Duisburg, 27. Oktober 2014 - Im
Rahmen eines Design-Wettbewerbs der Stadt Duisburg für
Studierende des Fachbereiches Gestaltung der Folkwang
Universität der Künste in Essen sollten Sitzmöbel für den
neuen Duisburger Bahnhofsplatz / Portsmouthplatz
entwickelt werden. Hierbei sollte der beliebte Duisburger
Mercatorstuhl ein neues, frisches Design erhalten und dabei
seinen Wiedererkennungswert bewahren. Als zweites Objekt
sollte die sogenannte Lange Bank, die ebenfalls als
Gestaltungselement des Bahnhofsplatzes aus dem
Charrette-Verfahren hervorgegangen ist, weiterentwickelt
werden.
Insgesamt wurden die Erwartungen
der zehnköpfige Jury unter dem Vorsitz von Prof. Marion
Digel, Dekanin des Fachbereichs Gestaltung der Folkwang
Universität der Künste, durch die Qualität der Entwürfe mehr
als erfüllt. Alle vier eingereichten Entwürfe belegen durch
individuelle charakteristische Stärken, dass auch innerhalb
einer sehr eingegrenzten Ausschreibung mit Ideen und
Sorgfalt für das gestalterische Detail, hervorragende, sehr
unterschiedliche Ergebnisse möglich sind.
Die Qualität der vier Arbeiten lag
dicht beieinander und machte es der Jury nicht leicht, eine
Rangfolge zu erstellen. Nachdem der Wiedererkennungswert des
Mercatorstuhls schließlich ausschlaggebend für die
Differenzierung zwischen den Entwürfen von Daniel Wilkens
(erster Platz) und von Anne Karrenbrock und Sabet Regnery
(zweiter Platz) war, war es der Jury dennoch nicht eindeutig
möglich, sich auf einen Platz drei festzulegen. So gab es
statt eines dritten Preises zwei Anerkennungen für die
Entwürfe von Niklas Markloff und Daniel Rauch.
Die Entwürfe des Mercatorstuhl und
der Langen Bank von Daniel Wilkens werden im Rahmen der
Neugestaltung des Duisburger Bahnhofplatzes realisiert. Nach
Prüfung der Entwürfe steht nun fest, dass die Ideen des
Wettbewerbssiegers im Rahmen des zur Verfügung stehenden
Budgets umgesetzt werden können. Mit Fertigstellung des
Portsmouthplatzes 2017 werden nach derzeitigen Planungen 20
Mercatorstühle und die Lange Bank zum Verweilen auf dem
Platz einladen.
Bewertung der Arbeiten durch
das Preisgericht
1. Preis: Daniel Wilkens
Die Gestaltung der Langen Bank
überzeugt durch ihre charakteristischen Ideen. So ist die
Bank zur Platzseite schräg angeschnitten und bricht somit
aus der Parallelität der Platzstrukturen aus. Gelungen ist
die Gliederung der Bank über vier verschieden lange,
trapezförmige Abschnitte, die Dynamik und Rhythmik erzeugen.
Prägnant ist die Auskragung des dunkelgrau eingefärbten
Betonsockels zur Platzseite. Dieser wird mit einem im Boden
eingelassenen Leuchtband diffus angestrahlt.
Die quer oder längs zur Bank montierbaren Rückenlehnen
ermöglichen verschiedene Blickrichtungen auf den Platz mit
variablen Sitz- und Liegepositionen. Mal kann das
Lehnenelement näher an die Bankkante, mal weiter in die
Mitte gesetzt werden. Die Bank hat einen engen Bezug zum
Stuhl und zusammen sind sie ein starkes Ensemble.
Der neue Mercatorstuhl präsentiert
eine intelligente Form mit eigener Zeichenhaftigkeit.
Lobenswert ist seine Ausgewogenheit von Gewicht und
Leichtigkeit. Das Redesign löst die konstruktiven Schwächen
des alten dreibeinigen Mercatorstuhls. Die Lattung zeigt
eine rustikalere Wirkung als sie für diesen urbanen Platz
gewünscht ist.
Die Arbeit setzt sich mit der
Nutzung auf dem Platz auseinander. Sie schafft ein
Kunstwerk, welches die Interaktion zwischen den Nutzern des
Platzes auf einer Anzeigetafel abbildet. Der Einbau eines
GPS-Senders in jedem Stuhl hat somit über die Sicherung der
Möbel hinaus eine innovative Zusatzfunktion. Die
Anzeigentafel bietet das Potential, sie auch für andere
Informationen zu nutzen.
Für die Durcharbeitung des
Entwurfes empfiehlt das Preisgericht die Anordnung der
Rückenlehnen modular konsequenter auszuarbeiten, ihre
Abfolge zu verdichten und über die Befestigung nachzudenken
(wartungsfreundlich). Hinsichtlich des Stuhls wird angeregt,
die Befestigungspunkte unsichtbar zu gestalten und Sitztiefe
und Breite zu überarbeitet. Das Thema Licht sollte
gestalterisch und technisch detailliert werden. Über die
Auswahl des Holzes und der Farbigkeit sollte nachgedacht
werden.
2. Preis : Anne Karrenbock und
Sabet Regnery
Der Entwurf der Langen Bank
besticht durch seine Klarheit, sich als bewegtes Element
über den Platz zu ziehen. Das wellenförmige Auf und Ab der
Sitzauflage formt flache und steilere Rückenlehnen aus, die
verschiedene Sitz- und Liegepositionen ermöglichen. Der
spielerische Umgang mit den Lehnen ist optisch und
funktional gut und basiert gleichsam auf einer einfachen
Konstruktion. Bequemlichkeit und Beinfreiheit schafft die
nach innen gerichtete Trapezform des Sockels. Diese
ermöglicht auch eine ansprechende indirekte und
farbige Beleuchtung.
Sechs Unterbrechungen der Langen Bank schaffen eine hohe
Durchlässigkeit für den Platz. Das Bild der vorbeiziehenden
Kähne findet Zuspruch.
Der Familiencharakter von Bank und
Stuhl ist deutlich ablesbar. Die Elemente überzeugen als
Ensemble, jedoch ist das Design des Mercatorstuhls allein zu
schwach. Winkel und Proportionen des neuen Stuhls weichen
weit von denen des Ursprungsmodells ab und so ist der
Wiedererkennungswert nicht gegeben.
Es bestehen Bedenken hinsichtlich
der Stabilität der Stuhlkonstruktion. Der Komfort beim
Aufstehen ist durch fehlende Armlehnen eingeschränkt.
Anerkennung: Niklas Markloff
Die Neuinterpretation des
Mercatorstuhls ist mutig und zeichnet sich durch seine
Klarheit und Einfachheit aus. Dabei ist ein hoher
Wiedererkennungswert, auf den die Ausloberin großen Wert
legt, gegeben. Das Gewicht und das Material des Stuhls
(rostfreier Edelstahl) werden als problematisch angesehen.
Das Ziel, einen gestalterischen
Bezug zwischen Mercatorstuhl und Bank herzustellen ist nicht
erfüllt.
Beide Elemente zeigen eine hohe Eigenständigkeit. Die Lehnen
der Bank erscheinen in ihrer Ausprägung beliebig. Sie
stellen in ihrer eckigen, scharfkantigen Ausformung ein
Gefahrenpotential im öffentlichen Raum dar. Die angedachte
Beleuchtung der Bank, die im Sockel hinter einer
transparenten Verkleidung sitzt, wird aufwendig in der
Herstellung und der Unterhaltung. Eine Durcharbeitung der
Bank in ihrer Gesamtlänge ist nicht vorhanden.
Anerkennung: Daniel Rauch
Das Redesign des Mercatorstuhls
zeichnet sich durch seine Nähe zum Ursprungsstuhl aus. Die
Wesensmerkmale des Originalstuhls wurden in seiner
Neuinterpretation deutlich herausgearbeitet. Der Stuhl zeigt
eine aufwendige Abwicklungskonstruktion, die allerdings
pfiffig ist. Statisch weist der Stuhl Schwächen auf. Die
Ausführung von Sitzfläche und Rückenlehne in Edelstahl ist
sehr aufwendig. Sitzhöhe und die leichte Neigung der
Sitzfläche liefern Bequemlichkeit, wobei die fehlenden
Armlehnen als funktionale Schwäche gesehen werden. Die
Trapezform, die Stuhl und Bank gestalterisch verbinden soll,
ist erklärungsbedürftig, so dass den Elementen der
gewünschte Familiencharakter fehlt.
Die Lange Bank wirkt in ihrer
Gesamtabwicklung statisch, hat wenig Bezug zum belebten
Platz. Der Sockel mit seiner nach außen gerichteten
Trapezform erzeugt ergonomische Schwächen. Eine Beleuchtung
der Bank ist nicht angedacht. Das Potential mit beweglichen
Armlehnen zu arbeiten wurde nicht erkannt.
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