Duisburg, 6. April 2023 - Im
Experteninterview Prof. Dr. med. Wilhelm Nacimiento, Prof.
Dr. med. Martin Scholz, Dr. med. Wolfrid Schröer von den
Sana Kliniken Duisburg und Prof. Dr. med. Lars Wojtecki vom
Hospital zum Hl. Geist Kempen.
Diagnose: Parkinson
– und jetzt? Derzeit leiden in Deutschland rund
200.000 Menschen akut an der „Parkinson-Krankheit“
(Parkinson), jedes Jahr kommen mehr als 20.000
Neuerkrankungen hinzu. Hierbei sind Männer etwas häufiger
betroffen als Frauen, meistens treten die ersten Symptome
jedoch zwischen 50 und 60 Jahren auf. Heilbar ist Parkinson
trotz intensiver Forschung zwar noch nicht, die richtige
medikamentöse Behandlung sowie Physio- und Ergotherapie
können die Entwicklung der Krankheit aber über einen langen
Zeitraum hinweg positiv beeinflussen. Daher wollen Ärztinnen
und Ärzte am „Welt-Parkinson-Tag“ auf die Krankheit und die
möglichen Therapieoptionen aufmerksam machen. Im
Experteninterview beantworten Prof. Dr. med. Wilhelm
Nacimiento, Chefarzt der Klinik für Neurologie, Prof. Dr.
med. Martin Scholz, Chefarzt der Neurochirurgischen Klinik
und Dr. med. Wolfrid Schröer, Chefarzt der Geriatrischen
Klinik der Sana Kliniken in Duisburg sowie Prof. Dr. med.
Lars Wojtecki, Chefarzt der Neurologischen Klinik am
Hospital zum Heiligen Geist Kempen, die wichtigsten Fragen
rund um Parkinson und erklären, worauf Betroffene achten
müssen.
Was ist Parkinson und wie entsteht die
Krankheit?
Prof. Dr. Wilhelm Nacimiento: „Bei Parkinson
handelt es sich um eine neurodegenerative Erkrankung, bei
der in einer bestimmten Region des Gehirns die Nervenzellen
zugrunde gehen und nicht mehr ersetzt werden. Dadurch
entsteht eine Funktionsbeeinträchtigung in neuronalen
Netzwerken, die zu mehreren Symptomen führt. In erster Linie
handelt es sich um motorische Störungen, zum Beispiel ein
kleinschrittiges Gangbild oder zitternde Hände.“
Was sind typische Symptome von Parkinson? Prof.
Dr. Wilhelm Nacimiento: „Die Krankheit verläuft in
mehreren Phasen, da es sich um eine fortschreitende
Erkrankung handelt. Der Verlauf ist bei allen Betroffenen
individuell. Die ersten Symptome werden oft noch gar nicht
wahrgenommen. Erst später kommen beispielsweise
Muskelzittern, verlangsamte Bewegungsabläufe,
Muskelsteifheit, eingeschränkte Reaktionen und daraus
resultierende Stürze hinzu.“
Prof. Dr. Martin
Scholz: „Neben den motorischen Störungen können
vegetative Funktionsstörungen auftreten wie zum Beispiel
vermehrter Harndrang oder auch Kreislaufprobleme mit
Blutdruckschwankungen. Neben körperlichen Symptomen greift
Parkinson auch oft die Psyche an. Depressionen sind daher
ein oft auftretendes Symptom im Verlauf der Krankheit.“
Welche Symptome sollten Betroffene medizinisch
abklären lassen?
Prof. Dr. Martin Scholz: „Spätestens
bei den beschriebenen motorischen Symptomen mit
Verlangsamung der Bewegungsabläufe, Sturzneigung und
Muskelzittern sollte medizinische Hilfe in Anspruch genommen
werden. Je früher allerdings eine Diagnose gestellt wird,
desto eher kann die Therapie beginnen und greifen.“
Wie wird Parkinson diagnostiziert? Prof.
Dr. Lars Wojtecki: „Treten die ersten Symptome
auf, werden klinisch-neurologische Untersuchungen
durchgeführt. Regelmäßig werden auch bildgebende
Untersuchungen, zum Beispiel das Schädel-MRT, in
Einzelfällen auch nuklearmedizinische Untersuchungen wie ein
sogenannter ‚DAT-Scan‘ veranlasst.“
Ist Parkinson
heilbar?
Dr. Wolfrid Schröer: „Parkinson ist
bisher noch nicht heilbar. Allerdings ist es mittlerweile
gut möglich, die Symptome durch eine entsprechende
medikamentöse Therapie sowie Ergo- und Physiotherapie
einzudämmen und den Betroffenen eine gute Lebensqualität zu
ermöglichen. Im Einzelfall kann es aber leider sein, dass
die Lebenserwartung im Vergleich zu nicht erkrankten
Personen vermindert wird. Da häufig ältere Menschen
betroffen sind, haben diese oftmals bereits Herz- oder
Gefäßerkrankungen. Und in Kombination mit Parkinson können
diese Krankheiten sich durchaus auf die Lebenserwartung
auswirken.“ Fotos © Sana Kliniken Duisburg
Wie
sehen die Behandlungsmöglichkeiten aus?
Prof. Dr. Wilhelm Nacimiento: „Es gibt ein
umfangreiches Spektrum an Medikamenten, die den gestörten
Transmitterstoffwechsel bei Parkinson günstig beeinflussen
und damit die Symptome deutlich lindern können. Die
medikamentöse Einstellung von Parkinson-Betroffenen muss
regelmäßig im Laufe der Krankheit fachneurologisch überprüft
und angepasst werden. Es handelt sich immer um eine
individuelle Therapie, die sich nach klinischer Symptomatik
und Verträglichkeit der Medikation richtet. Die
neurologische Betreuung erfolgt überwiegend ambulant, eine
stationäre Aufnahme ist nur bei ausgeprägter
Verschlechterung der Symptome erforderlich. Wichtig ist die
regelmäßige Physio- und Ergotherapie; bei Sprech- und
Schluckstörungen ist auch eine logopädische Behandlung
erforderlich.“
Was ist das besondere Angebot der
Sana Kliniken Duisburg? Prof. Dr. Martin
Scholz: „In ausgewählten Fällen bieten wir die
stereotaktische, neurochirurgische Behandlung, auch ‚Tiefe
Hirnstimulation‘ genannt, in den Sana Kliniken Duisburg zur
Behandlung von Parkinson an. Hier besteht eine enge
Kooperation zwischen Neurologie und Neurochirurgie. Ein
besonderes Angebot ist hier zudem die Behandlung von
Betroffenen im Rahmen der geriatrischen Komplexbehandlung
und beziehungsweise oder in der geriatrischen Tagesklinik
unseres Hauses in Zusammenarbeit mit Dr. Schröer. Hier
werden die Betroffenen neurologisch mitbetreut. In diesem
Rahmen können beispielsweise medikamentöse Behandlungen in
Verbindung mit Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie
optimiert und individuell angepasst werden.“
Prof.
Dr. Wilhelm Nacimiento: „Einmal im Quartal biete ich
gemeinsam mit Prof. Dr. Lars Wojtecki außerdem eine
Parkinson-Spezialsprechstunde an. In dieser werden
ausgewählte, insbesondere schwer von Parkinson betroffene
Menschen untersucht und beraten. Neben der medikamentösen
Therapie erörtern wir dabei die Optionen der
Parkinson-Komplexbehandlung und der möglichen Indikation zur
Tiefen Hirnstimulation.“
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