Städtetour West   Korschenbroich - Schloss Myllendonk  Schloss Liedberg

Die Anreise erfolgt über Düsseldorf: Korschenbroich liegt jenseits der großen Touristen- und Verkehrsströme. Zumindest dann, wenn man mit Bus und Bahn unterwegs ist.
Bewölkt und kühl ist der Samstagvormittag Mitte Juni 2008, als ich mich auf den Weg dorthin mache. Ich überlege: Bin ich schon einmal dort gewesen? Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern. Daher bin ich schon ein wenig neugierig, was mich dort erwartet.
Der Korschenbroicher Bahnhof ist nicht der Rede wert. Er besteht nur aus 2 Gleisen und der Plattform dazwischen. Was allerdings auch nicht weiter verwunderlich ist. Schließlich wird Korschenbroich auch nur von der S 8 (das ist die S - Bahn, die Düsseldorf und Mönchengladbach miteinander verbindet) angesteuert. Einen Fahrkartenverkauf (für Fernreisen) gibt es hier genauso wenig wie Rolltreppen für mobilitätseingeschränkte Reisende.
Erwähnenswert ist vielleicht noch das Bahnhofsgebäude. Es wird heute vom örtlichen Bürgerverein genutzt. Unangenehm daran: Das Heimatmuseum ist nur am Sonntagnachmittag für einige wenige Stunden geöffnet. Zufällige Besuche wie ich können also keinen Eindruck von der Arbeit des Vereins bekommen.
Meine nächste Station: die Fußgängerzone in der Innenstadt. Sie versprüht den historisch angehauchten und doch modernen Charme einer niederrheinischen Kleinstadt. Die katholische Pfarrkirche St. Andreas dominiert die Innenstadt schon wegen ihrer Größe. Zu meinem Leidwesen ist sie an diesem Tag aber nicht geöffnet; ihre Innenausstattung kann ich also leider nicht beschreiben.
Auch wenn Stadtverwaltung, Sparkasse, Post, Bürgermeisteramt, Hannen - Stammhaus und Hannen-Center (als vermeintliches, faktisch aber nur schwach ausgeprägtes Einkaufszentrum) in erreichbarer Nähe zur Pfarrkirche liegen, macht Korschenbroich einen hübschen Eindruck. Von städtischer Infrastruktur (wie öffentlicher Bücherei, Stadtinformation, Arbeitsamt, Volkshochschule, Museen oder andere Kultureinrichtungen) ist hier aber nichts zu sehen. "Bildung ist wichtig," bekommt man überall zu hören. Hier muss man sie mit der Lupe suchen.
Ich bin froh, dass ich in einer Stadt wie Duisburg wohne. Dort kann ich die Sachen nutzen, die ich brauche. Eine Stadtbücherei mit Internetzugang und Literaturausleihe, ein Berufsinformationszentrum des Arbeitsamtes mit seinen berufskundlichen Informationen, eine Volkshochschule mit ihren Bildungsangeboten, die Kirchen mit ihren religiösen Angeboten - sie würden mir hier komplett fehlen.
 

Korschenbroich ist eine Stadt am mittleren Niederrhein. Sie liegt im nordwestlichen Teil des Kreises Neuss, der mit einer Bevölkerung von 430.000 Menschen der zehntgrößte Kreis Deutschlands.
Korschenbroich wurde durch die kommunale Neugliederung von 1975 aus den fünf bis dahin selbständigen Gemeinden Korschenbroich, Kleinenbroich, Glehn, Liedberg und Pesch gebildet. In der Stadt leben rund 32.000 Menschen. In unmittelbarer Nachbarschaft liegen die Städte Mönchengladbach, Neuss und die Landeshauptstadt Düsseldorf. Ein Anziehungspunkt ist Schloss Myllendonk, eine Wasserburg aus dem Mittelalter. Das Schloss ist heute von einer Golfanlage umgeben.

 

Schloss Myllendonk
Die Ortschaften Korschenbroich, Glehn, Kleinenbroich und Liedberg werden im 12. Jahrhundert erstmals in schriftlichen Quellen erwähnt. Bis 1794 existieren zwei Grundherrschaften, nämlich Millendonk und Liedberg. Die Franzosen schaffen diese ab, als sie (bis 1816) das Rheinland besetzen. Im Jahre 1816 übernehmen dann die Preußen das Rheinland. Der Regierungsbezirk Düsseldorf wird gebildet, ebenso der Landkreis Gladbach, dem Korschenbroich, Kleinenbroich und Liedberg angeboren. Glehn wird dem Landkreis Neuss zugeordnet. Das Amt Korschenbroich entsteht 1864 mit den beiden selbständigen Gemeinden Pesch und Korschenbroich. In einer kommunalen Gebietsreform werden 1929 Korschenbroich und Pesch als Amt Korschenbroich sowie die Gemeinden Glehn, Liedberg und Kleinenbroich dem neuen Kreis Neuß-Grevenbroich zugeteilt. Die Gemeinden Glehn und Liedberg schließen sich 1935 zum Amt Glehn zusammen.

Durch die kommunale Neugliederung entsteht aus den selbständigen Gemeinden Korschenbroich, Pesch, Kleinenbroich, Glehn und Liedberg die Großgemeinde Korschenbroich. Er gehört zum Kreis Neuss. Korschenbroich hat 1981 mehr als 25.000 Einwohner und wird damit zur Stadt.
Viel Wissenswertes bietet die kommunale Touristenwerbung nicht. Als ich die Infobroschüre der Stadt Korschenbroich durchblättere, entdecke ich die Angebote, wie sie für viele andere Kleinstädte auch üblich sind. Stadt und örtlicher Handel preisen ihre Angebote an. Das Gesundheitswesen kommt genauso hinzu wie Sport, Kirche und Kultur. Wie soll ich sagen? Die städtische Werbung wirkt so reizlos und durchschnittlich, dass es eigentlich keinen Grund geben dürfte, nach Korschenbroich zu fahren.
Und dennoch mache ich mich Mitte August 2006 auf den Weg an den Niederrhein. Die S- Bahn bringt mich von Düsseldorf nach Korschenbroich. Ein kurzer Blick und ich sehe das Hinweisschild, das in Richtung Innenstadt weist. Wenige Minuten später erreiche ich tatsächlich auch schon die Innenstadt mit ihrer Fußgängerzone. Rathaus, Post, (katholische) Kirche und ein paar Geschäfte sind hier angesiedelt.
?Brav, bieder und bürgerlich wirkt die Stadt. Hier kennt offensichtlich noch jeder jeden. Schließlich scheint Korschenbroich eine reine Wohn- und Schlafstadt zu sein. ich komme an diesem Montag so gegen Viertel nach 11 in Korschenbroich an. Zumindest in der Innenstadt habe ich den Eindruck, dass hier die Bürgersteige hochgeklappt sind. Erst als die Kinder aus der Schule kommen, wird es lebendig auf den Straßen. Aber da bin ich schon wieder auf dem Wege nach Hause.

Neben dem Schloss Liedberg gibt es in Korschenbroich naher der Stadtgrenze zu Mönchengladbach im Ortsteil Herrenshoff das Schloss Myllendonk.  Die seit 1166 nachweisbaren Herren von Myllendonk besaßen unter den niederrheinischen Adelsgeschlechtern eine bedeutende Stellung, die sich in umfangreichen Besitzungen kennzeichnete. Bekanntester Sohn der Familie ist bis heute der Zisterziensermönch und Geschichtsschreiber Caesarius von Heisterbach (um 1180 - 1240). Als Ende des 13. Jahrhunderts die Familie ausstarb, gelangte Myllendonk an die Herren von Reifferscheid und um 1346 durch Heirat an die von Mirlaer. Letztere benannten sich später nach ihrem neue Stammsitz von Myllendonk.
Von 1621 bis zur napoleonischen Besatzung war das Schloss in mehrfach wechselnden gräflichem und herzoglichem Besitz. 1700 gelangte die bis Ende des 13. Jahrhunderts selbständige Herrschaft Myllendonk ihre Reichsunmittelbarkeit zurück. 1803 kaufte Franz Gottfried von Maerckem die Anlage, die 1832 über dessen Nichte an die Familie von Wüllenweber ging, die seither das Schloss bewohnt.
Unmittelbar am Ostufer der begradigten Niers liegt die weitläufig, von Wassergräben umgebene und mehrfach untergliederte Anlage. Sie wird erschlossen von der im Osten liegende Zufahrt. Über drei Brücken gelangt man von der äußeren Vorburg auf die innere Vorburginsel, die 1263 / 1264 dem Kölner Erzbischof Engelberg zu Lehen aufgetragen wurde, und schließlich in die Hauptburg. Zwischen dieser und dem westlichen Außengraben liegt die vierte Burginsel, die gänzlich unbebaut als Nutzgarten diente.
Ein 1589 datierter Wappenstein, der 1856 an die erneuerte Hoffront des Westturms versetzt wurde, deutet auf Um- und Erweiterungsbauten hin. Möglicherweise stammte er von dem neu errichteten Ostflügel, der auch die Zufahrt überspannte.

Als 1591 Teile des gotischen Palais einstürzten, wurde dessen Hoffront vollständig erneuert und durch eine dekorative Renaissance-Loggia aufgewertet. Aus dem letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts stammen außerdem alle Dächer und die laternenbekrönten Turmhauben. Gemäß einer Mauerankerdatierung wurden 1630 der sechsgeschossige Nordostturm und die Ostfassade des Seitenflügels zu einer barocken Schaufront umgestaltet
Die neu geschaffene Pracht, die von einem barocken Terrassengarten mit kleinem Pavillon abgerundet wurde, bestand allerdings nicht lange. 1642 wurde das Schloss bei kriegerischen Auseinandersetzungen beschädigt. 1655 und 1671 was das Schloss von spanisch-geldrischen Truppen besetzt, die die angestrebte Loslösung aus dem Lehnsverband verhindert sollten. In diesem Zusammenhang wurde der Arkadengang vermauert und Mitte des 18. Jahrhunderts der Südteil des Ostflügels einschließlich der Tordurchfahrt abgebrochen. ?Dennoch hat sich bis heute eine imposante Anlage erhalten!- So urteilen Ralf Frommen und Marcus Wagener im August 2002.
Ihr Text ist noch der informativste und umfangreichste Text, den ich über die Schlösser Liedberg und Myllendonk im Internet finden kann.


Der Korschenbroicher Stadtteil hinterlässt bei mir einen gutbürgerlichen Eindruck. Hier wird gewohnt und gelebt; die Fotos im Schaufenster der Metzgerei lassen beispielsweise das diesjährige Schützenfest Revue passieren. Die Gärten sind gepflegt und sauber. Unkraut ist hier nirgends zu sehen. Hat es hier einen Wettbewerb um den schönsten Garten gegeben?
Schloss Liedberg ist leider nicht zugänglich. Mein erster Eindruck: Es  befindet sich im Privatbesitz. Ein Gatter verhindert, dass zufällige Besucher wie ich plötzlich von der Haustüre stehen und Einlaß begehren. Da die Parkanlage auch keinen einladenden Eindruck hinterlässt, kehre ich um und schaue mir weiter Liedberg um.
Die Schlösser Myllendonk und Liedberg wären für mich als auswärtigen Besucher die einzigen interessanten Ausflugsziele in Korschenbroich. Die Stadt scheint damit aber Schwierigkeiten zu haben. In der Touristeninformation ist kein Material über die Schlösser zu erhalten. auch die Suche im Internet ist nur mäßig ergiebig. Warum nur? Haben die Eigentümer etwas zu verbergen? Sind die Schlösser so langweilig, dass außer mir niemand zu Besuch komme würde? Der Niederrhein schrieb nie Weltgeschichte; von daher kann ich auch keine spektakulären, atemberaubenden Heimatmuseen erwarten. Ein bisschen lokale oder regionale Geschichte würde mich aber schon erfreuen. Schlösser bieten - zumindest in meinen Augen - ein passendes Ambiente dafür.
Aber, ach, was rege ich mich auf. Ich wohne im fernen Duisburg. Korschenbroich gehört nicht zu den Orten, in die ich mit großem Eifer � wenn überhaupt � zurückkehren werde. Dafür ist der Ort einfach nicht attraktiv genug.
 

Myllendonk
Das Schloss gehört dem Golfclub und wird von ihm genutzt. Solange Sie nicht über die Golfbahnen laufen, können Sie sich dort auch ruhig umschauen. Dort gibt es auch ein gutes Café.
So richtig traue ich mich dann doch nicht ins Schloss. Schließlich gehöre ich dem Golfclub ja nicht an. An diesem Vormittag ist auch offensichtlich, dass ich nur einer jenen zufälligen Besucher bin, der bestimmt kein Golf spielen möchte. Ein paar wenige Fotos vom Gelände mache ich dann doch, bevor ich mich auf den Weg nach Hause mache.
Ein Schloss als Golfclub? Ein wenig überrascht es mich schon. Golf ist ja nun keine Breitensportart, die die Massen anlockt. Für dieses spezielle Schloss mag die Lösung, es in einen Golfplatz einzubinden, geglückt sein. die Qualität der Anlage kann ich nicht beurteilen. Irgend etwas irritiert mich aber doch, ohne daß ich genau sagen kann, was es ist. Altmodisch, wie ich bin, hatte ich angenommen, dass das Schloss einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Museen, Schulungsräume, Tagungsräume, Hotel � das sind die klassischen Nutzungsmöglichkeiten von historischen Schlössern und Burgen. Sie bieten die Möglichkeit, die Schlösser wenigstens ungestört von außen betrachten und oft genug auch durch einen Schlosspark spazieren zu können. Die Chance wird hier nicht genutzt. Wer möchte schon von einem Golfball am Kopf getroffen werden? Ich gönne dem Golfclub Myllendonk durchaus sein Freizeitvergnügen in historisch-gepflegter Atmosphäre. Ob er aber der historischen Bedeutung des Schlossen gerecht wird, kann der Club bestimmt am besten selbst beurteilen.
Andreas Rüdig