Kleve und Ewald Matare |
Sie nennt sich die grüne Insel zwischen
Rhein und Maas: Die Stadt Kleve liegt am Niederrhein. Nichts besonderes?
Na ja, fast. Das Museum Kurhaus Kleve Sammlung Ewald Mataré verwaltet
den Nachlass des bedeutenden rheinischen Bildhauers, Malers und
Graphikers Ewald Mataré (1887 1965). Im Neuen Tiergarten in Kleve wurde das ehemalige Kurhaus zum Museum umgebaut. Das Kurhaus besteht aus dem Friedrich Wilhelm Bad, Badhotel und Wandelhalle; es grenzt an die berühmten barocken Gärten von Johann Moritz von Nassau und bildet gleichzeitig den Abschluss der von prachtvollen Villen gesäumten Kurallee von Kleve, der Tiergartenstraße. Erbaut zwischen 1846 und 1872, erinnert das Gebäude an die wohlhabende Zeit von `Bad CleveŽ als Kurstadt. Nach dem Ersten Weltkrieg verfiel das Gebäude allmählich. In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts erwarb es die Stadt Kleve, um es als Museum der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen. Die im Museum präsentierte Sammlung zeigt Kunstwerke vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Glanzpunkte der älteren Kunst bilden die Bereiche mittelalterliche Skulptur und Barockmalerei. Sie enthält Werke der Meister Arnt von Kalkar, Hendrik van Holt und Arnt van Tricht sowie Arbeiten des in Kleve geborenen Rembrandt Schülers Govert Flinck. In den ehemaligen Kursälen des Friedrich Wilhelm Bades wird Kunst aus der Zeit des klevischen Statthalters Johann Moritz von Nassau ebenso wie aus der Blütezeit von Bad Cleve gezeigt. Namensgeber für das graphische Kabinett des Museums ist der Sammler Robert Angerhausen. Seine umfangreiche Sammlung von Zeichnungen, Druckgraphiken und alten Drucken bildet den Kern der Graphiksammlung des Museums. Die topographische Sammlung des Niederrheins ist ebenso bedeutend. Auch bedeutende Ensembles an Künstlergraphiken sind hier zu finden Hendrick Goltzius, Hans Hartung, Karl Otto Götz seien hier als Beispiele genannt. Eine private Sammlung von Zeichnungen und Graphiken wird hier als Leihgabe aufbewahrt. Der Schwerpunkt liegt auf der Altmeisterzeichnung, der informellen Malerei und der Gartenkunst. Das Hauptgewicht der Sammlung liegt auf der Kunst des 20. Jahrhunderts. Das Werk des rheinischen Bildhauers Ewald Mataré, dessen Nachlaß im Museum aufbewahrt wird, bildet den Ausgangspunkt. Skulpturen, Aquarelle und Holzschnitte vermitteln ein umfassendes Bild seines Schaffens. Das Wirken Matarés beeinflusste auch die Werke seiner Schüler der in Kleve geborene Joseph Beuys und Erwin Heerich zählen dazu. Beuys hatte über Jahre sein Atelier im Kurhaus. Ausgewählte Beispiele demonstrieren die Entwicklung der Malerei von 1960 bis heute: Arbeiten von Heinz Mack, K. O. Götz, Gerhard Richter, Yves Klein, Ulrich Erben und Günther Forg sind hier ausgestellt. Thomas Struth, Thomas Ruff, Andreas Gursky und Jeff Wall vertreten die neuere Fotografie. Die Dauerleihgabe der Sammlung Ackermann, die der internationalen Gegenwartskunst gewidmet ist, bildet eine wichtige Erweiterung der Museumssammlung. Die Sammlung konzentriert sich auf Installationskunst. Sie setzt bei der "Arte Povera" mit Künstlern wie Mario Merz, Jannis Kounellis und Michelangelo Deacon an. Von diesem Fundament aus werden wichtige Strömungen der Gegenwartskunst dokumentiert. So sind beispielsweise Werke der internationalen Skulptur von Claes Oldenburg, Richard Deacon und Tony Cragg sowie raumfüllende Installationen von Christian Boltanski und Reinhard Mucha ausgestellt. Neben Arbeiten von Georg Herold, Herbert Brandl, Franz West und Fischli & Weiss umfasst die Sammlung ein Hauptwerk von Katharina Fritsch, den "Elefanten". Das Werk Ewald Mataré nimmt im Museum Kurhaus Kleve einen besonderen Platz ein. Zu sehen ist sein Nachlass mit einem unfangreichen Bestand an Plastiken, Zeichnungen, Aquarellen und Holzschnitten, der das Werk des Künstlers in allen seinen Schaffensperioden dokumentiert. Ewald Mataré wurde 1887 in Burtscheid bei Aachen geboren und starb 1965 in Büderich bei Düsseldorf. Er war einer der bedeutendsten Bildhauer der klassischen Moderne im Rheinland. ?Mit einem umfangreichen öffentlichen Werk und als Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie, an die er 1932 erstmals auf Drängen von Paul Klee berufen wurde, wirkte der prägend für eine Generation von Künstlern, zu denen auch der in Kleve aufgewachsene Joseph Beuys gehörte, berichtet das Museum. Mataré s Kontakt nach Kleve reichen bis in das Jahr 1934 zurück, als er als einen der ersten monumentalen Aufträge die Figur eines gefallenen Soldaten für das dortige Kriegerdenkmal schuf. Von den Nationalsozialisten 1938 entfernt und zerschlagen, 1977 wiedergefunden, restauriert und 1981 vor der Klever Stiftskirche wieder aufgestellt so liest sich die Biographie der Figur. Die Geschichte dieses sogenannten "toten Kriegers" spiegelt auch das Schicksal des Künstlers Mataré wieder: seine Anfänge im Berlin der zwanziger Jahre, in der revolutionären, nach Erneuerung und Entakademisierung der Kunst strebenden `NovembergruppeŽ, die Einordnung als `entarteter KünstlerŽ und Entfernung aus dem Lehramt, die Rehabilitierung und Wiederentdeckung seines Werkes nach dem Zweiten Weltkrieg. In der Zeit des Nationalsozialismus führte Mataré kleine Aufträge für rheinische Kirchen aus. In der deutschen Kunstszene des Nachkriegsdeutschlands war Mataré dann mit vielen öffentlichen und kirchlichen Aufträgen präsent. Die Kölner und Salzburger Domtüren, das Westfenster des Aachener Doms und die Türen der Friedenskirche in Hiroshima seien hier als Beispiele genannt. Matarés bevorzugte Themen sind die Landschaft, das Tier und die menschliche Figur, für die er in den freien Arbeiten eine als ganz persönlich empfundene Sprache entwickelt. Joseph Beuys, Erwin Heerich und Günther Haese zählen zu seinen bedeutendsten Schülern. Das Museum Kurhaus liegt inmitten einer historischen Parklandschaft. Innen- und Außenraum, Kunst und Natur gehen vielfältige Beziehungen ein. Die natürlich gelegene Landschaft mit dem Tiergartenwald und dem an Quellen reichen, zur Ebene hin abfallenden Springenberg inspirierte Mitte des 17. Jahrhunderts den klevischen Statthalter Johann Moritz von Nassau Siegen, hier einen Garten der Künste zu schaffen. Das sogenannte Amphitheater bildet hier das Zentrum. Johann Moritz wurde 1647 vom Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg als Statthalter in Kleve eingesetzt. Er machte sich den Wiederaufbau Kleves nach dem Achtzigjährigen Krieg und die Ausgestaltung des städtischen Umlandes mit Gartenkunst zu seinem Lebenswerk. Auch wenn vieles davon, so etwa der Lustgarten mitsamt der statthalterlichen Stadtresidenz (der Prinzenhof) im Zweiten Weltkrieg verlorenging: Die Parks und Alleen prägen noch heute das Gesicht Kleves. Die Klever Landschaftsgärten in der Tradition niederländischer und italienischer Gartenkunst waren Anregung für den Großen Kurfürsten zu dessen Parkanlagen in Berlin. Die Einstellung des Kurbetriebes im Ersten Weltkrieg gab die Parklandschaft der Natur zurück. Die 1975 unter der Leitung der Gartenarchitekten Gustav und Rose Wörner begonnene Restaurierung gab dem stark verwilderten Ensemble wieder ein Gesicht, das die verschiedenen Epochen von barocker Wunderkammer bis zum Landschaftspark berücksichtigt. ?Mit der Eröffnung des Museums in den restaurierten Kurbauten im Jahr 1997 lebte die von Johann Moritz begründete Zwiesprache von Kunst und Natur an diesem Ort wieder auf, ist aus Kleve zu hören. Soweit zur Ausstellung. Ob sich der Besuch in dem Museum wohl lohnt? Sicherlich liegt Kleve ein wenig abseits der beliebten Touristenrouten. Doch den Kunstinteressierten erwartet ein kleines, aber ansprechendes, fast schon heimelndes Museum. Über 3 Etagen hinweg ist eine bodenständige Kunst zu sehen, die nur wenig von dem künstlerischen Elan des 20. Jahrhunderts spüren lässt. Dies macht sicherlich einen Teil der Ausstellung aus. Auch durch die Architektur und die ansprechend dezente Inneneinrichtung sind keine Experimente zu erwarten, was die Museumspädagogik anbelangt. Doch Vorsicht! Langeweile ist hier nicht angesagt. Richtig angeleitet, ist die Ausstellung auch für Kinder geeignet. "Qua patet orbis" - Soweit der Erdkreis reicht. Dies ist die Devise des Johann Moritz. Warum nicht den eigenen Geist mit einem Besuch am Niederrhein erweitern? Andreas Rüdig |