Hitchcock Der unsichtbare Dritte
Er spielt einen braven Werbefachmann, der irrtümlich für einen
Spion gehalten wird: Cary Grant wird in einer seiner besten
Rollen quer durch die USA gejagt - bis er am Mount Rushmore
baumelt, jenem Felsen, in den die Köpfe von 4 amerikanischen
Präsidenten gemeißelt sind.
Ein Mann wird quer durch die USA gejagt. Diese Idee ist bei
Hitchcock nicht neu. Die Grundidee findet sich schon im Film
Saboteur aus dem Jahre 1942. Im Saboteur wird die New Yorker
Freiheitsstatue dem Übeltäter zum Verhängnis. Beim unsichtbaren
Dritten fällt der Schurke vom Mount Rushmore.
Das Bild der Frauen wird im unsichtbaren Dritten, glaubt man der
Filmkritik, negativ gezeichnet. Es gibt eine unheilvolle
Liebesgeschichte. Die Heldin verleugnet ihre Liebe. Sie ist
sogar bereit, ihren Geliebten dem Verderben auszuliefern. Die
Frau hält ihre Pflicht dem Staat gegenüber für wichtiger als
ihre Liebe.
Soweit zur Informationen, wie sie in einer Biographie über
Hitchcock geliefert werden. Viel ist da nicht über den Film zu
erfahren, nicht wahr? Als Zuschauer sieht man sich also
genötigt, sich eine eigene Meinung jenseits allen Wissens zu
bilden.
Was soll man von dem Film halten? Nun ja, jenseits aller
Plausibilität und Wahrscheinlichkeit erzählt Hitchcock eine
unterhaltsame und spannende Geschichte, die alleine schon durch
ihre spektakulären Szenen in Erinnerung bleibt. Cary Grant
flieht vor einem angreifenden Flugzeug in en Maisfeld. Cary
Grant baumelt am Mount Rushmore. Und ansonsten?
�Außer Spesen nichts gewesen,� meint der Volksmund. Wie im
amerikanischen Unterhaltungskino der 1950er Jahre üblich hastet
der Hauptdarsteller von einem Abenteuer zum anderen. Und bleibt
schön an der Oberfläche. Unterhaltung verträgt keine Kritik,
weder an der Gesellschaft noch an irgend etwas anderes. Aber was
soll`s? es sind 2 Stunden, die schnell vorübergehend. Damit hat
der Film seinen Zweck erfüllt.
Hitchcock Familiengrab
George ist ein arbeitsloser Schauspieler und Taxifahrer.
Zusammen mit seiner Freundin Blanche Taylor vagabundiert er
durch das Leben. Sie wittern die Chance ihres Lebens, als sie
die reiche Miß Rainbird kennenlernen. Die alte Dame ist auf der
Suche nach ihrem verschollenen Neffen. Schließlich geht es um
ihr Erbe. Doch als der Erbe gefunden ist, entpuppt er sich als
Entführer eines Bischofs. Eine sentimentale alte Tante kann er
nun am allerwenigsten gebrauchen. Aus Angst, das junge Pärchen
könnte seine dubiosen Geschäfte aufdecken, beschließt er, George
und Blanche umzubringen
Eine herrlich schräge Geschichte liefert Hitchcock hier ab.
Neben einer gehörigen Portion Humor ist auch für jede Menge
Spannung gesorgt. Der Film bietet also gute Unterhaltung.
Der Stoff basiert auf dem Roman ?The Rainbird Pattern� von
Victor Canning. Nach dem Erfolg des Filmes ?Frenzy� (1972)
brauchte Hitchcock über 1 Jahr, um zusammen mit Ernest Lehman
das Drehbuch zu erstellen. Jeder Kamerawinkel, jeder
Hintergrund, jede Nuance und jede Einstellung waren darin
festgelegt.
?Das Familiengrab� ist der dreiundfünfzigste und auch letzte
Film des britisch - amerikanischen Regisseurs. Zu jener Zeit
waren Horrorfilme wie ?Der Exorzist� oder ?Der weiße Hai� sehr
populär. Hitchcock bleibt aber seinem Stil treu. Er produziert
nicht nur Kino auf der Leinwand, sondern auch Kino im Kopf.
Explodierende Autos, schießende Banditen und andere Elemente des
Actionfilms kommen hier also kaum vor. Sie sind einfach nicht
Hitchcock`s Stil So macht es wirklich Spaß, seinen Filmen
zuzusehen.
Tote schlafen fest
Philip Marlowe ist ein abgehalfterter Privatdetektiv. Er soll
einen scheinbar unspektakulären Erpressungsfall aufklären. Und
wohin führen ihn seine Ermittlungen? Es ist ein Sumpf aus
Korruption, Rauschgiftschmuggel und Gewalt, der sich vor Marlowe
auftut.
Humphrey Bogart ist hier einer der Hauptdarsteller. Er ist damit
auch ein Garant für gute Unterhaltung. Gehört der Film nun
tatsächlich zur sogenannten ?Schwarzen Serie�, die den
hartgesottenen, rauhen, realitätsbezogenen Detektiv in den
Vordergrund stellt? Filmwissenschaftler werden dies
wahrscheinlich bejahen.
Bogart paßt wie maßgeschneidert in diese Rolle. Allein sein
schauspielerisches Können sichert schon eine gewissen Qualität.
Ansonsten muß man als Zuschauer diese Art der Detektivgeschichte
mögen, um sie gut zu finden. Es ist eben die amerikanische
Krimitradition: Die Maxime ?Erst schießen, dann reden, dann
denken� ist im europäischen Krimi so ziemlich unbekannt.
Es sind bestimmte Eigenarten, die dem Auge des Betrachters
mißfallen. In Filmen wie diesem verwischen die Grenzen zwischen
Gut und Böse, Richtig und Falsch zu leicht. Welcher puritanische
europäische Krimifan würde schon einen Detektiv dulden, der eine
Pistole mit sich führt, möglicherweise schießt, sogar Menschen
erschießt und die Gerechtigkeit selbst in die Hand nimmt?
Welcher seriöse europäische Detektiv würde die Handlung schon
nach dem Prinzip ?Zufall� ablaufen lassen? Und welcher seriöse
europäische Detektiv würde schon den Plot verpassen, indem er
die Handlung zusammenfassen und seine eigene Leistung
hervorheben kann? So gesehen verstößt der Film gegen sämtliche
Regeln der Detektivgeschichte. Doch was soll`s? die Geschichte
bietet spannende Unterhaltung. Und mehr kann man ja von einem
Film ja nicht verlangen, oder?
Hitchcock: Ich beichte
Es ist Nacht im französischsprachigen Teil Kanadas. Da geschieht
ein Mord. Ein Mann in einer Priester - Soutane eilt durch die
dunklen Straßen. Der Mörder beichtet einem echten Priester die
Tat. Michael William Logan - so heißt der Priester. Er nimmt dem
Mörder das Versprechen ab, sich der Polizei zu stellen. Es ist
ein Versprechen, das nicht eingelöst werden soll. Und plötzlich
steht Logan selbst unter Verdacht. Seine Vergangenheit holt ihn
dabei ein. Entlastungsargumente darf er aber auch nicht
vorbringen. Schließlich ist er an das Beichtgeheimnis gebunden.
Auch als ihm der Prozeß gemacht wird und der elektrische Stuhl
droht, bleibt er standhaft.
Die Geschichte? Na ja. Schließlich ist der Mörder von Anfang an
bekannt. Es geht also mehr darum, wann und wie der Mörder seiner
Strafe zugeführt wird. Die Handlung lebt mehr von der
schauspielerischen Leistung von Leute wie einem jungen Karl
Malden oder Montgomery Clift.
Filmwissenschaftler wären sicherlich in der Lage, interessante
Details über den Film und sein Entstehen zu erzählen. Er ist
sicherlich nicht der bekannteste Film Hitchcocks. Dafür fehlen
auch die Schocker - Elemente der späteren Filme, die Hitchcock
so berühmt machen sollten. Schlecht ist der Film deswegen noch
lange nicht. Er bietet gute und solide Unterhaltung. Wie er
handwerklich gestaltet ist, spielt für den interessierten
Zuschauer nur eine untergeordnete Rolle. Offensichtliche Fehler
sind hier nicht zu erkennen.
Schuld und Sühne ist hier das zentrale Thema. Was ist Recht, was
Unrecht? Wieviel persönliches Glück steht einem Menschen zu? Und
zu welchen Mitteln darf ein Mensch greifen, um sein persönliches
Glück zu erreichen? Frei formuliert könnte man die Lösung beim
guten alten Kant finden: Finde so viel Glück, wie du brauchst,
ohne deinem Mitmenschen Schaden zuzufügen.
Hitchcock Cocktail für eine Leiche
Gibt es den perfekten Mord? Brandan und Philip möchten es
herausfinden. Also erdrosseln sie ihren Studienfreund David in
ihrer Wohnung. Sie verstauen die Leiche in einer Bücherkiste.
Seelenruhig empfangen sie eine halbe Stunde später Gäste, die
der Ermordete Tage zuvor eingeladen hatte. Auch Professor Cadell
kommt. Im Verlauf der Unterhaltung fallen ihm aber einige
merkwürdige Dinge auf - ohne Zusammenhang und zunächst nur vage.
Doch dann häufen sich die Indizien, daß hier etwas nicht mit
rechten Dingen zugeht.
?Rope`s End� heißt ein Bühnenstück von Patrick Hamilton. Es
diente als Vorbild für diesen Film. Hitchcock drehte den
kompletten Film auf einer einzigen Tonbühne bei Warner Brothers.
Das wirkliche Leben lieferte das Vorbild für den Film. Leopold
und Loeb waren zwei reiche, junge Intellektuelle, die in Chicago
einen 14jährigen Jungen umbrachten. Ihr Motiv? Sie suchten den
Nervenkitzel.
Der Film erforderte genaue Vorbereitungen. Jede Bewegung der
Kamera und Schauspieler wurden während der Proben genau
ausgearbeitet. Die Bewegungen werden einer großen Tafel
festgehalten und auf dem Boden markiert. Tische und Stühle
wurden ständig entfernt. So sollten die Kamerabewegungen
erleichtert werden.
Und das Ergebnis? Es ist einer der wenigen Filme, dessen
Handlung nur in einem einzigen Raum spielt. Wie bei Hitchcock
üblich, fehlt hier jegliche blutrünstige Action. Das Vergnügen
ist also eher geistiger Art. Von daher sollte jeder Zuschauer
selbst entscheiden, ob er den Film sehen möchte oder nicht.
Hitchcock Der Geheimagent
Edgar Brodie ist britischer Offizier. 1916 reist er als
Geheimdienstagent Richard Ashenden in die Schweiz. Er soll dort
einen deutschen Spionagering unschädlich machen. Kaum in Genf
angekommen, trifft er dort Elsa Corrington und den ?General�.
Sie sollen ihm bei seiner Aufgabe helfen. Doch der erste Schlag
schlägt fehl. Er trifft die falsche Person. Das Trio tötet nicht
den Kopf der feindlichen Agenten; statt dessen findet ein
Unschuldiger den Tod. Es ist der smarte Amerikaner Robert
Marvin, der letztendlich als Anführer der Bande entlarvt wird.
Die ganze Bande wird dann in einem Zug auf einen Schlag zur
Strecke gebracht.
Peter Lorre ist sicherlich ein Schauspieler, der hier in
Deutschland sicherlich noch bekannt ist. Er wirkt hier mit.
Um den Film richtig würdigen und einordnen zu können, seien die
Begleitumstände seines Entstehens hier erzählt. Hitchcock wurde
1934 Vertragsregisseur bei der britischen Produktionsfirma
Gaumont - British. Die britische Filmindustrie befand sich
damals in einer wirtschaftlichen Hochphase. Doch es waren wohl
nicht nur ökonomische Gründe, die Hitchcock bewogen, gerade
jetzt (wieder) zum Film zu gehen. War Hitchcock zuvor ein
glücks- und erfolgsloser Regisseur gewesen, der unbefriedigende
Filme drehte, sollte er nun fünf Filme für Gaumont drehen. Bei
Gaumont fand Hitchcock wohl eine gute technische Ausstattung
vor. Sein Chef ließ ihm freie Hand. Also konnte Hitchcock
loslegen.
?The man who knew too much�, �The thirty - nine steps�, �Secret
agent�, �Sabotage� sowie �Young and innocent� heißen die Filme.
Sie gelten als die wichtigste und erfolgreichste Schaffenszeit
in England. Hitchcock fand auch sein Metier: den Thriller. Hier
kann er eine Geschichte in seinen Filmen erzählen. In den Filmen
bei Gaumont handeln sie von Agenten und Spionage..
wieso Lorre als Schauspieler interessant ist? Er mußte vor den
Nazis in Deutschland fliehen. Er unterstreicht die
zeitgeschichtliche Bedeutung der Filme. ?Das Publikum
interessiert sich im Kino nicht für die Politik,� wird Hitchcock
in einer Biographie von Bernhard Jendricke zitiert. Dennoch gibt
es in den fünf Filmen durchaus zeitgenössische Anspielungen auf
die faschistischen Diktaturen in Europa.
Jendricke interpretiert die Grundsituation der Filme anders.
Chaos lauert hinter der Fassade der Ordnung. Die sichere,
stabile Welt wird durch das Verbrechen in Frage gestellt. Angst
kommt hervor. Ungewollt sehen sich die Protagonisten einem
Konflikt gegenüber. Wie sollen sie sich zwischen ihren eigenen
Bedürfnissen und ihren Pflichten dem Staat und Gesellschaft
gegenüber entscheiden?
Eine Stätte der Zuflucht, in denen diese Konflikte unwichtig
sind, gibt es nicht. Normalerweise garantiert die Schweiz
Stabilität, Neutralität und Sicherheit. In den Hitchcock`schen
Filmen ist diese traditionelle Welt der Unschuld bedroht. Auch
vermeintlich unumstößliche Werte wie Aufrichtigkeit und
Gerechtigkeit gelten nicht mehr. Soll das Böse bekämpft werden,
muß auch der Held zu den selben verwerflichen Methoden wie der
Bösewicht greifen. Die Charaktere verbergen ihre wahren
Absichten hinter einer Maske; Intuition ist wichtiger als Logik.
Nur ihre persönliche Integrität führt die Helden zum Ziel.
Soweit zur Theorie. Und was sieht der unbefangene Zuschauer?
Gute Unterhaltung wird hier geboten. Da dem Film noch viele
moderne technische Hilfsmittel fehlen, ist solide handwerkliche
Arbeit gefragt. Die Handlung bewegt sich also immer im Rahmen
dessen, was einigermaßen plausibel und bekannt erscheint. Ist
der Film deswegen vielleicht langweilig.
Filmbesprechungen Agatha Christie
16 Uhr 50 ab Paddington
Aus dem Fenster ihres Zugabteils beobachtet Miss Marple, wie im
vorbeifahrenden Zug eine junge Frau ermordet wird. Sie alarmiert
die Polizei. Die glaubt ihr allerdings kein Wort. Also macht
sich Miss Marple selbst auf die Suche.
Margaret Rutherford, Stringer Davies, Arthur Kennedy und Muriel
Pavlov sind einige der Schauspielre, die hier mitwirken. Es geht
das Gerücht, Agatha Christie sei mit Margaret Rutherford nicht
einverstanden gewesen. Sie habe eine kleinere, zierlichere Frau
als Miss Marple erwartet.
Vergleiche mit dem Original verbieten sich hier eigentlich. Dann
wird man nämlich sehr schnell bemerken, daß sich David Pursall
und Jack Seddon als Drehbuchautoren nur bedingt daran hielten.
Der vorliegende Film ist einer der bekannteren Filme um Miss
Marple. Was auch kein Wunder ist. Margaret Rutherford ist die
beste Miss Marple geblieben. Eine würdigere Nachfolgerin ist
auch noch nicht in Sicht. Der Film bietet auch einfach nur gute
Unterhaltung. Der Film lebt dabei aus sich heraus. Er
präsentiert eine gute Geschichte, die ohne größere technische
Finessen umgesetzt wurde. So ist es auch kein Wunder, daß die
vier Filme mit Margaret Rutherford bis heute so beliebt sind.
Vier Frauen und ein Mord
Miss Marple steht in diesem Film auf den Brettern, die die Welt
bedeuten. Als sich die talentierte Detektivin um eine Rolle bei
einer drittklassigen Theatergruppe bewirbt, geht es ihr
natürlich nicht um eine Karriere als Schauspielerin. Ein
furchtbarer Verdacht ist statt dessen ihre Antriebsfeder: Auch
im wahren, wirklichen Leben spielt einer ihrer Kollegen die
Rolle des Mörders.
Margaret Rutherford spielt hier die Hauptrolle. Sind die anderen
Akteure solide und durchschnittliche Schauspieler, ragt
Rutherford mit ihrem Können doch weit heraus. Ob das Drehbuch
wohl gezielt für sie geschrieben wurde?
Ob das Drehbuch sich an einer Originalvorlage orientiert, sei
einmal dahingestellt. Der Film ist jedenfalls gute Unterhaltung.
Der Film bietet noch die gute alte Erzählkunst, die noch ohne
technische Tricks auskommt. Mord in einer Theatertruppe - die
Idee erscheint nicht neu. Ein beschränkter Personenkreis, der
als Täter in Frage kommt, einige wenige Motive - fällt dem
Autoren nichts besseres ein, kann er auf dieses Gemenge
zurückgreifen. Die Geschichte wirkt an vielen Stellen auch
vorhersehbar. Macht aber nichts. Trotz aller Schwächen ist es
immer noch ein unterhaltsamer, sehenswerter Film, wenn man diese
Art Krimis mag.
Mörder ahoi
Nach außen hin ist es eine schwimmende Erziehungsanstalt für
jugendliche Straftäter. Doch hinter den Kulissen ist einiges
faul auf der ?HMS Battledore�. In Wahrheit ist sie ein
Ausbildungslager für zukünftige Schwerverbrecher. Der Betrüger
möchte um jeden Preis verhindern, daß Miss Marple das Geheimnis
lüftet.
Nicht nur Margaret Rutherford, sondern auch Schauspieler wie
Stringer Davies und Lionel Jeffries spielen hier mit. Eine
Originalvorlage für den Film gibt es nicht. Die Geschichte ist
der Phantasie von David Pursall und Jack Seddon entsprungen. Sie
sind die Drehbuchautoren.
Wie gewohnt bietet der Film gute Unterhaltung. Wie bei den Miss
Marple - Filmen gewohnt darf man aber auch keine allzu großen
Ansprüche an den Film stellen. Die schauspielerischen Leistungen
sind zwar solide; die Handlung ist aber irgendwie vorhersehbar
und ganz auf Miss Marple / Margaret Rutherford zugeschnitten.
Die Polizei ist naiv, blauäugig und gutgläubig während die
schrullige, kauzige Alte als Privatdetektivin schlau und
gerissen ist. Ist die wirkliche Polizei auch so? Kaum zu
glauben, daß sich die Polizei im wirklichen Leben auch so
anstellt. Neben einer gewissen Portion Humor besitzt der Film
also fast schon parodistische Züge.
Der Wachsblumenstrauß
Mr. Enderby ist wohlhabend und unbeliebt. Nach seinem Tod kommen
seine Erben zur Testamentseröffnung zusammen. Es herrscht wenig
Trauer; die Vorfreude auf ein beträchtliches Vermögen herrscht
vor. Nur Tante Cora spricht ein offenes Geheimnis an: Es war
Mord aus reiner Habgier. Prompt ist sie das nächste Opfer.
Neben Margaret Rutherford spielen auch Schauspieler wie Stringer
Davis, Robert Morley und Flora Robson mit.
James P. Cavanagh ist der Drehbuchautor, der das Drehbuch für
diesen Film vorlegt. Inwieweit hielt er sich an die
Originalvorlage? Kam darin beispielsweise ein Reithotel vor? Ein
Vergleich zwischen Vorlage und filmischer Umsetzung wäre schon
spannend. Trotz aller dichterischer Freiheit scheinen wenigstens
die Grundzüge der Original - Geschichte, so wie sie in der
Inhaltsangabe oben wiedergegeben sind, im Film enthalten zu
sein. Ein gewisser Wiedererkennungseffekt ist also vorhanden.
Natürlich ist die Polizei in diesem Film erschreckend naiv und
einfältig. So kann Miss Marple als kauzige, aber intelligente
Privatdetektivin glänzen und den Fall fast schon im Alleingang
lösen. Die Geschichte ist jedenfalls ganz auf sie zugeschnitten.
Miss Marple ist eindeutig der Held.
Tut man dem Krimi Unrecht, wenn man ihm parodistische Züge
unterstellt? Wahrscheinlich nicht. Die Figuren wirken ein wenig
zu überzeichne, um wirklich zu überzeugen. Mr. Stringer ist zu
ängstlich und besorgt, Inspektor Craddock zu unbeholfen und
naiv. So benimmt sich niemand im wirklichen Leben. Diese
Vermutung wird durch die Figur des Hector Enderby unterstützt.
Sie zeichnet sich durch humoristische Züge aus. Im Original ist
sie jedenfalls nicht in dieser Form vorhanden. Sie würde nicht
zum Stile Christies passen.
Alles in allem bietet der Film gute Unterhaltung. Viel Tiefgang
ist zwar nicht vorhanden; wer Krimis mag, wird den Film durchaus
schätzen. Es ist die gekonnte Art des filmischen Erzählens, der
gefällt. Spannung wird hier nicht durch technische Tricks oder
blutrünstige Action erreicht. Die Geschichte lebt vielmehr aus
sich heraus.
Was soll man sonst über einen Film erzählen, der in der
Öffentlichkeit als Klassiker gilt? Eigentlich nicht viel. Nur
daß die Miss Marple - Filme in unregelmäßigen Abständen immer
noch im Fernsehen wiederholt werden. offensichtlich haben sie
eine Fangemeinde, die sich schätzen. Was kann einem Film
besseres passieren?
Filmbesprechungen
Hitchcock Der unsichtbare Dritte
Er spielt einen braven Werbefachmann, der irrtümlich für einen
Spion gehalten wird: Cary Grant wird in einer seiner besten
Rollen quer durch die USA gejagt - bis er am Mount Rushmore
baumelt, jenem Felsen, in den die Köpfe von 4 amerikanischen
Präsidenten gemeißelt sind.
Ein Mann wird quer durch die USA gejagt. Diese Idee ist bei
Hitchcock nicht neu. Die Grundidee findet sich schon im Film
Saboteur aus dem Jahre 1942. Im Saboteur wird die New Yorker
Freiheitsstatue dem Übeltäter zum Verhängnis. Beim unsichtbaren
Dritten fällt der Schurke vom Mount Rushmore.
Das Bild der Frauen wird im unsichtbaren Dritten, glaubt man der
Filmkritik, negativ gezeichnet. Es gibt eine unheilvolle
Liebesgeschichte. Die Heldin verleugnet ihre Liebe. Sie ist
sogar bereit, ihren Geliebten dem Verderben auszuliefern. Die
Frau hält ihre Pflicht dem Staat gegenüber für wichtiger als
ihre Liebe.
Soweit zur Informationen, wie sie in einer Biographie über
Hitchcock geliefert werden. Viel ist da nicht über den Film zu
erfahren, nicht wahr? Als Zuschauer sieht man sich also
genötigt, sich eine eigene Meinung jenseits allen Wissens zu
bilden.
Was soll man von dem Film halten? Nun ja, jenseits aller
Plausibilität und Wahrscheinlichkeit erzählt Hitchcock eine
unterhaltsame und spannende Geschichte, die alleine schon durch
ihre spektakulären Szenen in Erinnerung bleibt. Cary Grant
flieht vor einem angreifenden Flugzeug in en Maisfeld. Cary
Grant baumelt am Mount Rushmore. Und ansonsten?
�Außer Spesen nichts gewesen,� meint der Volksmund. Wie im
amerikanischen Unterhaltungskino der 1950er Jahre üblich hastet
der Hauptdarsteller von einem Abenteuer zum anderen. Und bleibt
schön an der Oberfläche. Unterhaltung verträgt keine Kritik,
weder an der Gesellschaft noch an irgend etwas anderes. Aber was
soll`s? es sind 2 Stunden, die schnell vorübergehend. Damit hat
der Film seinen Zweck erfüllt.
Hitchcock Familiengrab
George ist ein arbeitsloser Schauspieler und Taxifahrer.
Zusammen mit seiner Freundin Blanche Taylor vagabundiert er
durch das Leben. Sie wittern die Chance ihres Lebens, als sie
die reiche Miß Rainbird kennenlernen. Die alte Dame ist auf der
Suche nach ihrem verschollenen Neffen. Schließlich geht es um
ihr Erbe. Doch als der Erbe gefunden ist, entpuppt er sich als
Entführer eines Bischofs. Eine sentimentale alte Tante kann er
nun am allerwenigsten gebrauchen. Aus Angst, das junge Pärchen
könnte seine dubiosen Geschäfte aufdecken, beschließt er, George
und Blanche umzubringen
Eine herrlich schräge Geschichte liefert Hitchcock hier ab.
Neben einer gehörigen Portion Humor ist auch für jede Menge
Spannung gesorgt. Der Film bietet also gute Unterhaltung.
Der Stoff basiert auf dem Roman ?The Rainbird Pattern� von
Victor Canning. Nach dem Erfolg des Filmes ?Frenzy� (1972)
brauchte Hitchcock über 1 Jahr, um zusammen mit Ernest Lehman
das Drehbuch zu erstellen. Jeder Kamerawinkel, jeder
Hintergrund, jede Nuance und jede Einstellung waren darin
festgelegt.
?Das Familiengrab� ist der dreiundfünfzigste und auch letzte
Film des britisch - amerikanischen Regisseurs. Zu jener Zeit
waren Horrorfilme wie ?Der Exorzist� oder ?Der weiße Hai� sehr
populär. Hitchcock bleibt aber seinem Stil treu. Er produziert
nicht nur Kino auf der Leinwand, sondern auch Kino im Kopf.
Explodierende Autos, schießende Banditen und andere Elemente des
Actionfilms kommen hier also kaum vor. Sie sind einfach nicht
Hitchcock`s Stil So macht es wirklich Spaß, seinen Filmen
zuzusehen.
Tote schlafen fest
Philip Marlowe ist ein abgehalfterter Privatdetektiv. Er soll
einen scheinbar unspektakulären Erpressungsfall aufklären. Und
wohin führen ihn seine Ermittlungen? Es ist ein Sumpf aus
Korruption, Rauschgiftschmuggel und Gewalt, der sich vor Marlowe
auftut.
Humphrey Bogart ist hier einer der Hauptdarsteller. Er ist damit
auch ein Garant für gute Unterhaltung. Gehört der Film nun
tatsächlich zur sogenannten ?Schwarzen Serie�, die den
hartgesottenen, rauhen, realitätsbezogenen Detektiv in den
Vordergrund stellt? Filmwissenschaftler werden dies
wahrscheinlich bejahen.
Bogart paßt wie maßgeschneidert in diese Rolle. Allein sein
schauspielerisches Können sichert schon eine gewissen Qualität.
Ansonsten muß man als Zuschauer diese Art der Detektivgeschichte
mögen, um sie gut zu finden. Es ist eben die amerikanische
Krimitradition: Die Maxime ?Erst schießen, dann reden, dann
denken� ist im europäischen Krimi so ziemlich unbekannt.
Es sind bestimmte Eigenarten, die dem Auge des Betrachters
mißfallen. In Filmen wie diesem verwischen die Grenzen zwischen
Gut und Böse, Richtig und Falsch zu leicht. Welcher puritanische
europäische Krimifan würde schon einen Detektiv dulden, der eine
Pistole mit sich führt, möglicherweise schießt, sogar Menschen
erschießt und die Gerechtigkeit selbst in die Hand nimmt?
Welcher seriöse europäische Detektiv würde die Handlung schon
nach dem Prinzip ?Zufall� ablaufen lassen? Und welcher seriöse
europäische Detektiv würde schon den Plot verpassen, indem er
die Handlung zusammenfassen und seine eigene Leistung
hervorheben kann? So gesehen verstößt der Film gegen sämtliche
Regeln der Detektivgeschichte. Doch was soll`s? die Geschichte
bietet spannende Unterhaltung. Und mehr kann man ja von einem
Film ja nicht verlangen, oder?
Hitchcock: Ich beichte
Es ist Nacht im französischsprachigen Teil Kanadas. Da geschieht
ein Mord. Ein Mann in einer Priester - Soutane eilt durch die
dunklen Straßen. Der Mörder beichtet einem echten Priester die
Tat. Michael William Logan - so heißt der Priester. Er nimmt dem
Mörder das Versprechen ab, sich der Polizei zu stellen. Es ist
ein Versprechen, das nicht eingelöst werden soll. Und plötzlich
steht Logan selbst unter Verdacht. Seine Vergangenheit holt ihn
dabei ein. Entlastungsargumente darf er aber auch nicht
vorbringen. Schließlich ist er an das Beichtgeheimnis gebunden.
Auch als ihm der Prozeß gemacht wird und der elektrische Stuhl
droht, bleibt er standhaft.
Die Geschichte? Na ja. Schließlich ist der Mörder von Anfang an
bekannt. Es geht also mehr darum, wann und wie der Mörder seiner
Strafe zugeführt wird. Die Handlung lebt mehr von der
schauspielerischen Leistung von Leute wie einem jungen Karl
Malden oder Montgomery Clift.
Filmwissenschaftler wären sicherlich in der Lage, interessante
Details über den Film und sein Entstehen zu erzählen. Er ist
sicherlich nicht der bekannteste Film Hitchcocks. Dafür fehlen
auch die Schocker - Elemente der späteren Filme, die Hitchcock
so berühmt machen sollten. Schlecht ist der Film deswegen noch
lange nicht. Er bietet gute und solide Unterhaltung. Wie er
handwerklich gestaltet ist, spielt für den interessierten
Zuschauer nur eine untergeordnete Rolle. Offensichtliche Fehler
sind hier nicht zu erkennen.
Schuld und Sühne ist hier das zentrale Thema. Was ist Recht, was
Unrecht? Wieviel persönliches Glück steht einem Menschen zu? Und
zu welchen Mitteln darf ein Mensch greifen, um sein persönliches
Glück zu erreichen? Frei formuliert könnte man die Lösung beim
guten alten Kant finden: Finde so viel Glück, wie du brauchst,
ohne deinem Mitmenschen Schaden zuzufügen.
Hitchcock Cocktail für eine Leiche
Gibt es den perfekten Mord? Brandan und Philip möchten es
herausfinden. Also erdrosseln sie ihren Studienfreund David in
ihrer Wohnung. Sie verstauen die Leiche in einer Bücherkiste.
Seelenruhig empfangen sie eine halbe Stunde später Gäste, die
der Ermordete Tage zuvor eingeladen hatte. Auch Professor Cadell
kommt. Im Verlauf der Unterhaltung fallen ihm aber einige
merkwürdige Dinge auf - ohne Zusammenhang und zunächst nur vage.
Doch dann häufen sich die Indizien, daß hier etwas nicht mit
rechten Dingen zugeht.
?Rope`s End� heißt ein Bühnenstück von Patrick Hamilton. Es
diente als Vorbild für diesen Film. Hitchcock drehte den
kompletten Film auf einer einzigen Tonbühne bei Warner Brothers.
Das wirkliche Leben lieferte das Vorbild für den Film. Leopold
und Loeb waren zwei reiche, junge Intellektuelle, die in Chicago
einen 14jährigen Jungen umbrachten. Ihr Motiv? Sie suchten den
Nervenkitzel.
Der Film erforderte genaue Vorbereitungen. Jede Bewegung der
Kamera und Schauspieler wurden während der Proben genau
ausgearbeitet. Die Bewegungen werden einer großen Tafel
festgehalten und auf dem Boden markiert. Tische und Stühle
wurden ständig entfernt. So sollten die Kamerabewegungen
erleichtert werden.
Und das Ergebnis? Es ist einer der wenigen Filme, dessen
Handlung nur in einem einzigen Raum spielt. Wie bei Hitchcock
üblich, fehlt hier jegliche blutrünstige Action. Das Vergnügen
ist also eher geistiger Art. Von daher sollte jeder Zuschauer
selbst entscheiden, ob er den Film sehen möchte oder nicht.
Hitchcock Der Geheimagent
Edgar Brodie ist britischer Offizier. 1916 reist er als
Geheimdienstagent Richard Ashenden in die Schweiz. Er soll dort
einen deutschen Spionagering unschädlich machen. Kaum in Genf
angekommen, trifft er dort Elsa Corrington und den ?General�.
Sie sollen ihm bei seiner Aufgabe helfen. Doch der erste Schlag
schlägt fehl. Er trifft die falsche Person. Das Trio tötet nicht
den Kopf der feindlichen Agenten; statt dessen findet ein
Unschuldiger den Tod. Es ist der smarte Amerikaner Robert
Marvin, der letztendlich als Anführer der Bande entlarvt wird.
Die ganze Bande wird dann in einem Zug auf einen Schlag zur
Strecke gebracht.
Peter Lorre ist sicherlich ein Schauspieler, der hier in
Deutschland sicherlich noch bekannt ist. Er wirkt hier mit.
Um den Film richtig würdigen und einordnen zu können, seien die
Begleitumstände seines Entstehens hier erzählt. Hitchcock wurde
1934 Vertragsregisseur bei der britischen Produktionsfirma
Gaumont - British. Die britische Filmindustrie befand sich
damals in einer wirtschaftlichen Hochphase. Doch es waren wohl
nicht nur ökonomische Gründe, die Hitchcock bewogen, gerade
jetzt (wieder) zum Film zu gehen. War Hitchcock zuvor ein
glücks- und erfolgsloser Regisseur gewesen, der unbefriedigende
Filme drehte, sollte er nun fünf Filme für Gaumont drehen. Bei
Gaumont fand Hitchcock wohl eine gute technische Ausstattung
vor. Sein Chef ließ ihm freie Hand. Also konnte Hitchcock
loslegen.
?The man who knew too much�, �The thirty - nine steps�, �Secret
agent�, �Sabotage� sowie �Young and innocent� heißen die Filme.
Sie gelten als die wichtigste und erfolgreichste Schaffenszeit
in England. Hitchcock fand auch sein Metier: den Thriller. Hier
kann er eine Geschichte in seinen Filmen erzählen. In den Filmen
bei Gaumont handeln sie von Agenten und Spionage..
wieso Lorre als Schauspieler interessant ist? Er mußte vor den
Nazis in Deutschland fliehen. Er unterstreicht die
zeitgeschichtliche Bedeutung der Filme. ?Das Publikum
interessiert sich im Kino nicht für die Politik,� wird Hitchcock
in einer Biographie von Bernhard Jendricke zitiert. Dennoch gibt
es in den fünf Filmen durchaus zeitgenössische Anspielungen auf
die faschistischen Diktaturen in Europa.
Jendricke interpretiert die Grundsituation der Filme anders.
Chaos lauert hinter der Fassade der Ordnung. Die sichere,
stabile Welt wird durch das Verbrechen in Frage gestellt. Angst
kommt hervor. Ungewollt sehen sich die Protagonisten einem
Konflikt gegenüber. Wie sollen sie sich zwischen ihren eigenen
Bedürfnissen und ihren Pflichten dem Staat und Gesellschaft
gegenüber entscheiden?
Eine Stätte der Zuflucht, in denen diese Konflikte unwichtig
sind, gibt es nicht. Normalerweise garantiert die Schweiz
Stabilität, Neutralität und Sicherheit. In den Hitchcock`schen
Filmen ist diese traditionelle Welt der Unschuld bedroht. Auch
vermeintlich unumstößliche Werte wie Aufrichtigkeit und
Gerechtigkeit gelten nicht mehr. Soll das Böse bekämpft werden,
muß auch der Held zu den selben verwerflichen Methoden wie der
Bösewicht greifen. Die Charaktere verbergen ihre wahren
Absichten hinter einer Maske; Intuition ist wichtiger als Logik.
Nur ihre persönliche Integrität führt die Helden zum Ziel.
Soweit zur Theorie. Und was sieht der unbefangene Zuschauer?
Gute Unterhaltung wird hier geboten. Da dem Film noch viele
moderne technische Hilfsmittel fehlen, ist solide handwerkliche
Arbeit gefragt. Die Handlung bewegt sich also immer im Rahmen
dessen, was einigermaßen plausibel und bekannt erscheint. Ist
der Film deswegen vielleicht langweilig.
Der zerrissene Vorhang
Michael Armstrong ist ein amerikanischer Professor für Physik.
Er möchte an eine bestimmte Formel kommen. Dafür setzt er sich
mit seiner Verlobten nach Ost - Berlin ab. Dort hält man ihn für
einen Überläufer. Also ist Armstrong zunächst willkommen. Schon
bald findet er den Professor mit der begehrten Formel. Armstrong
schreckt dabei vor keinem Mittel zurück, um an die Formel zu
kommen. So kommt ihm der Staatssicherheitsdienst sehr schnell
auf die Schliche. Die Stasi beginnt, ihn zu jagen. Schließlich
soll Armstrong aus dem Weg geräumt werden.
Paul Newman und Julie Andrews spielen in diesem Film mit. Andrew
soll zugegeben haben, sie habe die Rolle nur deswegen
angenommen, um einmal mit Hitchcock arbeiten zu können.
Hitchcock werden Zweifel hinsichtlich Newmans Eignung
nachgesagt. Ist Newman vielleicht zu jung, um einen
Kernphysiker, einen renommierten Wissenschaftler zu spielen?
Also überprüfte Hitchcock die Daten amerikanischer Physiker.
Dabei stellte er fest, daß einer der führenden Wissenschaftler
des Landes erst 32 Jahre alt ist .Newman ist älter als er.
Hitchcock war beruhigt.
Spionage sei ein dreckiges Geschäft. Glaubt man Hitchcock, ist
dies das Thema des Filmes. ?Das Publikum kann sich mit der
Hauptperson identifizieren und selbst sehen, wie ekelhaft und
gemein das alles ist. Ein Spion ist ein Held im eigenen Land,
aber ein Schurke im feindlichen Land,� wird Hitchcock zitiert.
?Der zerrissene Vorhang� war Hitchcocks fünfzigste Produktion.
Es ist eine spannende Produktion. Natürlich sagt der Verstand:
?Spionage verläuft nie so dramatisch und aufregend. In Wahrheit
dürfte die Arbeit viel diskreter und unauffälliger erfolgen.�
Doch diese Mischung aus Liebe, Leidenschaft und Abenteuer ist
für das Kino wahrscheinlich besser geeignet als jede
Beschreibung der Wirklichkeit. Einen kleinen Wehrmutstropfen hat
die vorliegende Handlung allerdings. Sie wirkt so, als ob Anfang
und Ende zu offen sind - sieht man den Film zum ersten Mal,
bekommt man schnell den Eindruck, der Film setzte ohne
Vorwarnung in einer Handlung ein. Wer spioniert da warum für
wen? Dies ist unklar - und bleibt es auch bis zum Ende. Es ist
nicht so ganz klar, ob Armstrong nun auf eigene Faust oder mit
der (nicht eingestandenen) Rückendeckung der amerikanischen
Regierung handelt. Dies macht die Motive für sein Handeln etwas
undurchsichtig. Auch die Frage, ob sich die Mühen alle lohnten,
wird letztendlich nicht beantwortet. Der Film endet, bevor
Armstrong die Formel nutzen kann. Wäre das nicht das wirkliche
Happy - End gewesen?
Man sagt Hitchcock nach, er habe das Genre des Spionagefilms mit
seinen Filmen entscheidend geprägt. Eine Aussage, die durchaus
verständlich ist. Wer erwartet nicht eine durchdachte Handlung,
Dramatik, Liebe und sogar ein wenig Action in einem Spionagefilm
Natürlich bietet der Film heute mehr technische Möglichkeiten
als zu Hitchcocks Zeiten. Von daher bietet Hitchcock (natürlich)
die ganze Bandbreite der Erzählkunst auf. Daß dabei auch der
Geschmack Hollywoods bedient werden mußte, ist natürlich auch
klar. Dem Film tut dies aber keinen Abbruch. Alles in allem ist
er ein sehenswerter Film.
Alfred Hitchcock: Im Schatten des Zweifels
Charlie Oackley ist ein charmanter, verführerischer Mann. Er ist
aber auch ein Killer, der auf der Flucht vor der Polizei ist. So
reist er von Philadelphia nach Kalifornien. Santa Rosa ist dort
eine schläfrige Kleinstadt. Dort will er bei Verwandten einen
Unterschlupf und Ruhe finden. Die ?kleine Charlie� ist seine
Nicht. Leider ist sie nicht ganz so naiv wie angenommen. Sie
hält ihren Onkel schon bald für den gesuchten Witwenmörder. Mit
ihrer Neugierde bringt sie ihn schnell in Schwierigkeiten. So
muß Oackley den Mord an seiner eigenen Verwandten planen.
Joseph Cotton ist sicherlich der bekannteste Schauspieler, der
hier mitwirkt. Der Film ist bestimmt nicht der berühmteste Film
Hitchcocks. Zu brav, zu unspektakulär, zu bieder ist er. ?Worauf
der Film hinausläuft, ist, daß die Bösen nicht ganz schwarz sind
und die Helden nicht völlig weiß,� soll Hitchcock den Film
beschrieben haben. ?Onkel Charlie liebte seine Nicht wirklich,
aber nicht so sehr wie sie ihn. Und doch muß sie ihn vernichten.
Um es mit Oscar Wilde zu sagen: `Man zerstört, was man liebt.Ž�
Die Idee zu dem Film stammt von dem Schriftsteller Gordon
McDonell. Als er Urlaub in der High Sierra machte, hatte er eine
Wagenpanne. In der kleinen Stadt Hanford mußte er und seine Frau
auf die Reparatur des Wagens warten. In dieser Zeit dachte sich
die McDonell die Geschichte aus.
Bei der Suche nach einem geeigneten Haus wurde Hitchcock in
Santa Rosa fündig. Ein bürgerliches Haus in einer bürgerlichen
Gegend - das Haus paßte genau zu der Beschreibung in Drehbuch.
Es wartete aber eine Überraschung auf ihn: Die Besitzer des
Hauses wollten ihr Haus auf der Leinwand im besten Lichte
erscheinen lassen. Also ließen sie es renovieren und neu
streichen. Ein schöner Schreck für Hitchcock! Nun mußten die
Studioarbeiter Žran und das Haus wieder in den gewohnten
früheren Zustand versetzen.
Gute Unterhaltung bietet der Film, mehr aber auch nicht. Eine
gut erzählte Geschichte bekommt der Zuschauer geboten. Wie
bereits gesagt: Die Geschichte wird brav und unspektakulär
erzählt. Im Vergleich zu anderen Filmen ist dieser Film fast
schon betulich - keine rasante Action, keine Liebesszenen
gestaltet den Film spannend. Aber egal. Wer das Gesamtwerk
Hitchcocks kennen möchte, sollte auch diesen Film sehen.
Psycho
Marion Crane ist eine junge Frau, die vom Unglück verfolgt ist.
In ihrer Partnerschaft steht es nicht zum Besten. In dieser
Situation unterschlägt sie Geld ihres Arbeitgebers und
verschwindet dann spurlos. Als sich ein Privatdetektiv und dann
ihre Schwester auf die Suche nach Marion machen, stoßen sie auf
ein dunkles Geheimnis...
Anthony Perkins, Janet Leigh und Vera Miles sind nur einige der
Schauspieler, die in diesem Film mitwirken. Der Film aus dem
Jahre 1960 zählt bestimmt nicht nur zu den Meisterwerken,
sondern auch zu den Höhepunkten in Hitchcocks Lebenswerk.
?Allein die Duschszene erforderte drei Tage Dreharbeiten mit
siebzig unterschiedlichen Kameraeinstellungen, bis die 45
Sekunden lange, unvergeßliche Szene zu Hitchcocks Zufriedenheit
ausgefallen war. In der endgültigen Version sieht der Zuschauer
keine entblößte Brust oder gar einen Messerstich. Ihre
schockierende Wirkung beruht einzig und allein auf durch
geschickte Montage erzeugte Illusion,� kann man beispielsweise
erfahren, wenn man sich die Werbung für den Film, der -
selbstverständlich - auch als Video erhältlich ist, durchliest.
Bei entsprechender Recherche könnte man sicherlich sehr viel
über die Entstehung des Films erzählen. Doch ist dies unbedingt
notwendig? Nein. Eigentlich nicht. Wahrscheinlich genausowenig
wie eine psychologische Analyse der Person Norman Bates. Eine
Frage an den Zuschauer: Warum nicht einfach den Film auf sich
wirken lassen?
Wie erzählt man eine Geschichte? Für den Schriftsteller ist die
Arbeit einfach. Ein Wort fügt er dem anderen hinzu. Seine größte
Sorge: daß die Worte in der richtigen Reihenfolge stehen. Hört
sich einfach an, nicht wahr? Ob man das wohl auch auf einen Film
übertragen kann? Das Rezept sieht auf den ersten Blick ganz
einfach aus. Ein gutes Drehbuch, gute Schauspieler, ein guter
Regisseur, eine gute technische Ausrüstung (einschließlich
Leute, die sie bedienen können) gehören zu den Zutaten. Die
Zubereitung dürfte dann eigentlich kein Problem mehr sein.
Oder doch? Anscheinend schon. Die Zeiten, in denen ein Film eine
gute Geschichte mit scheinbar leichter Hand erzählt, sind wohl
offensichtlich schon lange vorbei. So manche Filmgeschichte, die
heute erzählt wird, wirkt konstruiert und albern.
Doch woran erkennt man einen guten Film? Natürlich ist der
eigene Geschmack entscheidend. Wie plausibel ist die Geschichte?
Ist sie stimmig? Sachen wie Kameraführung, Beleuchtung,
schauspielerische Leistung, Ausstattung oder Filmmusik sind von
einem Laien wohl nur schwer zu beurteilen; in dem vorliegenden
Film paßt alles perfekt zusammen. Warum also nicht den Film
einfach nur auf sich wirken lassen?
Die Vögel
Als die schöne und verwöhnte Melanie Daniels dem begehrten
Junggesellen Mitch Brenner nach Bodega Bay folgt, wird sie ohne
sichtbaren Grund von einer Möwe angegriffen. Plötzlich suchen
Tausende von Vögeln die Stadt heim. Sie lauern Schulkindern und
Anwohnern auf. Sie verüben diverse unbegreifliche Angriffe. Bald
müssen Mitch und Melanie gegen die Macht einer unkontrollierten
Naturgewalt, für die es offenbar keine Erklärung gibt, um ihr
Leben kämpfen.
Es sollte drei Jahre dauern, bis dieser für die damalige Zeit
technisch extrem aufwendige und komplizierte Film fertig war.
370 Trickaufnahmen waren erforderlich. Zahlreiche Neuerungen für
Spezialeffekte und Geräuscheffekte waren erforderlich, um einen
qualitativ hochwertigen Film entstehen zu lassen. So berichtet
es zumindest die Werbung für den Film.
King Kong, Der Planet der Affen, Kommissar Rex, Fury, Lassie -
Filme mit Tieren waren immer schon beliebt. Vom weißen Hai
einmal abgesehen waren es in der Regel familientaugliche
Geschichten. Die Tiere sind oft genug freundliche Geschöpfe, die
uns Menschen helfen. Selten genug: In diesem Film sind die Tiere
ein unbekannte Bedrohung, die schlecht eingeschätzt werden kann.
Nehmt Rücksicht auf die Natur! Treibt keinen Raubbau an ihr!
Sind das die Aussagen des Films? War Hitchcock ein früher
Grüner? Wer Biographien von Hitchcock liest, wird immer wieder
gesagt bekommen, daß Hitchcock politische Aussagen in seinen
Filmen vermied. Hinzu kommt: Anfangs der `60er Jahre war das
Umweltbewußtsein noch nicht so ausgeprägt wie heute. Mit
politischer Aussage ist also nix.
Vielleicht würde man dem Film auch einfach nur Unrecht tun, wenn
man versucht, ihn übermäßig zu interpretieren. Langsam und
bedächtig erzählt Hitchcock die Geschichte. Wie schon in vielen
anderen Filmen zuvor gerät hier der Held in eine Geschichte, die
er nicht möchte und auch nicht selbst beeinflussen kann. Hilflos
ist er den Mächten der Natur ausgeliefert.
Der Bolero von Maurice Ravel. Ganz still und leise fängt er an.
Dann steigert er sich peu-a-peu. Und am Ende geht er mit einem
Paukenschlag zu Ende. Hitchcocks Dramaturgie verläuft ähnlich.
Etwa 90 Minuten braucht der Regisseur, um zum dramatischen
Höhepunkt der Geschichte zu kommen.
Schockierend! Horror! Hölle! Worte wie diese sind durchaus
angebracht für den Film. Hitchcock ist hier auf dem Höhepunkt
seines Schaffens. Kassenschlager gab es seitdem viele.
Vergnügliche oder spannende Filme sind es zumeist. Doch die
wenigsten sind so atmosphärisch dicht, mit einer so greifbaren
Angst, mit einem so greifbaren Horror. Mit Hitchcock ist ein
großartiger Regisseur von der Bühne des Lebens abgetreten. |