Hilmi Sözer auch in „Hamlet, die
Zschäpe und ich“ von René Linke am 14.
November, im Kommatheater,
Schwarzenberger Straße, um 20 Uhr Duisburg, 03. November 2015 -
Eine Ratgeberkolumne mit einer fiktiven Person zu machen,
ist über die Zeitschrift Bravo spätestens seit „Fragen an
Dr. Sommer“ salonfähig geworden. Aber
sich real von einem türkischen langhaarigen
Schnurrbartträger, der aussieht wie ein Sexfilmdarsteller
der 70er-Jahre, dabei gänzlich ohne Brusthaartoupet
auskommt, beraten zu lassen, ist eine aberwitzige Idee der
Schweizer Kolumnistin und Buchautorin Güzin Kar.
Sie
hat auf der Facebook des Schweizer Rundfunks
in „Kolumne Jetzt“ die eigentliche Kunstfigur „Hüsnü“
geschaffen, der jetzt dort real Fragen zum alltäglichen
Leben beantwortet. In dem witzigen
Schauspieler Hilmi Sözer wird dieser liebenswert nonchalante
„Hüsnü“ leibhaftig.
„Ich finde, er lässt mir sehr
viele Möglichkeiten ihn mit der Sprache zum Leben zu
erwecken“, sagt Hilmi Sözer, der selbst in der Türkei
geboren wurde, seit dem fünften Lebensjahr in Deutschland
lebt. Und wie er es macht – es war eine Ohrenweide für die
etwa 30 Zuhörer im Café des Kommatheaters, als er mit Güzin
Kar abwechselnd Passagen aus ihrem Buch „Hüsnü hilf!“ liest.
Eine aberwitzige Form von Türksprech, manche sagen
Tiefdeutsch, entwickelt er da voller Charme, tiefem Bass und
einer wunderschönen Selbstironie, die er über die
eigenwilligen Grammatikfehler in seinem Ausdruck hinbekommt.
Und wenn er sagt: „Ich bin Feminist – alle Frauen
ist gut!“, dann glaubt man ihm, dass er maximal einen Tee
mit ihnen in einem Café trinkt und ansonsten
ein unaufdringlicher Ratgeber in allen Lebenslagen bleibt.
Erzählt wird die unterschwellige Liebesgeschichte der
Ich-Erzählerin, wie sie ihren „Hüsnü“ in einer
Bücherhandlung kennenlernt, als sie gerade ein Buch „Alles
was bleibt – ein Ratgeber für Frauen über 40“ kaufen will.
Er fällt ihr ins Wort: „Tscholdigung, was brauchen eine
Frau wie Sie eine solche Buch?“ Sätze, die das Leben der
Ich-Erzählerin verändern, und charmant gewinnt Hüsnü das
Herz der Frau, - auch der anderen im Publikum. Dafür lässt
er selbst den Ratgeber „Was brauche ich Grammatik – wenn ich
Charme habe“ links liegen, und es entspinnt sich eine
Real-Satire, in der natürlich aufgrund des
Migrationshintergrunds der beiden Lesenden auch Thilo
Sarazin sein Fett abbekommt. Allerdings karikieren beide
wunderschön die Schweizerischen Bestrebungen nach einem
Einreiseverbot für Ausländer, denn wenn Güzin Kar liest,
schimmern immer wieder Fragmente von feinstem
Schwyzerdeutsch durch. Beide begegnen sich auf
dieser witzigen platonischen Ebene als „Laien des Lebens“,
die in die Ratgeberfalle getapst sind, und kommen zu der
Erkenntnis, dass „das Alter die einzig wahre Form der
Demokratie“ sei.
Eine feine Lesung mit dem
„Sofortglück für alle“-Effekt, in der eine Kunstfigur sich
bis ins Reale vergegenwärtigte dank auch einer großen
Schauspielleistung von Hilmi Sözer. Der 45-Jährige
beantwortet selbst die Briefe oder e-mails über diese
„Kolumne Jetzt“-Seite beim facebook-Auftritt des Schweizer
Rundfunks: „Ich bekomme da immer zwei bis drei Briefe pro
Monat.“ Vielleicht jetzt noch mehr von Rat suchenden Gästen
dieser Lesung....
Demnächst: Hilmi Sözer
spielt in dem Theaterstück „Hamlet, die Zschäpe und ich“ von
René Linke am 14. November, im Kommatheater, Schwarzenberger
Straße, um 20 Uhr.
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