Politik in Duisburg  Rat der Stadt Montag, 13. September 2010:
Sondersitzung Abwahl des Oberbürgermeisters    
Spezialfall Sauerland      Foto-Impressionen

Spaltung in Duisburg auf Jahre zementiert - Duisburg, die zerrissene Stadt

Duisburg, 13. September 2010 - "Schande über Duisburg", skandierten fassungslose Sauerland-Gegner gegen die handvoll Befürworter des hoch umstrittenen Walsumers Adolf Sauerland. "Das ist nicht unser OB, das kann und darf er niemals mehr sein", ergänzten nicht nur die, die politisch die Abwahl angestrebt hatten.

Bürgermeister Benno Lensdorf (CDU) eröffnete und leitete die zehnte öffentliche Ratsitzung, da der Tagesordnungspunkt Abwahl des Oberbürgermeisters analog zur Gemeindeordnung NRW dazu führte, dass der OB hier als befangen gilt und nicht teilnehmen durfte.
Von den 74 gewählten Ratsmitgliedern waren neben dem schwer erkrankten SPD-Fraktionschef Herbert Mettler Nazan Aksu (Grüne), Betül Cerrah (FDP), Doris Janicki und Professor Dieter Kantel (beide Grüne) der Sitzung fern geblieben. Also waren 69 stimmberechtigte Ratsmitglieder anwesend. Zur Abwahl nach Paragraf 66 der Gemeindeordnung NRW hätten 50 Ratsmitglieder die dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit zur Abwahl herstellen müssen.

Das Ergebnis mit 41 Befürwortern lag um neun Stimmen unter der notwendig gewordenen Zahl. Somit war der Antrag auf Abwahl gescheitert, was aber schon lange im Vorfeld der Sondersitzung ziemlich klar war. Bedeutend war nun die offenkundige Zerrissenheit bei den Grünen, der FDP und der DWG.

So stellt sich nun in Zukunft bis zur Kommunalwahl 2014 die politische Lage in Duisburg dar, es sei denn, die prüfenden Staatsanwälte kommen zu einem ganz bestimmten Ergebnis. Der Grad der Unerträglichkeit ist dabei noch lange nicht erreicht. Szenarien wie öffentliche Auftritte des Herrn Adolf Sauerland in der nahen Zukunft können alles bieten, was der Visionär noch gar nicht alles bedenken kann. Die gesamte Präsentation der Stadt wird lahmen, die Akzeptanz bundesweit - und hier vor allem bei Investoren - wird eher von Zurückhaltung geprägt sein. Und das wiegt schwer.

Die SPD-Ratsmitglieder mit Button Abwahl Sauerland - Neuanfang v.l.: Werner von Häfen, Manfred Slykers, Friedrich Prüßmann, Ellen Pflug, Theo Peters und Bürgermeister Manfred Osenger

Es gibt keinen Motor mehr, es wird nur noch Verunsicherung aktuell sein. Da wird auch die Empörung der Christdemokraten über Einmischung des Bundespräsidenten oder der Bundeskanzlerin nicht helfen: Das Stigmatisieren der Christdemokraten mit einem solchen städtischen Spitzenvertreter wird zunehmen, die CDU der kommenden Jahre wird an diesem Ergebnis gemessen werden. Und da wird im christdemokratischen Lager auf Landes- und Bundesebene nicht das geschlossene Auftreten gewürdigt - ganz im Gegenteil. Aber entscheidend ist, das Duisburg weiter negativ in den Medien belastet sein wird und viele Duisburger dies als Schande empfinden und im Urlaub Nachbarstädte als Heimatstadt angeben, Duisburg also verleugnen. Da können sich die Sauerland-Unterstützer im Bürgerkreis Gedenken - in überwältigender CDU-Verbundenheit - wie Frau Grillo, Franz Hering oder Hermann Kewitz noch so intensiv für eine Gedenkstätte einsetzen: Der Riss ist nicht mehr zu kitten, das Unbehagen wird weiter um sich greifen.
In der Politik oder auch im Fußball heißt es lapidar, gewonnen ist gewonnen nach einem knappen 1:0-Sieg oder einem Abstimmungsergebnis wie heute. Hier aber gibt es nur Verlierer. Und hier hat wieder einmal neben den Betroffenen und Opfern der Loveparade-Tragödie das "Volk" verloren, da die vom Volk gewählten CDU-Vertreter und abhängige Mitläufer sich keinen Deut um Volkes Meinung scherten.
Harald Jeschke (Text), Manfred Schneider (Fotos)

Persönliche Stellungnahme von Oberbürgermeister Adolf Sauerland:
„Der Rat der Stadt hat heute, Montag, 13. September 2010, über das von einer Ratsmehrheit eingeleitete Abwahlverfahren gegen mich in meiner Funktion als Oberbürgermeister der Stadt Duisburg abgestimmt. Die für die Einleitung eines Bürgerentscheides in dieser Frage notwendige Zweidrittelmehrheit ist nicht zustande gekommen. Damit bleibe ich Oberbürgermeister der Stadt Duisburg. Mir ist klar, dass wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können. Das Loveparade-Unglück wird Duisburg auch in Zukunft beschäftigen.“

Beginn der Sitzung: 14:00 Ende 14:16 Uhr

2009 gewähltes Ratsmitglied 
(74 Sitze ohne OB)
Partei/
Wählergem.
Wahlbezirk/Liste Ratsmitglied
für Abwahl
dagegen
Aksu Nazan GRÜNE Liste   fehlte
Albrecht Frank FDP Liste X  
Ammann-Hilberath Martina DIE LINKE Liste X  
Arslan Mustafa GRÜNE Liste X  
Becks Walter Wilhelm CDU Huckingen    X
Bergmann Ulrike CDU Liste   X
Berner Georg SPD Alt-Walsum/Aldenr.-Süd/Fahrn-W X  
Bettermann Peter BL Liste X  
Bies Wilhelm Fritz FDP Liste X  
Blumenthal Heiko SPD Neumühl  X  
Börner Frank SPD Röttgersbach  X  
Brandt Jürgen C. SPD Liste X  
Cerrah Betül FDP Liste   fehlte
Dierkes Hermann DIE LINKE Liste X  
Diesterhöft Brigitte DIE LINKE Liste X  
Dogan Gürsel CDU Dellviertel-West/Hochfeld-Nord   X
Edel Jürgen SPD Rheinhausen-Mitte/Hochemm.-Süd X  
Eickmanns Herbert SPD Beeck/Bruckhausen  X  
Enzweiler Rainer Jürgen CDU Liste   X
Frese Ilonka SPD Overbruch/Vierlinden-Nord  X  
Friedrich Reiner SPD Bergheim-Süd/Rum.-Kaldenh.-Ost X  
Griebeling Peter CDU Buchholz    X
Grün Rainer DAL Liste   X
Hagenbuck Karlheinz SGU Liste X  
Hajdenik Joachim SPD Alt-Hamborn  X  
Happel Knut FW-BU Liste   X
Heidenreich Frank CDU Liste   X
Ibe Peter Karl-Andre CDU Liste   X
Idik Ercan SPD Liste X  
Janicki Doris GRÜNE Liste   fehlte
Kaiser Manfred SPD Laar/Beeck-West/Beeckerwerth  X  
Kantel Dr. Heinz Dieter GRÜNE Liste   fehlte
Keime Peter CDU Großenbaum-Süd/Rahm    X
Keklik Elif SPD Liste X  
Kempken Thomas CDU Baerl/Alt-Homb.-Nord/Hochh.-No   X
Keuer Thomas DIE LINKE Liste X  
Klein Elmar Karl-Heinz CDU Liste   X
Kleinbongardt Dieter Karl CDU Duissern    X
Kocalar Erkan DIE LINKE Liste X  
Krebs Stephan JUDU Liste   X
Kretschmer Thomas CDU Liste   X
Laakmann Barbara DIE LINKE Liste X  
Leiße Claudia GRÜNE Liste X  
Lensdorf Benno CDU Ruhrort/Alt-Homberg-Mitte    X
Lieske Dieter SPD Wedau/Bissingh./Großenb.-Nord  X  
Liß Elisabeth SPD Hochemmerich-Nord  X  
Mettler Herbert SPD Vierl.-Süd u.-Ost/Aldenr.-Nord   krank
Mönnicks Klaus Hans CDU Liste   X
Mosblech Volker Peter CDU Liste   X
Nüse Theodor SPD Obermeiderich  X  
Osenger Manfred SPD Neuenk./Kaßlerf./Altstadt-West X  
Overdick Karl-Wilhelm CDU Liste   X
Parlo Maria Brigitte CDU Liste   X
Partenheimer Gabriele Beate CDU Rumeln-Kaldenhausen-West    X
Patz Elke SPD Bergheim-Nord  X  
Peters Theodor SPD Hochfeld-Süd/Wanheimerort-West X  
Pflug Ellen SPD Obermarxloh  X  
Prüßmann Friedrich SPD Wanheimerort-Ost  X  
Rich Frank-Michael GRÜNE Liste X  
Sagurna Bruno SPD Mittel-/Unterm.-Süd/Ratingsee  X  
Salomon Georg SPD Fahrn-Ost/Wehofen  X  
Schön Borislav CDU Altstadt-Ost/Dellviertel-Ost    X
Schütten Rainer SPD Friemersheim  X  
Shevchenko Yulia SPD Liste X  
Slykers Manfred SPD Marxloh  X  
Steinke Udo Ernst CDU Liste   X
Susen Thomas CDU Mündelh./Hüttenh.-Süd/Ungelsh.   X
Vogt Petra Margarete CDU Neudorf-Süd    X
Vohl Udo SPD Alt-Homberg-Süd/Hochheide-Süd  X  
Volk-Cuypers Sigrid Maria CDU Neudorf-Nord    X
von Häfen Werner SPD Wanheim-Angerhausen  X  
Wagner Angelika SPD Untermeiderich/Mittelm.-Nord  X  
Wedding Bernd Wilhelm Michael CDU Liste   X
Wörmann Josef Johannes CDU Liste   X
Zaslavskyi

Yulia

SPD   X  

Gemeinsamer Antrag

der SPD-Fraktion,
der Fraktion Die Linke.
und der FDP-Fraktion öffentlich

Zur Sitzung Sitzungstermin Behandlung
Rat der Stadt 13.09.2010 Entscheidung

Betreff
Abwahlverfahren nach § 66 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW)

Der Rat der Stadt Duisburg möge beschließen:

Der Rat der Stadt lässt die Bürger über die Abwahl des Oberbürgermeisters abstimmen

Fakt ist, dass es nicht so leicht sein wird, eine Zweidrittel-Mehrheit nach der Gemeindeordnung NRW (GO) und dessen § 66 (Fn 4) Abwahl des Bürgermeisters zu erhalten:
1. Der Bürgermeister kann von den Bürgern der Gemeinde vor Ablauf seiner Amtszeit abgewählt werden.

2. Der Bürgermeister ist abgewählt, wenn sich für die Abwahl eine Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen der wahlberechtigten Bürger - zur Kommunalwahl 2009 waren es noch 368 269 (heute ist die Einwohnerzahl weiter gesunken) - ergibt, sofern diese Mehrheit mindestens 25 vom Hundert der Wahlberechtigten beträgt, was von 368 269  wieder analog zur letzten Wahl 92 067 wahlberechtigte Bürgersein müssten...