Duisburg, 28. Februar 2016 - Die Flüchtlingswelle ist
ungebrochen, wir fragten, wie sieht die Versorgung von
Geflohenen vor Ort aus. Seit Januar besteht in der
Sankt-Josef Kinder-, Jugend- und Familienhilfe-Einrichtung
in Friemersheim eine „Clearinggruppe“. Ziel dieser
Gruppe ist es, Jungen zwischen zwölf und 17 Jahren, die als
unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Deutschland
gekommen sind, aufzunehmen und ihre Grundbedürfnisse, wie
Essen und Schlafen, zu versorgen.
Bereichsleiterin
Christine van der Koelen hat diese Idee ins Leben gerufen
und sagt: „Wir müssen flexibel auf die Probleme der
Jugendlichen eingehen können und kümmern uns um die
Rechtsfragen bezüglich der Asylverfahren, in anderen
Fällen setzen wir uns für die Beschulung der Jungen ein.“
Eine enge Zusammenarbeit mit dem Jugendamt sei ein wichtiger
Aspekt: „Da die Eltern in den Herkunftsländern verblieben
oder selbst auf der Flucht sind, kümmern wir uns um die
Verfahren für eine Vormundschaft der Jugendlichen“, so
Christine van der Koelen.
Ursprünglich wurden die
unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in
bestehenden Wohngruppen der Einrichtung aufgenommen „Wir
können aber mit der Clearinggruppe viel
konzeptioneller arbeiten, da die Jugendlichen überwiegend
mit den gleichen Problemen konfrontiert sind“, so van der
Koelen. Gesundheitliche Aspekte stehen im Vordergrund:
„Viele haben auf ihrer Flucht lange keinen Arzt gesehen, so
kümmern wir uns um medizinische Vor- und Nachsorgemaßnahmen,
machen Arzttermine.“
Der 18-jährige Mokim befand sich
drei Monate lang auf der Flucht aus Afghanistan, letztes
Jahr im März wurde er in der Einrichtung aufgenommen.
Inzwischen hat er eine eigene Wohnung und hat gerade den
B1-Sprachtest am Grafschafter Institut absolviert. „Als ich
hier ankam, war Schlafen und Ruhe für mich das Wichtigste“,
sagt er. Auf der Flucht sei er von Polizisten in Serbien
geschlagen worden. „Sie haben mir auch Handschellen
angelegt“, erzählt er.
Aufgrund dieser traumatischen
Grenzerfahrungen seien die Jugendlichen sehr misstrauisch
bei der Ankunft an St. Josef gewesen: „Sie konnten gar nicht
verstehen, dass sie hier ohne eine Gegenleistung versorgt
werden“, so van der Koelen.
Nach dem
Königsberger Schlüssel (Verteilverfahren für Geflohene) soll
die Stadt Duisburg insgesamt 400 Heimplätze für unbegleitete
minderjährige Flüchtlinge schaffen. 280 Plätze sind bereits
von den verschiedenen Trägern, die in der AG Heime
zusammengefasst sind, erstellt worden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser „Clearinggruppe“ ist es
zu prüfen, inwiefern sich Familienmitglieder in Deutschland
befinden und ob eine Zusammenführung möglich ist. Im Falle
des 18-jährigen Ozman aus Somalia hat es funktioniert. Durch
Zufall hatte er in der Dortmunder Erstaufnahmeeinrichtung
von einem Freund erfahren, dass sich sein Bruder in München
aufhielt. Als Ozman in die Friemersheimer Wohngruppe kam,
recherchierte das Team aus Sozialpädagogen und Erziehern
nach seinem Bruder und holte ihn nach Rheinhausen. „Ich war
so froh, als ich ihn am Duisburger Bahnhof abholte, ich
hatte ihn fünf Jahre nicht gesehen“, erinnert sich Ozman.
Die Clearinggruppe verfügt über sieben Plätze, momentan
sind Jugendliche aus Afghanistan, Iran und dem Irak in ihr.
Das Wochenprogramm sieht so aus: Am Montag können sie an
Sportkursen teilnehmen, von Dienstag bis Freitag erhalten
sie Deutschunterricht durch eine Fachkraft, immer von 11.30
Uhr bis 16.30 Uhr. Kristian Kobbert, Wohngruppenleiter in
der Einrichtung, sagt: „Wir machen viele
Gemeinschaftsaktivitäten. Durch „gegenseitiges Ausprobieren“
schaffen wir wieder Vertrauen und Zuverlässigkeit, was die
Jugendlichen bei den Begegnungen mit unterschiedlichsten
Menschen in den Lagern verloren haben.“
Durch den
Einsatz des Teams hat Mokim eine einjährige
Aufenthaltserlaubnis erhalten, die verlängert werden soll.
Der Antrag für das Asylverfahren von Ozman wurde September
2015 gestellt, bis jetzt wartet man noch auf den Beschluss.
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