Neue Werte
Düsseldorf/Duisburg, 23. November 2023 - Die
Wahrscheinlichkeit, dass die deutsche Wirtschaft in den
kommenden drei Monaten eine Rezession durchläuft, ist in den
letzten Wochen auf bereits hohem Niveau leicht gestiegen.
Das signalisiert der Konjunkturindikator des Instituts für
Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der
Hans-Böckler-Stiftung. Für den Zeitraum von November bis
Ende Januar 2024 weist der Indikator, der die neuesten
verfügbaren Daten zu den wichtigsten wirtschaftlichen
Kenngrößen bündelt, eine Rezessionswahrscheinlichkeit von
75,9 Prozent aus. Anfang Oktober betrug sie für die
folgenden drei Monate 73 Prozent.
Das nach dem Ampelsystem arbeitende
Konjunktur-Frühwarnsystem zeigt, wie in den Vormonaten,
„rot“, was für eine akute Rezessionsgefahr steht. Das hohe
Niveau und die Zunahme des Rezessionsrisikos beruht vor
allem auf den Rückgängen der Produktion in der Industrie und
dem Baugewerbe, die im Indikator eine große Rolle spielen.
Neue, zusätzliche Produktionsdaten aus dem
Dienstleistungssektor, die das IMK in diesem Monat erstmals
testweise in den Indikator einspeist, unterstreichen, dass
die Flaute im Verarbeitenden Gewerbe weiterhin besonders
hartnäckig ist: Würde der Indikator die neuen Daten aus den
Dienstleistungsbranchen voll berücksichtigen, stünde die
gesamtwirtschaftliche Konjunkturampel für die kommenden drei
Monate „nur“ auf „gelb-rot“.
Allerdings sind diese Daten, die Statistisches Bundesamt und
Bundesbank erst seit Kurzem veröffentlichen, bislang
besonders revisionsanfällig. Daher wird das IMK erst nach
einer umfangreichen Evaluation darüber entscheiden, ob es
die Datenbasis des Indikators umstellt. Detaillierte
Ergebnisse unter Berücksichtigung des Dienstleistungssektors
werden im monatlichen Begleittext zu den
Indikatoraktualisierungen auf der Website der
IMK-Konjunkturampel aufgeführt (Link unten). „Die neuen
Ergebnisse des IMK Konjunkturindikators verdeutlichen die
schwache Entwicklung des Produzierenden Gewerbes im
Vergleich zum Dienstleistungssektor“, sagt
IMK-Konjunkturexperte Dr. Thomas Theobald.
„Dieses Bild einer sektoral gespaltenen Konjunktur zeigt
sich auch in aktuellen Konjunkturumfragen. Zwar nährt der
Blick auf den Dienstleistungssektor die Hoffnung, dass sich
ab dem vierten Quartal 2023 bei nachlassender Inflation ein
moderates konsumgestütztes Wirtschaftswachstum ergibt. Aber
die schwache industrielle Entwicklung dürfte allenfalls eine
geringfügige Zunahme ermöglichen.“
„In der aktuellen Situation ist es
umso wichtiger, die Konjunktur nicht mit zusätzlichen
Sparmaßnahmen zu destabilisieren“, betont Prof. Dr.
Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK.
„Derzeit steht im Raum, dass die Bundesregierung nach dem
Verfassungsgerichtsurteil zum Klima- und
Transformationsfonds im kommenden Jahr wichtige
Transformationsausgaben kürzt. Eine solche Politik sollte
unbedingt unterbleiben. Stattdessen sollte die
Bundesregierung erneut die Notlage nach den Regeln der
Schuldenbremse erklären, um nicht kommendes Jahr zu einer
massiv bremsenden Finanzpolitik gezwungen zu sein.“
Weitere Faktoren für den leichten
Anstieg der Rezessionswahrscheinlichkeit sind neben der
lahmenden Industrieproduktion zuletzt gesunkene Aktienkurse
im CDAX. Außerdem hat auch der „Finanzmarktstress“, den das
IMK mit einem separaten Index ermittelt, etwas zugenommen.
Dass die Rezessionswahrscheinlichkeit nicht noch höher
liegt, liegt an einer Stabilisierung von Kreditrisikoprämien
und Geldmarktzinsen in den vergangenen Wochen. Positiv
wirkten sich auch aufgehellte Stimmungsindikatoren aus, wie
etwa der ifo-Geschäftsklimaindex.
In den IMK-Konjunkturindikator
fließen zahlreiche Daten aus der Real- und der
Finanzwirtschaft zum jeweils vorliegenden
Veröffentlichungszeitpunkt ein. Darüber hinaus
berücksichtigt das Instrument Stimmungsindikatoren. Das IMK
nutzt die Industrieproduktion als Referenzwert für eine
Rezession, weil diese rascher auf einen Nachfrageeinbruch
reagiert als das Bruttoinlandsprodukt. Der
Konjunkturindikator wird monatlich aktualisiert.
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