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Vier Mal 150 sind (fast) eine 600-Jahr-Feier
Stephan Sadowski

Duisburg, 02. September 2015 - Zum 150. Geburtstag spielte Jürgen Kuns Stücke von Sibelius, Nielsen, Glasunow und Lemare in der Hochemmericher Christuskirche.

Es war wie eine 600-Jahr-Feier: Vier Komponisten, die genau vor 150 Jahren Geburtstag hatten, auszuwählen, das bedarf schon eines soliden Musikhistorischen Grundwissens. Jürgen Kuns hat die Auswahl der Musiker distinguiert getroffen und allen voran den aus Finnland stammenden Jean Sibelius gestellt. Denn sein im hohen Norden sehr bekanntes „Finlandia“ hat schon gewisse Züge  einer Hymne. Kuns hatte die Orgelversion des Engländers H. P. Fricker  zu dem ursprünglich chorischen Orchesterstück ausgesucht, das so heroische Sätze aus den Chorälen wie „Die Sonne geht auf und Finnland wird groß und stark“ in sich birgt. Ursprünglich wurde das Stück aus Anlass der finnischen Unabhängigkeitsbewegung von Russland um 1899 geschrieben, quasi als letzter Teil von Sibelius „Press Celebrations Music“, in der er sich fürs Vaterland engagierte.

Bei der „Intrada op. 111“ handelt es sich um ein Orgelwerk, das Sibelius zwischen seiner sechsten und siebten Sinfonie im Jahr 1925 entwickelt hatte und neben spätromantischer Momente auch tonale Züge trägt. „Sie war ursprünglich für einen Festgottesdienst anlässlich eines Besuches des schwedischen Königspaares in Helsinki gedacht“, erklärte Kuns den wenigen Besuchern. Deswegen kam es auch bei Kuns Interpretation in der Christuskirche recht pompös daher.

Beim Stück „Commotio op. 58“ des in Dänemark geborenen Komponisten Carl Nielsen spielte Kuns an seiner Orgel einen langen sich schleppenden Orgelpunkt, in dem die Harmonik bis zum Zerbersten gedehnt wurde, um anschließend in fugalen Motiven vom 12/8  in den ¾ -Takt zu wechseln. Dabei arbeitete Kuns das dynamische Thema immer wieder mit seinem Spiel heraus, mal über die Basspfeifen, sowie über die höher gestimmten Flötentöne.
Der dänische Komponist Nielsen stammte aus armen Verhältnissen, sein Vater war Anstreicher, aber er war ein musikalischer Wunderknabe, der früh mit dem Violinenspiel begann. Später studierte Carl Nielsen am Königlichen Konservatorium in Kopenhagen und komponierte unter anderem viele Stücke für Streicher, sowie Orgel.
„Sein Stil entwickelte sich von einer anfangs durchaus romantischen Tonsprache zu einem linear geprägten Stil mit lyrischen Momenten“, fachsimpelte Kuns. Jedenfalls, „Commotio“ vermittelte genau die Bewegung, die die Übersetzung des lateinischen Titels mit sich bringt.

Wenn er nicht im Jahr 1936 gestorben wäre, so hätte der Russe Alexander Glasunow auch seinen 150. Geburtstag zu dieser Zeit zelebrieren können. Glasunov war privater Musikschüler bei Rimsky-Korssakow und lieferte schon mit 17 Jahren seine erste Sinfonie ab. Die „Fantaisie op. 110“, die Kuns im folgenden intonierte, besteht aus einem Grundmotiv, einer fallenden Quarte, die mit einem Choralfragment als Nebenthema verwoben wird.
„Seine drei Orgelkompositionen weisen die barocke Form auf, die Glasunow aus den Werken Bachs und Buxtehudes eingehend studiert hatte“, erklärte Kuns den etwa 20 Zuhörern, die aber auch schon tonale Züge in den Fugen der „Fantaisie“ wahrnahmen. Übrigens sei dieses 1935 kurz vor Glasunows Tod entstandene Orgelwerk dem französischen Orgelvirtuosen Marcel Duprè gewidmet gewesen.

Mit dem „Scherzo“ des Engländers Edwin Henry Lemare machte Jürgen Kuns die 600-Jahr-Feier der vier Komponisten komplett und 20 Orgel interessierte Zuhörer bekamen noch dazu  musiktheoretische Grundlagen vom Kirchenmusiker Jürgen Kuns vermittelt.