Zeche Zollverein -  Von Andreas Rüdig (November 2007)

Die Zeche Zollverein ist ein 1986 stillgelegtes Steinkohlen – Bergwerk im Essener Norden. Seit Dezember 2001 gehören die Zeche und die benachbarte Kokerei Zollverein zum Weltkulturerbe der UNESCO (Zeche und Kokerei Zollverein). Zollverein ist Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur (ERIH). 

Geschichte 

1847 – 1890

 

Die Gründung der Zeche ging von dem Industriellen Franz Haniel aus, der auf der Suche nach für die Stahlerzeugung geeigneten Kokskohlevorkommen war. Bei Mutungsbohrungen im Raum Katernberg wurde unter anderem ein besonders ergiebiges Kohleflöz angebohrt, das nach dem 1834 gegründeten Deutschen Zollverein benannt wurde. 1847 gründete Franz Haniel die bergrechtliche Gewerkschaft Zeche Zollverein und verteilte den Kuxbesitz innerhalb seiner Familie.

Das Gelände für den Bau einer Schachtanlage wurde durch den ebenfalls an der Gewerkschaft beteiligten Grundbesitzer Schwartmann gen. Bullmann bereitgestellt. Daher wurde das Gelände der Gründungsschachtanlage bald die Bullmannsaue genannt. Der heutige Straßenname der Zufahrt zur Schachtanlage 1 / 2 rührt daher.

Die Abteufarbeiten für Schacht 1  der Zeche Zollverein begannen am 18. Februar 1847 unter dem Betriebsführer Joseph Oertgen, nach dem auch eine Straße benannt wurde. In 130 Metern Tiefe wurde das Steinkohlengebirge angefahren. Die Förderung begann jedoch erst im Jahre 1851. Parallel war von 1849 an neben Schacht 1 der Schacht 2 abgeteuft worden. Dieser ging 1852 in Betrieb. Erstmals wurden zwei äußerlich gleiche Malakowtürme den Schächten als Förderanlage errichtet. Dieses Beispiel eines Zwillingsbaus mit gemeinsamem Maschinenhaus zwischen den Schächten wurde später auf anderen Zechen beim Bau einer Doppelschachtanlage wiederholt. Ab 1857 wurde neben der Schachtanlage 1 / 2 einige Meileröfen als Vorstufe einer Kokerei betrieben. Ab 1866 wurde diese Kokerei durch eine moderne Kokerei mit Maschinenöfen ersetzt.
 

1880 wurde mit dem Abteufen einer zweiten separaten Förderanlage in Schonnebeck begonnen. Der Schacht 3 ging 1883 in Betrieb. Die Tagesanlagen wurden durch den Architekten Dreyer umfangreich ausgebaut. Der Schacht erhielt ein deutsches Strebengerüst Bauart Promnitz als Förderanlage. Schon 1890 wurde 1 Million Tonnen verwertbare Förderung zu Tage gebracht. Dadurch erreichte die Zeche Zollverein den Spitzenplatz unter den deutschen fördernden Anlagen.

Bedingt durch die sich im Montanbereich ergebende günstige Konjunktur wurde in den Folgejahren ein weitergehender, sehr umfangreicher Ausbau der Grubenbaue vorgenommen. Im nördlichen Teil von Katernberg an der Grenze nach Heßler entstand zwischen 1891 und 1896 die Doppelschachtanlage Zollverein 4 / 5 mit einem Förder- und Seilfahrtschacht und einem rein zur Bewetterung konzipierten Schacht. Auf dieser Schachtanlage wurde sofort eine neuartige Kokerei in Betrieb genommen.

1896 wurde ein weiterer Förderschacht im Bereich von Stoppenberg geteuft. Dieser ging 1897 in Betrieb und wurde erstmals mit einem Doppelstrebengerüst ausgestattet, da er für die parallele Führung von Förderung und Seilfahrt konzipiert war.

Die Grubenbaue von Zollverein waren betreffs der Wetterführung nach wie vor problematisch. Nach mehreren Unglücken, die durch Schlagwetter hervorgerufen waren, wurden die Schachtanlagen nach und nach mit kleinen Wetterschächten ausgestattet.

1909 wurde auf der Schachtanlage 3 / 7 ein neuer Förderschacht niedergebracht. Nach Fertigstellung des Schachtes 10 im Jahre 1914 wurde auch auf dieser Schachtanlage die Aufbereitung erweitert und eine neue Kokerei in Betrieb genommen. 1914 schließlich wurde auch Schacht 9 der Anlage 6 / 9 durch Errichtung einer Förderanlage zum Seilfahrtschacht ausgebaut. Die Förderung erreichte um den 1. Weltkrieg den Wert von 2,5 Millionen Tonnen verwertbarer Förderung.

Ab 1920 kooperierte die Gewerkschaft Zollverein, die sich bis dahin nach wie vor in Familienbesitz der Industriellenfamilie Haniel befand, verstärkt mit der Phönix AG für Bergbau und Hüttenbetrieb. Die Geschäftsführung der Zeche wurde komplett in die Hände der Phönix AG gelegt.

Unter deren Regie wurden Erneuerungs- und Reparaturmaßnahmen getroffen. Schacht 2 erhielt nun ebenfalls ein Fördergerüst. Ferner wurde die Erneuerung der Schachtanlage 4 / 5 beschlossen. Es wurde ein Blindschacht nach über Tage hochgebrochen und als Schacht 11 in Betrieb genommen. Der Ausbau zum Förderschacht erfolgte bis 1927. Schacht 4 und 11 wurden mit gleichartigen Fördergerüsten ausgestattet, die Tagesanlagen 4 / 5 / 11 entsprechend erneuert. Die Kokerei 4 / 5 / 11 wurde im Gegenzug außer Betrieb genommen.

Beim Übergang der Phönix AG auf die Vereinigte Stahlwerke AG 1926 wurde die Zeche Zollverein der Gelsenkirchener Bergwerks – AG (GBAG) zugeordnet und fortan in der Gruppe Gelsenkirchen geführt. Unter deren Regie wurden die Kokereien nach und nach stillgelegt.

1928 beschloß die GBAG den Neubau einer kompletten, als Zentralförderanlage konzipierten Schachtanlage. Mit einer Förderkapazität von 12.000 Tonnen täglich übernahm Schacht 12 die gesamte Kohlenförderung der bisherigen vier Anlagen mit insgesamt elf Schächten. Die Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer übernahmen die Gestaltung der Schachtanlage, die als architektonische und technische Meisterleistung galt und richtungsweisend für den sachlich – funktionalen Industriebau wurde – so folgt der Aufbau der einflußreichen Schule des Bauhauses. Die Schachtanlage galt als die modernste und die „schönste Zeche der Welt“. Das 1930 errichtete Doppelbockfördergerüst in Vollwandbauweise wurde zum Vorbild für viele später gebaute Zentralförderanlagen. Der Schacht nahm 1932 die Förderung auf und wurde 1937 nach dem damaligen Generaldirektor der Gelsenkirchener Bergwerks AG Albert Vögler in „Schacht Albert“, ab 1941 in „Schacht Albert Vögler“ umbenannt.

Die Förderung der Zeche Zollverein wurde durch diese Maßnahme immens gesteigert. Sie erreichte im Jahre 1937 3,6 Millionen Tonnen bei 6.900 Beschäftigten. Die Kokerei bei Schacht 1 / 2 / 8 wurde als kleiner Neubau mit 54 Koksöfen im Vorjahr wieder in Betrieb genommen und erzeugte jährlich 200.000 Tonnen Koks. 1937 wurde das alte Doppelstrebengerüst über Schacht 6 durch einen Neubau eines zweigeschossigen Strebengerüsts mit nur einer Förderung ersetzt.
 

Den Zweiten Weltkrieg überstand die Zeche Zollverein mit relativ geringen Beschädigungen. Im Jahre 1953 wurde bereits wieder eine Förderung von 2,4 Millionen Tonnen jährlich erreicht, wodurch Zollverein wiederum den Spitzenplatz unter den westdeutschen Steinkohlebergwerken einnahm. Nach Übergang in die Rheinelbe Bergbau AG als Nachfolgegesellschaft der alten GBAG wurde nun eine umfangreiche Erneuerung und Rationalisierung des Betriebes aller Zollverein – Schachtanlagen vorgenommen.

Das Fördergerüst über Schacht 1 wurde 1958 durch einen vollwandigen Neubau ersetzt. Gleichzeitig wurde von 1960 bis 1964 eine komplette Neugestaltung der Schachtanlage 1 / 2 / 8 durch den Architekten Fritz Schupp durchgeführt. Schacht 2 erhielt 1964 dem demontierten Förderturm von Schacht 2 der stillgelegten Zeche Friedlicher Nachbar als neue Förderanlage errichtet. Ab 1961 wurde auf einem neuen Gelände eine Zentralkokerei mit 192 Öfen betrieben.

1962 bis 1964 wurden nun die anderen Außenschachtanlagen zusammengefaßt. Schacht 4 wurde 1962 als Förderschacht außer Betrieb genommen. Das Fördergerüst wurde an die Zeche Holland in Wattenscheid zum Ausbau eines neuen Zentralförderschachts abgegeben. Die Förderanlagen Schacht 3 und 7 wurden ebenfalls rückgebaut. 1967 erfolgte die Fördereinstellung der Schachtanlagen 4 / 11 und  6 / 9. Die alleinige Förderung verblieb auf Schacht 12. 1968 wurde die Zeche Zollverein in die Bergbau AG Essen der Ruhrkohle AG übergeben.

Nach Übernahme des Bergwerks wurde die Mechanisierung und Rationalisierung des Förderbetriebes fortgeführt. Die Förderung von Zollverein lag weiterhin bei annähernd 3 Millionen Tonnen jährlich. 1974 wurde der Verbund mit der benachbarten Zeche Holland durchgeführt. Schacht Holland 3 / 4  / 6 wurde als Förderstandort aufgegeben und zusammen mit einigen Schächten der Zeche Bonifacius als Seilfahrt- und Wetterschachtanlage weiterbetrieben.
 

Ab 1980 wurde mit dem Abbau des letzten Fettkohlevorrates in Flöz Sonnenschein die Verlagerung des Abbaus nach Norden betrieben. Die südlichen und östlichen Schächte wurden nach und nach aufgegeben. Ab 1982 wurde ein Förderverbund mit der benachbarten Zeche Nordstern betrieben. Im Gegenzug erfolgte die Aufgabe des Baufeldes Holland mit dem Jahre 1983. Die Förderung dieses Verbundbergwerks Nordstern – Zollverein erreichte noch einmal 3,2 Millionen Tonnen jährlich. Nach erneuten Absatzeinbrüchen für Ruhrkohle wurde allerdings in der Kohlerunde 1983 die Aufgabe des Förderstandortes Zollverein beschlossen. Am 23. Dezember 1986 wurden alle verbliebenen Förderanlagen Zollverein stillgelegt. Die Kokerei wurde noch bis 1993 betrieben. Schacht 2 und 12 blieben für die Wasserhaltung offen. Im Nachhinein wurden die verbliebenen Tagesanlagen von Schacht 12, Schacht 1 / 2 / 8 und Schacht 3 / 10 für eine neue Nutzung und als Industriedenkmal erhalten.

Seit 1986 steht die Zeche Zollverein 12 unter Denkmalschutz und ist ein Zentrum für Kultur und Design in Essen / NRW geworden. Hier befindet sich der Museumspfad „Weg der Kohle“, das Besucherzentrum der Route der Industriekultur, im ehemaligen von Norman Foster umgebauten Kesselhaus das Design – Zentrum Nordrhein – Westfalen, auf dem angrenzenden Gelände von Schacht 1 / 2 / 8 das PACT Zollverein (Choreographisches Zentrum Nordrhein – Westfalen, umgestaltet von Christoph Mäckler Architekten) sowie der Kunstschacht Zollverein und auf Schacht 3 / 7 / 10 das „Erfahrungsfeld zur  Entfaltung der Sinne“. Auch die Keramikwerkstatt Margarethenhöhe ist hier beheimatet. In der ehemaligen Kokerei sind Ausstellungsräume für Gegenwartskunst; dort befindet sich als Dauerausstellung die begehbare Rauminstallation „Palast der Projekte“ von Ilya & Emilia Kabakow. Im Casino Zollverein befinden sich ein Restaurant der gehobenen Gastronomie, auf dem Gelände der Kokerei das Kokerei – Café / Kokerei Restaurant.
 

Im Sommer 2006 wurde der aufwendige Umbau der Kohlenwäsche nach mehreren Jahren abgeschlossen. Eine neue, gestalterisch an die bestehende Bandbrücken angelehnte, 55 Meter lange verglaste Gangway führt die Besucher auf 24 Meter ins neue Besucherzentrum. Vom 26. August bis 3. Dezember 2006 war in der Kohlenwäsche die ENTRY2006 – Wie werden wir morgen leben zu sehen. In einer großen Ausstellung wurden 300 Objekte von Designern und Architekten aus 20 Ländern gezeigt. Im Herbst 2008 zieht das neue RuhrMuseum, bislang im Essener Süden als Ruhrlandmuseum ansässig, dauerhaft in die Kohlenwäsche ein.

Im Juni 2006 wurde außerdem der Neubau der Zollverein School of Management and Design abgeschlossen. Die international ausgerichtete Einrichtung soll vor allem berufliche Weiterbildung im Bereich Design und Wirtschaft anbieten.

Neben den bereits genannten Umbaumaßnahmen ist Zollverein mittlerweile ein Prestigeobjekt des Ruhrgebiets. Seit der Verleihung des Titels „Weltkulturerbe“ ist Zollverein internationaler Begegnungspunkt sowohl für große Kulturprojekte wie die internationale Weltmusikmesse „WOMEX“ oder die „Extraschicht – Die Nacht der Industriekultur im Ruhrgebiet“ als auch für Konzerte im kleineren Rahmen. So ist die WDR Big Band regelmäßiger Gast als auch die Hip – Hop – Formation „Fettes Brot“ im Rahmen der TRIDEM. Durch die zahlreichen Bauprojekte auf und um Zollverein soll in den nächsten Jahren ein breites kulturelles Angebot für jede Interessenslage geschaffen werden,“ beschreibt die Internetenzyklopädie Wikipedia die Zeche Zollverein. „Ich habe den Text zwar nicht auf Vollständigkeit und Richtigkeit hin überprüft, sondern nur kurz überflogen. Im Prinzip stimmt es aber, was da steht,“ berichtet Frau Dorowa von der Stiftung Zollverein.
 

„Die Stiftung Zollverein soll auf Dauer für den Erhalt der Welterbestätte Zollverein Schacht XII sorgen. Das bedeutet, daß der Stiftung genügend Gelder zur Verfügung stehen müssen, um die Pflege und die Unterhaltung der Immobilien zu ermöglichen. Zu diesem Zweck muß die Stiftung um Zustiftungen werben, also Fundraising betreiben. Zur Zeit ist noch das Land Nordrhein – Westfalen der Eigentümer der Immobilie, die treuhänderisch vom sogenannten Grundstücksfond des Landes verwaltet wird. Die Stiftung übernimmt einige Aufgaben der Bewirtschaftung für den Grundstücksfond, wie die temporäre Vermietung der Veranstaltungshallen auf Zollverein, die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die Moderation der Nutzer, also der Firmen und Institutionen, die auf dem Gelände Zollverein ansässig sind.

Darüber hinaus akquiriert die Stiftung Kulturveranstaltungen, die zum Profil des Denkmals passen, und richtet selbst Kulturveranstaltungen aus, wie beispielsweise die Zollverein – Konzerte, Ausstellungen, Lesungen, Theaterprojekte sowie Filmnächte.

Die Stiftung betreibt in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsverband Rheinland und dem Rheinischen Industriemuseum den Museumspfad Zollverein, in dem qualifizierte Führungen den Weg der Kohle von der Förderung bis zum Verlassen der Zeche zeigen, der von den Besuchern im Wortsinne beschritten wird. Sie veranstaltet alljährlich die ExtraSchicht auf Zollverein, den Welterbetag und das große Zechenfest, an dem sich alle derzeitigen Nutzer der benachbarten Schachtanlagen und viele Institutionen aus den angrenzenden Stadtteilen aktiv beteiligen und das von mittlerweile etwa 40.000 Bürgern aus Essen und dem gesamten Ruhrgebiet besucht wird.

Die Stiftung Zollverein fördert die Entwicklung des Tourismus im Ruhrgebiet durch das Betreiben eines Besucherzentrums, das zur Eröffnung der Route der Industriekultur und zum Finale der Internationalen Bauausstellung (IBA) in Kooperation mit dem Kommunalverband Ruhr eröffnet wurde.
 

Die Stiftung Zollverein ermöglicht Studenten und jungen Wissenschaftlern das Forschen im Bereich der Industrie- und Sozialgeschichte, Geographie, Tourismus, Marketing und Kommunikation. Die angestrebte Stipendienvergabe ist bisher nicht möglich, weil die Stiftung über keine Gelder hierfür verfügt,“ beschreibt die Stiftung in einer Werbebroschüre ihre Aufgaben.

Landschaftsverband Rheinland, das Land Nordrhein – Westfalen und die Stadt Essen sind die derzeitigen Stifter und mit je 511.000 Euro am Stiftungsvermögen beteiligt.

„Förderung der Forschung und Lehre“; „PR und Kommunikation“ und „Fundraising“ heißen einige der Geschäftsfelder der Stiftung. „Vermietung der Hallen (Halle 2, Halle 5, Freiflächen), „Museumsbetrieb und Veranstaltungen“ (Standardführungen, Sonderführungen, Museumspädagogik und Publikationen), „Betrieb des Besucherzentrums“ (Filmabende, Führungen, Tourismus, Information) sowie „Veranstaltungsmanagement“ (Konzerte, Ausstellungen, Freiluftfilmnächte, Konferenzen, Tagungen und Theaterprojekte) sind dann die konkreten Ausgestaltungen in den weiteren Geschäftsfeldern.
 

„Bei uns geht es um die Erforschung der Vergangenheit und um die Vermarktung der Gegenwart,“ erzählt Frau Dorowa. „Die Entwicklungsgesellschaft Zollverein, die sich um die Vermarktung der Zukunft kümmert, ist ein eigenständiger Betrieb. Wenn Sie also wissen möchten, was in 10 oder 20 Jahren auf der Zeche Zollverein los ist, müssen Sie schon dort nachfragen.