Duisburg, 26. März 2016 - Gut, dass kein Test geschrieben
wurde. Das hatte der Essener Kabarettist Moses W. eingangs
seines Programms „Als der Walkman laufen lernte“ im
Kulturtreff Alte Dorfschule in Rumeln angedeutet. Er machte
klar, dass es nur Bands in den 80er-Jahren geschafft hätten
anhand eines Soundschnipsel sofort erkennbar zu sein und
begann diese nun munter abzufragen. So fingen die etwa 100
Zuschauer im Kulturspielhaus an, eifrig mit zu raten, als
gefühlte zwanzig Musikthemen auf sie einprasselten und sie
etwa den treibenden Drumbeat aus Michael Jacksons „Billy
Jean“ oder die Keyboards aus „Tainted Love“ von Soft
Cell in diesen Klangbeispielen hörten – merkten aber auch,
dass sie so manche Lücke hatten.
Moses
W. hat eine Vorgeschichte im Heavy Metal. „Mit der Musik bin
ich groß geworden“, leugnet er nicht. Ein Buch hat der
Essener über seine vorpubertäre musikalische Entwicklung
geschrieben mit dem Titel „Das rockt“, bei dem er sich
selbst wie auf dem Cover der Scorpions-LP „Blackout“ in
Szene setzt. Der Tonträgerwechsel von LP auf die CD ist ein
großes Thema für ihn – und für Männer überhaupt. „Oder
glauben Sie, dass eine Frau darüber ernsthaft philosophiert,
ob ein Lied weicher und zarter auf LP klingt als dann auf
einer CD?“, wundert sich der 50-Jährige. Drei
Tonträgerwechsel (LP, CD, mp3) habe er erlebt und fragt:
„Ist jemand im Publikum, der mehr mitgemacht hat?“
Vereinzelte Schellack-Fans melden sich zu Wort.
Es
ist eine gezielte Abrechnung mit der Musikgeschichte, die
Moses W. da macht: „In den 80er-Jahren war alles auf
Hochglanz poliert, die Musiker waren gestylter als ihre
Groupies.“
Im Hintergrund steht als Inbegriff ein
Starschnitt von Gene Simmons, dem „aufgebrezelten“ Sänger
und Bassisten der Hard-Rock-Band „Kiss“, aus dieser Zeit. In
den 90er-Jahren habe man sich gehen lassen, als Beispiel
dient der „Grunge“ mit Stil-Ikone Kurt Cobain von Nirvana
und der aufkommende Techno, der keine Songstrukturen mehr
hatte. Richtig gut wird Moses W., wenn er sein
Lieblingsthema „Bond-Titelmelodien“ beackert: Er präsentiert
Ricky Martins Hit „Livin La vida loca“ und Will Smiths „Men
in Black“, in die er wohl selbst eine schneidende
„Bondgitarre“ herein gesampelt hat - denn DJ-Erfahrung
hat der 50-Jährige auch - und bringt die Zuschauer
damit zum johlen, wenn er singt und tanzt. Selbst in
Robbie Williams Mega-Hit „Millenium“ vermutet er noch eine
Bond-Verschwörung: „Hören Sie doch mal das gegenläufige
Melodiethema, das ist doch wie aus Nancy Sinatras Bond-Hit
geklaut!“, behauptet er jetzt mit übergestreiftem Smoking
und Fliege - im Daniel Craig-Style.
Daneben gibt es
noch eine Zeitreise durch die technischen Errungenschaften,
der jeweiligen Epochen, die er sich aber hätte sparen
sollen. Denn die Zuschauer wollten den Diskurs über die
musikalischen Absonderlichkeiten von den 80er-Jahren
bis heute. Man hörte in der Pause einige Zuschauer
darüber philosophieren, wie lange der Titel „Moonlight
Shadow“ von Mike Oldfield in Radiosendungen wie
„Schlagerrallye“ und „Mal Sondock“ einen Sendeplatz bekommen
hatte. Das war auch ein Phänomen der 80er – und manche
hätten wohl gerne darüber einen Test geschrieben ...
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