Duisburg, 19. Januar 2016 -
Die Spielzeit für „Das Phantom der Oper“ aus der Feder von
Andrew Lloyd Webber ist seit November letzten Jahres
eröffnet in Oberhausen. Trotzdem entstanden alternative
Produktionen, gerade nachdem das ursprünglich englische
Musical ab Mitte der 1980er-Jahre bahnbrechend in
Deutschland wurde und alle Rekorde brach. 1987 texteten und
komponierten zwei wagemutige Berliner Theaterpraktiker, Paul
Wilhelm und Arndt Gerber, ihre deutsche Version des
„Phantoms“, die vielleicht näher an der Vorlage des Buches
von Gaston Leroux aus dem Jahr 1910 ist.
Sicherlich
mit mehr und längeren Textpassagen zwischen den
Musikstücken, als es die Musical-Version von Webber
abliefert, vermitteln die lyrischen Arien in der deutschen
Produktion von Wilhelm/Gerber ein breitgefächertes
opernhaftes Spektrum. Natürlich orientieren sich die Lieder
an der Webberschen Vorlage, sind aber aus rechtlichen
Gründen umgetextet, so heißt der Hit aus Webbers Version
„Engel der Lieder“ mal eben in der Berliner Produktion
„Engel der Musik“ - was musikalisch allerdings genau so
einschlägt, wie die bekanntere Version von Webber.
Hier erscheint das im Keller des Opernhauses lebende Phantom
(Alexander M. Helmer) der talentierten, aber mit Nebenrollen
behafteten Christine Daoé (Maria Meßner) das erste Mal als
Hologramm in einem Spiegel – und beide besiegeln einen
teuflischen Pakt, der Christine zu Ruhm und Hauptrolle
verhelfen soll.
Überhaupt schön, wie in der
Rheinhausenhalle nach langer Zeit mal wieder der
breiträumige Orchestergraben geöffnet wurde und das
13-köpfige „Franz Liszt-Tournee Orchester“ die Ouvertüre mit
feinen Bläsern und virtuosen Violinen zum Musical spielte.
Nach anfänglichen Tonproblemen für die Sänger, gerade das
Phantom war nicht gut verständlich, regelte der Techniker
die Head-Set-Mikros nach und schöne Duette zwischen Phantom
und Christine schwirrten durch die Halle – später sauste ein
Kronleuchter über die Leinwand von der Decke, als das
Phantom wie angedroht, die Aufführung der Oper „Die
Perlenfischer“ platzen ließ – um der eigentlichen Prima
Donna Carlotta (exaltiert, später sprachlos: Barbara
Freitag) die Stimme zu rauben und Maria Meßner als Christine
zeigte, dass sie auch Oper singen kann – Bizet vom Feinsten.
Mit viel Witz begegnet die Produktion der Central
Musical Company dem tragischen Stoff und gewährt oft
komische Momente. Und auch die gute Besetzung in den
Nebenrollen trägt zur Erheiterung bei, wirklich urkomisch
wie Alexander Hohler den pedantischen Sekretär der Oper auf
den Punkt bringt, und auch Hans-Jürgen Zander als
ermittelnder Operndirektor durch seine schusselige Art noch
mehr Verwirrung auf der Suche nach dem „Phantom“ stiftet.
Gut auch die fast Polka ähnlichen Intermezzi des Orchesters
aus Budapest. Im Stück „Die Nacht wird Raum“ verspürt
man den Zwiespalt, in den Christine geraten ist, die
einerseits zurück zu ihrem realen Geliebten Raoul (Daniel
Erik-Biel) will, aber dem „Engel der Musik“ (Phantom)
ausgeliefert ist. Höhepunkt ist sicherlich, als Raoul,
Christine und das Phantom den Titel „Sag den Wolken, sag dem
Wind“ zu dritt singen.
Eine alternative, gute
Produktion der Central Musical Company, die leider nur etwa
250 Zuschauer in der spärlich gefüllten Rheinhausenhalle
sahen. Die waren allerdings begeistert.
Zuschauer
Bruno Bröhnen meinte: „Schönes Bühnenbild, und ein tolles
Live-Orchester – das hätte ich jetzt nicht erwartet.“
Produktionsassistentin Tina Arenberg: „Wir sind jetzt
gerade gestartet, und sind bis Ende März im
deutschsprachigen Raum fast täglich unterwegs.“
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