Duisburg, 9. Juni 2023 - Das Leben von
Iwona Rybarczyk gerät im Jahr 2019 aus den Fugen. Mit damals
gerade mal 42 Jahren erleidet sie einen Schlaganfall, der
ihre linke Körperhälfte taub werden lässt. Bei den
Untersuchungen wird außerdem eine arteriovenöse Malformation
(AVM), eine angeborene Gefäßmissbildung im Gehirn,
festgestellt. Sie ist die Ursache des Schlaganfalls.
Bei einer arteriovenösen Malformation handelt es um eine
abnorme Verbindung zwischen den Arterien und den Venen, bei
der das Netzwerk der kleinen Blutgefäße (Kapillaren)
zwischen den beiden fehlt. Normalerweise sind die Arterien
für den Transport von sauerstoffreichem Blut zu den Geweben
verantwortlich, während die Venen das sauerstoffarme Blut
zurück zum Herzen transportieren. Bei einer AVM fließt das
Blut direkt von den Arterien in die Venen. Die Gefäße drohen
zu überlasten, was zu einem erhöhten Druck und einem
ungewöhnlich starken Blutfluss führt. Dies kann die
Gefäßwände schwächen und das Blutungsrisiko erhöhen.
Außerdem wird das Gewebe in der Umgebung der AVM nicht
ausreichend mit Sauerstoff versorgt, da der normale
Austausch von Sauerstoff und Nährstoffen in den Kapillaren
fehlt.
Leben mit „tickender Zeitbombe“ im
Kopf Iwona Rybarczyk hat nicht nur mit den
Folgen des Schlaganfalls und der Diagnose einer
Gefäßmissbildung zu kämpfen. Die behandelnden Ärzte
haben noch eine weitere Hiobsbotschaft für die junge Frau:
Die Gefäßmissbildung liegt in einer sehr ungünstigen Lage
zwischen dem Sprach-und Bewegungszentrum. Die Ärzte halten
eine Operation für zu riskant und sagen, die
Wahrscheinlichkeit von Komplikationen wie einer halbseitigen
Lähmung oder Sprachstörungen sei sehr hoch.
Iwona
Rybarczyk sucht weitere Ärzte in Duisburg und Umgebung auf.
Ein Neuroradiologe schließt aber auch eine Embolisation über
einen Leistenkatheter aus, weil die Gefäße zu klein und zu
dünn seien. „Die Ärzte haben mir immer nur gesagt, dass
es nicht geht. Irgendwann hatte ich ständig Angst. Abends
lag ich oft im Bett und dachte: Hoffentlich wache ich morgen
früh wieder auf. Ich hatte das Gefühl, ich lebe mit einer
tickenden Zeitbombe im Kopf“, erinnert sich Iwona Rybarczyk.
Die Ungewissheit ist für sie eine enorme psychische
Belastung.
Neurochirurg setzt auf innovative
Operationsmethode Bei der eigenständigen Suche
nach einer Behandlung wendet sich Iwona Rybarczyk im
Frühjahr 2023 an Dr. Rashad El-Habony, Leitender Oberarzt
der Klinik für Neurochirurgie am Evangelischen Krankenhaus
Duisburg-Nord.
Dr. Rashad El-Habony (r.) hat Iwona
Rybarczyk (l.) durch eine Operation ein sorgenfreies Leben
ermöglicht. Foto EVKLN Nach ersten Voruntersuchungen
entscheidet sich Dr. El-Habony Ende Mai 2023 für die
Operation: „Ich habe sofort gesagt, dass wir uns das
zutrauen. Wir haben in unserer Klinik sehr gute und erprobte
Verfahren und Techniken, um in sehr sensiblen Bereichen des
Gehirns operieren zu können. Wir planen sorgfältig und
nutzen moderne bildgebende Verfahren, um die genaue Lage und
Struktur der Gefäßanomalie zu verstehen“, erklärt der
erfahrene Neurochirurg, der auf schwierige Eingriffe
spezialisiert ist.
Bei der Operation von Iwona
Rybarczyk kommt die intraoperative Fluoreszenzangiographie
(ICG) zum Einsatz. Vor der Operation wird den Patienten ein
fluoreszierender Farbstoff verabreicht, der sich an die
Blutgefäße bindet. Während der Operation kann die
Fluoreszenz des Farbstoffs mit einer speziellen Kamera oder
einem Mikroskop sichtbar gemacht werden. So kann der Chirurg
in Echtzeit die Durchblutung und den Verlauf der Blutgefäße
beobachten. Dies hilft ihm, die genaue Lage der Blutgefäße
der AVM zu erkennen und sie von gesundem Gewebe zu
unterscheiden. So können präzise Schnitte gesetzt und die
AVM sicher entfernt werden, während gesundes Gewebe geschont
wird.
Dr. El-Habony gelingt es, die Gefäßmissbildung
vollständig und ohne Komplikationen zu entfernen. Iwona
Rybarczyk ist ihm dafür sehr dankbar: „Ich bin so froh, dass
ich endlich wieder normal leben und arbeiten kann. Ich habe
in den letzten Jahren so viel aufgegeben und mich vieles
nicht mehr getraut. Ich durfte zum Beispiel nicht fliegen
und würde so gerne endlich wieder Urlaub machen oder meine
Freundin in den USA besuchen“, freut sich die inzwischen
46-Jährige.
Dr. Rashad El-Habony ist Leitender
Oberarzt der Klinik für Neurochirurgie am Evangelischen
Krankenhaus Duisburg-Nord. Der erfahrene Neurochirurg ist
unter anderem auf Gefäßchirurgie, Orbitachirurgie,
Kinderneurochirurgie und plastische Chirurgie spezialisiert.
Die Neurochirurgie ist ein sich ständig weiterentwickelndes
Fachgebiet mit innovativen Techniken und Technologien.
Das Team der Klinik für Neurochirurgie unter der Leitung von
Chefarzt Prof. Dr. med. Michael Zimmermann ist deshalb offen
für neue Ansätze und Behandlungsmethoden. So hat Dr.
El-Habony im Oktober 2022 die erste Wachoperation am
Evangelischen Krankenhaus Duisburg-Nord bei einer Patientin
mit Hirntumor erfolgreich durchgeführt.
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