Städtetour West Krefeld - Verein Niederrhein - Mennoniten |
Krefeld -
Zoo Problemlos verläuft die Reise nach Krefeld an diesem regnerischen und diesigen Samstagmorgen Ende September 2007. Ich komme so gegen 10 Uhr morgens an. Und staune erst einmal über den Hauptbahnhof. Obwohl von hier aus das Ruhrgebiet (incl. Düsseldorf) und der Niederrhein (Kleve, Aachen, Mönchengladbach) angesteuert werden, wirkt er schon seit Jahren unfertig! Rolltreppen zu den Gleisen fehlen. Die Decken über den Gleisen wirken so, als seien sie mit Pappe verkleidet. Der Eingangsbereich ist ganz nett gestaltet. Neben den kleinen Läden gibt es hier ein Reisezentrum. Die Bus- und Bahnhaltestellen liegen direkt vor der Haustüre. Zum Glück fehlen hier größere Ansammlungen sozial schwache Mitmenschen. Dafür ist der Bahnhof zu kalt, luftig und zugig gestaltet. Windgeschützte Aufenthaltsmöglichkeiten fehlen völlig. Meine erste Station: das Hansa-Centrum; es ist quasi das Tor zur Innenstadt. Vom Lebensmitteldiscounter und einer Bäckerei bis zum Schmuck- und Bekleidungsgeschäft gibt es hier diverse Einkaufsangebote. Die Caritas mit ihrem Angebot (wie beispielsweise einem fairkaufs - Laden) und das Servicecenter der örtlichen Krefelder Verkehrsbetriebe liegen im Gebäude gleich nebenan. Bedingt durch das feuchte Wetter ist der Schwanenmarkt der absolute Gewinner an diesem Tag. Der Schwanen - Markt ist ein riesiges Einkaufscenter. Die Stadtinformation ist hier genauso vertreten wie ein Teeladen oder Buchläden. Die langgezogene Fußgängerzone ist Durchschnitt, zumindest für meinen persönlichen Geschmack. Und das liegt nicht nur am Wetter. Hinsichtlich des Einzelhandels gibt es die üblichen Verdächtigen, dm genauso wie T - Com oder Galeria Kaufhof (das frühere Horten). Exklusiv und teuer ist hier nichts, überraschend auch nichts. Als ich im Schwanen - Markt sitze, überlege ich, ob ich mir nahegelegene Rathaus besuchen soll. "Nein," entscheide ich mich dagegen. Architektonisch ist es eines jener reizlosen, nichtssagenden Gebäudekomplexe, die einen Besuch nicht wert sind. Ein Besuch im historischen Zentrum Linn lohnt sich auf jeden Fall. Die historischen Bürgerhäuser rund um Burg Linn und dem Deutschen Textilmuseum versprühen einen historischen Charme, der für Krefeld ungewöhnlich ist. Die Ruhe ist hier sehr angenehm. Auch die katholische Kirche St. Margareta ist einen Besuch wert. Es ist zwar nur der Vorraum geöffnet; ein Blick durch die gläserne Eingangstür (zum Gottesdienstraum) zeigt aber ein vergoldete Kanzel mit Deckel, diverswe Heiligenstandbilder und einen prächtigen, vergoldeten Altar. Sie heben sich von der Schlichtheit der übrigen Kirche ab. Mein persönliches Fazit: Ein Besuch in Krefeld lohnt sich - unabhängig vom Wetter - nur bedingt. Die Geschichte als Arbeiterstadt ist an vielen Stellen noch überdeutlich zu sehen, insbesondere im Innenstadtbereich. Zu schäbig ist die Bausubstanz, als dass sie wirklich schön wäre. Man muss schon gezielt eines der Ausflugsziele anvisieren, um die schönen Seiten der Stadt zu entdecken. Kaiser Wilhelm Museum Krefeld
Zoo Krefeld |
Verein Niederrhein |
Wer auf des Schusters
Rappen reitet, geht zu Fuß. Wer dem Verein Niederrhein angehört, braucht
auch gutes Schuhwerk. "Wir betreiben Umweltschutz weniger mit Hacke und
Schaufel. Wir führen Wanderungen und Führungen durch," erzählt Dr. Heinz
Büsch, von 1982 bis 2004 Hauptgeschäftsführer des Vereins Niederrhein in
Krefeld. Der Verein Niederrhein (VN) ist 1928 auf Anregung und unter Beteiligung der damaligen Rheinprovinz gegründet worden. Er ist das Pendant zum Eifelverein und zum Sauerländischen Gebirgsverein (SGV), die jeweils das südlich bzw. östlich angrenzende Gebiet abdecken. Bis 1993 hieß er noch "Verein Linker Niederrhein (VLN)" und beschränkte seine Arbeit auf die linke Rheinseite. Die Ausdehnung des Verbandsgebiets war eine Konsequenz der kommunalen Neugliederung. Sie hatte unter anderem aus den Kreisen Kleve und Wesel rheinüberschreitende Kreise geschaffen, deren Repräsentanten eine einheitliche Betreuung erwarteten. Im übrigen ist der Niederrhein beiderseits des Stromes eine landschaftliche und kulturelle Einheit, dem die irgendwann einmal erfolgte Zuordnung des rechten Niederrheins zum Verbandsgebiet des Sauerländischen Gebirgsvereins nicht entsprechen konnte. Primär ist der VN ein Dachverband von Heimat- und Wandervereinen, von denen ihm über 20 unmittelbar, weitere 50 korporativ angeschlossen sind. Die Zahl seiner Einzelmitglieder beläuft sich auf knapp 4.000. Außerdem sind 60 Kreise, Städte und Gemeinden dem VN mitgliedschaftlich verbunden. Der Zweck des VN ist die Förderung von Heimatpflege, Wandern und Naturschutz am Niederrhein - so die vereinfachte Umschreibung der Vereinssatzung. Die heimatkundlichen und naturkundlichen Arbeiten einschließlich des Naturschutzes finden in speziellen Arbeitsgemeinschaften statt, die nach einem festen Programm regelmäßig zusammenkommen. Der VN gehört der Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU) an. Für die kulturelle Arbeit wird eine umfangreiche Bibliothek niederrheinischen Schrifttums unterhalten. Ihr gehören über 4.000 Bände. Der VN gibt unter anderem die Zeitschrift "Der Niederrhein", das "Niederrheinische Jahrbuch" und heimatkundliche Wanderführer heraus. Ein "Niederrheinischer Windmühlenführer" und ein "Niederrheinischer Wassermühlenführer" ergänzen das Angebot an eigenen Editionen. Der VN unterhält ein eigenes Wanderwegenetz. Die Obere Landschaftsbehörde verlieht hierzu nach dem Landschaftsgesetz NRW das alleinige Recht, Wanderwege zu markieren. Er ist Mitglied der Europäischen Wandervereinigung und des Verbandes Deutscher Gebirgs- und Wandervereine. Ob es wohl eine Zusammenarbeit mit der Touristik-Agentur NiederRhein gibt? "Nein! Wir arbeiten idealistisch. Wir möchten wandern. Bei der Touristik-Agentur steht im Grunde das Beherbergungsgewerbe im Vordergrund. Und die Region soll finanziell vermarktet werden. Habe ich auch nichts dagegen. Nur ist es eine andere Ebene," so Büsch. Die Geselligkeit steht beim VN eindeutig im Vordergrund, wie Büsch erzählt. "Die Leute, die zu uns kommen, sind oft schon in einem vorgerückten Alter. Die Jugendlichen haben oft ein Auto und sind daher mobil. Da reizt natürlich das Ruhrgebiet. Wenn die jungen Leute aber eine Familie gründen, kommen sie wieder zu uns. Eine Familie kostet. Da muss ich mir schon überlegen, was ich mir leisten kann. Die Kinder wollen beschäftigt sein. Wer das Wandern für sich entdeckt, ist meistens schon lebensälter. Dann treten die Bewegung, die Gesundheit in den Vordergrund." Computer, Fernsehen, Videos, Seniorengruppen - die Konkurrenz ist groß. "Viele Senioren sind aber alleine. Die Kinder sind aus dem Haus, der Partner gestorben. Da sind sie für ein wenig Kontakt zu anderen Menschen dankbar. Man lustwandelt ja nicht alleine. Man tritt Bekannte, kann sich austauschen. Man trocknet körperlich und geistig nicht aus. Zersiedlung? Stadtflucht und Gewerbegebiete? "Natürlich gibt es sie auch am Niederrhein. Das kann ich nicht leugnen. Wir wollen aber die Schönheiten erhalten, die es gibt. Unsere Wanderkarten sind daher auch so gestaltet, dass der Wanderer nicht unbedingt den Hauptstraßen folgt, sondern etwas von der Schönheit des Niederrheins sieht." |
Mennoniten |
Sie werden manchmal als Wiedertäufer
bezeichnet: die Mennoniten. Die Gemeinde in Krefeld feiert alle 14 Tage
um 10.30 Gottesdienst in ihrer Kirche auf der Königstraße in der
Krefelder Innenstadt. "Die Täufer (von Außenstehenden auch als Wiedertäufer bezeichnet) gehen zurück auf die Täuferbewegung in der Reformationszeit. Sie nahmen ihren Anfang in den frühen 1520er-Jahren in Süddeutschland und der Schweiz, vor allem in Zürich. In der Folge der Wiederentdeckung der Bibel als einziger Quelle des christlichen Glaubens durch die Reformation kamen die täuferisch gesinnten Theologen (Konrad Grebel, Balthasar Hubmaier, Michael Sattler, Hans Hut, Hans Denck, Ludwig Hetzer und Melchior Rinck) zu der Erkenntnis, dass die Taufe nur an denen vollzogen werden dürfe, die sich freiwillig und wissentlich dafür entscheiden. Diese Meinung lehnten sowohl die katholische Kirche als auch die lutherischen und reformierten Reformatoren ab. Die regierenden Obrigkeiten verfolgten die Täufer, weil sie die Autorität des Staates in Frage stellten. Während des 16. Jahrhunderts drohte den Mennoniten und anderen Täufern aus diesem Grund in ganz Europa Verfolgung, Ausweisung, Folter und Märtyrertod. Sie gehörten daher zu den ersten Deutschen, die nach Nordamerika auswanderten, wo bis heute die meisten Mennoniten leben. Weltweit gibt es etwa 1,3 Millionen Mennoniten (Mennonitische Weltkonferenz 2003) in über 60 Ländern: Vereinigte Staaten von Amerika und Kanada (42 %); Afrika (28 %), Asien und Australien (16 %); Karibik, Mittel- und Südamerika (9 %) und Europa (5 %). Die Mennoniten waren und sind bestrebt, den Inhalt der Bibel zu leben und diese als Gebrauchsanweisung für ihr Leben zu sehen. Gute Bibelkenntnisse werden von allen Mitgliedern erwartet � in den Anfangszeiten, als Mennoniten oft Analphabeten waren, konnten viele von ihnen große Teile der Bibel auswendig. Mennoniten gehören zu den Friedenskirchen, die sich an Gewaltlosigkeit und Pazifismus orientieren und vielfach in politischen Krisengebieten diakonisch aufgetreten sind. Manche Mennoniten verweigern jeden Wehrdienst und sogar die Steuern, die für Militärausgaben bestimmt sind. Die Frauenordination ist gemeindeabhängig geregelt. Ihre Lehre in der Tradition der Täufer beinhaltet: * Bekehrung und Wiedergeburt: Um das Heil in Jesus Christus anzunehmen, muss ein Mensch sich bekehren. Die Bekehrung ist die bewusste Abkehr vom Leben unter der Macht der Finsternis und der Sünde und die Hinkehr zu Gott und zum Leben unter seiner Leitung durch Jesus Christus und durch die Wirkung des Heiligen Geistes. Nicht das Bekehrungserlebnis, sondern das Bekehrt-sein ist entscheidend (vgl. Johannes Evangelium 3,1-21). * Die Glaubenstaufe wird an Erwachsenen vollzogen. Sie kann durch Untertauchen, Begießen oder Besprengung praktiziert werden. Immer ist sie ein öffentliches Bekenntnis der Bekehrung und der Wiedergeburt Gott und den Menschen gegenüber. Durch die Taufe wird die Bekehrung besiegelt. * Gemeindedisziplin: Sündenbekenntnis, Lossprechung von den Sünden, Wiederaufnahme von Sündern in der Gemeinde. * Das Abendmahl ist ein Gedächtnismahl unter den getauften Gläubigen, das an die Leiden und den Tod Christi erinnert. Zu den frühesten Glaubensbekenntnissen zählen die am 24. Februar 1527 angenommenen Schleitheimer Artikel. Ihre sieben Artikel umfassen: * die Taufe * die Exkommunikation * das Brotbrechen * die Abtrennung von der Welt * die Pastoren in der Kirche * das Schwert * den Eid. Es gibt über zwanzig verschiedene mennonitische Gruppen, die sich bezüglich Lebensweise und religiöser Praxis stark unterscheiden. Gemeinsam ist ihnen die täuferische Tradition und das Engagement in aktiver Friedensarbeit und diakonischer Tätigkeit. Einige mennonitische Gruppen, zum Beispiel in Kanada, den USA oder Russland und auch in Kirgisien leben in einer ausgeprägten Distanz zum normalen Alltagsleben. Ein bekanntes Beispiel sind die Amischen, die weitestgehend auf den Einsatz moderner Technik verzichten und sich sonntags in ihren Privathäusern treffen, statt in Kirchen. In einigen Fällen haben sich mennonitische Gruppen auch ihren ursprünglichen niederdeutschen Dialekt erhalten, wie zum Beispiel das Plautdietsch. Eine Vermischung mit der ansässigen Bevölkerung findet häufig nicht statt. Die Mennoniten ?an sich gibt es allerdings nicht. Ursprünglich in der Wildnis von Paraguay ausgesiedelte Gemeinden beispielsweise sind heute modern und weltoffen. Wahrhaftigkeit, Demut und Selbstlosigkeit gehören dabei übergreifend zu den mennonitischen Idealen. Vorbildlich ist der Einsatz der Mennoniten für Gewaltlosigkeit und Frieden. Sie setzen sich für Verfolgte ein, ohne Rücksicht auf deren Religion. Sie gründeten ?im Namen Christi Hilfsorganisation wie den Mennonitischen Katastrophendienst (MDS, Mennonite Desaster Service) und Mennonitische Hilfswerke (MH, MCC, Mennonite Central Committee) um Hilfsbedürftige, Fremde wie Mitgläubige, zu unterstützen. Sie treten für die konsequente Trennung von Staat und Kirche ein," stellt die Internetenzyklopädie Wikipedia die Mennoniten vor. "Die Eidesverweigerung wächst aus dem Glauben, dass es in der Nachfolge Christi keine Bindungen geben darf, die absoluten Anspruch auf den Christen erheben. Sie ist Ausdruck des Bemühens um Wahrhaftigkeit. Die pazifistische Tradition ... wird von vielen in Gestalt der Kriegsdienstverweigerung ausgedrückt," ergänzt die Krefelder Gemeinde. Die Krefelder Mennonitengemeinde bildete sich in den Jahren ab 1607. Die tolerante Religionspolitik der Oranier bot ihnen Gelegenheit dazu. Während des 17. Jahrhunderts fanden einzelne mennonitische Familien, die aus Kempen, Gladbach und Rheydt vertrieben worden waren, in Krefeld eine neue Heimat. Was nicht nur für die eigene Gemeinde gut war. Die Zuwanderer förderten auch die wirtschaftliche Entwicklung Krefelds, beispielsweise im Textilsektor. Folgerichtig konnten die Mennoniten ab 1678 in Krefeld das Bürgerrecht erwerben. Der Bau der Kirche begann 1693; sie konnte ab 1696 genutzt werden. In den folgenden Jahrhunderten wurde die Kirche immer wieder erweitert und nach dem 2. Weltkrieg wieder aufgebaut. Der Gemeinde, die den Raum Hagen - Bonn - Düsseldorf - Krefeld umfaßt, gehören heute etwa 900 Mitglieder an. Der Kirchraum ist ein heller, schlichter Raum mit weiß gestrichenen Wänden und ohne jeglichen Bilder. Der dezente Blumenschmuck auf der linke und rechten Seite des Altarbereichs ist die einzige Dekoration hier. Rund 20 elektrische Doppelleuchter an den Wänden spenden hier Licht. Rund 160 Stühle bieten Sitzplätze für die Gottesdienstbesucher. Ein hölzerner Altartisch mit aufgeschlagener Bibel und brennender Kerze, ein Klavier links und eine Kanzel rechts vom Altartisch - was sich spartanisch anhört, kommt in Krefeld charmant daher. Ich besuche die Gemeinde Ende Juli 2008. Predigttext ist Römer 11, 25 - 32. Der Israelsonntag soll an die Herkunft des eigenen, christlichen Glaubens erinnern und damit an den 2. Bund, den Gott mit den Menschen schloß. Ohne Altes Testament gäbe es kein Neues Testament, keine Taufe, kein Weihnachten, kein Ostern und keine Jesus - Geschichten. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern. Erfüllt von der eigenen Heilsgewißheit begannen die (frühen) Christen, auf die Juden herabzublicken. Selbst geborene Juden wunderten sich, warum die Juden nicht zu Christen wurden. Gott ist barmherzig, gnädig und treu. Wenn wir uns nicht daran erinnern, werden wir unbarmherzig, unmenschlich und engherzig. Die Geschichte des Christentums offenbarte immer wieder die Enge des Geistes. Ausgehend von einer Geschichte, wie ein Jude im 2. Weltkrieg gerettet wurde, fragt Pastorin Gabriele Harder - Thieme in ihrer Predigt: Wer ist errettet? Wer ist von Gott ausgewählt und erwählt? Gott ist bei den Schwachen, Leidenden und Armen. "Wenn wir uns an den Bund Gottes mit uns Menschen halten, können wir Unrecht sehen und uns dagegen wehren. Wir können uns auch mehr mit unseren jüdischen Geschwistern auseinandersetzen und einen jüdischen Gottesdienst besuchen. Ein neuer Weg kann eingeschlagen werden, wenn wir anders, liebevoller, dankbarer und toleranter denken und das Gespräch (mit den Juden) suchen, um Mißverständnisse auszuräumen." Nach dem Gottesdienst besteht noch die Möglichkeit, eine Tasse Kaffee zu trinken. Wer mehr über das Gemeindeleben wissen möchte, kann im Internet unter www.mennoniten-kr.de nachschlagen. |