Duisburg, 8. September 2014 - Unter dem
Eindruck der Ereignisse im Ersten Weltkrieg entstand 1915
Wilhelm Lehmbrucks Plastik „Der Gestürzte“. Noch heute gilt
sie als eindrucksvolles Mahnmal gegen Krieg, Gewalt und
Unterdrückung. Die Haltung des rheinischen Bildhauers ist im
Lehmbruck Museum Ausgangspunkt für eine Ausstellung mit dem
Titel „Zeichen gegen den Krieg – Antikriegsplastik von
Lehmbruck bis heute“, die mögliche Formen des Widerstands
und des Umgangs mit dem Thema Krieg zur Diskussion stellt.
Die Ausstellung in Duisburg, die am 11. September eröffnet
wird, ist Teil des in Deutschland einzigartigen
Verbundprojektes „1914 – Mitten in Europa. Das Rheinland und
der Erste Weltkrieg“, mit dem der Landschaftsverband
Rheinland (LVR) noch bis Mitte 2015 an den Beginn des Ersten
Weltkriegs vor rund 100 Jahren erinnert.
„Die
Tatsache, dass der Gestürzte Lehmbrucks den Ausgangspunkt
der Ausstellung bildet, setzt ein ganz besonderes Zeichen.
Entworfen für ein Heldendenkmal auf dem Kaiserberg, wurde
die Skulptur damals abgelehnt, da sie den Vorstellungen
eines heldenhaften Soldaten vollkommen widersprach. Heute,
fast 100 Jahre später, schließt sich der Kreis, da eben
diese Skulptur den Weg für aktuelle Positionen und Werke
bereitet hat, die sich mit dem Thema Krieg
auseinandersetzen“, so der Duisburger Kulturdezernent Thomas
Krützberg. Auf rund 850 Quadratmetern
Ausstellungsfläche steht nicht allein die
geschichtsträchtige Epoche rund um 1914 im Mittelpunkt.
Diese Perspektive wird dabei deutlich überschritten. Die
Ausstellung zeigt Werke von insgesamt 21 Künstlerinnen und
Künstlern, die sich bis heute mit unterschiedlichen
Erscheinungsformen und Begleiterscheinungen kriegerischer
Konflikte beschäftigen.
„Das Besondere an der
Ausstellung ist, dass viele der beteiligten Künstlerinnen
und Künstler in ihren Heimatländern selbst Krieg und seine
Auswirkungen erlebt haben. Am Anfang des 21. Jahrhunderts
betreffen uns aber nicht nur reale, unmittelbare
Bedrohungen, sondern auch globale als allgegenwärtig
empfundene, oft unsichtbare Konflikte an entfernten Orten
der Welt. Eindringlich machen die Werke der Ausstellung
unsere eigene Verletzlichkeit spürbar“, sagt Dr. Söke Dinkla,
Direktorin des Lehmbruck Museums. „Gerade in einer Zeit der
medial gesteuerten Berichterstattung können dadurch neue
Blickwinkel und neue Denkanstöße gegeben werden.“ Lehmbrucks
Schlüsselwerk „Der Gestürzte“ ist nur der Ausgangspunkt für
eine bis in unsere Gegenwart weiter verfolgte Linie. Damit
wird das Generalthema des Verbundprojekts von Aggression und
Avantgarde zum Motiv einer Kunstmoderne, die in ihren
aktualisierten Ausdrucksformen wie Skulptur, Installation,
Rauminszenierung, Wandarbeit, Foto- und Videokunst noch
nicht ganz vom Odem der Klassizität gezähmt wurde“, sagt
Prof. Dr. Thomas Schleper, Projektleiter des
LVR-Verbundprojekts.
Aus der Ferne in die
unmittelbare Nähe gerückt Besucherinnen und Besucher
werden darauf aufmerksam gemacht, dass die Erinnerung an den
Ersten Weltkrieg – wie auch an alle folgenden Kriege – stets
von Standpunkten in der Gegenwart bestimmt wird. Einer
Gegenwart, die seit dem Ersten Weltkrieg und danach
zunehmend medientechnisch vermittelt wird und dabei
neuartige Konstellationen von Nähe und Ferne schafft. Darauf
spielen insbesondere Werke mit Bezug auf jüngere Kriege an.
Diese mögen zwar geographisch fern sein, werden durch das
Internet oder Fernsehbeiträge in die unmittelbare Nähe
gerückt. Darauf spielt beispielsweise die in Duisburg
gezeigte Installation von „Tropen des Krieges“ von Harun
Farocki und Antje Ehmann an. Sie verweist darauf, dass
Kriegsszenen aus der ganzen Welt inzwischen zu einem
eigenständigen Genre der gegenwärtigen
Unterhaltungsindustrie geworden sind.
Künstlerische Betrachtung von 1914 bis heute Werke
wie diese machen in unterschiedlicher Weise die menschliche
Verletzlichkeit spürbar. „Das Thema Krieg als globale
Bedrohung ist gerade in den vergangenen Wochen und Monaten
leider aktueller denn je geworden. Es ist daher besonders
wichtig, nicht nur einen Blick zurück auf den Ersten
Weltkrieg zu werfen, sondern künstlerische Stellungnahmen zu
und aus den jeweiligen Kriegszeiten bis heute zu zeigen“, so
Kunsthistoriker Thomas Buchardt, kuratorischer Mitarbeiter
der Ausstellung. „Nicht selten vermischt sich die
Faszination der Kunstwerke der Ausstellung mit dem
Erschrecken, wie zeitlos die Arbeiten sind – und was dies
für das Erleben kriegerischer Auseinandersetzungen
bedeutet.“ Wie individuell diese Eindrücke verarbeitet
wurden, zeigt ein vielfältiges Spektrum künstlerischer
Ausdrucksformen: Zu sehen sind Skulpturen, Installationen,
Rauminszenierungen, Wandarbeiten, Video- und Fotoarbeiten
von Künstlerinnen und Künstlern aus Ländern wie dem Libanon,
Israel, USA, Deutschland, Chile, Bosnien und Herzegowina,
England, Peru, Serbien, Spanien, Tschechien und Vietnam.
Ausgestellt werden neben Werken von Harun Farocki, Antje
Ehrmann und Wilhelm Lehmbruck auch Arbeiten von Marina
Abramović, Mona Hatoum, Danh Vō, Rosemarie Trockel, Ivan
Navarro, Lynn Hershman Leeson und Duane Hanson.
Aggression und Avantgarde als Motiv für Kunstmoderne
Die Ausstellung ist Teil des LVR-Verbundprojektes „1914 –
Mitten in Europa. Das Rheinland und der Erste Weltkrieg“.
Seit September 2013 werden die Ereignisse vor rund 100
Jahren aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. So
standen bereits die Farbfotografie um 1914, die
Elektrifizierung des ländlichen Raums vor rund 100 Jahren
oder die Werke des jungen Künstlers Max Ernst im
Mittelpunkt. Ab dem 27. September rückt unter dem Titel „Das
(verlorene) Paradies“ August Macke in Bonn in den
Mittelpunkt. Auch dort steht die Frage der Kriegsbewältigung
und Friedensfähigkeit von Kunst auf dem Programm. In
Duisburg wird dabei die zeitgenössische Perspektive deutlich
überschritten.
Die Ausstellung „Zeichen gegen den
Krieg – Antikriegsplastik von Lehmbruck bis heute“ wird
gefördert von der Kulturstiftung des Bundes, der
Kunststiftung NRW und dem Ministerium für Familie, Kinder,
Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen.
Lehmbruck Museum -
Friedrich-Wilhelm-Straße, 47501 Duisburg -
www.lehmbruckmuseum.de
11. September bis 7. Dezember 2014
Öffnungszeiten: Montag und Dienstag nach
Terminabsprache Mittwoch, Freitag und Samstag, 12 bis 18
Uhr Donnerstag, 12 bis 21 Uhr
Eintrittspreise: 8 Euro; Kinder und
Jugendliche bis 14 Jahre in Begleitung von Angehörigen sowie
Schulklassen und Kindergärten pro Person 2 Euro (gilt nur
für Selbstführergruppen); ermäßigt 5 Euro; Familienkarte 15
Euro
Buchung und Information:
tickets@lehmbruckmuseum.de - Tel 0203 283 21 95
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