Politik in Duisburg  Rat der Stadt Montag, 6. September 2010:
 Sondersitzung Abwahl des Oberbürgermeisters                                     Foto-Impressionen

 

Reine Formaljuristerei
Duisburg, 6. September 2010 - Vor der Ratssitzung demonstrierten 23 Personen "pro" OB Sauerland vor dem Rathaus. Die Sitzung wird von Oberbürgermeister Adolf Sauerland geleitet.
Frau Barbara Laakmann, Die Linke, empfindet das in einer persönlichen Erklärung als Affront.
Herr Hiltwein, ein Betroffener der Loveparade-Katastrophe, fordert in einer Erklärung vor der Ratssitzung den Rücktritt des Oberbürgermeisters im Namen der Opfer und übergibt eine Namensliste der 21 Toten der Loveparade.
Laut Rechtsdezernent Wolfgang Rabe muss der Rat den Bürgerantrag zurück weisen oder aber er muss von den Initiatoren formell zurück gezogen werden.
Peter Hess, Initiator des Bürgerantrages zur Abwahl des Oberbürgermeisters, sieht darin kein Problem:
"Unser Antrag war erfolgreich, da der Rat reagiert hat und einen Antrag zur Abwahl des Oberbürgermeisters eingebracht hat."
Rechtsdezernent Wolfgang Rabe bemängelte die Einbringung der Resolution durch die SPD. Damit wäre die im §66 der Gemeindeordnung "2-Wochen-Frist", die als eine Art "Friedenszeit" gedacht ist, unterbrochen worden, der Beschluss am 13.09.2010 könnte somit ungültig werden.
(Anmerk. der Redaktion: Das ist eine sehr freie Interpretation des §66 und so dort nicht zu finden)
Jürgen C. Brandt, SPD, sieht darin kein Problem: "Der Antrag liegt vor. Wenn wir den Beschluss wiederholen müssen, ist es eine weitere Peinlichkeit des Oberbürgermeisters."
Heute handelte es sich in der Ratssitzung um reine Formaljuristerei, ja "Reiterei".
Wenn das so intensiv und gesetzestreu im Vorfeld der Planung zur Loveparade abgelaufen wäre, dann hätte man sich die heutige Sondersitzung wohl sparen können!
Und vielen Menschen den Verlust von Angehörigen und Freunden! Jochem Knörzer, Harald Jeschke

Antrag der SPD-Fraktion: Resolution

Nach den formaljuristischen Diskussionen gab es fast von jeder Fraktion Stellungnahmen zur Loveparade. Dies gipfelte letztendlich in den Antrag bzw. der Resolution der SPD-Fraktion. Diese Resolution wurde abschließend als dreigeteilte Version zur Abstimmung gebracht. Zuvor hatte Wilhelm Bies von der FDP-Fraktion in einer beachtenswerten Rede bei der es sogar teilweise mucksmäuschenstill im Saal war, darauf hingewiesen, dass bei allen bisherigen Verdiensten des OBs für diese Stadt dieser letztendlich den Teil des Kopfes der für Verantwortung steht mit einbeziehen solle und den Rücktritt erklären müsse. Er wies aber auch deutlich darauf hin, dass der Souverän - hier der Rat - mit Fug und Recht darauf bauen kann, dass die Verwaltung rechtsgemäße Genehmigungserteilungen zu einer solchen Veranstaltung ausstelle, darauf vertraue der Rat nun einmal.

Von den Grünen war Sprecher Professor Dieter Kantel allerdings völlig anderer Meinung: "Ich sehe nicht nur den Oberbürgermeister sondern auch den Rat dieser Stadt, der die Loveparade mit verabschiedet hat, in der Verantwortung und nur unter dieser Voraussetzung wären wir Grünen bereit, bei der textlichen Ergänzung in der SPD-Resolution dies auch mitzutragen." Bei der anschließenden Abstimmung zu den drei Teilen stellte sich aber heraus, dass er mitnichten für seine Fraktion geredet hatte, da sich Frau Leiße - nach langer Erklärung übrigens mit tränenerstickter Stimme - hier anders entschied und auch drei weitere aus der Grünen-Fraktion durch Enthaltung anders als Herr Kantel und Frau Janicki votierten.

Die Abstimmung in den einzelnen Teilbereichen ergab:

Duisburg trauert! 

Teil 1: Der Rat der Stadt Duisburg verneigt sich im Gedenken an die Verstorbenen und spricht den Angehörigen, Familien und Freunden der Opfer seine Anteilnahme aus.
Wir bedauern sehr, dass Menschen von einer Veranstaltung in unserer Stadt nicht unversehrt nach Hause zurückkehren konnten und bitten um Entschuldigung für das Leid, das diese erfahren mussten.
Wir danken allen, die in Funktionen oder als Besucher Menschenleben gerettet, Verletzten zur Seite 9estanden oder in anderer Form geholfen haben.
Wir danken den vielen Tausend Duisburgern, die mit ihrem deutlich wahrnehmbaren Mitgefühl und Beileid über die Stadtgrenzen hinaus ein bewegendes Zeichen ausgesandt haben.
Wir danken denjenigen, die sich um das Gedenken in den vielfältigsten Formen bemüht haben, sei es im Tunnel oder an anderen Stellen in der Stadt.

Einstimmiges Ergebnis ohne Beteiligung des OBs

Teil 2: Duisburg ist auch weiterhin eine Stadt mit hohem Potential. Sie braucht nach dieser einschneidenden Katastrophe über die Trauerbewältigung hinaus gehende Schritte.
Duisburg braucht einen neuen Start.
Ranghöchste Vertreter des Staates haben nach der Katastrophe auf die besonderen Anforderungen an öffentliche Ämter hingewiesen und an ihren deutlichen Erwartungen keinen
Zweifel gelassen.

Dagegen waren die CDU und der Bürgerunion-Vertreter bei Nichtbeteiligung des Oberbürgermeisters war also hier die deutliche Mehrheit dafür.

Teil 3: Deshalb fordert der Rat der Stadt Duisburg den Oberbürgermeister auf, noch vor einer Sondersitzung des Rates zu seiner Abwahl selbst die politische Verantwortung zu übernehmen und unabhängig von der Anerkennung einer persönlichen Schuld zurück zu treten

Dagegen waren die CDU plus Bürgerunion-Vertreter Happel sowie die beiden Grünen-Vertreter Janicki und Kantel. Die DWG-Fraktion (3 Mitglieder) sowie drei Grünen-Vertreter enthielten sich hier. Die breite Mehrheit war für Zustimmung.

Öffentlicher Teil:  

 

Beschlussvorlagen  

Einwohnerantrag gem. § 25 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GONRW) zur Abwahl/Abberufung der politisch Verantwortlichen an der Loveparade-Tragödie  

Beteiligung an der sozialen Soforthilfe der AXA Versicherung AG für Opfer der Loveparade  einstimmig

Bebauungsplan Nr. 1153 - Laar - nördlich Arndtstraße
1. Aufstellungsbeschluss
2. Prioritätenliste   Ablehnung mit Stimmen der SPD, Linke, CDU und FDP

 

Anträge/Anfragen  

Tragödie bei der Loveparade am 24.07.2010
Rechtsdezernent Rabe verwies darauf, dass dies nicht in der öffentlichen Sitzung beantwortet werden könne

Loveparade-Katastrophe  

 

Mitteilungsvorlagen  

Erster vorläufiger Zwischenbericht der Stadt Duisburg zu den tragischen Ereignissen rund um die Loveparade am 24.07.2010 in Duisburg  

 

Nachtrag  

6.1  

Nachtrag: 02.09.2010 *Endbericht der Stadt Duisburg zu den tragischen Ereignissen rund um die Loveparade am 24.07.2010 in Duisburg