Ruhrgebiet und Niederrhein  -   Schloss Horst (Gelsenkirchen)


Gelsenkirchen

Das Schloss Horst steht auf dem Gebiet der Stadt Gelsenkirchen im Stadtteil Horst. Zur Zeit seines Baus im 16. Jahrhundert war es die größte vierflügelige Schlossanlage nördlich der Alpen und prägte durch seinen Baustil den Begriff der sogenannten Lippe Renaissance.
Die Geschichte der Herren von Horst ist seit 1186 nachweisbar. Ab 1363 sind sie in Urkunden als Lehnsmänner der Grafen von Kleve genannt. Sie konnten sich und die Eigenständigkeit ihres Besitzes lange Zeit gegen den Machtanspruch des benachbarten Kölner Erzbistums behaupten. Im Laufe der Jahre lockerte sich aber die Bindung zu Kleve. Es erfolgte eine Annäherung an Kurköln. Rütger von Horst leistet schließlich im Jahre 1412 dem Kölner Erzbischof den Treueid, was eine Eingliederung der ehemals eigenständigen Herrschaft in das erzbischöfliche Vest Recklinghausen zur Folge hat.
Der Bauherr des Schlosses, der auch den Namen Rütger trägt, kam 1547 durch Erbteilung in den alleinigen Besitz der damaligen Burg. Rütger bekleidet das Marschallsamt unter insgesamt sechs Kölner Kurfürsten. Und Erzbischof Salentin von Isenburg ernannte ihn kurz vor seiner Abdankung sogar zum Kölner Statthalter im Vest Recklinghausen.

Jener Rütger ließ an der Stelle der alten Burg einen prachtvollen Neubau errichten. Er verstarb aber schon drei Jahre nach Abschluß der Bauarbeiten (1578) zu seinem neuen Schloss. Und da auch seine beiden Söhne aus der Ehe mit Anna von Palandt Keppel bereits früh verstorben waren, brachte seine Erbtochter Margarethe die Anlage durch Heirat an die Familie von Loe zu Palsterkamp und Geist.
Der neue Schlossherr, Betram von Loe, starb aber auch, ohne einen männlichen Erben zu hinterlassen. Sibylla, eine seiner beiden Töchter, erbte Schloss und Herrlichkeit Horst und brachte diesen Besitz in die Ehe mit einem Herren von der Recke.
1706 verkaufte dessen Nachfahr Hermann Dietrich Freiherr von der Recke das Schloss an den Freiherren von Fürstenberg. Dieser aber nutzte die Anlage niemals als dauerhaften Wohnsitz, sondern zog es vor, in einem der vielen anderen Schlösser der Familie wie beispielsweise Schoß Herdringen, Schloss Schellenberg oder Schloss Adolfsburg zu wohnen. 1988 erwarb die Stadt Gelsenkirchen die damalige Schlossruine und ließ sie teilweise wieder aufbauen.
Eine erste urkundliche Erwähnung als Burg fand das Haus Horst im Jahre 1282, doch Ausgrabungen auf dem Schlossgelände zeigen, dass am Ort der einstigen Vorburg schon im 11./12. Jahrhundert eine Hofstelle existierte. Gerhard von der Horst ließ an der Hofstelle im ersten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts einen künstlichen Hügeln von zwei Meter Höhe und etwa 40 Meter Durchmesser aufwerfen und errichtete auf ihm eine Wehranlage aus Holz. Zu jener Zeit bestand die Burg nur aus einem Hauptgebäude, einem sechs- bzw. achteckigen Torturm und zwei weiteren Nebengebäuden aus Holz, die von einer Palisade und einem Wassergraben umgeben waren.

Die Anlage wurde aber im späten 13. Jahrhundert das Opfer eines Brandes.
Anschließend ließen die Besitzer den Hügel weiter erhöhen und die Reste der Holz/Erde Befestigung durch einen steinernen, einen 11 x 8 Meter messenden Wohnturm ersetzen und diesen von einer Ringmauer umgeben. Zu jeder Zeit existierte bereits eine kleine Bergfreiheit, die von einer Gräfte umgeben war, vor der Anlage. Aber der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ist eine Burgkapelle für Horst nachweisbar, denn im Jahre 1295 wurde in Urkunden erstmals ein Hausgeistlicher erwähnt.
Vielleicht noch im 15. Jahrhundert, spätestens aber in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts kamen weitere An- und Zubauten aus Backstein innerhalb der Ringmauer hinzu. Grabungen konnten neben dem auf 19 x 11 Meter erweiterten Wohnturm mit Kloakenanlage einen zweigeschossigen Bausteinbau (16 x 10 Meter), einen Rundturm und einige weitere Bauten im Torbereich der Anlage nachweisen.
Als Burg Horst im Frühjahr 1554 ein weiteres Mal durch ein Feuer zerstört wurde, ließ sie ihr Besitzer, Rütger von Horst, nicht schon wieder neu aufbauen, sondern ließ diese Reste der väterlichen Burg 1559 niederlegen und beauftragte den Arnheimer Stadtbaumeister Arndt Johannsen to Boecop mit dem Bau eines zweiflügeligen Wasserschlosses im Stil des niederländischen Manierismus, das den gehobenen Wohn- und Repräsentationsansprüchen des Vestischen Statthalters Genügen tun sollte. Unter Johannsens Federführung entstanden ab 1556 in der mittlerweile verlandeten Gräfte der alten Burganlage ein dreigeschossiger Eingangs- und ein nordwestlich angrenzender Wohnhügel mit zwei Geschossen und Walmdach. Die Ecken der Anlage bildeten drei vorspringende, quadratische Ecktürme mit Welscher Haube.
Nach dem Weggang Johannsens folgte ihm als Baumeister Joist de la Court nach, der zuvor schon als Bildhauer in Diensten von Horst tätig gewesen war. Unter ihm erfolgte der Ausbau des Schlosses zu einer Vierflügelanlage. Reste alter Fundamente des Südwest- und Südost Flügels zeigen, dass diese ähnlich breit und hoch wie die beiden bereits bestehenden Flügel geplant waren. Schlussendlich wurde aber schon während des Baus von diesen Plänen Abstand genommen. Um den entstehenden Innenhof ausreichend hell zu halten, wurden sie nur in schmalerer Form und eingeschossig ausgeführt. Der vierte, hinzukommende Eckturm wurde zwar von den Grundmaßen gleich groß wie seine drei Vorgänger angelegt, besaß mir nur zwei Geschossen aber ein Stockwerk weniger. Als Baumaterial diente Sandstein, der aus Brüchen in Mülheim an der Ruhr und aus den Baumbergen stammte.
Architektonisch lehnte sich der Horster Schlossbau an Vorbilder der italienischen Palazzi an. Als erste Anlage im südlichen Westfalen wurde beim Bau eine strenge Unterscheidung von öffentlichen Verkehrsflächen und Privaträume vorgenommen, indem man hofseitige Galerien zur Erschließung der einzelnen Räume baute. Auch durch die italienische Renaissance beeinflusst war der Bau eines repräsentativen und großzügigen Treppenhauses, womit man auf einen bis dahin üblichen, der Fassade vorgelagerten Treppenturm verzichtete.

Dem Hauptschloss auf einer eigenen Insel vorgelagert war eine Vorburg, die durch eine Steintreppe mit dem Hauptgebäude verbunden war. Die Gesamtanlage war von einem durch die Emscher gespeisten Schlossteich umgeben und nur über eine Zugbrücke am Torhaus der Vorburg von außen zu betreten.
Für die Ausstattung der Innenräume und die Gestaltung der Fassaden nahm der Bauherr namhafte Bildhauer, Steinmetze und Künstler in seine Dienste. Für die Gestaltung der Gebäudefassaden war überwiegend Laurenz von Brachum aus Wesel verantwortlich. Auf seine üppige Ausgestaltung der plastischen Dekorationen und Friese durch unzählige , detailreiche, sie nie wiederholende Ornamente und Reliefs geht der kunsthistorische Begriff Lippe Renaissance zurück. Die schmuckreiche Bauskulptur und Bauornamentik wird heutzutage als der ?Steinerne Schatz bezeichnet. Dem Umstand, dass König Friedrich Wilhelm IV von Preußen 1850 / 1851 plante, den Horster Haussteinschmuck zu kaufen, verdankt die Bauforschung 23 der wenigen bildlichen Darstellungen des Schlosses aus der Feder des Architekten Gustav Greis, der mit einer Bestandsaufnahme beauftragt worden war.
Für die Innengestaltung zeichneten maßgeblich der niederländische Bildhauer Heinrich Vernukken und sein Sohn Wilhelm verantwortlich. Allein acht prunkvoll gestaltete Kaminbauten im Schloss wurden durch ihre Werkstatt ausgeführt. Die Innenräume besaßen zudem eine aufwendig farbliche Gestaltung. Bei Restaurierungsarbeiten wurden in mehreren Räumen Reste figürliche und ornamentaler Malerei entdeckt. Wilhelm Vernukken beteiligte sich darüber hinaus auch an Arbeiten zur Fassadengestaltung. So stammt der noch heute erhaltene Erker an der Straßenseite des Eingangsflügels von ihm.
Nachdem Schloss Horst durch die Freiherren von Fürstenberg, die noch umfangreiche Reparatur- und Sanierungsarbeiten vornehmen ließen, nicht mehr dauerhaft genutzt wurde, setzte ein allmählicher Verfall der Anlage ein. Der statisch unsichere Baugrund der alten Burggräfte tat sein Übriges. 1829 stürzte der Westturm ein und riß einen Teil des Nordwestflügels mit sich. Die Reste des Turms wurden daraufhin abgetragen, während man die nun offene Flanke der Anlage mit einer schlichten Fassade Schloss. Im Frühjahr 1833 stürzte dann der Nordturm und Heiligabend 1843 auch der Südturm ein. Während dieser Zeit wurden vermutlich auch der Südost- und der Südwestflügel niedergelegt. 1853 / 1854 folgte schließlich auf Anordnung des preußischen Regierungspräsidiums der Abbruch des östlichen Turms samt sich anschließendem Nordostflügels. Auch die Vorburg und die Burgfreiheit wurden noch im 19. Jahrhundert niedergelegt, so dass letztendlich nur noch der Eingangsflügel und ein Ansatz des ehemaligen Wohnflügels mitsamt Fundamenten des dazugehörigen Eckturms erhalten geblieben.

Der Fürstenberg Familie gelang es immerhin, Einzelstücke der wertvollen Fassadendekoration sowie Teile von Portalen und Kaminen vor dem endgültigen Untergang zu retten. Drei Kaminaufbauten (darunter der sogenannte Troja Kamin aus dem Jahre 1577) fanden in Schloss Hugenpoet, das auch zum Familienbesitz gehörte, ein neues Zuhause. Ein weiterer Kamin wurde nach Burg Rheinstein gebracht. Einige Plastiken wurden bei Um- und Neubauten auf Schloss Borbeck genutzt.
In den noch erhaltenen Teilen von Schloss Horst wurde einige Jahre lang noch eine Gastronomie betrieben, ehe in den 1970er Jahren dort ein Diskothek einzog. Keiner der Nutzer trug aber zum Erhalt der historischen Bausubstanz bei. In der Zeit von 1961 bis 1965 erfolgten zwar erstmals Restaurierungsarbeiten an der Straßenfassade des Eingangsflügels. Dies konnte dem zunehmenden Verfall der Anlage nur geringfügig entgegenwirken
Auf Betreiben des 1985 gegründeten Fördervereins Schloss Horst kaufte die Stadt Gelsenkirchen die Anlage im Jahre 1988, um sie vor dem endgültigen Ruin zu retten. 1992 erfolgte die Ausschreibung eines Architekturwettbewerbs, nach deren Gewinnerentwurf das Schloss bis 1995 bis 1999 restauriert und unter Einbezug noch vorhandener, historischer Bauelemente zum Teil wieder aufgebaut wurde.
Das Schloss Horst wird heute als Kultur- und Bürgerzentrum der Stadt Gelsenkirchen genutzt. In zwei restaurierten, historischen Sälen ist das städtische Standesamt untergebracht. Im Erdgeschoß des Eingangsflügels wurde ein kleines Schlossmuseum eingerichtet, das neben wiederhergestellter Innenausstattung auch Teile des durch die Freiherren von Fürstenberg geretteten Fassadenschmucks zeigt. Das Kellergeschoß des Schlosses beheimatet heute ein Restaurant.
(Quelle: Wikipedia)
Es ist Juli, Sommer, Ferienzeit und ich habe Langeweile. Kurz entschlossen setze ich mich in die Straßenbahn und beginne meine Reise nach Gelsenkirchen. Ich möchte mir das Schloss Horst anschauen. Sehr umfangreich ist es in der Internetenzyklopädie beschrieben. ?Wer sich so viel Mühe macht und so viel Arbeit investiert, der muss bestimmt über eine Örtlichkeit berichten, vermute ich.
Und liege prompt völlig daneben mit meiner Annahme. Schloss Horst ist heute faktisch ja, was eigentlich? Eine städtische Einrichtung in historischem Ambiente? Diese Formulierung gibt die Wirklichkeit wahrscheinlich am besten wieder. Ich komme an einem Mittwoch Mittag an. Geöffnet ist lediglich das Standesamt; das groß angekündigte Museum ist nicht zugänglich. Apropos Museum. Man muss schon genau aufpassen, um es in dem Schlossgelände zu finden. Die Beschilderung ist so dezent angebracht, dass man sie leicht übersieht. Ich bin enttäuscht und verärgert. Die Stadt Gelsenkirchen vertut hier eine gute Chance, sich und ihre eigene Geschichte zu präsentierten. In einem historischen Ambiente zu heiraten ist sicherlich ein Highlight für die Gelsenkirchener Bevölkerung; für einen auswärtigen Besucher ist es ermüdend. Also mache ich mich wieder auf den Heimweg. Dieses Erlebnis hätte ich mir gerne erspart.

Die Dokumentationsstelle ?Gelsenkirchen im Nationalsozialismus möchte in ihrer Dauerausstellung über das Leben in Gelsenkirchen während der NS Zeit informieren. Schließlich war das Gelände an der Cranger Straße während des Dritten Reiches der Sitz der NSDAP Ortsgruppe Erle und der SA Erle
Es ist Anfang August 2006. In wenigen Tagen werden die Sommerferien zu Ende gehen. Also entschließe ich mich, noch einen Ausflug zu machen. Die NS Zeit. Na ja,. Ein schwieriges Thema. Ob sich ein solches Thema wohl für einen Ausflug eignet?
Zu erreichen ist die Dokumentationsstelle jedenfalls leicht. Wer wie ich kein Auto hat, sondern auf Bus und Bahn angewiesen ist und dann auch noch aus einer anderen Stadt kommt, wird eine Straßenbahnhaltestelle quasi direkt vor der Haustür vorfinden. Auch wenn ich den Namen der Haltestelle inzwischen vergessen habe: Ich bin erst einmal begeistert.
Doch dies wird vorerst das einzige Erfolgserlebnis an diesem Tage bleiben. Eine Stadtteilbücherei ist in dem selben Gebäude wie die Dokumentationsstelle untergebracht. Ich muss wohl verdutzt und irritiert ausgesehen haben, als ich in der Bücherei lande. Da ich nicht im Ziel meines Ausflugs angekommen bin, schaue ich mich nur kurz um und gehe dann wieder. Doch halt! Da hängt ein Zettel. ?Während der Schulferien geschlossen. Die Dokumentationsstelle öffnet erst wieder pünktlich zum Schulbeginn.