Monitor liefert neue Daten
Düsseldorf/Duisburg, 16. März
2023 - Ärmere Haushalte haben um 2,5 Prozentpunkte höhere
Inflationsrate als einkommensreiche Alleinlebende Die
Inflationsrate in Deutschland ist mit 8,7 Prozent im Februar
weiterhin sehr hoch und gegenüber Januar unverändert
geblieben. Familien sowie Alleinlebende mit jeweils
niedrigen Einkommen hatten im Februar mit je 9,9 Prozent die
höchste Inflationsbelastung zu tragen, Alleinlebende mit
sehr hohen Einkommen mit 7,4 Prozent die mit Abstand
niedrigste.
Die soziale Schere bei der
haushaltsspezifischen Belastung durch die Teuerung ist somit
bei einem Abstand von 2,5 Prozentpunkten weiter weit
geöffnet, trotz eines minimalen Rückgangs gegenüber Januar,
als es 2,6 Prozentpunkte waren. Das ergibt der neue IMK
Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und
Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, der
monatlich die spezifischen Teuerungsraten für neun
repräsentative Haushaltstypen berechnet.*
Ebenfalls etwas
überdurchschnittliche Inflationsbelastungen trugen im
Februar Alleinerziehende (9,2 Prozent)
sowie Familien (9,0 Prozent) mit jeweils
mittleren Einkommen. Alleinlebende sowie kinderlose
Paarhaushalte mit jeweils mittleren Einkommen lagen mit
Inflationsraten von 8,8 bzw. 8,7 Prozent nahe am oder im
Durchschnitt aller Haushalte. Alleinlebende und Familien mit
jeweils höheren Einkommen wiesen leicht
unterdurchschnittliche Raten von 8,5 bzw. 8,4 Prozent auf
Die leichte Verschiebung bei den größten
Preistreibern – Energie hat im Februar etwas an
Einfluss auf die Inflation verloren, höhere Kosten für
Nahrungsmittel legten an Gewicht zu – habe am Muster bei den
haushaltsspezifischen Teuerungsraten kaum etwas geändert,
erklärt IMK-Inflationsexpertin Dr. Silke Tober: „Die stark
gestiegenen Preise für Nahrungsmittel und Haushaltsenergie
stellen insbesondere für einkommensschwächere Haushalte eine
Belastung dar, weil dort der Anteil dieser Güter des
Grundbedarfs an den Konsumausgaben überdurchschnittlich hoch
ist.“
So machten diese beiden Komponenten bei ärmeren
Alleinstehenden 7,1 Prozentpunkte von 9,9 Prozent
haushaltsspezifischer Inflationsrate im Februar
aus, bei Familien mit niedrigeren Einkommen summierten sie
sich auf 6,6 Prozentpunkte. Bei Alleinlebenden mit hohen
Einkommen trugen Nahrungsmittel und Haushaltsenergie
hingegen lediglich 2,8 Prozentpunkte zur Inflationsrate von
7,4 Prozent bei. Das Problem, dass Haushalte mit niedrigem
bis mittlerem Einkommen auch höhere Inflationsbelastungen
tragen, wird dadurch verschärft, dass viele nur geringe
finanzielle Rücklagen haben und vor allem Ärmere
grundsätzlich besonders unter starker Teuerung leiden. Denn
die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, sind kaum zu
ersetzen.
Gewinnsteigerungen haben die Inflation
zunehmend angetrieben Aktuell habe die soziale Schieflage
bei der Inflationsbelastung noch eine zweite Komponente,
analysiert der wissenschaftliche Direktor des IMK, Prof. Dr.
Sebastian Dullien: In den Daten der volkswirtschaftlichen
Gesamtrechnung zeige sich, dass die Gewinne von Unternehmen
zuletzt in vielen Wirtschaftsbereichen stärker gestiegen
sind als die gesamtwirtschaftliche Teuerung.
„Damit sind Gewinnsteigerungen zunehmend zum
Inflationstreiber geworden. Auffällig ist das etwa in den
Bereichen Transport, Handel und Gastgewerbe, Bau und
Landwirtschaft“, sagt Dullien. Und betont gleichzeitig: „Ein
steigender Inflationsdruck durch überhöhte Lohnabschlüsse
ist bisher weder in Deutschland noch in den anderen großen
Euro-Ländern zu beobachten.“
Mit Blick auf die kommenden Monate erwarten die Fachleute
des IMK eine Abschwächung bei den Gewinnmargen und
eine Entspannung bei der allgemeinen Preisentwicklung.
Ab März dürfte die Inflationsrate allein schon aufgrund von
so genannten Basiseffekten niedriger ausfallen. Das liegt
daran, dass insbesondere die Energiepreise 2022 im
Vergleichszeitraum, kurz nach dem russischen Angriff auf die
Ukraine, geradezu explodiert waren.
Hinzu komme die Deckelung der Preise für Gas, Strom und
Fernwärme sowie bereits seit Oktober 2022 sinkende
Marktpreise für Heizöl, analysiert Silke Tober. Mit einer
gewissen Sorge blickt die Inflationsexpertin allerdings auf
den fortgesetzten Anstieg der Nahrungsmittelpreise – obwohl
auf den internationalen Rohstoffmärkten der Trend seit
Längerem nach unten geht. Es müsse sich erst noch zeigen, ob
im Februar zu beobachtende Preissenkungen bei einzelnen
Produkten wie Butter, Milch, Speiseöl oder Kaffee Vorboten
sinkender Preise auf breiterer Front sind, oder nicht.
Informationen zum Inflationsmonitor
Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der
Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen
Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen
Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für
zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von
Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu
Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt
und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung
errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen
ebenfalls aus der EVS.
Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative
Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern
und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro),
höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem
Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit
einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen;
Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem
(1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr
als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte
ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen
3600 und 5000 Euro monatlich.
Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert. Silke
Tober IMK Inflationsmonitor – Inflationsrate
einkommensschwacher Haushalte sinkt trotz steigender
Nahrungsmittelpreise leicht im Februar 2023. IMK Policy
Brief Nr. 147, März 2023
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