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Zuwanderungsprobleme Bulgaren und Rumänen
 

"Wir wollen nicht, dass Duisburg auch noch als Stadt der toten Kinder gilt!"
Bürger, Politik und Verwaltung mit beeindruckender Mehrheit  gegen Bayer-CO-Pipeline-Planungen
Nur FDP findet die Pipeline gut
Jochem Knörzer

Duisburg, 23. Oktober 2012 - "Die Trasse geht an einer Schule mit 800 Kindern vorbei. Wir wollen nicht, dass Duisburg auch noch als Stadt der toten Kinder gilt! Und: Der sicherste Transport ist der, der gar nicht stattfindet!"
Erich Hennen, Sprecher der Duisburger Initiative Contra-Pipeline sprach das öffentlich aus, was den Bürgern eindeutig auf der Seele lag. Und er zitierte aus einem Brief, dessen Inhalt aus den Reihen der Bezirksregierung der Initiative zugeführt wurde, wobei man trotz unglaublich festgestellten Mängeln und Bedenken seitens der Projektführenden mitteilte, dass man so oder diese Trasse bauen würde.
"Das ist kriminell", stellte Hennen ganz ruhig klar und ließ wissen, dass die Initiativen bis zum Bundesverwaltungsgericht gehen würden.

"Noch-Stadtdirektor" Dr. Peter Greulich verpackte es etwas diplomatischer: "In diesem Projekt steckt gewaltiges Risiko-Potenzial und so eine Co-Pipeline wirkt abschreckend. Wer will denn hier noch Eigentum erwerben?"

SPD-Vertreter Ploum appellierte an die Vertreter von Bayer: "Mit der Industrie in Duisburg leben heißt nicht für sie zu sterben. Wir hier in Duisburg kommen seit Jahrzehnten, ja Jahrhunderten mit der Industrie klar. Zerstören sie das Vertrauen in die Industrie nicht."

FDP-Vertreter Wolters war es dann der der Versammlung eine ganz andere Richtung gab: "Ich sehe hier nur eine Verwaltungsvorlage, die an Populismus nicht zu überbieten ist. Wir werden entgegen der hier vorgestellten Meinung nicht mitziehen und eindeutig für die Pipeline votieren. Ich beantrage auch, dass genau aufgeführt wird, bei welchen Passagen in dieser Vorlage die FDP anders argumentiert."
Er quittierte lächelnd die heftigen Buhrufe aus dem Saal.

Sein Parteifreund Dr. Wegner ließ konnte das so nicht stehen lassen und distanzierte sich vollumfänglich von den Aussagen Wolters', kritisierte zugleich aber die Verwaltung.
Sie hätte schon seit Bekanntwerden des Projektes nichts unternommen. Der damalige Planungschef Dressler hätte lediglich auf die Bezirksregierung verwiesen. Andererseits wurde auch die damalige SPD-Landtagsabgeordnete Gisela Walsken - selbst von der Pipeline-Trasse betroffene Bewohnerin in Rahm und aktuell Regierungspräsidentin in Köln - ins Visier genommen, da sie beim Enteignungsgesetz und der einstimmigen Verabschiedung am 15. März 2006 im Landtag dabei war.

Pipeline-Proteste 2007
Die Bayer AG hatte zum Beginn der öffentlichen Sitzung in 40-minütigem Vortrag versucht mit ihren Gutachten oder einem Demonstrationsfilm für das Projekt zu werben. Bayer-Vertreter Breuer sprach von den rund 1,5 Milliarden Umsatz - Gesamtumsatz des Konzerns 3,5 MRD - die hier in NRW von 1100 Beschäftigten erwirtschaftet werden und es zwingend notwendig sei, dieses Projekt umzusetzen.


"Sie haben aber mit keinem Wort erklären können, warum sie nur so die Produktion bewältigen können. Ich hätte mir heute schon ein wenig mehr Ehrlichkeit von ihnen erwartet", kritisierte Grünen-Vertreter Rich.

In der politischen Abstimmung wurde der Antrag von FDP-Vertreters Wolters deutlich abgeschmettert und die Beschlussvorlage der Verwaltung mit, so Sitzungsleiter Prof. Dr. Dieter Kantel (Grüne), "übergroßer Mehrheit" angenommen.

Der Beschluss:
1. Der Rat der Stadt lehnt die Einrichtung und den Betrieb der Leitungsanlage zum Transport von gasförmigem Kohlenmonoxid insbesondere wegen mangelhafter Sicherheitsvorkehrungen ab.
2. Der gesamtstädtischen Stellungnahme wird zugestimmt.
3.Die Einwendung der Stadt Duisburg wird zur Kenntnis genommen.
In dieser zwölfseitigen Vorlage hatte die Verwaltung eindeutig wie schon per Gutachten 2007 gegen das Projekt Stellung bezogen.

Die Pipeline soll  die Bayerwerke Dormagen und Krefeld-Uerdingen produktionstechnisch verbinden. Die geplante Trasse geht mitten durch Wohngebiete und betrifft ca. 1,5 Millionen Menschen. In Duisburg betrifft es die Stadtteile Rahm, Serm, Huckingen, Ungelsheim und Mündelheim. Wenn die betroffenen Bürger hier von Menschen verachtender Vorgehensweise der Industrie sprechen, kann man kaum widersprechen. Wer hier wie die Bayer AG versucht mit dem "Totschlag-Argument" Arbeitsplatzverlust bei Nichtrealisierung ein besonderes Szenario für Verständnis initiiert, hat in dieser Gesellschaft die Bodenhaftung verloren. 

Historie:
Ratssitzung Montag, 10. Dezember 2007
Beschluss:
1. Mehrheit - nur FDP dagegen
2. SPD, Linke, FDP nein, Mehrheit ja
1. Dem Abschluss des Gestattungsvertrages in der bisherigen Trassenführung in unmittelbarer Nähe von Siedlungsbereichen im Duisburger Süden wird nicht zugestimmt.
 2. Dem Abschluss des Gestattungsvertrages wird hingegen zugestimmt, wenn die Firma Bayer MaterialScience AG sich verpflichtet, die Umtrassierung der Leitungsabschnitte zu beantragen. Das IMD wird in diesem Fall beauftragt, einen entsprechen den Gestattungsvertrag über den Betrieb der Leitungsanlage auf den bereits in Anspruch genommenen Grundstücken zu den Bedingungen der parallel in nichtöffentlicher Sitzung vorgelegten DS 07-1 947 zu schließen.

Problembeschreibung / Begründung 
1. Planfeststellungsverfahren
Die Firma Bayer AG hatte bei der Bezirksregierung in Düsseldorf auf der Grundlage des Landesgesetzes über die Errichtung und den Betrieb einer Rohrleitungsanlage zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen vom 21.03.2006 ein Planfeststellungsverfahren zum Transport von gasförmigen Kohlenmonoxid von Köln-Worrringen über Duisburger Stadtgebiet nach Krefeld Uerdingen beantragt. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat das Planfeststellungsverfahren durchgeführt und der Gesellschaft den entsprechenden Beschluss am 14.02.2007 (Az.: 541/8-BIS) zugestellt.
Mit der Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen wurde der Gesellschaft die Möglichkeit eröffnet, sich die Rechte an den Grundstücken im Rahmen von Enteignungsmaßnahmen zu verschaffen, wenn mit den jeweiligen Eigentümern eine zumutbare vertragliche Einigung nicht herbeigeführt werden kann. In diesem Sachzusammenhang hatte auch die WINGAS GmbH bei der Bezirksregierung Düsseldorf auf der Grundlage des Energiewirtschaftsgesetzes in der aktuellen Fassung ein Planfeststellungsverfahren zur Verlegung und zum Betrieb einer Erdgas Hochdruckleitung von Düsseldorf Hubbelrath über Duisburger Stadtgebiet nach Krefeld Uerdingen in Parallellage zur Co-Leitung beantragt.
Die Bezirksregierung Düsseldorf hat das Planfeststellungsverfahren durchgeführt und der Gesellschaft den entsprechenden Beschluss am 14.02.2007 (Az.: 65.09 — 02/05) zugestellt. Auf die Mitteilungsvorlage zum Projektvorhaben der Bayer AG und dem Trassenverlauf (DS 07-1550 vom 11.11.2007) wird hingewiesen. Für die Leitung der WINGAS GmbH wird eine gesonderte Beschussvorlage erstellt.

2. Vertragsverhandlungen
Die Verhandlungen wurden mit. dem Ziel geführt, einen „zumutbaren“ Gestattungsvertrag anzubieten. Die Frage der Zumutbarkeit beurteilt sich anhand einzelner Kriterien, wie beispielsweise zur Dienstbarkeit und Folgekostenpflicht, zur Laufzeit des Vertrages oder der Verpflichtung zum Rückbau der Leitungsanlage, die aus obergerichtlicher Rechtsprechung abgeleitet sind. Entscheidendes Kriterium ist es, einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Vertragspartnern zu finden.
Dabei ist allerdings zu beachten, dass planfestgestellte Vorhaben regelmäßig im öffentlichen Interesse liegen und daher nicht hinter die Interessen der Stadt Duisburg zurücktreten müssen, wenngleich durch zwischenzeitlich aufgetretene Sicherheitsbedenken Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses aufgekommen sind. Auf dem Verhandlungswege konnte mit der Gesellschaft keine kurzfristige Einigung über die wesentlichen Vertragsinhalte erzielt werden, da die Verhandlungspositionen erheblich differierten.
Vor dem Hintergrund der angedrohten Enteignungsmaßnahmen und der grundsätzlich zum Ausdruck gebrachten Bereitschaft zur privatrechtlichen Einigung hat die Stadt mit dem Leitungsbetreiber am 21 .03.2007 eine Vereinbarung zur vorzeitigen Besitzüberlassung geschlossen, In dieser Besitzüberlassung wurde nur die Erlaubnis zum Bau der Leitung geregelt, nicht jedoch die Inbetriebnahme der Leitung. Über die wesentlichen Inhalte des Gestattungsvertrages wird in einer parallel laufenden Beschlussvorlage in nicht-öffentlicher Sitzung berichtet.

3. Voraussetzung für einen Vertragsabschluss
 Aus einem von der Stadt Duisburg in Auftrag gegebenen Gutachten der lngenieurgesellschaft Dr.-Ing. Veenker mbH ergeben sich im Hinblick auf die Gefahrenbewertung der CO-Leitung neue Gesichtspunkte. Auf Basis dieser Aussagen wurde gegenüber Bayer das bereits seit dem Sommer verfolgte städtische Interesse bekräftigt, dass eine Umtrassierung der Leitung in Teilbereichen für unumgänglich gehalten wird. Es wurde insoweit vorgeschlagen, die Umtrassierungslösung in dem Gestattungsvertrag zu regeln. Bayer soll sich vertraglich verpflichten, einen entsprechenden neuen Planfeststellungsbeschluss zu beantragen und die Leitung mit gebotenem Abstand außerhalb von Siedlungsbereichen zu verlegen.
Es dürfte zweifelhaft sein, ob Bayer eine solche Regelung in dem Gestattungsvertrag akzeptieren wird, weil der Planfeststellungsbeschluss mit der zurzeit geplanten Trassenführung zwischenzeitlich mehrfach verwaltungsgerichtlich als rechtmäßig bestätigt wurde. Festgestellt werden muss allerdings auch, dass bei diesen verwaltungsgerichtlichen Überprüfungen die Aussagen des von der Stadt Duisburg beauftragten Gutachters noch nicht gewürdigt werden konnten.
Für den Fall einer Weigerung Bayers zu einer solchen vertraglichen Umtrassierungsverpflichtung wäre der zeitgerechte Abschluss eines Gestattungsvertrages unter Berücksichtigung der Aussagen des Gutachtens von Herrn Dr. Veenker allenfalls noch denkbar, wenn Bayer sich zumindest dazu verpflichten würde, an der Leitungsanlage erhebliche sicherheitstechnische Ertüchtigungen durchzuführen.
Bayer müsste sich insoweit zu folgenden Maßnahmen verpflichten: Auf den Einspeisedruck des CO-Gases von 40 bar gemäß Planfeststellung zu verzichten und den Betriebsdruck der Leitung deutlich zurückzunehmen sowie umgehend eine entsprechende Änderung des Planfeststellungsbeschlusses zu beantragen. Die Überwachungsmechanismen in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung so abzustimmen, dass den konkreten räumlichen Begebenheiten umfassend Rechnung getragen wird. Eine technische Sicherung der Leitungsanlage gegen mechanische Einwirkungen von oben zu realisieren, die von ihrer Materialbeschaffenheit und Wirkung über die zurzeit verlegten Geotextilien hinausgeht (z. B. Betonhalbschalen).
Über den Bericht zur Vorabbewertung der CO-Leitung mithilfe einer „Quantitativen Risikoanalyse“ des Gutachters sowie auf die vorgenannten sicherheitstechnischen Ertüchtigungsmaßnahmen bis zum Ablauf der von der Bezirksregierung Düsseldorf gesetzten Einigungsfrist konnte allerdings bis zum 20.11.2007 nicht mehr verhandelt werden.
 

Beschlussvorlagen zur Ratssitzung vom Montag, 28. April 2008
Rat fordert Baustopp und Rücknahme des Enteignungsverfahrens
Bericht der Verwaltung zum Sicherheitsgutachten "CO-Pipeline" 
Im Rat wurde noch einmal das Gutachten zur Sicherheit der CO-Pipeline vom Gutachter Dr. Veenker (Hannover, Leipzig) erläutert und noch einmal die gutachterlichen Untersuchungen zur Versagenswahrscheinlichkeit dargestellt, das schon bekannte Ergebnis, dass der Schutz der Leitung nicht ausreichend sei, bekräftigt. Der Rat beschloss eine Resolution bei der nur die FDP dagegen war. Der Oberbürgermeister wurde beauftragt, die Bezirksregierung aufzufordern, den Beschluss zum Bau zurückzunehmen und dass er den Landtag auffordere, den Baustopp zu verfügen und die Rücknahme des Enteignungsverfahrens einzuleiten.

 Pipeline Gutachtenvorgestellt 
 Die mit der Erstellung einer Risikobewertung für die auf Duisburger Stadtgebiet verlaufende CO-Leitung beauftragte Dr. - Ing. Veenker Ingenieurgesellschaft, mit Sitz in Hannover und Leipzig, hat heute das Ergebnis ihres Gutachtens der Öffentlichkeit bekannt gegeben.
Für Stadtdirektor und Umweltdezernent Dr. Peter Greulich (re.), war es wichtig, sich mit der Bürgerinitiative zusammen zu setzen, hat dann mit dieser einen neutralen Gutachter gesucht und mit Dr. Ing. Veenker (li.) gefunden.
Laut Dr. Manfred Veenker wurde jeder Punkt der 17 Kilometer langen Leitung auf Duisburger Gebiet untersucht. Mit dem Ergebnis: Bei nicht wirksamen Schutzgittern, oberhalb der Leitung, ist die CO-Hochdruckleitung bei einem Betriebsdruck von 13,5 bar an 50 Stellen nur auf Duisburger Gebiet, als nicht sicher einzuschätzen.
Gemäß Herstellerangaben, so Dr. Greulich, hat ein mittelgroßer Bagger nicht die Kraft, eine „Geo-Grid-Matte“ aus reissfestem Geotextil zu zerreißen. Dass das Schutzgitter der vorgenannten Marke unwirksam ist, wurde bei in einem Versuch mit einem Bagger, im März 2008 von Stadt Duisburg und Vertretern der Bürgerinitiative „Contra Pipeline Duisburg-Süd“ nachgewiesen. Obwohl der zum Versuch eingeweihte Baggerführer der Meinung war, dass er es merken würde, wenn er auf die Schutzvorrichtung treffe, war dies nicht der Fall und die Baggerschaufel hat die Geotextilmatte zerrissen. Sogar er, sagte Dr. Greulich, habe in einem Selbstversuch das Schutzgitter von Hand beschädigt.
Die anwesenden Vertreter der Bürgerinitiative Erich Hennen und Heinz Rehberg gaben bekannt, das seit dem 05. Oktober 2007 nicht mehr an der CO-Leitung gearbeitet würde und alles vor sich hin rostet.
Wie es weitergehe sei nun Sache der Auftraggeber. Es geht darum, das Gutachten umzusetzen, sagte Dr. Manfred Veenker.
Dr. Peter Greulich: „Die Pipeline ist so nicht zu betreiben“. Das Gutachten werde umgesetzt und ein Rechtsanwalt unterstütze einen Privatmann der gerichtlich gegen den Feststellungsbeschluss klagt.
 DuMa