Konstanz/Duisburg, 2. September 2023 -
Angesichts der Affäre um den bayerischen Minister Hubert
Aiwanger erklärt der Politik- und Kommunikationsberater
Dennis Riehle: Wie tendenziös und handwerklich
fragwürdig die Arbeit der Süddeutschen Zeitung ist,
entscheidet sich nicht an der Fragestellung, inwieweit die
Vorwürfe gegen Hubert Aiwanger am Ende zutreffen.
Stattdessen ist es gemäß der publizistischen Grundsätze und
der Prinzipien des Rechtsstaates notwendig, dass
Journalisten ihre Berichterstattung - insbesondere im
investigativen Bereich - auf eine solide und belastbare
Grundlage stellen, bevor sie sie entsprechend
veröffentlichen. Die fehlende Unschuldsvermutung im
Ausgangsartikel ist ebenso zu bemängeln wie die darin
enthaltene Wortwahl, die auf Konjunktiven und Möglichkeiten
basierte - und damit bereits zum Ausdruck brachte, dass die
Redaktion offenbar selbst unsicher war über die
Anschuldigungen, die sie sodann bezüglich des
FW-Vorsitzenden verbreitete. Und tatsächlich wäre deutlich
mehr kritischer Sachverstand nötig gewesen, um von einem
vorverurteilenden Charakter des Textes wegzukommen. Es
fehlte dem Blatt an der notwendigen Sorgfalt, auch
Entlastendes zu Aiwanger aufzutun.
Es hätten
Überlegungen und Abklärungen angestellt werden müssen, die
zunächst die Unterstellungen erhärten oder entkräften
können. Warum fragte keiner der Verantwortlichen nach der
Motivation eines offenbar in seinen politischen Gefühlen
verletzten Lehrers, der es einem unliebsamen Ex-Schüler
heimzahlen wollte, statt den linksgrünen den konservativen
Weg eingeschlagen zu haben? Weshalb war man gegenüber Zeugen
nicht skeptischer, die nach über 30 Jahren und ausgerechnet
im Wahlkampf auftauchen? Wieso wurde man angesichts des
Belastungseifers nicht stutzig? Und auch jetzt, in der
weiteren Folge der Affäre, gibt es grobe Defizite in der
Arbeit der Medien: Weshalb wird weitgehend unter den Tisch
fallen gelassen, dass es nicht wenige Mitschüler gibt, die
die Aussagen Einzelner über den angeblichen Hitlergruß im
Klassenzimmer nicht bestätigen können? Warum wird der
Erklärung so unzureichend nachgegangen, dass der heutige
Minister damals eher deeskalieren und das Flugblatt
einsammeln statt es austeilen wollte? Wieso haben sich
offenbar ehemalige Schulkollegen Aiwangers zu ihren
jetzigen, denunzierenden Aussagen hinreißen und überreden
lassen - statt sie aus Überzeugung und aus freien Stücken
schon früher zu tätigen? Nicht zuletzt bleibt die
scheibchenweise Herausgabe von Details schwierig.
Wenn ein Presseorgan eine an sie herangetragene Behauptung
ohne das Anlegen solch hinterfragender und skeptischer
Überlegungen weitgehend naiv und ungeprüft zur weiteren
Publikation freigibt, muss durchaus von einem absichtlich
gewollten Versuch der Beeinflussung des Wahlkampfes und der
Zerstörungsabsicht einer Politikerkarriere ausgegangen
werden, was einer seriösen Zeitung noch bis vor allzu langer
Zeit nicht zuzutrauen gewesen wäre. Doch seit längerem ist
das Diffamieren und Bloßstellen zu einem Hobby geworden, das
nicht mehr nur von Klatschblättern betrieben wird. Auch
einstige Qualitätsmedien sind dem Reiz amerikanischer Manier
verfallen.
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