Duisburg, 08. Juli 2016 - „Che divertimento“ – „welch eine
Unterhaltung“, hat uns erst der Sieg der Deutschen bei der
EM über die Italiener beschert, mit dem Konzert
„Divertissement“ des Orchesters der Christuskirche legte
Leiter Jürgen Kuns nun nach. Jetzt weiß man wohl nicht
genau, ob Kuns den französischen Titel anlässlich des kurz
daraufhin stattfinden Spiels der L'Equipe Tricolore gewählt
hatte: „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, zum
letzten Viertelfinale sind wir fertig“, versprach der Kantor
der Christuskirche den Fußballfans im Publikum.
Feine
Ideen hatte er mit ins Programm eingebracht, zum ersten Mal
wurden Ragtimes in der Orchesterfassung vom 12-köpfigen
Ensemble oder in einer für Orgel modifizierten Form
interpretiert. Ein Ragtime ist der Vorläufer des
Boogie-Woogie, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von
verschiedenen Komponisten in Amerika entwickelt. Dieser
Musikstil ist hauptsächlich fürs Klavier komponiert. Der
Begriff „rag-time“ bedeutet „zerrissene Zeit“, das kommt
über rhythmische Verschiebungen der schnellen Melodieläufe
gegenüber langsamer getakteten Basslinien zustande.
Mitbegründer waren Joseph Lamb und Scott Joplin, die auch
als Urväter dieser uramerikanischen Musik gelten. So
entfachte das Orchester richtig Feuer im 2/4-Takt beim
Bohemia Rag von Joseph Lamb, genauso wie Jürgen Kuns eine
sehr ungewöhnliche Orgelversion zu Magnetic Rag von Scott
Joplin spielte.
Besonders beeindruckend war aber das
Querflötenspiel von Angela Dümpelmann, die im Solo bei „Air“
von Johann Sebastian Bach glänzte, was spärlich von der
Orgel getragen wurde. Die anschließende „Badinerie“
bestätigte ihre Spielfertigkeit. Ostentativ im Ostinato
verharrte Kontrabassist Peter Bösken beim Spiel des „Kanon“
von Johann Pachelbel, während sich drei synkopisch versetzte
Violinenstimmen konsequent im nuancenhaften Spiel über sein
dröhnendes, aber beständiges Fundament legten.
Aber
das Herzstück dieses Sonntagabends in der Christuskirche
waren die Konzerte von Joseph Haydn, einmal das Konzert
D-Dur für Flöte und Streicher, in dem Angela Dümpelmann
viele feine Solopassagen weich mit ihrem Instrument
zeichnete, genauso wie das Konzert für Orgel und Streicher
in F-Dur, in dem Jürgen Kuns die Flötenpassagen durch
quirlige Triller an der Orgel ersetzte und auch die
Streicher den notwendigen treibenden Impetus für diese
festliche Musik zu Gehör brachten. Zum Ende gab es neben dem
Traditional „Greensleeves“ noch einige Rover: das sind
irische Traditionslieder wie „The Irish Washerwoman“
oder „The White Rock“, die zum irischen Volksliedergut
zählen, heißt also auch in Pubs gesungen werden, in denen
Angela Dümpelmann mit ihrer Zirkulationsatmung schon fast
wie eine Hornpipe-Spielerin erschien. „Wir sind mit unseren
Proben gerade rechtzeitig fertig geworden – spielen also
heute ein Just-in-Time Konzert“, sagte Jürgen Kuns.
Just-in-Time waren sie auch bezogen auf den darauf
beginnenden spannenden Fußballabend, und etwa 60 Zuhörer
applaudierten lange nach dem Rag-Time „The easy winners“ von
Scott Joplin.
Weitere Konzerte in der
Christuskirche: Am 26. August um 20 Uhr
gibt es den nächsten Evensong mit der Kantorei
Rumeln-Kaldenhausen und der Kantorei der Christuskirche
unter Leitung von Jürgen Kuns mit Stücken von Max Reger und
John Rutter. Am 18. September um 18 Uhr
folgt „Farbig, feurig“ mit romantischer Orgelmusik von Max
Reger und Sigfrid Karg-Elert mit Organist Jürgen Kuns.
|