Duisburg,
12. Oktober 2015 - In den 1970ern war es en vogue nach
Indien zu fahren, dort zu meditieren und Yogaübungen zur
eigenen Erleuchtung zu trainieren. Eben, weil der Zeitgeist
dieses Love-, Peace- and Happiness-Gefühl implizierte,
suchte George Harrison von den Beatles dort nicht nur sein
Heil in der Entspannung, er konvertierte zum Hinduismus und
lernte das Sitar-Spiel beim Meister für dieses Instrument,
Ravi Shankar, in Kaschmir höchstpersönlich. Der
Inder Ravi Shankar beeinflusste maßgeblich auch andere
westliche Musiker, wie den Jazz-Gitarristen John Mc Laughlin
zum Fusion-Projekt „Shakti“.
In dieser Tradition
steht Matyas Wolter, Sitar-Spieler vom Pulsar Trio aus
Potsdam und Dresden. Der introvertierte Musiker fährt seit
2004 nach Kalkutta und lernt dort bei seinem Sitar-Lehrer
Techniken auf dem Instrument. Und dieses Wir-Gefühl sei auch
heute noch vorhanden in der Millionnen-Metropole: „Da kommen
unwahrscheinlich viele verschiedene Musik-Strömungen
zusammen und ein reger Austausch zwischen westlichen und
indischen Ideen findet da heute noch statt“, sagt der
Potsdamer Musiker. Einmal im Jahr fliege er dorthin, dann
aber meist für drei Monate, insgesamt habe er in Kalkutta
schon mehr als drei Jahre beim Lernen der Sitar und
Meditation verbracht.
So beeinflusst er maßgeblich
den Sound des Pulsar Trios, den man als Global-Pop-Musik
bezeichnen könnte. Für die Strukturen sei aber mehr die
Pianistin Beate Wein zuständig, die klassisch ausgebildete
Musiklehrerin war, bevor sie mit dem Pulsar Trio jetzt
profimäßig Musik macht: „Ich kümmere mich mehr um die
Melodieparts, also Soli“, verrät Matyas Wolter. Von
diesen hat Wolter genug beim Auftritt im Keller des
Jugendzentrums Tempel und streut sie immer halbimprovisiert
in das Jazzakkord lastige Pianospiel von Beate Wein, während
Aaron Christ am Schlagzeug Unglaubliches hämmert. Und das
Pulsar Trio bringt den Keller zum Pulsieren. Da gleitet
Matyas Wolter einmal wie bei einem Glisando über die 18
Saiten seines Spielgeräts oder sorgt für diesen
psychedelischen Effekt über dieses sphärische Schnarren der
Saiten, den sogenannten „Meend-Effekt“.
Ihre
Instrumentalstücke benötigen eigentlich keinen Titel. „Haben
wir aber trotzdem gemacht, dass wir sie irgendwie
auseinander halten können“, schmunzelt Wolter. Und dann sind
es eher abstrakte, bis lustige Namen, die die drei da
entwickelt haben. Ein Stück „...but Pelzig“ takten die Drei
auf 256tel-Noten und es entwickelt sich eine wilde indische
Polka am Ende des Sets. Viele Stücke sind ihrem ersten Album
„Erpelparka-Suite“ entlehnt, andere neue Titel aus der
demnächst erscheinenden CD „Cäthes Traum“.
Ansonsten
lassen traditionelle Schwingungen, die teilweise aus
indischen Ragas verarbeitet wurden, die etwa 70
Zuschauer ihre Augen schließen und in eine kurze Trance
versetzen. Besonderes Lob gebührte dem Tontechniker Tom
Straub im Tempel-Keller. Er hat den Sound von Wolters
Bass-Sitar, einer sogenannten Surbaha, so eingestellt, dass
keine Rückkopplungen beim Spiel zu hören waren: „Tom, du
hast unser Biest gebändigt!“, lobte Beate Wein am Ende ihres
Sets. Und selbst die jungen Gäste, die in den vorderen
Reihen im Schneidersitz mitmeditiert hatten, erhoben sich
stehend und beklatschten den beeindruckenden Auftritt des
Trios.
Pulsar Trio: besteht seit 2007 aus den
Musikern Aaron Christ, Beate Wein und Matyas Wolter. 2012
erschien die erste CD „Erpelparka-Suite“, die neue „Cäthes
Traum“ kommt im November. Das Trio spielte schon beim
Glastonbury-Festival im Südwesten Englands, genau so
wie sie den „Creole“, den deutschen Weltmusik-Preis
gewannen. Im November spielen die drei bei den Leverkusener
Jazztagen mit nur noch fünf anderen Bands um den
Nachwuchspreis des Festivals.
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