Monitor liefert neue Daten
Düsseldorf/Duisburg, 21. April 2023 - Die Inflationsrate in
Deutschland ist im März zwar spürbar gesunken, mit 7,4
Prozent war sie aber weiterhin sehr hoch, und die sozialen
Unterschiede bei der Teuerung nach wie vor groß.
Alleinlebende mit niedrigen Einkommen hatten im März mit 8,7
Prozent die höchste Inflationsbelastung zu tragen,
Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen mit 6,3 Prozent die
mit Abstand niedrigste.
Die soziale Spreizung bei der haushaltsspezifischen
Inflation ist somit gegenüber Februar nur geringfügig
zurückgegangen – von 2,5 auf 2,4 Prozentpunkte. Das ergibt
der neue IMK Inflationsmonitor des Instituts für
Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der
Hans-Böckler-Stiftung*. Das IMK berechnet darin seit Anfang
2022 jeden Monat die spezifischen Teuerungsraten für neun
repräsentative Haushaltstypen.
In der aktuellen Auswertung werfen IMK-Inflationsexpertin
Dr. Silke Tober und der wissenschaftliche Direktor Prof. Dr.
Sebastian Dullien erstmals den Blick etwas weiter zurück und
analysieren auch die haushaltsspezifische Teuerung zwischen
Anfang 2019 und Ende 2021. Dabei zeigt sich, dass die Raten
für die einzelnen Haushaltstypen zuletzt im Januar 2021 nahe
beieinander lagen. Seitdem hat sich die Schere geöffnet,
weil die größten Treiber des starken Inflationsschubs,
Energie und Nahrungsmittel, als Güter des Grundbedarfs in
den Warenkörben von einkommensschwächeren Haushalten ein
besonders hohes Gewicht haben. Am größten war die Differenz
im Oktober 2022 mit 3,1 Prozentpunkten.
Eine ebenfalls überdurchschnittlich hohe Teuerungsrate
mussten im März Familien mit niedrigen Einkommen schultern
(7,8 Prozent). Sie hatten zuvor seit Februar 2022
durchgehend die höchste Inflationsbelastung unter allen
Haushaltstypen aufgewiesen, zuletzt gleichauf mit ärmeren
Singles. Dass die ärmeren Familien im März nicht mehr ganz
so stark hervorstachen, liegt an zuletzt rückläufigen
Kraftstoffpreisen. Diese schlagen sich rechnerisch im
Ausgabenportfolio von Familien spürbar nieder, während arme
Alleinstehende selten ein Auto besitzen.
Die übrigen untersuchten Haushaltstypen lagen im März
relativ nahe an der allgemeinen Inflationsrate. Das gilt für
Alleinlebende und Alleinerziehende mit jeweils mittleren
Einkommen, die je 7,3 Prozent Teuerungsrate verzeichneten.
Bei Familien und kinderlosen Paare mit jeweils mittleren
Einkommen schlug die Inflation mit je 7,2 Prozent zu Buche.
Alleinlebende und Familien mit jeweils hohen Einkommen
hatten Inflationsraten von 7,1 bzw. 7,0 Prozent.
Mit Blick auf die Gütergruppen, die die Teuerung stark
antreiben, hat sich im März ein Trend fortgesetzt, der schon
im Vormonat zu beobachten war: Haushaltsenergie hat etwas an
Einfluss auf die Inflation verloren, dafür spielten höhere
Preise für Nahrungsmittel eine größere Rolle. Das ändert
nichts am Grundmuster, dass die weiterhin wichtigsten
Preistreiber Haushalte mit niedrigeren bis mittleren
Einkommen überproportional belasten. Bei ärmeren
Alleinstehenden machten sie 6,2 Prozentpunkte von 8,7
Prozent haushaltsspezifischer Inflationsrate aus. Bei
Familien mit niedrigeren Einkommen summierten sie sich auf
5,9 Prozentpunkte, bei Familien mit mittleren Einkommen
immerhin noch auf 4,5 Prozentpunkte.
Das Problem wird vor allem für Haushalte mit niedrigen
Einkommen dadurch verschärft, dass die Alltagsgüter, die sie
vor allem kaufen, kaum zu ersetzen sind und viele nur
geringe finanzielle Rücklagen haben. Bei Alleinlebenden mit
hohen Einkommen trugen Nahrungsmittel und Haushaltsenergie
hingegen lediglich 2,5 Prozentpunkte zur Inflationsrate von
6,3 Prozent bei. Bei ihnen wie den Haushalten mit höheren
Einkommen waren dagegen beispielsweise die deutlich
gestiegenen Preise für Pauschalreisen ein spürbarer Faktor
bei der spezifischen Teuerung.
Für die kommenden Monate erwarten die Fachleute des IMK eine
weitere leichte Entspannung bei der Preisentwicklung.
Bislang sei die sogenannte Kernrate der Inflation – die
Teuerung ohne Energie und Nahrungsmittel – zwar noch
aufwärtsgerichtet. Das liege daran, dass die Preisschocks
bei der Energie die Produktions- und Transportkosten nahezu
aller Güter und Dienstleistungen verteuern, was zeitversetzt
geschieht. Dieser Prozess könnte aber weitgehend
abgeschlossen sein, schätzen Tober und Dullien: Mittlerweile
dürften die Preisschocks „weitgehend in der Kernrate
enthalten sein, sodass bei hinreichendem Wettbewerb in den
kommenden Monaten Entspannung und teilweise auch
Preisrückgänge zu erwarten wären“, schreiben die
Forschenden.
Informationen zum Inflationsmonitor
Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der
Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen
Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen
Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für
zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von
Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu
Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt
und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung
errechnen.
Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus
der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative
Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern
und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro),
höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem
Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit
einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen;
Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem
(1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr
als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte
ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen
3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird
monatlich aktualisiert.
*Sebastian Dullien, Silke Tober: IMK Inflationsmonitor –
Inflationsrate im März 2023 deutlich geringer.
Inflationsunterschiede zwischen Haushalten weiter hoch. IMK
Policy Brief Nr. 148, April 2023 (pdf).
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