Städtetour West Witten: Zeche Nachtigall im Muttental - Märkische Museum in Witten |
Etwas abgelegen im Wittener
Muttental liegt die Zeche Nachtigall, die heute zum Westfälischen
Industriemusem gehört. Laut Fahrplanauskunft der Duisburger
Verkehrsgesellschaft heißt die nächstgelegene Bushaltestelle "Witten
Bommer Bf"; ist der Besucher dort angekommen, schließt sich noch einmal
ein rund 20 - 30minütiger Fußmarsch an, um zum Museum zu gelangen. "Die Zeche Nachtigall ist ein ehemaliges Steinkohlebergwerk in Witten. Heute ist sie ein Museumsstandort des dezentral angelegten Westfälischen Industriemuseums und einer der Ankerpunkte der Route der Industriekultur im Ruhrgebiet. Sie befindet sich am Eingang des Muttentals im Wittener Stadtteil Bommern und ist Teil des Bergbauwanderwegs Muttental. Zeche Nachtigall 1714 beantragten zwei Bauern aus Herbede, Kohle unter dem Namen Nachtigall am Hettberg fördern zu dürfen. 1742 kaufte der Freiherr von Elverfeldt das Bergwerk, um sein Schloss vor Bergschäden zu schützen und selbst abseits davon Kohle abzubauen. Das Bergwerk Nachtigall wurde zusammen mit dem Bergwerk Eleonore betrieben. Als alle Kohlen über den Stollensohlen abgebaut waren, beschlossen die Zechen Nachtigall, Eleonore, Theresia, Widerlage, Aufgottgewagt, Braunschweig Nordflügel und Turteltaube Nordflügel gemeinsam den seigeren Schacht Neptun herzustellen. Aus dieser Zusammenarbeit entwickelte sich der Zusammenschluss zur Zeche Vereinigte Nachtigall. Widerlage und Aufgottgewagt beteiligten sich nicht an dem Zusammenschluss im Jahre 1838. Jedoch 1839 entstand eine weitere Vereinigung zur Gewerkschaft Vereinigte Nachtigall & Aufgottgewagt und der Bau des neuen Tiefbauschachtes Herkules. Mit dem Abbau der Flöze nach Norden unter der Ruhr, traten für die Zeche Nachtigall immer neue Probleme mit Wasserzuflüssen auf, die sich anfangs noch meistern ließen, aber die Anschaffung neuer Maschinentechnik zur Hebung der Grubenwässer erforderlich machten. 1883 schloss sich Nachtigall mit der Zeche Helene nördlich der Ruhr in Heven zusammen, die auf den gleichen Flözen abbaute. Die neue Gewerkschaft Helene-Nachtigall verband beide Zechen untertägig und der Ruhr und hatte erneut mit starken Wasserzuflüssen zu kämpfen. Außerdem waren die Kohlen hier nicht abbauwürdig. Abgebaut wurde nur noch in bereits aufgeschlossenen Bereichen. Letztlich musste die Gesellschaft 1887 Konkurs anmelden. Die Zeche General übernahm das Bergwerk und konnte Belegschaft und Förderung nochmals steigern. Die Störungen der alten Anlagen häuften sich und so musste die Zeche Nachtigall 1892 geschlossen werden. Die Verbindung zur Zeche Helene wurde abgedämmt. Dort konnte noch bis 1896 gefördert werden. Nach dem Bergbau In den späteren Jahren befanden sich verschiedene Betriebe auf dem Gelände, so die Ziegelei Dünkelberg, die aber auch schon 1963 ihre Pforten schloss. Es folgten weitere Kleinbetriebe wie Schrotthändler, die das Gelände nutzten; im Laufe der Zeit verfielen das Gelände und die alten Gebäude jedoch mehr und mehr. Industriemuseum Zeche Nachtigall Erst nach Übernahme des Geländes durch den Landschaftsverband Westfalen-Lippe wurden neue Nutzungskonzepte erstellt, 2003 wurde nach umfangreichen Restaurationsarbeiten das Museum eröffnet. Erhalten sind mehrere historische Bruchsteingebäude, eine der ältesten Dampffördermaschinen des Bergbaues an der Ruhr, ein Segelschiff der Ruhrschifffahrt, die Kohlenniederlage, der Nachtigall-Stollen, der mit Helm und Grubenlampe besichtigt werden kann, sowie die Ziegelei Dünkelberg. Das Museum ist zu Fuß über die Nachtigallbrücke von der Innenstadt zu erreichen. Auch hat man seit dem Sommer 2004 die Möglichkeit, die Zeche über die neue Anlegestelle des Fahrgastschiffes Schwalbe anzufahren. An Wochenenden verkehrt die Feldbahn des benachbarten Museums der Zeche Theresia vom Wanderparkplatz Muttental über das Gelände der ehemaligen Zeche Theresia zur Zeche Nachtigall. In den Sommermonaten fahren außerdem die historischen Züge der Ruhrtalbahn freitags und sonntags vom Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen nach Hagen Hauptbahnhof. Diese Züge halten seit Juni 2006 auch an der Zeche Nachtigall," erfahre ich bei den Vorbereitungen im Internet. An einem sonnigen, frühlingshaft warmen und angenehmen Samstag mache ich mich auf den Weg nach Witten. Zeche Nachtigall, Nachtigallstraße 35, 58452 Witten, Telefon: 02302 - 936640, Öffnungszeiten: dienstags - sonntags 10 - 18 Uhr. Eintritt: Erwachsene 2,4o Euro, Kinder / Jugendliche: 1,50 Euro, Ermäßigungen auf Anfrage. Als ich auf einer Bank in der Sonne sitze, frage ich mich, ob dies die einzigen berichtenswerten Informationen sind. Ein paar historische Maschinen, ein paar Schautafeln, ein Bergwerksstollen (den ich nicht besichtige) und viel Freifläche für die Kinder zum Herumtollen - mehr gibt es hier nicht zu sehen. Keine Hörstation, keine Computeranimation, kein Videofilm informiert die Besucher über Bergwerksstollen und Ziegelei. Der Landschaftsverband Westfalen - Lille betreibt das "Westfälische Landesmuseum für Industriekultur". Gerade der Standort Witten wirkt so, als sei dem Betreiber letztendlich das Geld für den weiteren, ansprechenden und besucheranziehenden Ausbau des Museums ausgegangen. Daß Kultur Geld kostet, ist klar. Daß ich erst einmal in die Infrastruktur investieren muß, wenn ich auf Dauer Zuschußbetriebe und Groschengräber vermeiden möchte, ist genauso klar. Insbesondere am Standort Witten wird der Landschaftsverband überlegen müssen, was er will. Es bleibt dem Museum zu wünschen, daß es eine positive Entwicklung nehmen wird. Das
Märkische Museum in Witten zeigt
regionale (und auch überregionale) moderne, zeitgenössische Kunst,
Zeichnungen, Malerei und Objekte gleichermaßen. Werner Scholz ist hier
zu sehen, Wolfgang Finck, Erich Krian, Rudolf Schoofs, Bernhard
Schultze, Johannes Schreiter, Erich Müller-Kraus, Thomas Grochowiak,
Horst-Egon Kalinowski, Dorothee von Windheim, Ursula Schultze-Bluhm,
Klaus Jürgen-Fischer und viele andere. Nie von diesen Künstlern gehört?
Kein Grund, sich zu schämen. Sie bieten gute Hausmannskost, die hübsch
anzuschauen ist, die ich mir aber nie ins eigene Wohnzimmer hängen
würde. |
Muttental und Nachtigall |
Wann genau der Steinkohlenbergbau an der Ruhr begann, lässt sich nicht mehr feststellen. Ebenso wenig der Ort, an dem die Kohle erstmals entdeckt wurde. Die Sage, nach der ein Schweinehirt es Wittener Muttental am Abend ein Feuer anzündet und morgens die Steine der Feuerstelle glühend vorfindet, erzählte man sich in ähnlicher Form auch in anderen alten Bergbaugebieten. Es läßt sich jedoch mit einiger Sicherheit sagen, dass bereits um das Jahr 1000 an der Ruhr nach Steinkohlen gegraben wurden. Industrie gab es damals allerdings noch nicht. Handwerkliche Berufe wie Schmied, Sattler, Holzköhler und andere hatten sich allerdings schon herausgebildet. Die wirtschaftliche Grundlage der Gesellschaft war die Landwirtschaft. Das Graben der Kohle war nur eine Nebenbeschäftigung. Sie wurde betrieben, wenn es die Landwirtschaft zuließ. Je nach Bedarf und der zur Verfügung stehenden Zeit grub man ?Pingen oder Pütts. Das sind brunnenartige Löcher, die den Zugang zur Steinkohle ermöglichten. In den Ruhrbergen laufen die Kohlenflöze an der Erdoberfläche aus. Man mußte also nicht besonders tief graben, um an die Steinkohle heranzukommen. Das freie Kohlegraben der Bauern fand ein Ende, als adelige Grundherrschaften den wirtschaftlichen Nutzen des Bergbaubetriebes erkannten. Um 800 hatte Karl der Große die Sachsen unterworfen. Zu diesem Reich gehörte auch das Gebiet der späteren Grafschaft Berg. Er überzog das Land mit Burgen und Festungen, von denen aus Dienstmänner, sogenannte Ministeriale, seine Herrschaft sichern sollten. Nach und nach verselbständigten sich diese Dienstmänner. Sie übten über das ihnen zugeteilte Gebiet eine Herrschaft in ihrem eigenen Interesse aus. Die Folge? Die Bauern mussten Naturalabgaben leisten und bestimmte Arbeiten für die neuen Herren verrichten. Außerdem wurde ihnen das freie Kohlegraben verboten. Die Herren meldeten das Bergregal, also das Eigentum an allen Bodenschätzen, an. So unterwarfen sie den Bergbaubetrieb ihrem Einfluß. Gelegentlich schickten sie die Bauern im Rahmen ihrer Arbeitsverpflichtung in die Gruben. Es gab allerdings auch Zugeständnisse. Die Bauern suchten sich die besten Stücke der geförderten Kohle heraus. Den Rest lieferten sie beim Herrn ab. Wenn der Bergbau nicht vom Herrn selbst organisiert wurde, sprach der den Bauern Abbaurechte in Form von Begnadigungen zu. Die damit verbundenen Zahlungsverpflichtungen waren aber häufig dermaßen hoch, dass Bergwerke wegen untragbarer Abgaben zum Erliegen kamen. Die Kohle wurde hauptsächlich in Schmieden verwendet. Vereinzelt wurde sie auch als Heizmaterial in öffentlichen Gebäuden genutzt. Nun kamen die Kötter als diejenigen hinzu, die Bergbau betrieben und das nicht mehr nur zum Eigenbedarf, sondern auch zum Verkauf. Immerhin hatte sich eine breite Nachfrage entwickelt. Die Kötter bewirtschafteten ein kleines Stück Land, das Kotten genannt wurde. Sie verdienten sich in den Gruben ein zusätzliches Einkommen. Dieses Einkommen kann nicht schlecht gewesen sein, denn die Anzahl der Grabestellen stieg. Bedingt durch diese Abbaumethode kam es schnell zu Verwüstungen ganzer Landstriche. Auch Witten war davon betroffen. Um weitere Flurschäden zu vermeiden, beschlossen 1578 die Herren von Witten und Steinhausen, die Kohlengräberei einzuschränken. Die Ordnung des Bergbaus blieb aber auf halbem Wege stecken. Sie gelang erst im 18. Jahrhundert auf Initiative Preußens. Staatliches Interesse am märkischen Steinkohlenbergbau entstand einerseits durch die lohnenden Steuereinnahmen, die mit der Kohleförderung stiegen, andererseits durch das Anfang des 17. Jahrhunderts errichtete königliche Salzwerk bei Unna, das man mit gutem und billigem Brennmaterial versorgen wollte. Auf Wunsch des preußischen General - Ober- Kriegs- und Domainen- Directoriums - wurden 1734/35 Berichte über den Kohlebergbau in der Grafschaft Mark abgefasst. Die Folge: Der Staat übernahm die Leitung des Bergbaus. Eine Bergordnung von 1737 brachte umfangreiche Vorschriften: Eröffnung und Schließung von Bergwerken mußten staatlich genehmigt werden; zur besseren Ausbeutung der Flöze war nur noch Stollenbau erlaubt; die Betriebsführung der Zechen ging in die Hände staatlicher Beamter über, während den Eigentümern kaum Einfluß eingeräumt wurde. Für die Bergleute waren Lohnsenkungen, Arbeitszeitverlängerungen und Verbot der freien Hausbrandkohle vorgesehen. Zur verwaltungstechnischen Durchführung des staatlichen Direktionsprinzips entstand ein Bergamt, dessen Beamte alle Zechen kontrollieren sollten. Gerhard Wennemar von der Recke, damals Inhaber der Herrschaft zu Witten und Besitzer von Bergwerken, weigerte sich, die Bergordnung anzuerkennen. Nach längerem Rechtsstreit mit dem preußischen König kam es 1742 zur militärischen Unterwerfung. 40 Schützen aus Hörde besetzten die Gruben. Sie zwangen von der Recke zur Aufgabe. Er sei hier als Beispiel für den ganzen Widerstand genannt. Mit dem Zwang zum Stollenbau wurde das sporadische Kohlegraben von Bauern und Köttern unmöglich. Die Stollenanlagen erforderten einen wesentlich größeren Arbeits- und Finanzaufwand. Um dies zu bewältigen, schloss man sich zu Gewerkschaften zusammen, deren Mitglieder die ?Gewerken� waren. Es war zwar auch einfachen Bergleuten erlaubt, Zechen zu gründen und damit deren Eigentümer zu werden. Als Gewerken fanden sich damals aber überwiegend Adelige, Großbauern und Industrielle, die dem gerade aufkommenden Stand des Bürgertums angehörten. Unter dem Direktionsprinzip waren die Gewerken für den praktischen Grubenbetrieb nahezu funktionslos. Staatliche Beamte leiteten die Zechen. Den Gewerken blieb einzig und allein die Aufgabe, den Bergwerksbetrieb zu finanzieren und Wünsche zur Entwicklung der Zechen an das Bergamt heranzutragen. Wenn die Flözverhältnisse gut waren, sorgten die staatlich festgesetzten Kohlenpreise für eine ansehnliche Ausbeute - insbesondere im Winter. Ein Beispiel: Die Bilanz der Wittener Zeche Verlorener Posten vom Dezember 1799 wies Verkaufserlöse von 463 Talern aus. Zieht man die Lohnkosten (30%) und die Abgaben an den Staat (25%) ab, blieb ein Reinertrag von 207 Talern. Er ging an die vier Gewerken. Ein Bergmann verdiente in diesem Monat durchschnittlich 7 Taler. Das Direktionsprinzip zeigte beträchtliche Erfolge. Von 1735 bis 1806 vervierfachte sich die Kohleproduktion. 1806 waren die staatlichen Einnahmen 70mal höher als Mitte des 17. Jahrhunderts. Um eine Überproduktion zu vermeiden, wurde die Neueröffnung von Gruben zeitweise verboten. Gleichzeitig bemühte sich der Staat um einen größeren Kohlenabsatz. In der Bevölkerung bestand aber eine verbreitete Abneigung gegen die Kohlenfeuerung. Sie stand im Ruf, zu stinken und gesundheitsschädlich zu sein. Hauptabnehmer waren die eisenverarbeitende Kleinindustrie, Brauereien, Brennereien und Bäckereien. Der Transport der Kohle zum Käufer war äußerst schwierig. Er erfolgte durch Kohlentreiber, die ihre beladenen Pferde und Esel bei Wind und Wetter über teilweise miserable Wege trieben. Erst der Bau von Straßen und die Schiffbarmachung der Ruhr 1780 brachten Erleichterungen. Die Arbeit der Bergleute blieb allerdings dieselbe. Mit Keilhaue und Hacke schlugen Hauer die Kohle los. Schlepper beförderten sie auf Schlitten, Schubkarren, später dann auf Schienenwagen zu Tage. Beim Schachtbetrieb wurden die Fördergefäße von Haspelknechten oder Pferden (Göspelförderung) an die Erdoberfläche gezogen. Dort führte ein Schichtmeister Buch. Er verkaufte die Kohle. Die Zechen der frühen Zeit waren Kleinstbetriebe. Die Belegschaft betrug 6 Mann. Erst als die bis dahin erschlossenen Kohlevorkommen zur Neige gingen und die Entwicklung der Dampfmaschine die technische Voraussetzung vor allem zur Hebung der Grubenwässer stellte., vergrößerten sich die nun im Tiefbau arbeitenden Zechen auf Betriebe mit Belegschaften von mehreren hundert Mann. Eine Folge daraus war die Aufhebung des staatlichen Direktionsprinzips. Das staatliche Direktionsprinzip hatte zu einem lebhaften Aufschwung des Steinkohlenbergbaus geführt, der es den Gewerken in der Regel ermöglichte, große Geldbeträge für weitere Investitionen anzuhäufen. Verbesserte Verkehrsverhältnisse, die Aufhebung der Zollschranken zwischen den einzelnen deutschen Staaten 1834 und neue Verfahren zur Erschließung der Kohlevorkommen ermöglichten eine noch weitergehende Entwicklung des Bergbaus. Dem stand allerdings die bürokratische Verwaltung mit ihrer Preisfestsetzung, Lohnbestimmung und mit der staatlichen Beschränkung von Zechengründungen entgegenstand. Dies war ein weitere Grund, das staatliche Direktionsprinzip aufzuheben. Das Drängen der Gewerken führte ab 1851 zu einer Reihe von Reformen, die im Allgemeinen Berggesetz von 1865 mündeten. Während dem Bergamt nur das polizeiliche Aufsichtsrecht blieb, ging die Leitung der Zechen komplett in die Hände der Gewerken über. Natürlich mit allen Konsequenzen für Lohn, Arbeitszeit, Arbeitsvertrag, Preise und Produktionsmenge. Die Gewerken wurden zu Unternehmen, die Bergleute zu Bergarbeiten. Das Reformwerk fiel in eine Zeit, als die Gründerjahre in die Geschichte eingingen. Die Erfindung neuer Verfahren zur Eisenverhüttung machte die Anwendung von aus Steinkohle gewonnenen Koks möglich. Eisenbahnen sicherten den Transport riesiger Kohlenmengen. Sie wurden gleichzeitig wichtiger Kunde der Zechen. Die Kohlenproduktion verdoppelte sich von 1850 bis 1855. Die Zahl der Bergarbeiter stieg im selben Zeitraum von 12.000 auf 23.000. In größeren Grubenbetrieben wurden in den 1850er Jahren Pferde eingesetzt. 1883 löste die erste Elektrolok die Pferdeförderung ab. Dampfmaschinen schafften die Kohle immer schneller ans Tageslicht. In den 1860er Jahren setzte sich die Seilfahrt im Korb auch für die Bergleute durch. Schlagwetterexplosionen führten zur Erfindung von Sicherheitslampen, die eine Entzündung der explosiven Gase verhindern. Verbesserte Sprengstoffe erleichtern den Streckenvortrieb. Erst ab 1920 kommt es langsam zur Mechanisierung der Kohlegewinnung durch Schrämmaschinen und Hobel. Der große Arbeitskräftebedarf, der durch die Freigabe des Bergbaus entstand, führte zu einem schnellen Anwachsen der Bevölkerung. Zuwandererströme, zunächst aus den ländlichen Regionen Westfalens, später vor allem aus den preußischen Ostprovinzen, verursachten große Wohnungsnot. Besserung brachte der 1870 beginnende Werkswohnungsbau. Die soziale Lage der Arbeiter wurde zusätzlich durch zu niedrige Löhne verschärft. Stieg das Lohnniveau anfangs wegen der großen Nachfrage nach Arbeitskräften, so fiel es mit dem ersten Konjunkturtief. Die Arbeitseinkommen sanken ab 1874 unter das Existenzminimum. Die Armenkassen der Gemeinden waren überfordert. Sie konnten den Arbeiterfamilien kein Auskommen sichern. Wer die Armenkasse in Anspruch nehmen musste, verlor das Wahlrecht. Die Verschlechterung der rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Lage führte zur Bildung einer Bergarbeiterbewegung. Die lokal begrenzten Streiks in den 50er und 60er Jahren verliefen ergebnislos; in Witten kamen Arbeiter zweier Zechen sogar wegen Arbeitsniederlegung ins Gefängnis. Erst 1889 brach ein flächendeckender Streik aus. Rund 90% der Bergarbeiter beteiligten sich an dem Ausstand. Sie forderten höhere Löhne und die Einschränkung der unternehmerischen Willkür. Herbeigerufene Soldaten patrouillierten in Sechser-Gruppen durch Wittens Straßen. Verschiedene Gewerken machten Lohnzugeständnisse. Der Staat versprach eine Änderung der Verhältnisse per Gesetz. 1892 verabschiedet, blieb das Gesetz weit hinter den Streikforderungen zurück. 1905 traten erneut 200.000 Bergleute im Ruhrgebiet in den Ausstand. Die Gewerkschaften erlangten erst nach dem 1. Weltkrieg die Anerkennung als Tarifpartner. Ein Jahr später konnte eine 15prozentige Lohnerhöhung, 7 � Stunden � Schichten und die Wahl von Betriebsräten durchgesetzt werden. Mit dem Wiedererstarken der alten politischen Kräfte gelang es den Zechenbesitzern jedoch ab 1924, frühere Vereinbarungen rückgängig zu machen. Die Lage der Bergarbeiter verschlechterte sich erneut. Schon vor der Jahrhundertwende zeichnete sich das Ende des Wittener Bergbaus ab. Im Vergleich zu den im Norden des Ruhrgebiets entstandenen großen Tiefbauanlagen erwiesen sich viele der weiter südlicher gelegenen Zechen als unrentabel. Bereits im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts schlugen sich die Probleme in Form der ersten Stillegungen im Wittener Bergbau nieder. Während des 1. Weltkriegs und in der Nachkriegszeit bestand eine große Nachfrage nach Steinkohle und deren Nebenprodukten. Alte Stollenzechen nahmen ihren Betrieb wieder auf. Neue Kleinzechen entstanden. Sie fielen nach kurzer Zeit dem Konjunkturrückgang und der Weltwirtschaftskrise zum Opfer. In den 1920er Jahren wurden in Witten fast 20 Betriebe geschlossen - fast alles Kleinzechen mit geringer Belegschaft. 1928 kam mit Ver. Hermann die letzte Tiefbauzeche Wittens zum Erliegen. Es wurden 4.000 Bergleute entlassen, von denen der größere Teil jedoch woanders Beschäftigung fand. Seitdem ist der Bergbau in Witten bedeutungslos. Die Geschichte der Zeche Nachtigall begann 1714. Es waren vermutlich zwei Bauern, die für eine ?Kohlbank im Hettberger Holz - das Recht erwarben, Kohle abzubauen. 1743 kaufte der Freiherr von Elverfeldt diese Steinkohlenbergwerk. Es hieß nun ?Nachtigall am Hettberg. Um 1800 begannen die ersten Zechen, mit Schächten die tiefer liegenden Kohleflöze zu erschließen. Doch der Schritt vom Stollenbau zum Tiefbau war nur durch den Einsatz von starken Dampfmaschinen möglich, mit denen die Kohle gefördert und das Wasser aus der Grube gepumpt werden konnte. Auf der Zeche Nachtigall schloss sich Ludwig von Elverfeldt mit den Eigentümern der benachbarten Zechen zusammen, um den Schachtbau und die notwendige Maschinenausstattung zu finanzieren. Schacht Neptun - wurde ab 1832 abgeteuft. 1839 folgte Schacht Hercules. Um 1850 gehörte Nachtigall mit über 500 Bergleuten zu den größten Zechen des Ruhrgebiets. 40 Jahre später stellte die Zeche wie viele andere Bergwerke an der Ruhr ihren Betrieb ein. Die Zeche Nachtigal liegt an der Wiege des Ruhrbergbaus südlich der Ruhr. Sie gehört heute zu den Denkmälern der Industriegeschichte. Förderschacht Hercules, das Maschinenhaus mit funktionstüchtiger Dampffördermaschine, der quadratische Kamin des Kesselhauses, das Werkstattgebäude und die ummauerte Kohlenniederlage an der Ruhr sind Zeugen der ehemals leistungsfähigsten Zeche des Reviers. Nach dem Ende des Bergbaus nutzte der Bauunternehmer Wilhelm Dünkelberg das verkehrsgünstig gelegene Gelände mit direktem Bahnanschluss, um eine Dampfziegelei, eine Maschinenfabrik und einen Steinbruchbetrieb aufzubauen. Der Nachtigallstollen und die Doppel-Ringofen-Anlage über Schacht Hercules erinnern an die Zeit zwischen 1897 und 1963, als hier Steine gebrochen, Ziegel gebrannt und zum Aufbau des Ruhrgebiets versandt wurden. Später nutzten ein Schrotthändler und verschiedene Kleinbetriebe das Gelände. Die Produktionsanlage verfielen. In den 1970er Jahren wurden die Gebäude als Monumente der Industrialisierung im Ruhrtal in die Denkmalliste eingetragen. Die anschließende Restaurierung, Erforschung und Erschließung als Teil des Westfälischen Industriemuseums dauerten über 20 Jahre. Museumsbesucher unternehmen auf der Zeche Nachtigall einen Rundgang durch fast 300 Jahre Industriegeschichte an der Ruhr. Bei einer Zeitreise mit der Postkutsche erfahren sie, wie alles begann. Historische Bilder aus 3 Jahrhunderten ziehen an den Reisenden vorbei. Nachdem die Ruhr 1780 für Schiffe befahrbar gemacht wurde, entwickelte sie der Fluss zum wichtigsten Transportweg für die Zechen an der Ruhr. An Bord eines 35 Meter langen Ruhrnachens, entstanden nach Originalplänen von 1840, geht es um die Kohlenschifffahrt zwischen Witten und Ruhrort. Vor dem Stolleneingang erinnern ein Dreibaum-Fördergerüst und mehrere Holzbaracken an die Kleinzechen des Ruhrgebiets. Entstanden in der Not der Nachkriegsjahre, waren zwischen Dortmund und Essen über 1000 Klein- und Kleinstzechen in Betrieb. Etliche davon lagen auf Wittener Gebiet. Das Westfälische Industriemuseum baute die Zeche Ingeborg originalgetreu nach - mit Betriebsgebäude, Schacht, Dreibaum, Kompressor- und Haspelbude sowie der Verladestelle für die Kohle. Bis zu 11 Millionen Ziegel wurden ab 1899 jährlich in der Doppel-Ringofenanlage gebrannt, die der Bauunternehmer Wilhelm Dünkelberg nach Schließung der Zeche Nachtigall auf dem ehemaligen Museumsgelände errichten ließ. Rund um den Ofen zeigt das Museum des Weg des Ziegels von der Gewinnung des Schiefertons bis zur Verladung. Bilder lassen die Arbeitswelt der Ziegler bis in die 1960er Jahre aufleben. Die Zeche Nachtigall liegt am Eingang des Muttentals, das als eine der Wiegen des Ruhrbergbaus gilt. Aus zahllosen Klein- und Kleinstbergwerken wurde im Muttental mehr als 250 Jahre lang das schwarze Gold zu Tage gefördert. Auf Schritt und Tritt begegnen Ausflügler hier der Bergbaugeschichte. Die wichtigsten Zeugnisse sind auf dem ?Bergbaurundweg Muttental zu finden. Das Bethaus von 1830/31 enthielt im Obergeschoß einen Versammlungs- und Betraum für die Bergleute. In der ehemaligen Zechenschmiede ist die Ausstellung ?Vom Bethaus zur Kohle- Bergbaugeschichte im Wittener Muttental und Ruhrtal zu sehen. |