Energieberatung aufgrund des Heizungsgesetzes: Im
Bestand keine Relation zwischen Kosten und Nutzen Wiesbaden/Duisburg,
8. September 2023 -
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben am
heutugen Tag das
sogenannte Heizungsgesetz verabschiedet. In
namentlicher Abstimmung votieren 397 Abgeordnete für
den Gesetzentwurf zur Änderung des
Gebäudeenergiegesetzes (GEG), zur Änderung der
Heizkostenverordnung und zur Änderung der Kehr- und
Überprüfungsordnung (20/6875)
in einer vom Ausschuss für Klimaschutz und
Energie geänderten Fassung. Die "Ampel-Regierung"
aus SPD, Grüne und FDP verfügt über 416 Sitze.
275 Parlamentarier haben gegen den Entwurf gestimmt
und fünf Abgeordnete haben sich enthalten. Zur
Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Klimaschutz und Energie (20/7619)
mit umfangreichen Änderungen am Regierungsentwurf
und ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß
Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestags zur
Finanzierbarkeit (20/7620)
vor. Ursprünglich war die Abstimmung über das
Gesetzeswerk bereits für den 7. Juli vorgesehen.
Geänderter Gesetzentwurf der
Bundesregierung Der ursprüngliche
Regierungsentwurf war durch einen Änderungsantrag
der Koalitionsfraktionen vor allem dahingehend
verändert worden, dass Regelungen zur Verzahnung mit
der kommunalen Wärmeplanung inklusive
Übergangsregelungen aufgenommen wurden. Die
Regelungen des GEG sollen für Neubauten ab
dem Jahr 2024, für Bestandsbauten
in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern ab dem
30. Juni 2026 und in Bestandsbauten
in Gemeinden mit bis zu 100.000 Einwohnern ab dem
30. Juni 2028 gelten, wenn nicht bis dahin
eine kommunale Wärmeplanung vorliegt.
In ab
2024 eingebauten Heizungen muss laut Entwurf
sichergestellt werden, dass ab 2029 mindestens 15
Prozent, ab 2035 mindestens 30 Prozent und ab 2040
mindestens 60 Prozent der Wärme aus Biomasse oder
grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus
hergestellter Derivate erzeugt wird.
BMWK - Das neue Heizungsgesetz ist auf dem
Weg! (energiewechsel.de)
Beratungspflicht und Mieterschutz
Aufgenommen wurde zudem eine Beratungspflicht
vor dem Einbau neuer Heizungen, die mit festen,
flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen betrieben
werden. Der Entwurf enthält ferner Regelungen für
eine Modernisierungsumlage, nach denen zehn Prozent
der Modernisierungskosten auf die Mieter umgelegt
werden können, wobei maximal 50 Cent pro
Quadratmeter umlagefähig sind. Außerdem sind
Regelungen zur Nutzung von Biomasse im Neubau, von
Solarthermie-Hybridheizungen, zu Holz-und
Pelletheizungen sowie zu Quartieren (verbundene
Gebäude) aufgenommen worden. Die Pflicht zur
Solarthermie und für Pufferspeicher sowie die
Altersgrenzenregelung ist aus dem Gesetzentwurf der
Bundesregierung wieder gestrichen worden.
Entschließung angenommen Der
Bundestag hat zusammen mit dem Gesetz eine
Entschließung mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU
und AfD bei Enthaltung der Linksfraktion angenommen
und die Bundesregierung darin aufgefordert, in den
Bereichen kommunale Wärmeplanung,
Förderkulisse, Stromnetzertüchtigung sowie
Geothermie flankierende Maßnahmen zu ergreifen und
eine Aufklärungskampagne zu starten.
Konkret
sollen die Gemeinden verpflichtet werden, bis zum
30. Juni 2028 eine kommunale Wärmeplanung zu
erstellen. Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern
sollen die kommunale Wärmeplanung bereits bis zum
30. Juni 2026 erstellen müssen. Die Kosten des
Heizungsaustausches (maximal 30.000 Euro bei
Einfamilienhäusern und einer nach Wohneinheiten
gestaffelten Grenze bei Mietparteienhäusern) sollen
mit einer Grundförderung von 30 Prozent, einem
Einkommensbonus von 30 Prozent bis zu einem
maximalen Haushaltseinkommen von 40.000 Euro und
einem zeitlich abschmelzenden Geschwindigkeitsbonus
von 20 Prozent gefördert werden, wobei die
Maximalförderung bei 70 Prozent liegen soll.
Grüne: Haben Verunsicherung erzeugt
Einen „Riesenschritt für den
Klimaschutz“ nannte Katharina Dröge (Bündnis 90/Die
Grünen) das zur Abstimmung gestellte Gesetz. Mit
ihm werde der Weg zur Klimaneutralität im
Gebäudebereich für alle Beteiligten „zuverlässig,
planbar und für alle bezahlbar“. Mit der
vorgesehenen Förderung werde sichergestellt, dass
„schon jetzt die Entscheidung für eine
klimafreundliche Heizung in fast allen Fällen
wirtschaftlicher ist als die Entscheidung für eine
alte fossile Heizung“. Zudem würden die Kommunen in
den Mittelpunkt gestellt, „das heißt diejenigen vor
Ort, die wissen, was dort funktioniert und was
nicht, werden jetzt die Wärmeplanungen entscheiden“,
erklärte Dröge. Für die einzelnen Hausbesitzer
sollen die Vorgaben des Gesetzes erst nach Vorliegen
der kommunalen Wärmeplanung bindend werden. Dröge
räumte ein, dass der Weg zu diesem Gesetz „kein
leichter“ gewesen sei. „Wir haben Verunsicherung
erzeugt, die nicht nötig gewesen wäre“, erklärte sie
und gelobte Besserung.
CDU/CSU:
Konjunkturprogramm für Populisten
Der Vorsitzende der CSU-Gruppe Alexander
Dobrindt antwortete für die Unionsfraktion mit
massiven Vorwürfen. Das Bundesverfassungsgericht
habe den Auftrag gegeben, „dieses Gesetz nicht
einfach zu beschließen“, sondern vorher zu beraten.
Das nicht zu tun, sei nicht nur eine „Missachtung
des Parlaments und des Bundesverfassungsgerichts, es
ist vor allem eine Respektlosigkeit gegenüber allen
Bürgerinnen und Bürgern, die einen Anspruch darauf
haben, dass hier ordentlich beraten wird“.
Dobrindt wie auch andere Redner aus der
Unionsfraktion monierten, dass das Heizungsgesetz in
der abschließenden Fassung wenig CO2 einspare, wegen
unzureichender Förderung aber viele Menschen
überfordere. Er erlebe „Rentnerinnen und
Rentner mit Tränen in den Augen“, sagte
Jens Spahn (CDU/CSU), „die nicht wissen, wie sie das
finanzieren sollen“. Das Vorgehen der
Ampel-Koalition sei ein „Konjunkturprogramm für die
Populisten in unserem Lande“.
SPD
vermisst Alternativen der Opposition
Abgeordnete der Koalitionsfraktionen antworteten
darauf mit der Frage nach den Alternativen der
Union. „Welche konkreten Vorschläge haben Sie,
um dieses Gesetz zu verbessern“, fragte
etwa Matthias Miersch (SPD). Worauf Thomas Heilmann
(CDU), der den Eilentscheid des
Bundesverfassungsgerichts erwirkt hatte, in Form
einer Zwischenfrage darauf hinwies, dass er solche
Vorschläge erarbeitet habe, sie aber wegen der
Verweigerung einer weiteren Ausschussberatung nicht
habe einbringen können. Miersch dagegen sah darin,
dass die Koalitionsabgeordneten den Gesetzentwurf
der Regierung „an vielen Stellen völlig
nachgebessert“ hätten, den Beleg, „dass sich
Parlamentarismus lohnt“. Man habe die Kommunen
einbezogen, nicht auf eine Technologie gesetzt und
Förderprogramme aufgelegt. Verena Hubertz (SPD) wies
zudem darauf hin, dass durch eine Begrenzung der
Modernisierungsumlage auch der Mieterschutz
sichergestellt worden sei.
FDP:
Gesetz hat Schrecken verloren Christian
Dürr (FDP) hielt der Union vor, sie habe in ihrer
Regierungszeit alle „Klimaziele gerissen“. Die
jetzige Koalition dagegen wolle „Klimaschutz
erreichen, und dies mit marktwirtschaftlichen
Mitteln“. „Das Gesetz“, ergänzte Lukas Köhler (FDP),
habe durch die erreichten Änderungen „seinen
ursprünglichen Schrecken verloren“. Seine Fraktion
habe „dafür gesorgt, dass Holz, Öl und Gas auch in
Zukunft genutzt werden kann“.
AfD:
"Ein Handbuch zur Vernichtung unseres Wohlstands"
Dagegen bestritt Marc Bernhard (AfD), dass der
„Heizungshammer“ des ursprünglichen Gesetzentwurfs
durch die vorgenommenen Änderungen entschärft worden
sei. Es wirke nur technologieoffener, aber weder
Biogas noch Wasserstoff „aus Afrika“ werde in
nennenswerten Mengen zur Verfügung stehen. „Damit
bleibt es nach wie vor bei der Wärmepumpe“, folgerte
Bernhard. Das Gesetz sei „ein Handbuch zur
Vernichtung unseres Wohlstands“. Kritik übte die
AfD aber auch an der Union, der Steffen Kotré
(AfD) vorwarf, den Leuten „Sand in die Augen“ zu
streuen. Denn die Präsidentin der EU-Kommission
Ursula von der Leyen (CDU) wolle das, wogegen die
Unionsfraktion im Bundestag ankämpfe, „in Europa
gerade einführen“.
Linke fordert
besseren Mieterschutz Als
„kommunikatives Desaster, klimapolitisches Desaster
und parlamentarisches Desaster“ bezeichnete Dietmar
Bartsch (Die Linke) das Gesetz und seine
Entstehungsgeschichte. „Warum haben Sie die
Sommerpause nicht genutzt“, fragte er und sprach von
Arroganz gegenüber dem Parlament und den Bürgerinnen
und Bürgern. Bartsch kritisierte die vorgesehene
Förderung beim Umstieg auf eine klimafreundliche
Heizung als ungerecht. Außerdem lasse die Koalition
die Mieterinnen und Mieter im Stich. Die
Modernisierungsumlage solle nicht begrenzt, sondern
abgeschafft werden, forderte Bartsch.
Minister: Es ist ein gutes Gesetz
Die Kritik an einer unzureichenden Förderung
wies der Bundesminister für Wirtschaft und
Klimaschutz, Robert Habeck (Bündnis 90/Die
Grünen), als falsch zurück. Der Förderdeckel liege
nicht wie behauptet bei 15.000 Euro, sondern in
bestimmten Fällen bei 30.000 Euro. Kombiniert mit
anderen Fördermitteln für die Gebäudesanierung seien
sogar bis zu 90.000 Euro möglich. Auch den Vorwurf
unzureichender Wirksamkeit wies Habeck zurück. Trotz
der Änderungen würden immer noch drei Viertel der
Menge an CO2 eingespart, die nach der ursprünglichen
Regierungsvorlage eingespart worden wäre. „Es ist
ein gutes Gesetz“, bilanzierte Habeck.
|