Etatrede von Herrn Stadtdirektor und Stadtkämmerer Martin
Murrack Duisburg, 27. September 2021
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen
und Herren,
wenn man so will: Die meisten kennen
Duisburg nur arm. Seit Jahrzehnten wird in dieser Stadt
Haushaltskonsolidierung betrieben. Jahr für Jahr musste
erneut der Rotstift angelegt werden. In Duisburg musste
man - von Ausnahmen in wenigen Jahren abgesehen - seit
Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre mit strukturellen
Haushaltsdefiziten umgehen. 1977 – vor 44 Jahren – war das
erste kommunale Haushaltssicherungskonzept erforderlich.
Das Dilemma, einerseits sparen und andererseits
zukunftsweisend investieren zu wollen und zu müssen, war
seitdem unser tägliches Brot. Uns fehlte es dabei
wohlgemerkt niemals am Gestaltungswillen, sondern
an Gestaltungsmöglichkeit. Doch mit diesem
Doppelhaushalt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist
endlich der Wendepunkt erreicht. Das Tal der Tränen ist
durchschritten, die Überschuldung der Stadt Duisburg
absehbar Geschichte!
Heute ist ein guter Tag für
Duisburg, in finanzieller Hinsicht der beste seit über
vier Jahrzehnten. In den Ihnen vorliegenden Dokumenten ist
diese Zäsur noch nicht erkennbar, weil wir die neuesten
Zahlen und Entwicklungen nicht mehr vor Redaktionsschluss
einarbeiten konnten. Doch selbst vorsichtigste Prognosen
lassen uns inzwischen sicher erkennen, dass wir es Ende
2022 geschafft haben werden: Die Stadt Duisburg wird
wieder Eigenkapital aufbauen. Und damit alle gesetzlichen
Einschränkungen einer überschuldeten Stadt hinter sich
lassen!
Diese großartige Entwicklung hat viele
Ursachen. Doch letztlich ist Fakt, dass wir uns diesen
Erfolg hier in Duisburg selbst hart erarbeitet haben. Weil
wir seit 2012 mit Einfallsreichtum und Kreativität, aber
notwendigerweise auch unter großen eigenen Anstrengungen
den richtigen Weg gegangen sind.
Weil wir mutig
waren, aber zugleich mit Vorsicht agierten. Weil wir
unsere berechtigten Forderungen gegenüber Bund und Land
immer wieder und zuweilen auch erfolgreich gestellt haben.
Im parteiübergreifenden Schulterschluss mit anderen
Ruhrgebietskommunen oder im Aktionsbündnis „Für die Würde
unserer Städte“ habe ich nicht locker gelassen. 40
Millionen Euro hat uns das jüngst bei den Kosten der
Unterkunft eingebracht.
So sind wir unserem großen
Ziel, finanzielle Handlungsfähigkeit zurückzuerlangen,
Stück für Stück nähergekommen. Und dieser Haushalt, sehr
geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist der letzte, der zur
Genehmigung nach Düsseldorf muss! Danach stehen wir nur
noch in der Anzeigepflicht.
Es war ein Kraftakt über Jahre und Jahrzehnte – viele von
Ihnen wissen, woher wir kommen. Mit Aufstellung der Bilanz
des Jahres 2010 hatten wir unser Eigenkapital endgültig
aufgebraucht und waren überschuldet. Doch kurz vor meinem
Amtsantritt eröffnete sich dann mit dem „Stärkungspakt
Stadtfinanzen“ des Landes NRW eine echte, große Chance für
Duisburg. Denn er gab uns endlich eine reelle und
faire Möglichkeit, den überschuldeten Haushalt
perspektivisch in den Griff zu bekommen.
Wir haben
daraufhin mutige und richtige Entscheidungen getroffen.
Wir mussten den Bürgern und auch den Mitarbeitern der
Stadt einiges zumuten. Aber heute zeigt sich, dass wir die
Weichen genau richtig gestellt haben. Wir haben unsere
Chance ergriffen und genutzt.
2015 haben wir in
Duisburg zum ersten Mal die schwarze Null erreicht. Ein
ausgeglichener Haushalt erstmals wieder seit 1992! Schon
das war in riesiger Erfolg! Aber auch danach haben wir
keine neuen Schulden mehr gemacht und den
Haushaltsausgleich Jahr für Jahr geschafft. Wir haben
unser Schicksal in die eigene Hand genommen und
Prioritäten gesetzt, kurz: Wir haben einen tragfähigen
Duisburger Weg im Umgang mit dem knappen Geld gefunden.
Wir haben die Spielräume, die wir uns selbst hart
erarbeitet und durch den Stärkungspakt gewonnen haben,
klug und gewinnbringend genutzt. Flächenentwicklungen
brachten Arbeitsplätze durch Gewerbeansiedlungen, die
Ausweisung attraktiver Wohnbauflächen sorgt für
Einwohnerzuwachs. Und wir haben sogar Schulden abgebaut –
700 Millionen Euro in den letzten Jahren.
Liebe
Kolleginnen und Kollegen, ich habe immer großen Wert
darauf gelegt: Die schwarze Null ist kein Selbstzweck.
Sondern die einzige Möglichkeit, unsere finanzielle
Selbstbestimmtheit zurückzuerlangen und die Zukunft der
Stadt Duisburg wieder in eigener Hand zu gestalten. Ich
stelle heute fest: Dieser Plan ist aufgegangen!
In diesem Jahr werden wir ein Plus von
über 120 Millionen Euro machen. Und im Plan für 2022 ein
Plus von knapp 50 Millionen. Wir lassen die Überschuldung
Duisburgs endlich hinter uns! Wenn wir unsere Planzahlen
erreichen, erlangen wir Möglichkeiten zurück, die in
Duisburg jahrzehntelang unerreichbar schienen:
Alle künftigen Haushalte müssen wir uns nicht mehr
genehmigen lassen Dementsprechend gibt es
dann auch keine vorläufige Haushaltsführung mehr – wir
müssen nicht mehr bis spät ins Frühjahr für jeden
Bleistift und Gullydeckel nach Düsseldorf rennen.
Investitionen für Straßen oder Schulen können ebenfalls
sofort im Januar getätigt werden.
Haushaltsmittel
können ins Folgejahr übertragen werden. Und wir können
dann Ausgaben, die uns notwendig und wichtig erscheinen,
vornehmen, ohne vorher lang und breit mit der
Bezirksregierung über deren Freiwilligkeit und
Zulässigkeit zu diskutieren.
Praktisch bedeutet das
zum Beispiel eine bessere Personalausstattung, schnelleren
Bürgerservice und verlässliche Aufgabenerledigung. Weil es
keine Wiederbesetzungssperren mehr geben wird, externe
Einstellungen möglich sind und somit hinter jeder
Stelle auch eine Person stehen wird. Selbst im
Personaldezernat unserer Stadt kann sich niemand mehr
darin erinnern, wann dies in Duisburg zuletzt möglich war.
Oder im Baubereich, wo wir bei Straßen oder
Gebäuden jahrzehntelang von der Substanz leben mussten:
Wir werden uns nicht mehr ständig fragen müssen, ob es
irgendwelche Förderungsmöglichkeiten gibt – und, wenn ja,
ob wir uns unseren Eigenanteil leisten können. Oder wo
wir Geld wegnehmen, um es anderswo dringend einzusetzen.
Ich könnte diese Aufzählung beliebig fortsetzen – und
auch Sie könnten sie gewiss umfangreich ergänzen. Wir
haben es uns hart erkämpft und können auch stolz darauf
sein, heute sagen zu können: Wir haben endlich wieder die
Perspektive und den finanziellen Spielraum, diese Stadt
für die Bürgerinnen und Bürger aktiv zu gestalten!
Wir können und werden diesen neuen Spielraum nutzen
für eine attraktive, moderne Stadt Duisburg. Für eine
Stadt mit einer starken Wirtschaft, einer leistungsfähigen
Verwaltung und mit einer guten Infrastruktur. Für eine
Stadt mit Lebensqualität für alle Generationen, eine Stadt
mit einem vielfältigen Angebot für Kultur, Sport, Freizeit
und Erholung.
Aber – und auch das muss an diesem
besonderen Tag deutlich gesagt werden – wir müssen dabei
weiterhin auf Sicht fahren. Ich habe als
Oberbürgermeister immer dafür gestanden, das Machbare
umzusetzen und zugleich den jeweiligen Haushaltsrahmen
diszipliniert einzuhalten. Und ich werde auch in Zukunft
dafür Sorge tragen, dass diese Leitplanken nicht aus den
Augen verloren werden.
Auch künftig muss gelten:
Keine neuen Schulden und
den neu gewonnenen Rahmen durch Investitionen
politisch sinnvoll nutzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich das Wort in
dieser Sitzung an unseren Stadtdirektor und Kämmerer
übergebe, möchte ich mich bei Ihnen bedanken. Wir machen
mit diesem Doppelhaushalt einen riesigen Schritt – und ich
hoffe sehr darauf, auch künftig gut und konstruktiv mit
Ihnen zusammenzuarbeiten. Ihnen allen wünsche ich gute
Beratungen.
Darüber hinaus gilt mein Dank unserem
Stadtkämmerer sowie seinem Team in der Kämmerei, dem
Verwaltungsvorstand und allen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern für die gute Arbeit, die in den vergangenen
Jahren geleistet wurde.
Ich bin stolz auf das, was
wir gemeinsam erreicht haben!
Nutzen wir in diesem
Sinne, liebe Kolleginnen und Kollegen, die gute
Ausgangsposition dieses Tages als tragfähige Grundlage.
Als Grundlage, um in Mut und Zuversicht, aber eben auch
weiterhin mit Realismus und Umsicht Duisburgs Zukunft zu
gestalten.
Vielen Dank und Glückauf!
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