Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Polizeikosten bei
Hochrisikospielen Karlsruhe, 14. Januar
2025 - Mit heute verkündetem Urteil hat der Erste Senat des
Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass
die Erhebung einer Gebühr für den polizeilichen Mehraufwand
bei „Hochrisikospielen“ der Fußball-Bundesliga in der Freien
Hansestadt Bremen mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die
Verfassungsbeschwerde der DFL Deutsche Fußball Liga GmbH
blieb daher erfolglos.
Nach dem im November 2014 in
Kraft getretenen § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und
Beitragsgesetzes (BremGebBeitrG) wird bei Veranstalterinnen
und Veranstaltern für den polizeilichen Mehraufwand bei
gewinnorientierten, erfahrungsgemäß gewaltgeneigten
Großveranstaltungen mit mehr als 5.000 Personen eine Gebühr
erhoben, welche nach dem Mehraufwand zu berechnen ist, der
aufgrund der Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte
entsteht.
Diese Regelung greift in die durch Art. 12
Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte Berufsfreiheit der
Veranstalterinnen und Veranstalter zwar ein. Der Eingriff ist
aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt, da die Norm formell
und materiell verfassungsgemäß ist. Die Norm genügt als
Berufsausübungsregelung insbesondere den Anforderungen der
Verhältnismäßigkeit. Die Regelung ist auch mit Art. 3 Abs. 1
GG vereinbar.
Sachverhalt:
Gemäß § 4 Abs. 4
BremGebBeitrG wird bei Veranstalterinnen und Veranstaltern
für den polizeilichen Mehraufwand bei gewinnorientierten,
erfahrungsgemäß gewaltgeneigten Großveranstaltungen mit mehr
als 5.000 Personen eine Gebühr erhoben, welche nach dem
Mehraufwand zu berechnen ist, der aufgrund der Bereitstellung
zusätzlicher Polizeikräfte entsteht.
Im Hinblick auf
das am 19. April 2015 angesetzte Spiel der Fußball-Bundesliga
zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV im Bremer
Weserstadion unterrichtete die Polizei Bremen die
Beschwerdeführerin unter Verweis auf § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG
über ihre voraussichtliche Gebührenpflicht als
Veranstalterin. Nach den damaligen Erkenntnissen und
Informationen sei am Spieltag mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit mit gewalttätigen Auseinandersetzungen
zwischen Fans der Vereine zu rechnen, wenn dem nicht durch
den Einsatz von starken Polizeikräften und durch
entsprechende Einsatzmaßnahmen effektiv begegnet werde.
Am Spieltag selbst verlief der Gesamteinsatz, bei dem
die Bremer Polizei von Einsatzkräften aus Schleswig-Holstein,
Hamburg, Hessen und der Bundespolizei unterstützt wurde, nach
Bewertung der Polizeiführung insgesamt reibungslos. Die
Polizei Bremen erließ gegenüber der Beschwerdeführerin als
Veranstalterin des Spiels einen Bescheid über die Erhebung
von Gebühren in Höhe eines mittleren sechsstelligen
Eurobetrags für den erforderlichen Einsatz zusätzlicher
Polizeikräfte.
Nachdem der hiergegen erhobene
Widerspruch der Beschwerdeführerin erfolglos geblieben war,
hob das Verwaltungsgericht den angefochtenen Gebührenbescheid
in Gestalt des Widerspruchsbescheids auf die Klage der
Beschwerdeführerin auf.
Auf die Berufung der Freien
Hansestadt Bremen hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil
des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Klage der
Beschwerdeführerin abgewiesen. Die Gebührenregelung des § 4
Abs. 4 Sätze 1 und 2 BremGebBeitrG sei verfassungsgemäß. In
der gegen dieses Urteil gerichteten Revision hat das
Bundesverwaltungsgericht das Urteil des
Oberverwaltungsgerichts zwar aufgehoben, in der Sache aber
weitgehend die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts
bestätigt.
Nach der Zurückverweisung hat das
Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts
erneut aufgehoben und die Klage der Beschwerdeführerin
abgewiesen.
Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich
die Beschwerdeführerin gegen die Entscheidungen des
Oberverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts
sowie vorrangig gegen die Gebührenregelung selbst und rügt
unter anderem eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12
Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG.
Wesentliche Erwägungen
des Senats: Die nur teilweise zulässige
Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
I. § 4 Abs. 4
BremGebBeitrG greift zwar in die durch Art. 12 Abs. 1 GG
geschützte Berufsfreiheit der Veranstalterinnen und
Veranstalter ein. Der Eingriff ist aber verfassungsrechtlich
gerechtfertigt.
1. Die Norm ist formell
verfassungsgemäß, insbesondere steht dem Land insoweit die
Gesetzgebungskompetenz nach Art. 70 GG zu. Gebühren fallen in
die Kategorie der nichtsteuerlichen Abgaben und weisen als
Vorzugslasten Merkmale auf, die sie verfassungsrechtlich
notwendig von der Steuer unterscheiden.
Als Gebühren
lassen sich danach öffentlich-rechtliche Geldleistungen
verstehen, die aus Anlass individuell zurechenbarer
Leistungen durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder eine
sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und
insbesondere dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese
Leistungen deren Kosten ganz oder teilweise zu decken oder
deren Vorteil oder deren Wert auszugleichen. Bei der
durch § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG begründeten
Geldleistungspflicht handelt es sich um eine nichtsteuerliche
Abgabe in Form einer Gebühr, da sie für die öffentliche
Leistung der konkreten Bereitstellung zusätzlicher
Polizeikräfte deren Kosten (also den Mehraufwand) den
Veranstalterinnen und Veranstaltern auferlegt.
2. § 4
Abs. 4 BremGebBeitrG ist auch materiell verfassungsgemäß.
Insbesondere genügt die Norm als Berufsausübungsregelung den
Anforderungen der Verhältnismäßigkeit und dem
Bestimmtheitsgebot.
a) Die Regelung zielt darauf ab,
die durch die Durchführung der näher beschriebenen
Veranstaltungen entstandenen Mehrkosten der Polizei auf die
Veranstalterinnen und Veranstalter abzuwälzen, wobei die
Kosten an die Stelle verlagert werden sollen, an der die
Gewinne anfallen. Auf diese Weise sollen die Mehrkosten der
Polizeieinsätze nicht durch die Gesamtheit der
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, sondern jedenfalls auch
durch die (un)mittelbaren wirtschaftlichen Nutznießerinnen
und Nutznießer der Polizeieinsätze geschultert werden. Dies
ist ein legitimes Ziel.
Der Legitimität des mit § 4
Abs. 4 BremGebBeitrG verfolgten Ziels steht kein
verfassungsrechtlich verbürgtes generelles
Gebührenerhebungsverbot im Polizeirecht entgegen. Die
Verfassung kennt keinen allgemeinen Grundsatz, nach dem die
polizeiliche Sicherheitsvorsorge durchgängig kostenfrei zur
Verfügung gestellt werden muss. Die Gefahrenvorsorge ist
keine allgemeine staatliche Tätigkeit, die zwingend
ausschließlich aus dem Steueraufkommen zu finanzieren ist.
b) Die Gebührenpflicht ist zur Erreichung des Ziels auch
geeignet und erforderlich. c) Die mit der Gebührenerhebung
verbundenen Einschränkungen der nach Art. 12 Abs. 1 GG
geschützten beruflichen Freiheit sind angemessen. aa) Die
Gebühr wird insbesondere als Gegenleistung für eine
individuell zurechenbare Leistung erhoben.
(1) Es
besteht ein hinreichendes Näheverhältnis der
Gebührenpflichtigen zur öffentlichen Leistung, also dem
Mehraufwand des Polizeieinsatzes. Die Zurechenbarkeit
rechtfertigt sich dabei aus einer Gesamtschau mehrerer
Gesichtspunkte, die überwiegend dem Veranlasserprinzip
zuzuordnen sind.
(a) Indem sie eine Veranstaltung
durchführen, bei der erfahrungsgemäß Gewalthandlungen in
erheblichem Maße zu erwarten sind (Hochrisikoveranstaltung),
veranlassen die Veranstalterinnen und Veranstalter eine
deutlich gesteigerte staatliche Sicherheitsvorsorge, nehmen
damit begrenzte öffentliche Ressourcen in deutlich
übermäßigem Umfang in Anspruch und begründen so ein
Näheverhältnis zu der erbrachten staatlichen Leistung, welche
ohne die Hochrisikoveranstaltung nicht notwendig wäre.
Zwischen dem Aufwand und der Verursachung besteht dabei
auch bei wertender Betrachtung ein Näheverhältnis. Die Nähe
zum gebührenpflichtigen Mehraufwand wird im vorliegenden Fall
auch durch den besonderen Umfang des Aufwands begründet, der
in abgrenzbarer Weise durch die Veranstaltung und gerade
nicht durch die Allgemeinheit verursacht wird.
Die
sicherheitsrechtliche Lage in einer Stadt, in der eine
Hochrisikoveranstaltung durchgeführt wird, unterscheidet sich
von einer Normallage in einer Weise, die bei wertender
Betrachtung die Einschätzung des Gesetzgebers, hier liege
eine quantitative Sondernutzung der Sicherheitsgewährleistung
vor, hinreichend trägt. So wurde bei dem Hochrisikospiel, das
dem vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren zugrunde
liegt, ein Vielfaches an Polizeikräften im Vergleich zu
„Nicht-Hochrisikospielen“ eingesetzt.
Die besondere
Nähe zu der kostenverursachenden Bereitstellung zusätzlicher
Polizeikräfte ist weiter auch deshalb gegeben, weil die
Durchführung einer Hochrisikoveranstaltung eine besondere
Gefahrträchtigkeit in sich birgt und dadurch übermäßig die
begrenzten öffentlichen Ressourcen bindet. Insbesondere bei
Hochrisikofußballspielen ist die Bereitstellung zusätzlicher
Polizeikräfte wegen der besonderen Gefahrträchtigkeit
plausibel und wird durch langjährige Erfahrungen gestützt.
(b) Die von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG erfassten
staatlichen Maßnahmen besitzen weiter deshalb einen
spezifischen Bezug zu den in der Vorschrift genannten
Veranstaltungen, weil sie gerade deren Durchführung
ermöglichen. Die Veranstalterinnen und Veranstalter sind
objektiv, ohne es beantragt oder ausdrücklich erwünscht zu
haben, Nutznießerinnen und Nutznießer dieser Bereitstellung
von Polizeikräften. Die hierdurch ermöglichte
Risikominimierung kommt ihnen zugute, weil sie ohne diese
ihre Veranstaltung nicht oder zumindest nicht in der
gewählten Form ausrichten könnten.
(2) Die
individuelle Zurechnung setzt auch nicht die polizeiliche
Verantwortlichkeit der Veranstalterinnen und Veranstalter
voraus. Das Grundgesetz kennt keinen entsprechenden
Grundsatz.
(3) Die durch eine gefahrträchtige
Großveranstaltung veranlasste erhöhte Sicherheitsvorsorge
bleibt den Veranstalterinnen und Veranstaltern zurechenbar,
auch wenn die Realisierung der Gefahr von einem –
gegebenenfalls rechtswidrigen – Verhalten Dritter abhängt.
Ein vorsätzliches Dazwischentreten Dritter führt jedenfalls
dann nicht zwingend zu einer Unterbrechung der Zurechnung des
Mehraufwandes, wenn die Veranstaltung in Kenntnis ihrer
Gefahrträchtigkeit durchgeführt wird.
bb) Die Bremer
Veranstaltungsgebühr beeinträchtigt die Berufsfreiheit der
Veranstalterinnen und Veranstalter auch in einer Gesamtschau
nicht unangemessen. Grundsätzlich steht das Ziel der Gebühr,
nicht die Allgemeinheit mit dem der Polizei entstandenen
Mehraufwand bei Hochrisikoveranstaltungen zu belasten,
sondern deren Veranstalterinnen und Veranstalter, die den
Mehraufwand veranlassen und mit der Veranstaltung einen
Gewinn erzielen wollen, nicht außer Verhältnis zu der aus der
Gebührenpflicht folgenden Beeinträchtigung beruflicher
Freiheit. Insbesondere ist eine unangemessene Belastung oder
eine erdrosselnde Wirkung durch § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG
nicht erkennbar. Bezogen auf die finanzielle
Belastungswirkung ist auch zu berücksichtigen, dass § 4 Abs.
4 BremGebBeitrG nur einen kleinen Teil von kommerziellen
Veranstaltungen betrifft.
d) § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG
genügt zudem dem Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit.
Die in der Verfassungsbeschwerde bezeichneten Merkmale auf
Tatbestands- und Rechtsfolgenseite werfen keine
Auslegungsprobleme auf, die nicht mit herkömmlichen
juristischen Methoden bewältigt werden können. Auch der
Umstand, dass die Gebührenhöhe von den Veranstalterinnen und
Veranstaltern selbst im Voraus nicht genau berechnet werden
konnte, ändert hieran nichts. Das Bestimmtheitsgebot verlangt
nicht, dass sich aus den Regelungen zur Bemessung der Gebühr
vorab deren exakte Höhe ermitteln lässt.
II. § 4 Abs.
4 BremGebBeitrG ist auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz
aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
Indem die Norm die
Gebührenlast für die Bereitstellung zusätzlicher
Polizeikräfte nicht allen Veranstalterinnen und
Veranstaltern, sondern nur denjenigen auferlegt, die die in §
4 Abs. 4 BremGebBeitrG genannten Kriterien erfüllen,
differenziert die Norm zwischen verschiedenen Gruppen.
Wegen des vorliegenden Eingriffsgewichts in die
Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ist für die hier
relevanten Ungleichbehandlungen nicht nur ein sachlicher
Grund erforderlich, vielmehr muss das Verhältnis des durch
die Ungleichbehandlung beabsichtigten Gemeinwohlgewinns
angemessen zu der damit verbundenen Ungleichheit sein. Dies
ist der Fall.
1. Die Differenzierungen dienen gerade
dazu, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck zu realisieren.
Der Aufwand soll dorthin verlagert werden, wo die Gewinne
hinfließen und wo sie typischerweise auch vorhanden sind.
Indem an die Gewinnorientierung angeknüpft wird, wird die
Belastung gerade auf den Bereich verlagert, in dem die
Schuldnerinnen und Schuldner einen Vorteil erzielen. Der
Unterschied im daraus erwachsenden Vorteil zwischen
gewinnorientierten, einen monetären Vorteil ziehenden
Veranstaltungen und nicht gewinnorientierten Veranstaltungen
ist so groß, dass er die Nichteinbeziehung der nicht
gewinnorientierten Veranstaltungen rechtfertigt.
2.
Die Beschränkung auf Veranstaltungen mit voraussichtlich mehr
als 5.000 zeitgleich teilnehmenden Personen verfolgt das
Ziel, nur diejenigen Veranstaltungen zu erfassen, die einen
deutlichen polizeilichen Mehraufwand hervorrufen. Das Merkmal
verfolgt daher partiell das gleiche Ziel wie das der
besonderen Gefahrträchtigkeit. Es soll nur die Veranstaltung,
die eine administrativ und finanziell erhebliche
Sondernutzung der Gefahrenvorsorge bewirkt, erfasst werden.
Darüber hinaus unterstützt die Konzentration auf die Größe
der Veranstaltung auch das gleiche Ziel wie das Kriterium der
Gewinnorientierung. Es ist anzunehmen, dass eine
Veranstaltung umso gewinnbringender ist, je größer sie ist.
Die Differenzierung soll gerade das Ziel des Eingriffs
ermöglichen und steht nicht außer Verhältnis zur bewirkten
Belastung.
Unzulässige abstrakte
Normenkontrolle zum Haushaltsgesetz 2023 Aktenzeichen:
VerfGH 34/23 Die Einhaltung der – für den
Haushaltsgesetzgeber des Landes Nordrhein-Westfalen
verbindlichen – Schuldenbremse unterliegt nicht der
Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof. Das hat der
Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen in
Münster mit einem heute verkündeten Urteil entschieden und
einen Normenkontrollantrag zum Haushaltsgesetz 2023 als
unzulässig verworfen. Eine inhaltliche Entscheidung darüber,
ob der Landeshaushalt für das Jahr 2023 gegen die
Anforderungen der Schuldenbremse verstößt, ist deshalb nicht
ergangen.
Der Landtag Nordrhein-Westfalen stellte
in seiner Plenarsitzung vom 20. Dezember 2022 durch Beschluss
fest, dass die durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg
auf die Ukraine ausgelöste Krisensituation im Jahr 2023 eine
außergewöhnliche Notsituation begründe, die sich der
Kontrolle des Staates entziehe und die Finanzlage des Landes
Nordrhein-Westfalen erheblich beeinträchtige. Am selben Tag
beschloss der Landtag das Haushaltsgesetz 2023.
In seiner Sitzung vom 21. Dezember 2022 verabschiedete der
Landtag das NRW-Krisenbewältigungsgesetz. Dadurch wurde das
Sondervermögen „Bewältigung der Krisensituation in Folge des
russischen Angriffskriegs in der Ukraine“ errichtet. Das
Haushaltsgesetz 2023 enthält in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 die
Ermächtigung des Ministeriums der Finanzen zur Aufnahme von
Kreditmitteln bis zum Höchstbetrag von 5 Mrd. Euro zur
Finanzierung der Aufgaben dieses Sondervermögens.
Damit verbunden ist in § 2 Abs. 1 Satz 3 Haushaltsgesetz
2023 die Regelung, dass die danach aufgenommenen Kreditmittel
ab dem Jahr 2024 innerhalb von 25 Jahren konjunkturgerecht
getilgt werden. 2 Die Mitglieder der NRW-Landtagsfraktionen
der SPD und FDP haben einen Normenkontrollantrag zur
verfassungsgerichtlichen Überprüfung dieser
Kreditermächtigung und Tilgungsregelung gestellt. Sie machen
geltend, die beanstandete Norm des Haushaltsgesetzes 2023 sei
verfassungswidrig, weil sie mit den maßgeblichen Regelungen
zur Schuldenbremse unvereinbar sei.
Die
Voraussetzungen der „Notlagenausnahme“ seien nicht erfüllt.
Der Verfassungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag als
unzulässig verworfen. In ihrer mündlichen Urteilsbegründung
hat die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs Prof. Dr. Dr.
h.c. Dauner-Lieb unter anderem ausgeführt: Dem
Verfassungsgerichtshof ist eine Überprüfung, ob das
Haushaltsgesetz 2023 gegen die Schuldenbremse verstößt, nicht
zugänglich. Die landeshaushaltsrechtlichen Bestimmungen
können vom Verfassungsgerichtshof im Wege der abstrakten
Normenkontrolle nur am Maßstab der Landesverfassung überprüft
werden. Eine Kontrolle anhand von Regelungen des
Grundgesetzes oder einfachgesetzlicher Vorschriften ohne
Verfassungsrang ist unzulässig.
Eine
landesverfassungsrechtliche Regelung der Schuldenbremse,
anhand derer der Verfassungsgerichtshof das Haushaltsgesetz
überprüfen könnte, gibt es aber nicht. Das in Art. 109 Abs. 3
Satz 1 GG enthaltene grundsätzliche Verbot der
Nettokreditaufnahme gilt seit dem 1. Januar 2020 zwar
unmittelbar auf Basis des Grundgesetzes und ist damit auch
für die Länder verbindlich.
Die in Art. 109 Abs.
3 Satz 5 GG vorgesehene nähere Ausgestaltung für die
Haushalte der Länder erfolgte in NordrheinWestfalen aber
nicht in der Landesverfassung, sondern in der
Landeshaushaltsordnung (§§ 18 bis 18h LHO) und damit durch
einfaches Gesetz ohne Verfassungsrang. Beim
Verfassungsgerichtshof sind zwei weitere Verfahren im
Zusammenhang mit dem NRW-Landeshaushalt 2023 noch anhängig,
über die in diesem Jahr entschieden werden soll (VerfGH 32/23
und VerfGH 33/23). Einzelheiten zum Gegenstand der Verfahren
können der Pressemitteilung vom 6. April 2023 entnommen
werden.
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