Neue Studie des WSI

Düsseldorf, 27. Juni 2023 - Mehr als ein Viertel der
Beschäftigten in Deutschland hat Zweifel, die aktuelle
Berufstätigkeit ohne Einschränkungen bis zum Rentenalter
durchhalten zu können: Gut 20 Prozent glauben, das eher
nicht zu schaffen. Weitere knapp 7 Prozent sind sogar
überzeugt, auf keinen Fall durchhalten zu können.

Noch deutlich höher sind die Quoten unter Arbeiter*innen (38
Prozent) und bei Menschen, die ihre Arbeitssituation
generell als stark belastend oder äußerst belastend
einstufen: In diesen Gruppen glauben rund 43 bzw. 59
Prozent, ihre jetzige Tätigkeit eher nicht oder auf keinen
Fall ohne Einschränkung bis zum gesetzlichen Rentenalter
ausüben zu können, während die Anteile bei geringerer
Belastung unterdurchschnittlich sind.
Unter den Beschäftigten berichtet gut jede*r Fünfte von
stark oder äußerst belastenden Arbeitsbedingungen. Zu diesen
Ergebnissen kommt eine neue Studie des Wirtschafts- und
Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der
Hans-Böckler-Stiftung.*
Die Untersuchung der WSI-Forscher Dr. Florian Blank und Dr.
Wolfram Brehmer stützt sich auf eine repräsentative
Befragung unter knapp 5000 abhängig Beschäftigten und eine
weitere Umfrage unter gut 3600 Betriebs- und Personalräten.
Die befragten Betriebs- und Personalräte sehen die
Durchhalte-Chancen der Beschäftigten in ihren Betrieben
häufig noch skeptischer.

Die Beschäftigtenvertreter*innen sind aber auch der
Überzeugung, dass Unternehmen etliche Mitarbeiter*innen
länger im Job halten könnten, wenn sie sich verstärkt um
alternsgerechte Arbeitsbedingungen bemühen würden: Knapp 42
Prozent der Betriebs- und Personalräte sind überzeugt, dass
das für alle oder viele betroffene Beschäftigte möglich
wäre, die sonst nicht bis zum Rentenalter durchhalten
können, weitere 42 Prozent halten das zumindest bei einigen
oder wenigen Kolleg*innen für realistisch.
Bislang tun die Arbeitgeber nach Einschätzung der Betriebs-
und Personalräte aber längst nicht genug: 40 Prozent
bewerten die bisherigen betrieblichen Bemühungen um bessere
Arbeitsbedingungen für Ältere auf einer Skala entsprechend
den Schulnoten mit 5 oder 6. Knapp 28 Prozent geben
lediglich eine 4.

Die Ergebnisse machten deutlich „dass Forderungen nach einer
weiteren Anhebung des Rentenalters offensichtlich an der
Realität vieler Beschäftigter vorbeigehen“, schreiben die
Studienautoren Florian Blank und Wolfram Brehmer.

„Solche Maßnahmen würden den zweiten
Schritt vor dem ersten machen“ und Ungleichheiten auf dem
Arbeitsmarkt verschärfen – oft zuungunsten von ohnehin bei
ihrer Arbeit stark belasteten Personen, warnen sie. Als
ersten notwendigen Schritt sehen die beiden Wissenschaftler
vielmehr‚ „`Gute Arbeit´ für alle Beschäftigten zu
ermöglichen“.
Wenn Unternehmen mehr dafür täten, ältere Beschäftigte durch
bessere Arbeitsbedingungen im Job zu halten, habe das einen
dreifachen Vorteil: Es helfe dabei, die Finanzlage der
Sozialversicherungen zu verbessern. Es wirke
arbeitsmarktpolitisch positiv, weil Arbeitskräfteengpässe
entschärft würden. Und vor allem verbesserten sich
Lebenssituation und Gesundheit von Millionen Menschen. MEHR
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