Ruhrgebiet und Niederrhein Neuss / Stiftung Insel Hombroich - Clemens Sels Museum |
Stiftung Insel Hombroich Die Stiftung Insel Hombroich in Neuss Holzheim ist ein Freilichtmuseum unter dem Motto Kunst parallel zur Natur. Ursprung und wichtigster Teil der Stiftung ist das Museum Insel Hombroich in der Erft Aue, das in Anlehnung an Paul Cézanne dem Leitmotiv Kunst parallel zur Natur entwickelt wurde. Am Anfang stand die Vorstellung des Düsseldorfer Sammlers und Immobilienmaklers Karl Heinrich Müller, seine Kunstsammlung in dezentralen Ausstellungspavillons zu zeigen und im Dialog mit der umgebende Natur zu präsentieren. 1982 stieß er auf die Insel Hombroich, einen verwilderten Park an der Erft. In Zusammenarbeit mit mehreren anderen bildenden Künstlern begann er, das Projekt zu verwirklichen. Für die Planung der Gebäude gewann Müller den Düsseldorfer Bildhauer Erwin Heerich. In der ersten Bauphase entstanden im historischen Park die Orangerie, der Graubner Pavillon und die Hohe Galerie. 1984 erwarb Müller ein weiteres, größeres Areal. Der Landschaftsarchitekt Bernhard Korte rekultivierte das Gelände zu einer Park-, Auen- und Terrassenlandschaft. Hier liegen, in die Natur eingebunden, weitere skulpturenartige, von Erwin Heerich entworfene und von dem Düsseldorfer Architekten H. Hermann Müller ausgeführte Bauten: das Labyrinth, die Cafeteria, der Turm, der Tadeusz Pavillon, die Schnecke, das Zwölf Räume Haus und das Kassengebäude. In einigen dieser Bauten ist die Kunstsammlung von Karl Heinrich untergebracht (u. a. Arp, Calder, Cézanne, Chillida, Corinth, Fautrier, Klein, Matisse, Picabia, Rembrandt, Schwitters, Kunst der Khmer und aus dem frühen China). Der Düsseldorfer Maler Gotthard Graubner beriet Müller nicht nur beim Aufbau der Sammlung, sondern er entwickelte auch ein spezielles Ausstellungskonzept. Im Gegensatz zur gängigen Museumspraxis sind die Exponate nicht chronologisch geordnet oder nach Stilrichtungen präsentiert. Graubner hat vielmehr in den verschiedenen Pavillons Dialoge zwischen traditioneller asiatischer und moderner europäischer Kunst inszeniert. Auf erklärende Hinweise wird grundsätzlich verzichtet, damit sich die Besucher intuitiv auf die Kunstwerke einlassen können. Ateliers auf dem Museumsgelände besitzen / besaßen die bildenden Künstler Anatol Herzfeld, Erwin Heerich und Gotthard Graubner, auf der Raketenstation der inzwischen verstorbene Lyriker Thomas Kling und die Fotografin Ure Langanky. In den frühen 1990er Jahren waren auf der NATO Raketenstation Nike- und Pershing Raketen stationiert. 1994 erwarb Karl Heinrich Müller das an Hombroich angrenzende Areal der damaligen NATO Raketenstation und ließ die vorhandenen Gebäude sofort umbauen. Entwürfe für die weitere Gestaltung der Raketenstation (Bauten und Skulpturen) wurden 1996 auf der 6. Architektur Biennale in Venedig vorgestellt. Seit September 2004 ist auf dem Gelände der Raketenstation das Kunst- und Ausstellungshaus der Langen Foundation zu besichtigen, entworfen von dem japanischen Architekten Tadao Ando. Es enthält die Sammlung des Unternehmerehepaars Viktor und Marianne Langen mit dem Schwerpunkt japanische Kunst und Malerei der westlichen Moderne. Der Strategische Bahndamm tangiert das Museumsgelände. Die Insel Hombroich ist heute ein gemeinnützige Kulturstiftung des Landes Nordrhein Westfalen, im November 1996 gegründet durch den Zusammenschluß von Karl Heinrich Müller, des Kreises und der Stadt Neuss und mit finanzieller Hilfe des Landes Nordrhein Westfalen. Die Stiftung ist ihrem Selbstverständnis nach Träger eines Kulturraumes oder Kulturlabors, in dem sich die seit 1982 entstandene Museumsinsel Hombroich mit Natur, Gebäuden und Sammlungsstücken zusammenfindet, mit Ateliers, sowohl im Museumsbereich als auch auf der benachbarten Raketenstation. Letztere bildet eine Art Arbeitslabor durch die Ansiedlung von Ateliers für bildende Künstler, Werkstätten, Veranstaltungsräumen, Labors und Büroräume für Wissenschaftler und von Seminargebäuden mit klosterartigen Übernachtungsmöglichkeiten. Hier entsteht ein Ort, der sich noch um ein Gelände zwischen der Raketenstation und der Museumsinsel Hombroich erweitern wird, auf dem der dänische Künstler Per Kirkeby Gebäude für mehrere Institutionen (Literaturinstitut, Filmdokumentationsinstitut, Architekturinstitut usw.) planen und erstellen wird. Auf de 9. Architektur Biennale in Venedig wurde das Projekt Raumortlabor vorgestellt und in einem Katalog dokumentiert. Seither treibt der Kunstsammler und Hombroich Gründer Karl Heinrich Müller zusammen mit namhaften Architekten (u. a. Raimund Abraham, Tadao Ando, Daniel, Libeskind, Frei Ott und Alvaro Siza) die Weiterentwicklung des Geländes rund um die Raketenstation voran. Auf einem rund 250 ha großen Areal, das zwischen Neuss Holzheim und Grevenbroich Kapellen liegt und auf dem derzeit Getreide und Raps angebaut wird, soll die Vision des Raumortlabors Hombroich Wirklichkeit werden. Das Ziel dieses Projekts besteht darin, vor den Toren der Stadt Neuss eine neue Form der Stadtlandschaft zu etablieren. Die intensive Landwirtschaft soll langfristig in eine naturnahe Landschaft mit extensiver Landwirtschaft und besonderen Architekturformen umgestaltet werden. Für diese Idee hat der ehemalige Immobilienmakler junge und etablierte Architekten gewonnen und ihnen seine Philosophie mit auf den Weg gegeben. Hombroich will Stadtgebilde und Raumentwicklungen nicht revolutionieren oder reformieren. Das Projekt versteht sich vielmehr als Ringen um unterschiedliche architektonische Formen, die auch sich selbst heraus Wandel erzeugen und zulassen, wie Müller betont. Im September 2004 wurde das Kunst- und Ausstellungshaus der Langen Foundation eröffnet, dessen Existenz einer gänzlich privaten Initiative zu verdanken ist. Marianne Langen, die Stifterin, erfüllte sich mit diesem Bau einen Traum. Zusammen mit ihrem Mann Viktor Langen hatte sie in den 1950er Jahren begonnen, Kunstwerke zu sammeln. Ihre Liebe zur Kunst ihrer Zeit wurde ergänzt durch das Interesse an der Kunst anderer Kulturen. Daraus erklären sich die zwei Schwerpunkte ihrer langjährigen Sammlertätigkeit: Rollbilder und Skulpturen der traditionellen japanischen Kunst sowie Werke der Klassischen Moderne und der zeitgenössischen Kunst westlicher Prägung. Die Langen Foundation, errichtet nach den Plänen des japanischen Architekten Tadao Ando, umfasst zwei Ausstellungsbereich mit einer Gesamtfläche von rund 1.300 Quadratmetern. In diesen Räumen werden immer wieder Präsentationen aus der Sammlung Viktor und Marianne Langen zusammengestellt werden, wobei der sogenannte Japanraum des Kunst- und Ausstellungshauses als zentraler Ort für die Japanische Sammlung reserviert ist. Außerhalb der Ausstellung steht die Sammlung der allgemeinen wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung. Die Ausstellungsprojekte der Langen Foundation sind als reine Wechselausstellungen konzipiert und wollen zu einem Dialog mit der Kunst anregen. Künstlich in die Landschaft eingebettet, präsentiert sich die Langen Foundation als eine von Erdwällen umgebene Anlage aus Sichtbeton, Glas und Stahlträgern. Durch einen weiten Betonbogen führt der Weg an Kirschbäumen und einem künstlichen Spiegelteich entland zu den zwei architektonisch unterschiedlichen und miteinander verbundenen Gebäudekomplexen: ein lang gestreckter, von einem Glasmantel umgebener Betonbau und im 45 Grad Winkel dazu zwei parallel zueinander gebaute Betonriegel. Diese beiden sind 6 Meter tief in die Erde gegraben und schauen nur 3,45 Meter heraus. Die Raumhöhe von 8 Meter ist erst im Innern des Gebäudes erfahrbar. Zwischen den beiden Trakten führt die ?Grand Stair wie eine Art Himmelsleiter aus der Tiefe zurück in die Natur. Betonplatten im Format japanischer Tatami Matten, der Beton wie Seide, lange Treppen, Rampen und Lichtschlitze sind auch für diesen Ando Bau charakteristisch. ?Die Anlage ist ein Meisterwerk aus Linien, einem faszinierendem Spiel von Innen und Außen, Kunst und Natur, Massivem und Leichtem. Spiegelungen in dem Glasmantel und dem Wasser des Teiches lösen Grenzen auf und vermitteln den Eindruck der Schwerelosigkeit, berichtet die Werbung. Viktor Langen reiste seit den frühen 1960er Jahren geschäftlich nach Japan. Fasziniert von allen Hochkulturen, packte ihn die Liebe zur Kunst Japans. Als erprobter und leidenschaftlicher Kunstsammler, mit guten Kontakten und einem Dolmetscher ausgestattet, suchte und fand er die wenigen Händler und Galeristen für japanische Kunst in Japan. ?Es entstand eine Sammlung, die in Umfang und Qualität einzigartig in Europa ist und repräsentativ für die japanische Kunst im 12. 19. Jahrhundert. Zu der Sammlung zählen Rollbilder, Stellschirme und Skulpturen, so die Werbung. Eine erste umfassende Ausstellung der Japan Sammlung fand 1998 / 1999 mit dem Titel Herbstwind in den Kiefern im Kölner Museum für Ostasiatische Kunst statt. Anschließend war sie in der Kunsthalle Tübingen, im Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg, und in verschiedenen Museen Japans zu sehen. Die Sammlung Malerei des 20. Jahrhunderts (Viktor Langen) umfasst Werke beinahe aller wichtigen und berühmten Künstler des letzten Jahrhunderts. Die Strategie, die das Sammlerehepaar verfolgte, war einfach und klar: Sie wollten ?das Heutige sammeln (Viktor Langen) und Werke, die sich spontan beeindruckten. In diesem Sinne konzentrierten sie sich zunächst auf die Expressionisten, die Viktor Langen schon als Schüler faszinierten. Am Beginn der heutigen Sammlung stehen ein Jawlensky und eine Ölskizze von Fernand Léger, die sie im Düsseldorfer Kunstverein entdeckten. Es folgten unter anderem Werke von Paul Klee, Mark Tobey, Alex Colville, Max Ernst, Salvador Dali, Piet Mondrian, Francis Bacon, Emilio Vedova, Fernando Botero, Domenico Gnoli, Jean Dubuffet und rückwärtsgewandt Pablo Picasso und Paul Cézanne. ?Die Sammlung gilt in ihrer jetzigen Form als abgeschlossen. Mit der Eröffnung der Langen Foundation setzt die Familie das Erbe von Viktor und Marianne Langen fort, ist in der Werbung zu lesen. (Quelle: Wikipeda / Langen Foundation) Es ist Sommer. Brütend heiß ist dieser Tag im Juli. Da fällt mir die Werbung in die Hände, die die Museumsinsel bei uns in Duisburg ausgelegt hat. Interessant klingt es schon, was da steht. Also beschließe ich, mich auf den Weg nach Neuss zu machen. Doch oh wehe! Prompt habe ich wieder vergessen, daß ich zwar einen Führerschein, aber kein Auto, dafür kein Auto habe und auf Bus und Bahn angewiesen bin. Was sich sehr rasch zu einem Problem ausgestaltet. Die Elektronische Fahrplanauskunft der Duisburger Verkehrsbetriebe kennt nämlich die Museumsinsel nicht und kann mir daher keinen genauen Fahrplan ausdrucken. Also bin ich auf einen ziemlich ungenauen Fahrplan angewiesen; zum Glück gibt es aber noch freundliche Busfahrer, die mich an der richtigen Bushaltestelle aussteigen lassen. Ah ja, dort ist die Museumsinsel. Die finde ich schnell. Doch wo ist die Langen Foundation. Zu der wollte ich ja eigentlich. Einen Feldweg durch die Felder muß ich laufen, dann bin ich in 10 Minuten dort, erfahre ich auf der Museumsinsel. Und tatsächlich: Jetzt, wo ich es weiß, sehe auch ich die Foundation. Schwitzend komme ich an. Daß die Eintrittspreise hier hoch sind, das wußte ich ja schon vorher. Taschen und Fotografieren sind hier nicht erlaubt; also muß ich Tasche und Fotoapparat einschließen. Eine Wechselausstellung finde hier statt als ich nach einem Ausstellungsprospekt frage, ernte ich ein verlegenes Lächeln. ?Nein, einen Flyer haben wir momentan nicht, der ist vergriffen, bedauert die Dame an der Kasse. Also tapere ich ahnungslos durch die Räume. Ah ja, es ist eine Art Plakatausstellung regional wird hier Deutschland, zeitlich die 1920er und 1930er Jahre, inhaltlich die politische und kulturelle Propaganda gezeigt. Ich bin schon ein wenig enttäuscht. Skulpturen oder Videokunst fehlt hier beispielsweise. Was mich enttäuscht. Ich habe nämlich den Eindruck, daß hier sehr viel Ausstellungsfläche vergeudet wird. Es hätte mehr daraus gemacht werden können diesen Eindruck nehme ich mit nach Hause. Aber egal. Ich bin ja nun nicht der Nabel der Welt; da ich aber den Eintritt entrichten muß, gesteht ich mir das Recht auf einen eigenen Geschmack und eine eigene Meinung zu. Es ist schließlich nicht das erste Museum, das ich besuche. Daher habe ich schon Vergleichsmöglichkeiten, die ich hier zu Rate ziehen kann. Clemens Sels Museum In der archäologischen Sammlung befinden sich Bodenfunde aus dem Gebiet der Stadt Neuss, die vom Spätpaläolithium bis zum 18. Jahrhundert reichen. Sie erhalten diejenigen Bereiche der Neusser Kulturgeschichte, für die Schrift- und Sachquellen in nur unzureichender Anzahl vorliegen. Zu den ur- und frühgeschichtlichen Funden der Sammlung gehören Steingeräte von alt- und mittelsteinzeitlichen Rast- und Werkplätzen im Neusser Stadtgebiet, aber auch Funde der Bronzezeit und der vorrömischen Eisenzeit wie Waffen oder Glasarmringe. Bereits um das Jahr 16 vor Christus wurde in Neuss erstmals ein römisches Militärlager errichtet. Es war eine der frühesten römischen Befestigungen in Deutschland. Um 43 nach Christus entstand ein Legionslager, das Raum für über 6.000 Soldaten bot. Das Kastell wurde zwischen 1887 und 1900 von dem Neusser Archäologen Constantin Koenen fast vollständig freigelegt. Die nach seinem Entdecker auch ?Koenen Lager bezeichnete Befestigung kann heute als virtuelle Rekonstruktion im Museum erlebt werden. aus der Zivilsiedung (Vicus) im heutigen Stadtzentrum erwuchs im Laufe der Jahrhunderte die Stadt Neuss. Im Laufe der vergangenen 150 Jahre wurden im Bereich der ehemaligen römischen Militärlager, Siedlungen und Gräberfelder zahlreiche Funde geborgen, von einen eine Auswahl im Museum gezeigt wird. Waffen und Ausrüstungsgegenstände der Soldaten, Inschriften auf Ziegeln, Keramikgefäßen und Weihesteinen, aber auch Glasgefäße, Götterfiguren und medizinische Instrumente geben einen Einblick in den Alltag der römischen Garnison am Rhein. Als eine der wenigen Städte in Deutschland verfügt Neuss über eine nahtlose, mehr als 2000jährige Geschichte. Aus der spätantiken Siedlung an der Mündung der Krur in den Rhein entwickelte sich im 9. Jahrhundert ein florierender Rheinhafen. Die Handelsstadt im Schatten der Hauptkirche St. Quirin erlebte verschiedene Blütezeiten, aber auch Kriege wie die burgundische Belagerung von 1474. Vor allem die seit 1985 bestehende kommunale Bodendenkmalpflege hat einen am Niederrhein herausragenden Bestand an mittelalterlichen und neuzeitlichen Funden ergraben. Ein Teil dieser Funde ist im Obertor, einem Stadttor aus dem 13./14. Jahrhundert, das heute zum Museum gehört, ausgestellt. 1956 entdeckte man am heutigen Gepaplatz in Neuss bei Rettungsgrabungen einen spätantiken Steinkeller. Man hielt ihn seinerzeit für eine Fossa sanguinis, einen Bluttaufkeller für den Kybele Kult. Welcher sakralen Funktion der Keller aber diente, bleibt derzeit noch im Dunkeln. Die stadthistorische Sammlung dokumentiert die Geschichte von Heuss seit der Neuzeit bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Die Sammlung umfaßt Objekte von historischen Ereignissen, die den Verlauf der Neusser Geschichte prägten. Dazu gehören beispielsweise der Truchsessische Krieg von 1586, die napoleonische und preußische Zeit sowie die Epochen um den Ersten und Zweiten Weltkrieg. Neben Militaria, Graphiken und Fotos befinden sich auch Zeugnisse aus den Bereichen des Gerichtwesens, der städtischen Selbstverwaltung und die neuzeitlichen Hoheitszeichen der Bürgermeister im Bestand. Hervorzuheben sind ferner die Pilgerzeichen- und Münzsammlung, da Neuss seit dem Mittelalter und der beginnenden Neuzeit sowohl ein Zentrum der Wallfahrt zu Heiligen Quirinius als auch eine bedeutende Münzprägestätte war. Da sich das Museum als kulturgeschichtliches Gedächtnis der Stadt und der Existenzbedingungen der Bevölkerung von Neuss versteht, befinden sich in der Sammlung auch Zeugnisse der Sachkultur, die die Bereiche Wirtschafts-, Sozial-, Alltags- und Familiengeschichte dokumentieren. Auf Grund dieses Konzeptes gehören folgende Objektgruppen zum Sammlungsbestand: handwerkliches und bäuerliches Arbeitsgerät, Hausrat und Möbel, Textilien, Musikinstrumente, Gegenstände des christlichen und jüdischen Kultes, Zunftwesen und Industrialisierung, Vereinswesen, städtisches Brauchtum, biographische Zeugnisse und Porträts von Neusser Bürgern und Stadtansichten. Die Sammlung Rabe ist eine der wichtigsten und umfangreichsten privaten Sammlungen zur Neusser Stadtgeschichte. Sie befindet sich seit dem Jahre 2000 im Clemens Sels Museum und stellt nach eigenen Angaben eine wesentliche Ergänzung seiner stadtgeschichtlichen Abteilung dar. Neben einer stattlichen Anzahl Neusser Münzen, Medaillen, Orden, Notgeld und Wertpapieren umfaßt sie ebenso Glas, Porzellan, Silberobjekte und Devotionalien zu den verschiedensten Neusser Themen. Den Schwerpunkt der Sammlung bilden jedoch weit über 15.000 Objekte aus den Bereichen Bücher, Graphik und Postkarten. Die volkskundliche Sammlung umfaßt Objekte, die wichtige Bereiche der Volkskultur des deutschen und niederländischen Raumes dokumentieren. Viele Bestände wie beispielsweise Bilderbogen, Öldrucke, Andachtsgraphiken sowie die profane und sakrale Volkskunst haben auch eine europäische Dimension, denn sie belegen, wie stark der kulturelle Austausch in Europa seit je her war und daß die verbindenden Elemente stärker ausgeprägt waren als die trennenden. Weitere wichtige Objektgruppen sind Spielzeug, Erziehungs- und Schulwesen, Devotionalien, weibliche Handarbeit, Poesiealben und Kalenderbücher, Objekte des nichtkalendaren Brauchtums wie Taufe, Kommunion und Konfirmation, Verlobung und Hochzeit, Tod und Begräbnis. Die Abteilung Kunst und Kunstgewerbe des 12. bis 18. Jahrhunderts umfasst im Wesentlichen Gemälde, Skulpturen, kunsthandwerkliche Objekte und Porzellan. Ihre Bestände entstammen zum großen Teil der Stiftung Dr. Clemens Sels, deren Kern einige mittelalterliche Altartafeln bilden. Die vorhandenen Skulpturen gelangten erst zu einem späteren Zeitpunkt (teilweise erst nach 1950) in die Sammlung. Zu den ältesten Madonnenfiguren gehörte eine zu Anfang des 14. Jahrhunderts in Lothringen entstandene Muttergottes aus Kalkstein, zu den späteren eine in Weiß und Gold gefasste Sandsteinfigur einer Immaticulata, die wahrscheinlich aus der Werkstatt von Grupello stammt. Von den Gemälden der Sels`schen Sammlung verdienen hervorgehoben zu werden zwei Tafeln des Peter und Paul Altares der Hildesheimer Lambertikirche, die ihrem künstlerischen Rang nach zu den qualitätsvollsten Leistungen der westfälisch niedersächsischen Malerei vom Beginn des 15. Jahrhunderts gehören. Es handelt sich dabei um zwei Bilder eines unbekannten, Konrad von Soest nahestehenden Meisters, mit Darstellungen der Himmelfahrt Christi und einer ikonographisch ungewöhnlichen Szene aus dem Leben des heiligen Paulus. Andere Tafeln des Altares befinden sich heute in den Museen von Braunschweig, Hannover und Münster, während das große Mittelbild in der Hildesheimer Lambertikirche verblieben ist. Zu den ebenfalls mit der Sels`schen Stiftung ins Museum gelangten bedeutenden Gemälden gehören eine Madonnendarstellung niederländischer Herkunft aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und zwei Tafelbildern des Kölner Meisters von St. Severin mit Darstellungen aus der Passion Christi. Diese waren ursprünglich die Seitenteile eines Flügelaltars, dessen Mittelbild eine nicht mehr erhaltene Kreuzigungsdarstellung zeigte. Beide Tafeln stellen mehrere Ergänzungen aus der Passion simultan dar, nach dem Prinzip des Bildaufbaus, der im Vordergrund groß und zentral ein Hauptmotiv zeigt und jeweils im Hintergrund mehrere kleine Einzelszenen. So enthält die Tafel mit der zentralen Darstellung von Christus vor Pilatus als Hintergrundszenen Christus am Ölberg, die Dornenkrönung sowie die Geißelung und die Verspottung Christi. Die Tafel mit dem Hauptbild der Beweinung Christie zeigt im Hintergrund die Auferstehung, die Begegnung Jesu mit Petrus und mit Magdalena, die Emmausjünger und die Himmelfahrt. Die beiden Passionstafeln stammen aus dem ehemaligen Zisterzienserkloster Eppinghoven in unmittelbarer Nähe von Neuss. Sie sind insoweit auch unter lokalgeschichtlichem Aspekt von besonderer Bedeutung, als sie zu den wenigen erhaltenen Zeugnissen von Werken der Kölner Malerschule des 15. und 16. Jahrhunderts gehören, die früher in den Kirchen und Klöstern von Neuss, der Hauptstadt des Niederstifts Köln, besonders zahlreich vertreten waren. Die aus dem 17. Jahrhundert stammenden Sammlungsbestände umfassen außer Gemälden im Wesentlichen kunsthandwerkliche Objekte aus Glas, Keramik und Porzellan. Ein künstlerisch hervorragendes Werk der Steinplastik, eine aus fünf Reliefplatten bestehende Kommunionbank mit Darstellungen, die sich auf das Abendmahl beziehen, befand sich ursprünglich in der 1639 vollendeten Observantenkirche in Neuss. Nach der Säkularisation war sie über 100 Jahre lang im Quiriniusmünster untergebracht, von wo sie in den 20er Jahren in das Museum gelangte Von den Goldschmiedearbeiten ist eine Retabelmonstranz bemerkenswert, die laut Inschrift 1639 von dem Neusser Ratsherrn Johann Schütz anläßlich seiner Wahl zum Bürgermeister gestiftet und von dem Silberschmied Matthaeus Honseler angefertigt wurde. Die Monstranz ist eine von mehreren Leihgaben der Pfarrgemeinde St. Quirin, als deren Hauptstück das Museum seit 1979 auch den alten Quiriniusschrein von 1597 in einer ständigen Schausammlung zeigen darf. Eine Vielzahl niederländischer Gemälde des 17. Jahrhunderts bildet neben den mittelalterlichen Tafelbildern quantitativ den eigentlichen Schwerpunkt der Sels`schen Sammlung. Zu den wichtigsten Bildern gehört das um 1615 entstandene Kirmesbild von Peter Brueghel d. J. und das sehr typische Kinderporträt von Jacob Gerritsz Cuyp (1594 1652), bei dem das pausbäckige Gesicht des Kindes auffallend mit seiner modischen Kleidung kontrastiert. Das Kind ist hier gewissermaßen in einer repräsentativen Form als eine wichtige Persönlichkeit vor einer in die Tiefe führenden Landschaft aufgebaut. Von dem Utrechter Maler Johannes Baers (1. Hälfte des 17. Jahrhunderts) stammt ein Früchtestilleben, das als ein vorzügliches Beispiel der holländischen Stillebenmalerei des 17. Jahrhunderts zu bewerten ist. Einen völlig anderen Bildertyp stellt die von David Vinckeboons (1576 1629) geschaffene kleine Waldlandschaft mit Bettlern dar. Vor einer von teils zerborstenen Bäumen bestandenen felsigen Landschaftskulisse lagern links im Bis mehrere Personen mit einem grasenden Esel. Die fast beiläufig behandelte Gruppe ist für den Maler offenbar nur ein Vorwand, eine imposante Landschaft mit uralten Bäumen und einem Hochgebirge im Hintergrund ins Bild zu setzen. Zwei große Seestücke, das eine aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts Adam Willaerts (1577 - 1664) zugeschrieben, das andere aus der Zeit um 1660 von Jacob Adriaensz Bellevois (1621 1676) stehen in der Tradition niederländischer Marinebilder, die zugleich Allegorien der navigatio vitae sind, Sinnbilder des allzeit vom Scheitern bedrohten menschlichen Leben. Die Malerei des 18. Jahrhunderts ist exemplarisch durch zwei Bilder des Venezianers Giovanni Antonio Pellegrini (1675 1741) vertreten. Es sind zusammengehörige Gegenstücke, die die himmlische und die irdische Liebe darstellen, wobei einerseits Luna und Endymion und andererseits Angelica und Medor als thematische Symbole verwendet sind. Charakteristisch für die Stilistik der Venezianischen Malerei des 18. Jahrhunderts ist die außerordentliche Bewegtheit der Darstellung und die Spontaneität der Pinselführung. Die Bilder stammen aus der Zeit um 1715, als Pellegrini am Hofe von Johann Wilhelm von der Pfalz in Düsseldorf tätig war. In dem um 1780 entstandenen Gemälde Christus am Kreuz von Januaris Zick (1736 1797), das einen hell angestrahlten Christuskörper vor dunklem Hintergrund zeigt, besitzt das Museum eine sehr typische Arbeit des aus Ehrenbreitstein stammenden kurtrierischen Hofmalers. Das Bild wurde 1928 für das Museum erworben. Die zur Sels`schen Stiftung gehörende Porzellansammlung wurde durch Kriegseinwirkung stark dezimiert. Durch Neuerwerbungen namentlich von Objekten des 19. Jahrhunderts konnte nach dem Kriege ein Teil des Verlustes ausgeglichen werden. Von den kostbaren alten Produkten der Manufakturen Meißen, Höchst, Frankenthal und Berlin sei hier das um 1765 / 1768 nach einem Modell von Karl Gottlieb Lück geschaffene Chinesenhaus der Frankenthaler Manufaktur hervorgehoben, das den von chinesischen Einflüssen mitbestimmten Zeitgeschmack des Rokoko veranschaulicht. Im Gegensatz dazu stehen die aus dem strengen Geist des Klassizismus entstandenen Tassen vom Beginn des 19. Jahrhunderts. 1962 konnte aus dem Nachlass des Neusser Sammlers Louis Rheins eine 80 Stück umfassende Gemmensammlung erworben werden. Sie wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zusammengetragen. Und enthält Steine, angefangen vom Rollsiegel des zweiten Jahrtausends vor Christus über solche des Mittelalters, des Barocks und des Klassizismus bis zu Kameen des 19. Jahrhunderts. Seit 1950 wurde systematisch ein Sammlungskonzept verfolgt, das sich auch solchen bildkünstlerischen Entwicklungslinien des 19. Jahrhunderts widmete, die lange Zeit wenig Beachtung fanden. Insbesondere galt dabei das Augenmerk dem Aufbau einer Sammlung nazarenischer, präraffaelitischer und symbolistischer Kunst, deren Bildweiten erst seit zwei Jahrzehnten wachsende Aufmerksamkeit und Neubewertung seitens der Fachwelt wie der interessierten Öffentlichkeit erfahren. Die Kunst der Nazarener ist durch Gemälde von Eduard Jacob von Steinle, Heinrich Karl Anton Mücke, Julius Hübner, Carl Wilhelm Tischbein, Gebhard Flatz, Franz Ittenbach und Josef Anton Muxel vertreten sowie durch eine große Anzahl von Zeichnungen und Aquarellen. Die Fülle dieses Bestands vermag vorzugsweise die spezifische Eigenart nazarenischen Schaffens zu verdeutlichen. Unter Führung der Maler Friedrich Oberbeck (1791 1859) Und franz Pforr (1788 1812) waren die Nazarener 1810 nach Rom übergesiedelt, nachdem sie 1809 den Lukasbund gegründet hatten. Mit ihrem Bund richteten sich die Nazarener gegen die klassizistisch heroischen Leitvorstellungen akademischen Kunstschaffens. Ihr Ziel war die ?Erneuerung der Deutschen Kunst aus dem Geiste der alten Meister. Johann Anton Ramboux (1790 1866), ein von Jacques Lous David in Paris akademisch geschulter Künstler, suchte wie viele seiner Zeitgenossen aus einem religiös romantischen Bedürfnis des Empfindens heraus nach neuen Wegen. Neben seinem Bild Gretchen und Mephisto im Dom besitzt das Clemens Sels Museum von Ramboux eine Gouache mit dem Titel ?Verkündigung und ein kleines Ölbild mit der Opferung Isaaks. Gleich Ramboux erstrebte Johann Evangelist Scheffer von Leonhardshoff neue, romantisch christliche Zielsetzungen für seine Kunst. Zwei Jahre vor Ramboux fand er 1814 Einlaß in den Kreis der Nazarener in Rom und entwickelte sich bald zum gleichstrebenden Gefährten Friedrich Oberbecks. Die Kunst der Nazarener wurde in der Folgezeit richtungsweisend für die Düsseldorfer Nazarener der ?Zweiten Generation. Die Erneuerung der Kunst war auch in England Ziel einer Gruppe von antiakamedisch eingestellten jungen Künstlern. 1848 gründeten Dante Gabriel Rosetti, William Holman Hunt und John Everett Millais den Bund der Präraffaelitischen Bruderschaft. In einer als heillos empfundenen Gegenwart reagierte die Vereinigung wie die der Nazarener mit einem Rückgriff auf das als Vorbild verehrte Mittelalter. Dabei waren die Präraffaeliten jedoch mehr als eine religiös empfindenden Nazarener literarisch mythologisch orientiert. Von Dante Gabriel Rossetti (1828 1882) besitzt das Museum ein großformatives Pastellbildnis der Maria Theresa Zambacco, das aus dem Jahre 1870 stammt. Wie in nahezu allen Bildnissen Rossettis zeigt auch dieses Bildnis den immer wiederkehrenden Typus der femme fragile, ein weltentrücktes Geschöpf, in dem sich der Typ der femme fatale und der der idealen Geliebten unauflöslich und geheimnisvoll durchdringen. Ebenfalls im Besitz des Museums ist ein zweites Porträt derselben Dame, gemalt von Edward Burne Jones (1833 1898). Sein gleichfalls 1870 entstandenes Bild The King`s Wedding, auf Pergament gemalt und mit Gold gehöht, vertritt programmatisch die Ziele dieser Künstlergemeinschaft, die sich nach dem Bruch der akademischen Reglementierung auf der Kunst der italienischen Frührenaissance berief. Burne Jones traf gemeinsam mit seinem sozial- und kunstreformatorisch engagierten Freund William Morris (1934 1896) erst nach der Gründungsphase auf die Präraffaeliten. Intensiver noch als in den Anfängen der Bruderschaft bezogen Burne Jones und Morris auch das Kunsthandwerk als anderen Künsten ebenbürtig in ihr Schaffen ein. Von seinem Freund William Morris wurde Burne Jones als Illustrator besonders geschätzt. Zu seinem nie erschienenen Buch ?The Early Paradise bat Morris Burne Jones um Illustrationen. Abzüge dieser Holzschnitte befinden sich in der Graphischen Sammlung des Museums. Neben Burne Jones fand Morris auch in Walter Crane (1845 1912) einen einfühlsamen Illustrator seiner Texte. Crane, von dem das Museum unter anderem das Bild Venus und Cupido aus dem Jahre 1862 besitzt, arbeitete in der Kelmscott Presse mit, die Morris 1890 gründete. Aus den Ausgaben dieser umfassend künstlerisch arbeitenden Werkstatt konnte das Museum unter anderem das Buch A Dream of John Ball and a King`s Lesson (gedruckt 1892) erwerben. ?Ich glaube weder an das, was ich anfasse, noch an das, was ich sehe. Ich glaube nur an das, was ich nicht sehe und allein an das, was ich fühle. Mit diesem Bekenntnis erteilte Gustave Moreau (1826 1898) eine radikale Absage an die Welt der sichtbaren Erscheinung. Den romantischen Mystizismus der Präraffaeliten fortführend, gehört Moreau zu den Begründern der symbolischen Malerei in Frankreich. Seine bildnerische Imaginationskraft wurzelt in der Romantik und reicht bis zum Surrealismus. Seine Gestaltungen mythologischer, biblischer oder freireligiöser Themen, seine Allegorien und orientalischen Traumwelten wollen Gleichnisse psychischer Grundsituationen und Grundkonflikte des Menschen sein. in Deutschland gibt es nur zwei Museen, die Werke von Gustave Moreau besitzen. Das Museum Städel in Frankfurt / Main beherbergt sei 1903 eine kleine Pietá; das Clemens Sels Museum konnten in den 1960er Jahren vier Arbeiten erwerben: eine Darstellung des heiligen Sebastian, eine große Pietá und zwei bedeutende Aquarelle, von denen das eine die Symbolgestalt der Sphinx mit ihren Opfern wiedergibt. Das andere Aquarell, eine Allegorie des Abends, lebt aus der faszinierenden Spannung zwischen spontaner Farbskizze und zeichnerischer Genauigkeit. ?Die Farbe soll gedacht, imaginiert, geträumt sein.. Und: ?Mein Ziel ist das Heraufbeschwören des Gedanklichen durch die Linie, die Arabeske. Beide Äußerungen Moreaus weisen den Weg ins 20. Jahrhundert. Der zweite Ahnherr der Moderne ist Pierre Puvis de Chavannes (1824 1898), dessen antiimpressionistische, monumentale Flächenkunst mit der idealisierten Konturlinie und der Durchrhythmisierung des Malfeldes sehr weitreichenden Einfluß, besonders die Gruppe der Nabis ausübte. Das Clemens Sels Museum besitzt von ihm einen Entwurde in Öl, Der heilige Hain, eine Ideenskizze zur Treppenhausdekoration im Museum in Lyon (1884 1886). Diese antikische Version eines bois sacré stellt die Harmonie arkadischer Zuständichkeit dar. Der Kronzeuge des französischen Symbolismus, dessen Werk wie ins 20. Jahrhundert hinausstrahlt, ist Odilon Redon (1840 1916). In seiner Kunst überschreitet er die Grenzen der wahrnehmbaren Welt und bewegt sich auf einer Ebene der Spiegelung von Realen im Irrealen. ? Es ist der Sinn des Mysteriums, steht mit dem Doppeldeutigen zu leben, mit zwei- und dreifachen Blickwinkeln, mit erahnten Aspekten (Bilder in den Bildern), mit Formen, die entstehen oder aus dem inneren Zustand des Betrachters entstehen werden, schrieb der Künstler in seinen Selbstgesprächen. Sein Ölbild Der Wagen des Apoll (um 1905) symbolisiert ?den Triumph des Lichtes über die Finsternis, die Freude der Mittagsstunde gegenüber den Trübnissen der Nacht und ihrer Schatten. Die Gestaltung dieses Themas vermag auch Gleichnis seiner künstlerischen Entwicklung sein: aus mystischem Schwarz Weiß Schöpfungen, den Noirs, findet Redon erst nach 1900 zu blühender Farbigkeit. Einen zentralen Platz innerhalb des Sammlungsgebietes des internationalen Symbolismus im Clemens Sels Museum nehmen die Werke der Nabis ein. Der größte Teil dieses Bestandes konnte in den 1950er und 1960er Jahren erworben werden, zu einer Zeit, als das Interesse der Öffentlichkeit an dieser französischen Malerei des ausgehenden 19. Jahrhunderts noch gering war. ?Nabi ist ein Wort aus der hebräischen Sprache und bedeutet Erleuchte., Prophet. Die Mitglieder dieser Gruppe, die sich Nabis nannten, weil sie sich als Verkünder einer neuen Kunstrichtung verstanden, bildeten eine Art Bruderschaft von ?Eingeweihten, deren Glaube an die gemeinschaftsbildende Kraft der Kunst und deren Verlangen nach der Einheit von Kunst und Leben sie nach einer Erneuerung der angewandten Kunst und einer Synthese der Künste streben ließen. Für die Bildung der Gruppe entscheidend war die durch Emile Bernard vermittelte Begegnung des Nabi Sérusier mit Paul Gauguin im Herbst 1888 in der Bretagne unmittelbar vor der Abreise Gauguins nach Arles zu Vincent van Gogh. Dort entstand eine kleines Landschaftsbild, das bei der Rückkehr Sérusiers nach Paris von seinen Malerfreunden begeistert aufgenommen und zum Talisman erklärt wurde. Das Bild zeigt jene Synthese von Form und Farbe, jene Abstraktion aus der Natur (Gauguin), die Ergebnis des anregenden Austausches künstlerischer Ideen zwischen Gauguin und Bernard war. Von Emile Bernard (1868 1941) besitzt das Museum eine Landschaftsdarstellung aus dieser Zeit, deren flächengebundene Formvereinfachungen die erstrebte Überwindung impressionistischer Malweise dokumentiert. 1890 formulierte Maurice Denis, der Maler und Theoretiker dieser Gruppe, deren synthetistische, symbolistische oder neotraditionistische Doktrin. Dieses Manifest des symbolistischen Synthetismus in der Malerei ist das Gegenstück zum Manifest des literarischen Symbolismus, das Jean Moréas 1886 veröffentlichte. Wie der Dichter mit der Metapher, so sollte der bildende Künstler mit den Äquivalenten seiner Empfindungen umgehen und die Farb Form Beziehungen zu Symbolen von Gemütszuständen und Ideen werden lassen. Neben Zeichnungen und Druckgraphik besitzt das Museum typische Bildbeispiele der Flächenkunst der Nabis. Das wohl bedeutendste Werk neben fünf weiteren Gemälden von Maurice Denis (1870 1943) ist sein großes Bild ?Laßt die Kindlein zu mir kommen. Der Maler läßt die Szene im Jahre 1890 in St. Germain en Laye, seinem Wohnort nahe bei Paris, spielen, stellt sich mit seiner Familie wie auf mittelalterlichen Stifterbildern in Verehrung vor Christus kniend dar. Das Tempera Gemälde Sich kämmende Frau von Paul Ranson (1864 1909), entstanden 1892, zeigt auf exemplarische Weise die Auseinandersetzung der Nabis mit Stilelementen des japanischen Farbholzschnitts. Ebenfalls dokumentiert das oft Molton gemalte Gemälde von Pierre Bonnard (1867 1947) Frau mit Enten aus dem Jahre 1892 mit seinem gestreckten Hochformat und der planimetrischen Auffassung von Figur und Landschaft den weitreichenden Einfluß des japanischen Rollbildes. Ranson wurde zu dieser Wandteppich Vorlage von Aristide Maillol (1861 1944), ebenfalls zur Gruppe der Nabis gehörig, angeregt, der in den frühen 1890er Jahren eine kleine Tapisserie Werkstatt unterhielt. In der Sammlung dokumentiert ein Entwurfskarton Maillols künstlerische Anfänge. Aus der ersten Zeit seiner Tätigkeit als Bildhauer stammt die klassischem Formengut verpflichtete Bronzeskulptur ?Les deux soeurs, die als Ständer für eine Uhr dienen sollte. Edouard Vuillard (1868 1940) verwebt in seinem hochformatigen wandgliedernden Gemälde ?Femme dans un parc (um 1900) die Bildelemente Frau und Natur zu einer Einheit, um die Verflechtung aller Lebenserscheinungen sichtbar zu machen. K. X. Roussel (1867 1944); Vuillards Schwager, wendet sich in seinen beiden späten Neusser Gemälden vorwiegend der Walt antikischer Daseinsfreude zu. Der charakteristische Künstler des belgischen Symbolismus ist Fernand Khnopff (1858 1921). Als junger Mann traf er in Paris auf Künstlerkreise, in denen man gnostisch pansophischen und theosophisch rosenkreuzerischen Lehren folgte. Khnopff begeisterte sich für die geheimnisvollen Werke Gustave Moreaus, aber mehr noch faszinierte ihn die präraffaelitische Bildsprache. Im Jahre 1883 gehörte er wie James Enor (1860 1949), der im Museum durch zwei Gemälde und druckgraphische Werke vertreten ist, zu den Gründungsmitgliedern der Brüsseler Künstlergruppe der XX (Vingt). Von Khnopff besitzt das Museum das Bild ?L`encens, Weihrauch,, und das Gemälde In Brügge. Ein Portal, das das Romanthema La Bruge morte seines Freundes Georges Rodenbach behandelt. Zu jenem Kreis von Malern und Dichtern gehörte auch der belgische Bildhauer und Zeichner Georges Minne (1866 1941). Seine Skulptur Stehender Jüngling (um 1900) entstand vermutlich in Laethem Saint Martin, wohin er sich gegen 1899 zurückgezogen hatte, um eine ?Kunst des Glaubens zu schaffen. Für den Schweizer Ferdinand Hodler (1863 1918) war es die Begegnung mit dem Genfer symbolistischen Dichter Louis Duchosal, die zu einem Wendepunkt in seinem bis dahin eher naturalistisch realistischem Schaffen führte. Sein Bild Mädchen am Fenster ist in der unprogrammatischen Intimität der Darstellung noch seinem Frühwerk zuzuordnen, während die 1903 entstandene Neusser Zeichnung ?Stehender Jüngling (um 1903) deutlich das für Hodler typische Lichtspiel zeigt, das ihn als herausragenden Vertreter des Schweizer Jugendstils symbolistisch expressiver Prägung kennzeichnet. Die bald theosophisch, bald katholische Bildwelt des auf Java geborenen Holländers Jan Theodor Toorop (1858 1928) ist wie bei Khnopff, Minne und Hodler unter dem Einfluß der Gruppe der XX, Sar Pèladan und der Präraffaeliten zu sehen. Neben seinen symbolistischen Arbeiten besitzt das Museum auch ein Ölgemälde aus einer pointilistischen Phase. Auch wie Wurzeln der Kunst des Holländers Johan Thorn Prikker (1868 1932) liegen im religiösen Mystizismus. Für die rheinische Kunst bedeutsam ist schein Schaffen, das seine pädagogische Tätigkeit in Krefeld, Hagen, Düsseldorf und Köln begleitete. Sein Karton Der Tauzieher aus dem Jahre 1911 stammt aus dem Nachlass des Neusser Rechtsanwalts und Kunstförderers Johannes Geller. Er und sein Bruder Joseph beauftragten Thron Prikker 1910, die Kapelle des Neusser Gesellenhauses mit einem Fresko und Glasfenstern auszugestalten. In den beiden darauffolgenden Jahren schuf Thorn Prikker wiederum auf Veranlassung der Brüder Geller die Fenster für den Chor und das Querschiff der Dreikönigenkirche in Neuss. Diese Fenster, deren Entwürfe sich im Museumsbesitz befinden, markieren den Beginn der modernen, religiösen Glasmalerei. In den 1920er Jahren wandeln sich die bewegten Formen seiner Figurenwelt in geometrisch vereinfachte Zeichen, deren abstrakte Formelemente das Geistige unmittelbar repräsentieren. Aus beiden Schaffensphasen besitzt das Museum Beispiele. In der Nachfolge von Thorn Prikker ist in der Sammlung das Passionsfenster von 1937 seines Schülers Heinrich Campendonk (1869 1957) zu sehen, dessen planimetrische Gestaltungsprinzipien im Dienst einer mystisch kontemplativen Wirklichkeitserfahrung stehen. Campendonk kam 1911 über seinen Krefelder Freund und Mitschüler Helmuth Macke und dessen Vetter August Macke mit dem Kreis des Blauen Reiters in München in Berührung, so daß auf diese Weise die Ideen Thorn Prikkers sich mit denen von Kandinsky, Franz Marc, Jawlensky und anderen mischten. Neben zahlreichen Holzschnitten besitzt das Museum Aquarelle, Öl- und Hinterglasbilder aus verschiedenen Schaffensphasen des Künstlers. August Macke (1887 19149, der 1914 gefallene Freund Campendonks, ist in Neuss durch ein Gemälde und Zeichnungen vertreten. Mit dem Bildhauer Moissey Kogan (1879 1942), der Gründungsmitglied der ?Neuen Künstlervereinigung in München war, aus der 1911 der Blaue Reiter hervorging, verbanden ihn freundschaftliche Beziehungen. Das Werk Kogans, der als Jude in einem deutschen Konzentrationslager umgebracht wurde, ist in Neuss mit kleinplastischen Arbeiten, Reliefs und Medaillons aus Terrakotta sowie mit Zeichnungen und Druckgraphik beispielhaft repräsentiert. Sein Torso ?Sitzender Akt ist in seiner klassischen Formsprache von zeitloser Anmut. Der aus Krefeld stammende Heinrich Nauen (1880 1940), Professor an der Düsseldorfer Akademie, gehört mit Helmuth und August Macke, Campendonk, Seehaus und anderen zu den ?Rheinischen Expressionisten. In seinem Bild Landschaft mit Holzstoß ist die Begegnung des rheinischen Malers mit Matisse 1911 in Paris noch frisch enthalten. Gemälde und Druckgraphik aus der Zeit seiner expressionistischen Bildsprache gehören ebenfalls zum Sammlungsbestand. Nauen lebte von 1931 bis 1937 in Neuss. Von Christian Rohlfs (1849 1938), Nauens um drei Jahrzehnte älterem Freund, besitzt das Museum mehrere Arbeiten. In seinem Bild ?Zwei Damen und ein Herr (um 1913) fängt der Maler in breitem, raschem Pinselstrich den Augenblick des Vorübergehens durch die sorgfältig gebaute Kompositionsform des Ausschnittes ein. Ein Netz von biographischen und künstlerischen Bezügen verbindet den 1891 in Köln geborenen Expressionisten und Surrealisten Max Ernst mit den zuvor genannten Malern. 1913 nimmt der Maler an der Bonner Ausstellung der ?Rheinischen Expressionisten zusammen mit August Macke, Campendonk, Nauen und anderen teil. 1919 ist Max Ernst Mitarbeiter der linksextremistischen Zeitschrift Bulletin D, zusammen mit den ?Kölner Progressiven Hoerle (1895 1936) und Seiwert (1894 1933), die ebenfalls mit Werken ihres politisch engagierten Konstruktivismus in der Sammlung vertreten sind. Von Max Ernst, diesem zwischen Realität und Irrealität spielenden Visionär, besitzt das Museum neben dem Ölbild Mundus es fabula (1959) druckgraphische Arbeiten und die Bleistift Frottage Zwischen Mauern wachsen Blüten hervor: Spätestens seit Erscheinen des Almanachs Der Blaue Reiter im Jahre 1912 gehört die naive Malerei offiziell dem Bereich der Kunst des 20. Jahrhunderts. Damals hatten die Herausgeber Kandinsky und Franz Marc Reproduktionen nach sechs Gemälden des Zöllners Henri Rousseau zusammen mit anderen Bildbeispielen ihrer Kunstauffassung zwischen ihre Texte gestreut und damit diese Zeugnisse der naiven Malerei zu Werken der Kunst erhoben. Das Clemens Sels Museum besitzt eine umfangreiche Sammlung naiver Kunst von exemplarischer Bedeutung, in der neben den französischen Klassikern Bauchant, Bombois, Séraphine und Vivin Künstler aus allen europäischen Ländern sowie aus Israel, Mexiko, Tansania, Haiti und den USA zum größten Teil mit mehreren Werken vertreten sind. Den Grundstock der Sammlung legte 1965 der Erwerb von fünf Gemälden und 35 Zeichnungen des ?deutschen Rousseau Adalbert Trillhaase (1858 1936). 1972 umfasste sie bereits 160 Objekte unter ihnen als besondere Komplexe 25 Aquarelle des Landwirts Max Raffler und eine große Anzahl naiver Skulpturen aus Polen. 1973 konnte die von Louis Gans aufgebaute, international bekannte Albert Dorne Sammlung aus Amsterdam erworben werden. heute zählen rund 550 Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen von 155 Künstlern und etwa 250 Skulpturen von überwiegend polnischen Künstlern zu der Sammlung. Die Naiven Abteilung im Clemens Sels Museum ist die umfangreichste und bedeutendste öffentliche Sammlung authentisch naiver Kunst in Deutschland. Nicht zuletzt liegt ein wesentlicher Teil ihrer Bedeutung darin, Maßstäbe für ein besseres Verständnis des komplexen Phänomens Naive Kunst oder Kunst der Modernen Primitiven zu setzen. Sehr umfangreich sind die Informationen, die das Neusser Museum über seine Ausstellung im Internet veröffentlicht. Und ich bin neugierig geworden. Also überlege ich mir, daß der sonnige, aber kühle Herbst 2006 eine gute Gelegenheit ist, Kirchen, Museen und andere interessante Bauwerke zu besuchen. Warum also nicht in Neuss den Anfang machen? Ich mache mich an einem Samstag Mitte Oktober auf den Weg. Der Bus hält praktischerweise direkt vor der Haustüre des Museums. Die Stadtgeschichte kommt mir persönlich eindeutig zu kurz. Sowohl von den Exponaten als auch von der Museumspädagogik her. Als ich das Museum verlasse, hab ich schlichtweg keine Ahnung, wie sich Neuss im Laufe der Jahrhunderte entwickelte. Insbesondere hier fehlen moderne Ausstellungselemente wie Filme, Hörstationen und interaktive Computer. Bei den Kunstwerken tritt dieser Mangel ein wenig in den Hintergrund; obwohl andererseits: Informative Elemente fehlen auch hier. Dafür sind die ausgestellten Bilder dann doch zu ansprechend. Wer also um mit Heinrich Böll zu sprechen eines Tages als Wanderer nach Neuss kommt, sollte sich also gerne die Stunde Zeit nehmen, die man braucht, um sich das Museum anzuschauen. |