Priorisierung greift für NRW zu kurz
Duisburg,
27. Januar 2023 - Fast 900 Brücken in NRW müssen in den
nächsten zehn Jahren saniert werden. Aktuell repariert die
Autobahn GmbH des Bundes jedes Jahr rund 40. IHK NRW warnt:
Wenn Industrie und Gewerbe gut erreichbar bleiben sollen,
müsste die Zahl auf mindestens 90 steigen. Das bedeutet:
Etwa alle vier Tage sollte eine Brücke fertig werden. Dafür
brauchen wir ausreichende Kapazitäten genauso wie einen
klaren politischen Willen, Entscheidungen über Bau und
Instandhaltung schneller zu treffen. Die immer stärkere
Konzentration der Instandhaltungsmaßnahmen auf wenige,
ausgewählte Autobahnabschnitte trägt dem Mangel Rechnung,
wird aber die Probleme im Autobahnnetz insgesamt nicht
lösen.
„Eine Priorisierung allein führt nicht zu
einer Beschleunigung“, meint Ralf Stoffels, Präsident von
IHK NRW auch mit Blick darauf, dass sich die Bundesregierung
am Donnerstag Abend erneut nicht auf die Eckpunkte zur
Planungsbeschleunigung verständigen konnte. „Wir dürfen das
außerordentliche, öffentliche Interesse an Schienen,
Wasserwegen und besonders auch den Straßen nicht klein reden
und aus dem Blick verlieren. Bei uns in NRW kommt,
anders als in anderen Bundesländern, noch etwas hinzu: Große
Wirtschaftszentren wie Düsseldorf, Essen oder Duisburg sind
in der Regel gleich über mehrere Autobahnen angebunden. Sie
haben innerstädtisch eine wichtige Funktion, sind aber auch
die Grundlage, um Logistikdrehscheibe in Europa sein zu
können. Daher wird es nicht reichen, weniger als ein Viertel
der Autobahnen mit „höchster Priorität" zu sanieren (s.
Anlage), zumal bundesweit etwa ein Drittel des Netzes
besondere Aufmerksamkeit erfährt.
Laut Antwort
der NRW-Landesregierung, auf eine kleine Anfrage der FDP,
zählen etwa die A40, die A42 oder die A57 nicht zu den
Strecken, auf die besonders geschaut werden muss. Auch im
Brückensanierungsprogramm des Bundes tauchen sie nicht auf.
„Wir müssen die Entscheidung, ob und wie eine Maßnahme
durchgeführt wird, signifikant beschleunigen, sonst bekommen
wir ein Problem“, so Stoffels.
„Der Güterverkehr ist
das Rückgrat unserer Wirtschaft aber wir behandeln ihn zu
schlecht.“ Wenn die Arbeiten nicht schneller werden, steige
die Gefahr von Sperrungen, warnt IHK NRW. Ebenso könnte der
Verkehr bei Geschwindigkeit oder Gewicht gedrosselt werden.
Wo grundlegende Reparaturen ausbleiben und nur noch geflickt
wird, gibt es mehr Baustellen, Staus und in der Folge oft
lange Umwege.
„Leistungsfähige Infrastruktur
bleiben die Basis für unseren Wirtschaftsstandort“, wird
Stoffels deutlich. „Wie verheerend die Auswirkungen für alle
Beteiligten sind, zeigt das Beispiel der A45-Brücke bei
Lüdenscheid. Das darf sich nicht wiederholen. Positiv ist,
dass nun von Seiten des Baurechts Bewegung in die Sache
kommt.“ Die Ursache des Problems mahnen die IHKs in NRW
schon lange an: „Mittel fehlen und Planungen dauern zu
lange. Unsere Autobahnen werden nicht so instandgehalten,
wie es notwendig wäre“, betont der Präsident.
Er
appelliert, keine Unterschiede zwischen den Verkehrsträgern
und den Projekten zu machen. „Wir müssen insgesamt schneller
werden, nicht nur bei der Bahn“. Außerdem sei die jetzt
bekannt gewordene Einstufung des Autobahnnetzes in drei
Instandhaltungsklassen zu prüfen. In NRW müsse ein großer
Anteil des NRWNetzes mit höchster Priorität saniert werden.
Ein Aspekt, den
das „Prioritäre Netz“ des Bundes vernachlässige: Die
Niederlande sind für NRW der wichtigste Handelspartner. „Wir
müssen neben der Nord-Süd-Achse auch die Verbindungen nach
Westen, wie etwa die A2 und die A3, stärker in den Blick
nehmen. Wenn wir doppelt so schnell genehmigen, haben wir
zusätzliche Kapazitäten für viele weitere Straßenprojekte,
die wir heute noch vor uns herschieben,“ erläutert der
Verkehrspolitische Sprecher der IHKs in NRW, Ocke Hamann.
Autobahnen in NRW in Zahlen
In NRW gibt es rund 2.300 Autobahnkilometer.
Für 900 km greift das Brückenmodernisierungsgesetz des
Bundes (39 Prozent), 530 km gelten als prioritäres Netz (23
Prozent). Zum Vergleich: Das Autobahnnetz des Bundes umfasst
13.000 km Strecken, von diesen werden rund 7000 km im Rahmen
des Brückenmodernisierungsprogramms besonders betrachtet (54
Prozent).
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