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Wasserstoff ist kein Allheilmittel
Leserbrief v. Herbert Fürmann, Anmerkungen v. Jochem Knörzer

Duisburg, 11. Dezember 2022 - Das meint Herbert Fürmann, Vorstandssprecher des 'Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club', Kreisverband Duisburg. Strom aber wohl auch nicht, so die Meinung von Jochem Knörzer.
Bilden Sie sich selbst eine Meinung:
Dazu aus der BZ-Duisburg:
Seit Juni 2021 fahren in Duisburg bereits geschäftlich zwei Wasserstoffautos .
Aus dem Artikel: Duisburg entwickelt sich zu einem Zentrum der regionalen Wasserstoffwirtschaft, in dem die einzelnen Stränge der Wasserstoffquellen, der Verteilung und der Anwendung physisch und organisatorisch vernetzt und damit wirtschaftlich ermöglicht werden. Durch die zentrale Lage der Stadt an Straße, Schiene und Wasser sowie ihrer Industriekraft wird Duisburg zu einem geeigneten Standort für die Umsetzung der Wasserstofftechnologie im realen Markt.

Und Kapazitäten zur Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff sollten schneller ausgebaut werden

Aktuell: Der US-amerikanische Wasserstoff- und Brennstoffzellenexperte Plug hatte erst im Frühjahr 2022 sein europäisches Service- und Logistikzentrum auf einer Fläche von rund 15.000 Quadratmetern im Duisburger Hafen eröffnet. Von hier aus arbeitet Plug Europe am Auf- und Ausbau der europäischen Infrastruktur für grünen Wasserstoff.


„Wasserstoff ist quasi der Champagner unter den Energieformen. Grüner Wasserstoff ist kostbar und rar, daher sollte er nur da zum Einsatz kommen, wo es keine direkte elektrische Alternative gibt, wie etwa bei der Herstellung von Stahl. Das ist Wasserstoffnutzung mit Vernunft, als grün und effizient.“ Das stellt Prof. Dr. Claudia Kempfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DWI) in Berlin heraus. Die Herstellung von Wasserstoff ist energieintensiv und erfordert drei- bis fünfmal so viel Energie wie die direkte Nutzung erneuerbarer Energien.“ Das ist so im Artikel „Mit H2 zur grünsten Industrieregion“ in der letzten Ausgabe der „Metropole Ruhr – Unterwegs im Ruhrgebiet“ des Regionalverband Ruhr nachzulesen.

Vor diesem Hintergrund nun will die DVG ihre gesamte Busflotte bis 2030 auf Brennstoffzellen-Anrieb umstellen? Wie es der Rat unserer Stadt nun beschlossen hat. „Der Rat der Stadt stimmt der Beschaffung von 100 Brennstoffzellenbussen inkl. der zugehörigen Tankstellen- und Werkstattinfrastruktur durch die Duisburger Verkehrsgesellschaft AG (DVG) bis zum Jahr 2030 im Rahmen des öffentlichen Dienstleistungs-auftrages zu“, so der Beschlusstext (DS 22-0184/1)

Bisher hatte die DVG die Buslinie 934 auf Akkubusse umgestellt und wollte die Erfahrungen damit auswerten. Außerdem hatte der Rat erst im März 2022 die Beschaffung von 10 Brennstoffzellenbussen inkl. einer Tankstellen- und Werkstattinfrastruktur zugestimmt (DS 22-0184). Die neuen Brennstoffzellenbusse sollen ab 2026 im Linienbetrieb eingesetzt und wie die E-Busse auf der Linie 934 getestet werden.

Jetzt will man weder die Erfahrungen mit den Elektro-Bussen, die seit dem Frühjahr getestet werden, noch die mit den im März bestellten 10 brennstoffzellen-Bussen abwarten. Man hat man sich entschieden, voll und ganz auf diese, noch nicht erprobte Technologie zu setzten. Am Schreibtisch will man herausgefunden haben, dass die Brennstoffzellen-Technik deutlich günstiger und damit wirtschaftlicher sei.

Dabei vergleicht man aber Äpfel mit Birnen. Man hat für Akku-Busse einen um 15 % höheren Bestand an Bussen angenommen. Das zeigt, dass beim Vergleich zwischen Wasserstoff- ./. Akku-Technologie nur von einer Lademöglichkeit im Depot ausgegangen wird. 15 % mehr von den teuren Akku-Bussen sind nur erforderlich, wenn die Busse zum Nachladen jeweils ins Depot einrücken müssen und durch aufgeladene Busse, die wieder auf die Strecke gebracht werden müssen. Obendrein wird auch noch zusätzliches Personal für den Austausch der Busse benötigt. Dabei werden heute fast überall, wo andere Verkehrsunternehmen Akku-Technologie einsetzen, die Busse an den Endstellen in den Wendepausen aufgeladen und müssen nicht jedes Mal ins Depot einrücken.

Ich begrüßt ausdrücklich eine schnelle Umstellung auf umweltverträglichere Antriebe – auch und besonders im Öffentlichen Personennahverkehr. Auch die Ziele der Stadt, „durch einen attraktiven ÖPNV die ÖPNV-Nutzerakzeptanz in Duisburg und damit der Modal-Split zugunsten des Umweltverbundes wesentlich“ zu steigern, kann ich nur unterstützen, „Dies soll insgesamt zu einer lebenswerteren Stadtumgebung durch reduzierten Lärm und Vermeiden von lokalen Emissionen führen.“

Aber: Ist Brennstoffzelle (also Wasserstoff) wirklich günstiger (für Klima und Finanzen) als Akku? Und wo soll der viele „grüne“ Wasserstoff denn herkommen?

Aufgrund verschiedener Unsicherheiten in der Beschaffungskette der Fahrzeuge halte ich die aktuelle Festlegung auf nur eine Technologie zum heutigen Zeitpunkt für absolut falsch. Definitiv bleibt der Primärenergieverbrauch bei der Wasserstofftechnologie deutlich höher als beim Batteriebus. Wasserstoff aus erneuerbaren Energien wird vorrangig für die Industrie (besonders in Duisburg, z.B. in der Stahlerzeugung), für die Schifffahrt, den Schwerlastfernverkehr usw. benötigt. Denn hier ist er nicht zu ersetzen. Im Nahverkehr sollte (möglichst „grüner“) Strom direkt eingesetzt werden, ohne die Umwandlungsverluste bei der Elektrolyse.

Wo soll denn der ganze emissionsfrei hergestellte Wasserstoff herkommen? Der Einsatz Verbrauch in der Industrie wir in den kommenden Jahren -gerade bei uns in Duisburg- durch die Umstellungen in der Industrie drastisch ansteigen, aber keiner der künftigen Verbraucher kümmert sich darum, wo und wie er erzeugt werden kann, auch die Stadt Duisburg nicht. Das bedeutet, das für Jahrzehnte nicht nur „grüner“ Wasserstoff“ eingesetzt werden wird, sondern auch Wasserstoff aus fossilen Quellen. Auch Wasserstoff aus Erdgas, die „Dampf-Methan-Reformierung“ führt uns nicht weiter. Weil das Ausgangsmaterial für diesen Prozess Erdgas ist, setzt die Herstellung beträchtliche Mengen an Kohlendioxid frei. Selbst wenn dieses CO2 aufgefangen und irgendwie eingelagert werden kann (die Technologie dafür steckt noch in den Kinderschuhen), bleibt das erforderliche Erdgas ebenfalls ein knappes Gut. Auf jeden Fall sind dabei auch die Energieverluste bei der Elektrolyse oder anderen Verfahren zu beachten, „drei- bis fünfmal so viel Energie wie die direkte Nutzung erneuerbarer Energien“ habe ich Frau Prof. Dr. Kempfert eingangs zitiert.

Für die Umwelt ist daher heute der direkte Stromeinsatz für den Antrieb emissionsfreier Busse deutlich sinnvoller. Es scheint uns problematisch so einseitig auf Wasserstoffbusse zu setzen. Bei allen möglichen Vorteilen (Reichweite, evtl. Kosten usw.) muss man auch die Energieverschwendung gegenüber batterieelektrischem Betrieb im Auge haben. Außerdem ist bei der Batterieentwicklung heute sehr im Fluss. Batterien werden ständig besser und die Forschung arbeitet auch an neuen Technologien, die ohne oder mit deutlich weniger seltenen Erden auskommen. Die heutige starre Festlegung einseitige auf die Wasserstoff-Technologie durch den Ratsmehrheit kann ich daher nicht nachvollziehen.