Duisburg, 08. März 2015 – Über 350
Besucher konnte Pfarrer Armin Schneider, Superintendent
des Ev. Kirchenkreises Duisburg, in der Salvatorkirche
begrüßen. Anlass war die Kanzelrede von Moderator und
Sportreporter Manfred „Manni“ Breuckmann.
Die anwesenden Gäste lauschen den Orgeltönen von Kantor
Marcus Strümpe
Schneider freute sich, dass dieser
in der Kirche über Gott und Welt sprechen will.
„Fußball ist untrennbar mit dem Revier verbunden. Für das
Thema „Zwischen Nordkurve und Südtribüne – Zuhause im
Revier“, konnten wir keinen Besseren finden, als die
Reporterlegende Manni Breuckmann“ sagte Pfarrer
Schneider. Nach Orgelvorspiel „Einzug der Galdiatoren“
und „Glück auf, – der Steiger kommt“ sowie einer Lesung
und Lied, bestieg Manni Breuckmann die Kanzel.
Mit den Worten "Was soll ich hier – und dann noch als
Ex-Katholik", begann er seine Kanzelrede.
„Immerhin“, so Breuckmann, „habe ich reichhaltige
Erfahrung als Messdiener, als Lektor auf der Kanzel. Ich
will mich nicht hinstellen und witzige Anekdoten zum
Besten geben, ich möchte, dass sie mit geistigem Gewinn
aus dieser Veranstaltung gehen. Mir kommt das vorgegebene
Thema entgegen. Ruhrgebiet, Heimat, Fußball – da
kenn´ ich mich aus. Ich möchte aber eine Beziehung zum
christlichen Menschenbild herstellen, zu den Tugenden,
die uns die Bibel lehrt. Aber unabhängig von der
Zugehörigkeit zu einer Kirche: Mit Nächstenliebe, Demut
und Barmherzigkeit – damit weiß ich was anzufangen.
Sehen wir uns den Fußball unter diesen Umständen an, dann
wird einem ganz schlecht. Wir stellen fest: Gewalt und
offener Hass in den Stadien. Die Option zur physischen
Vernichtung des gegnerischen Fans wird nicht
ausgeschlossen. Neuerdings auch gegen einen
Fußballreporter“, betonte Breuckmann, der auch fast mal
von BVB-Fans verprügelt worden wäre, sich aber noch ins
Hotel retten konnte.
Die Fairness im Spiel wird
oft mit Füssen getreten. Wenn einer den Ball mit der Hand
ins Tor schlägt? Gibt er es zu? Dann war es die Hand
Gottes! Die bekannt wurde durch den Argentinier Diego
Armando Maradona. Es gibt aber auch erfreuliche
Anlässe, für ein faires, friedliches und gewaltfreies
Miteinander. Auf der Basis des christlichen Glaubens
trafen sich einen Tag vor dem Revier-Derby BvB gegen S04,
die Fanclubs „Mit Gott auf Schalke“ und Totale Offensive“
zum 5. legendären Derbygottesdienst, um ein Zeichen für
Respekt und Toleranz, gegen Gewalt und Randale zu setzen.
So betreibt der Dortmunder Fanclub auch
Sozialarbeit bei arbeitslosen Jugendlichen. Ein schöner
Ansatz, auch wenn es nur eine Minderheit ist. In den
Fußballstadien ist eine große Vielfalt vertreten. So
halten sich die Ultras mit wunderbaren Choreografien, die
Plätzchen auf dem Weihnachtsmarkt verkaufen, sich prügeln
und Pyrotechnik zünden, für den Mittelpunkt des
Fan-Universums.
Es gibt auch Nazis, die ihr
eigenes Süppchen kochen wollen. Manager, die
Hummerschaumsüppchen löffeln und Geschäftsgespräche
führen. Und natürlich die vielen, vielen, ganz normalen
Fans, mittlerweile bereits dreißig Prozent Frauen, die
keine besonderen Kennzeichen außer ihrer Vereinsliebe
haben und teilweise hunderte von Kilometern anreisen. Der
Kult um den Fußball habe tatsächlich etwas Religiöses,
sagte Breuckmann.
Der Begriff „fan“, gleich
Fanaticus, gleich religiös schwärmerisch, von Gottheit
ergriffen. Gelegentlich wird behauptet, es gebe einen
Fußballgott. Ich war dabei als er am 19. Mai 2001
beerdigt wurde. - „Meister der Herzen!“ Rudi Assauer
sagte damals: Ab heute glaube ich nicht mehr an den
Fußballgott. Und Margot Kässmann zum gleichen Thema: Gott
ist ein neutraler Fußballfreund. Er freut sich mit den
Gewinnern und stärkt den Verlierern den Rücken. Dazu
Manni Breuckmann: „Danach könnte Gott auch Schiedsrichter
sein. Dann hätte er damals nicht den Freistoß gepfiffen –
wegen der Gerechtigkeit“. Jenseits der manchmal etwas
fragwürdigen Parallelen zur Religion stehe eines fest:
Fußball ist immer noch ein ganz besonderer Kitt, der den
Ruhrpott zusammen hält.
Auch wenn der einstige Volkssport immer mehr dem Altar
des Kommerzes geopfert wird. „Nirgendwo
in Europa, außer im Großraum London oder in der Region um
Mailand ist der Fußball ein so dominierender Grundzug in
der Gesellschaft wie hier. Das es mit der Verwurzelung in
der Arbeitswelt zu tun hat ist teilweise ein Mythos.
Sieht man auf die Duisburger Vereinsszene, so war Hamborn
07 eng mit der Thyssenhütte verbunden. Der
Meidericher SV wiederum spielte zwar auf der Wiese an der
Zeche Westende, bestand aber zunächst aus Schülern des
Realgymnasiums und bürgerlichen Turnern. Der Duisburger
Spielverein war erst ein Turnverein. Nach einer
Studienreise hat ein Vereinsmitglied den Fußballsport aus
London mitgebracht. Umgangssprachlich wurde der DSV
Lackschuhverein genannt. Später durften auch Arbeiter
mitspielen.
Fußball im Revier war also anfangs
kein Arbeitersport. In den 50er und 60er Jahren bestand
die Oberliga West immerhin aus neun von sechzehn Clubs
aus dem Ruhrgebiet. Auf dieser Basis bauten sich die
Wurzeln der Fußballlandschafts auf. Zuwanderer fanden in
den Fußballclubs soziale Kontakte. Der Fußball half
ihnen, im Ruhrpott heimisch zu werden. Die Wurzeln werden
heute manchmal nur noch als Marketing-Gag genutzt. Der
Fußball hat etwas wie Heimatgefühl aufgebaut. Aber bitte
nicht verwechseln mit der Ruhrgebiets-Identität. Der
Normalfall ist: Im Fußball gönnen sie sich nicht das
Schwarze unterm Fingernagel! 2001, der Tag an dem Schalke
nicht Meister wurde, haben die Fans auf der Dortmunder
Südtribüne gejubelt, 2007 feierten Bochumer und
Stuttgarter die Niederlage Schalkes in Dortmund.
Trotz der tiefen Rivalität im Fußball verbindet die
Ruhrgebietler vieles. Die große Schlitzohrigkeit, die
direkte Ansprache, die Sprache sowieso. Zum Beispiel: „Zu
die Presseplätze!“ Aber der Ruhri hat auch noch etwas
Nörgeliges. Wie der Spruch: „Dat wird sowieso nix!“
Oder wie es Buchautor Frank Goossen ausdrückte: „Anderswo
ist auch Scheiße!“
Zum Ende der Kanzelrede
brannte Manni Breuckmann noch ein Thema auf den
Fingernägeln, und das hatte mit Heimat zu tun. „Ich
glaube, gerade das Ruhrgebiet bietet die Voraussetzungen,
den Flüchtlingen, die jetzt in größerer Anzahl nach
Deutschland kommen, ein herzliches Willkommen zu sagen.
Wir haben seit mehr als hundert Jahren Erfahrung mit
Fremden. Und gerade das Ruhrrevier hat auch in anderen
Zusammenhängen immer wieder die Fähigkeit gezeigt, mit
großen Herausforderungen umzugehen. Es gilt das
Grundgesetz, Artikel 16 a ernst zunehmen, in dem es
heißt: „ Politisch Verfolgte genießen Asylrecht!“ Ich
breche nicht in Multi-Kulti-Ekstase aus. Probleme und
Konflikte sind möglich. Es ist ein Belastungsprobe für
die Sozialsysteme. 2.000 Flüchtlinge sind bereits da und
weitere 1.650 können noch kommen. Davor verschließe ich
nicht die Augen. Aber kann der Zuzug von Menschen aus
anderen Kulturkreisen nicht auch eine Bereicherung sein?
Bleibt gelassen und helft! Gott sei Dank, hat sich die
Einstellung vieler Menschen schon geändert. Wenn Menschen
hierher kommen, die Hilfe brauchen, ist es unsere Pflicht
sich darum zu kümmern. Mit Sachspenden,
Deutschkursen und auch die Fußballvereine könnten
helfen“, betonte Manni Breuckmann.
So ist der
Ruhrpott ständig in Bewegung. Eines steht fest und wird
täglich unter Beweis gestellt: „Der Ruhri ist
unverwüstlich!“ - Und nicht nur deswegen bin ich stolz
auf darauf sagen zu können: „Der Ruhrpott, dat iss meine
Heimat. - Glückauf!“
Mit großem Beifall des dankbaren Publikums wurde die
Kanzelrede von Reporterlegende Manfred „Manni“ Breuckmann
bedacht. Nach der Bekanntgabe des Zwecks der Kollekte,
durch den Referenten, die an den Kinder- und Jugendtisch
Immersat geht, dem Gebet „Vater unser“, Segen und Verdis
Triumphmarsch aus Aida, gespielt vom Kantor der
Salvatorkirche, Marcus Strümpe (Orgel), lud Pfarrer Armin
Schneider die Anwesenden zu einem kleinen Empfang ein.
Die nächste Kanzelrede, am 07. Juni 2015 hält
NRW-Minister für Inneres und Kommunales, Ralf Jäger.
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