gekrönte Sitzmadonna stammt aus dem Jahre 1420 und wurde
aus Sandstein hergestellt. Über dem gegürteten Kleid trägt Maria einen
Mangel mit reichem Faltenwurf. Rote, weiße und goldene Farbspuren
belegen, daß die Skulptur früher bemalt war.
Die romanische Madonna stammt aus dem Jahre 1230. Sie wurde aus Holz
gefertigt. Der Volksmund heißt im Volksmund die ?Goldene Muttergottes
von Dortmund. Königlich gekleidet sitzt Maria majestätisch auf dem
Thron. Sie schaut ihr Kind nicht an. Die Romanik legte Wert auf die
Distanz zu Christus. Schließlich ist er niemandem verfügbar - also auch
nicht seiner Mutter.
Der Marienaltar ist ein gotisches Retabel. Er wurde um 1420 von dem
Dortmunder Conrad von Soest für diese Kirche gemalt. Er tat dies
wahrscheinlich im Auftrag des Rates. Von dem einst 6 Meter breiten
Flügelaltar sind nur noch Fragmente zu sehen. 1720 verkleinerte man die
Tafeln zwecks Einbau in einen Barockrahmen. Sie zeigen auf der Vorder-
und Rückseite neutestamentarische Szenen (Verkündigung, Geburt,
Anbetung) sowie legendäre Darstellungen der Namenspatronin (Entschlafung
und Krönung Mariae).
Es gibt drei symbolträchtige Farben in der Kirchenkunst. Gold beschreibt
das Jenseits und das Universum und Licht. Blau beschreibt den Himmel,
die Wahrheit und die Treue. Rot umfaßt Blut, Feuer und Liebe. Von Soest
benutzte diese Farben für den Marienaltar. ?Bedeutend wirken die
wundervollen Engelsgloriolen, die sparsame Architektur, das innige
Mutter - Kind - Verhältnis sowie die zeitgenössische höfische Mode,
berichtet die Gemeinde. Der Blockaltartisch stammt aus dem Jahre 1450.
Er wurde aus Sandstein hergestellt.
Der Erzengel Michael stammt aus dem Jahre 1320. Sie Skulptur wurde aus
Holz gefertigt. Michael besiegt den Drachen. Diese Skulptur weist auf
den Sieg des Guten über das Böse hin. St. Michael stand im Mittelalter
als Wächter am Westportal.
Das Sakramentenhaus entstand um 1450 aus Sandstein. Es wurde in Form
einer hochgotischen, französischen Kathedralfassade. Die unteren
Öffnungen dienten zum Aufbewahren liturgischer Geräte wie dem Kelch und
der Monstranz. In der oberen Öffnung befanden sich sicherlich Reliquien.
Rechts davon ist das ältere Sakramentshäuschen in die Wand eingelassen.
Der Adlerpult ist aus Messing gefertigt. Er entstand um 1550. Er diente
früher nur zur Schriftlesung. Er wird heute als Predigtstätte genutzt.
Die Arbeit bezeugt die streng naturalistische Auffassung der Gotik. Das
oft mit dem Adler geschmückte Evangelienpult gilt entweder als Symbol
des Evangelisten Johannes oder versinnbildlicht die Himmelfahrt Christi.
Auf einem kleinen Schild am Hals des Adlers ist die Kreuzigung zu
erkennen.
So, so, die älteste der vier mittelalterlichen Stadtkirchen ist die
Marienkirche. Schaut man sich als Besucher die Kirche an, ist dies eine
Tatsache, die nicht sofort ins Auge fällt. Von den sonntäglichen
Gottesdiensten einmal abgesehen, kann die Kirche täglich von dienstags
bis samstags zu festen Öffnungszeiten besucht werden. Genau gegenüber
der Reinoldikirche gelegen, macht die Kirche auf denen ersten Blick
einen wenig einladenden Eindruck. Groß und mächtig erscheint der Bau;
von einladender Pracht ist hier nichts zu sehen. Und wo ist der Eingang?
Wer sich in der Fußgängerzone befindet, hat zunächst einmal schlechte
Karten; hier sind alle Haustüren verschlossen. Als Besucher darf man
erst einmal um das Kirchengebäude herumlaufen, um eine offene Tür zu
finden.
?Meine Güte, ist das düster hier, möchte man ausrufen, wenn man die
Kirche betritt. Wo sind die Lampen, Kerzen, der helle Anstrich und die
vielen anderen Kniffe, mit denen eine angenehme, freundliche und
einladende Atmosphäre geschaffen werden kann?
?Kirche in der Stadt lautete ein Spruch, der vor geraumer Zeit als
Schlagwort durch die evangelischen Gemeinden geisterte. Die Gemeinden
vor Ort stellten fest, wie wenig präsent sie im Leben der Stadt waren
(und auch immer noch sind). Man wollte sich wieder für die Menschen
öffnen. Ob aber zwei Ständer mit sehr schönen Grußkarten und
gemeindlichen Mitteilungsblättern dafür ausreichen, ist mehr als
fraglich.
In dieser Kirche fallen die Fenster aus. Sie sind schön bunt. Und hell.
Und sonst? Ansonsten sieht die Kirche eher gewöhnlich aus. Die
Marienkirche leidet an der Krankheit vieler evangelischer Kirchen.
Evangelische Kirchen sind nur selten Orte, an denen man sich gerne
aufhalten möchte. Dezente Kirchenmusik, ein Kirchencafe, eine kleine
Lesestube - es gibt schon Ideen, wie man Besucher in die Kirche bringen
kann.
Ich schließe die Türe auf. Ich postiere ehrenamtliches Aufsichtspersonal
in der Kirche. Und harre der Dinge, die da kommen. Dieses Konzept
funktioniert nicht. Da werden die Verantwortlichen neue Ideen finden
müssen.
"Steinwache",
Steinstraße 50 (Hinterausgang Hauptbahnhof)
"Das 1928 erbaute Polizeigefängnis wurde nach der Machtergreifung der
Nationalsozialisten eine der berüchtigsten Folterstätten im Deutschen
Reich. Unter dem Regime der Gestapo erhielt die Steinwache den Beinamen
`Hölle Westdeutschlands'.
Von 1933 bis 1945 waren in den etwa 50 Haftzellen etwa 30.000 Männer und
Frauen aus `politischen Gründen' inhaftiert. Zahlreiche Funktionäre
politischer Parteien und der Gewerkschaften, Vertreter der christlichen
Kirchen, jüdische Bürger, Sinti und Roma und ausländische Zwangsarbeiter
wurden dort verhört, misshandelt und festgehalten; einige nur für
wenigen Wochen, andere für Monate und Jahre.
Viele der Verhafteten wurden später in Konzentrationslager deportiert.
Sie kamen nicht nur aus Dortmund, sondern aus dem gesamten
Regierungsbezirk Arnsberg.
Das Gebäude mit dem Gefängnistrakt blieb von Bombentreffern der
alliierten Luftangriffe verschont. Bis auf den heutigen Tag ist die
Steinwache in ihrer baulichen Struktur unverändert geblieben," berichtet
die NS - Gedenkstätte in Dortmund in einem Faltblatt.
In insgesamt 5 Etagen, die noch das Flair einer alten Polizeistation
behalten haben, werden hauptsächlich historische Fotos und Lesetafeln
gezeigt. Der Kampf um die Macht am Ende der Weimarer Republik,
Machtergreifung der Nazis und Festigung der Strukturen, Verfolgung
Andersdenkender und Ausrottung "lebensunwerten Lebens", aber auch
politischer und gesellschaftlicher Widerstand werden hier gezeigt. Die
Ausführungen sind zwar einerseits auf Dortmund beschränkt, aber auch so
allgemein, dass sich jeder Besucher darin wiederfinden kann.
Alles in allem ist die Ausstellung sehr langweilig. Hörstationen gibt es
genauso wenig wie Videoinstallationen. Eine moderne Museumspädagogik
scheint also unbekannt zu sein. Sollte Duisburg jemals eine Gedenkstätte
bekommen, sollten die Ausstellungsmacher darauf achten, daß sie mehr
bieten als den Mief eines Heimatmuseums.
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