Neue Werte
Düsseldorf/Duisburg, 13. April 2023
- Durch die Finanzmarktturbulenzen der vergangenen Wochen
ist das Risiko, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten
Quartal 2023 eine Rezession durchläuft, leicht gestiegen. Es
bleibt aber trotzdem auf niedrigem Niveau. Das signalisiert
der Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und
Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Der
nach dem Ampelsystem arbeitende Indikator zeigt weiter
„gelb-grün“. Das steht für ein moderates Wachstum in den
drei Monaten von April bis Ende Juni.
Für diesen Zeitraum weist der Indikator, der Daten zu den
wichtigsten wirtschaftlichen Kenngrößen bündelt, ein
Rezessionsrisiko von 26,0 Prozent aus. Anfang März waren es
23,0 Prozent für die folgenden drei Monate. Die statistische
Streuung, ein Maß für die Unsicherheit von
Wirtschaftsakteuren, hat zwar ebenfalls zugenommen.
Rezessionswahrscheinlichkeit und Streuung zusammengenommen
unterschreiten aber wie im Vormonat die Schwelle, ab der der
Indikator eine erhöhte konjunkturelle Unsicherheit
markiert.
„Die verhaltene konjunkturelle Aufwärtsbewegung im zweiten
Quartal ist intakt“, ordnet IMK-Konjunkturexperte Dr. Thomas
Theobald die neuen Werte des Indikators ein. Die
Wirtschaftsentwicklung bewege sich aber „im Spannungsfeld
nachlassender Lieferengpässe und weniger starker
Kaufkraftverluste einerseits und gedämpfter Kreditvergabe-
und Investitionsaussichten andererseits“.
So geht der leichte Anstieg der Rezessionswahrscheinlichkeit
vor allem auf zwei Faktoren zurück: Erstens auf einen
zeitweilig erhöhten „Finanzmarkstress“ infolge der Krise
einiger Banken in den USA und der Schweiz. Zweitens darauf,
dass nach den Leitzinserhöhungen die Finanzierung für viele
Unternehmen teurer geworden ist. Dagegen habe die zuletzt
wieder aufsteigende Tendenz bei den Auftragseingängen für
das Verarbeitende Gewerbe eine stärkere Eintrübung des
Indikators verhindert, analysiert Theobald: „In Verbindung
mit dem weiter hohen Auftragsbestand dürfte die deutsche
Industrie in den nächsten Monaten bei nachlassenden
Lieferengpässen die Produktion spürbar ausweiten können.“
In seiner aktuellen Konjunkturprognose geht das IMK im
Jahresdurchschnitt 2023 von einem stagnierenden
Bruttoinlandsprodukt aus, weil für das gerade abgelaufene
Winterhalbjahr eine technische Rezession wahrscheinlich ist.
Ob im Jahresverlauf gesamtwirtschaftlich doch etwas mehr als
Stagnation möglich sei, hänge maßgeblich davon ab, wie stark
die Industrie von den nachlassenden Lieferkettenproblemen
profitieren kann. Für die mittelfristigen Aussichten sei
dann zentral, ob die Europäische Zentralbank und andere
Zentralbanken, allen voran die US-Notenbank Fed, durch
weitere Zinserhöhungen die Wirtschaftsentwicklung bremsen
und erneuten Abschreibungsdruck auf die Bankbilanzen
erzeugen, erklärt Theobald.
In den IMK-Konjunkturindikator fließen zahlreiche Daten aus
der Real- und der Finanzwirtschaft ein. Darüber hinaus
berücksichtigt das Instrument Stimmungsindikatoren. Das IMK
nutzt die Industrieproduktion als Referenzwert für eine
Rezession, weil diese rascher auf einen Nachfrageeinbruch
reagiert als das Bruttoinlandsprodukt. Der
Konjunkturindikator wird monatlich aktualisiert.
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