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Loveparade 2010
Juni 2020:  Stellungnahme vom Verein LOPA 2010 zum Antrag der Fraktion

 

Loveparade - nach Prozesseinstellung - 23.06.2020
Stellungnahme vom Verein LOPA 2010 zum Antrag der Fraktion der CDU,SPD,FDP und der Grünen  zum zehnten Jahrestag der LOVEPARADE Katastrophe-Erinnerung bewahren und lehren für die Zukunft ziehen

Duisburg, 23. Juni 2020 - Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland gibt es in unterschiedlichen Bundesländern in unterschiedlichem Abstand schwere desaströse Ereignisse, die wir als ,,Katastrophen‘‘ bezeichnen.

Wir erinnern uns heute noch an dem ermordeten Flugkapitän Jürgen Schumann und das Schicksal der Passagiere der Geiselnahme in Mogadischu, an die 70 Tote und über 1000 Verletzte in Rammstein, an die zahlreichen Tote, Verstümmelte und Verletzte in Enschede. 21 Tote, 650 Verletzte und unzählige psychisch erkrankten Menschen der LOVEPARADE Katastrophe in Duisburg und auch an die Toten und Verletzte des Attentats am Berliner Breitscheidplatz.

So unterschiedlich diese Ereignisse waren, haben sie dennoch eines gemeinsam: Die zu der Zeit regierende Politik hatte versagt.
Auch bei unserer Katastrophe am 24.07.2010 ist vieles falsch gelaufen. Wie alle Unglücksopfer fühlen wir uns bis heute weder ernst genommen noch dass mit uns respektvoll umgegangen wurde.

Ihr jetziger Antrag im Landtag in Nordrhein Westfalen zeigt erstmalig in der Geschichte einen vernünftigen Ansatz. Politik scheut sich nicht Verantwortung für Menschen zu übernehmen, die aufgrund eines Unglückes am Rande einer Gesellschaft stehen. 

Der Verein LOPA 2010 existiert seit dem Jahre 2011. Seit der Gründung versuchen wir gemeinsam mit der Politik einen Lösungsweg zu finden. Unser Verein besteht ausschließlich aus Überlebenden der LOVEPARADE-Katastrophe.
Zu unseren Aufgaben zählen die Unterstützung aller bei alltäglichen Aufgaben des Lebens, wie z. B.:
·      Vermittlungen an Fachpersonal 
·      Begleitung bei Behördengängen 
·      Begleitung bei Besuchen am Unglücksort, 
·      das Ausfüllen von Formularen, 
·      Antragstellung für Reha-Maßnahmen,
·      Ambulante Betreuung, 
·      Auslegung von Feierlichkeiten
·      Pflege des Unglücksortes
·      Selbsthilfegruppen 
·      Berufsberatung 
·      Lebenshilfe 
·      Vermittlung von Presse


Hauptsächlich wird unsere Hilfe von Traumatisierten angefordert, die unter einer PTBS (Posttraumatischen Belastungsstörung) leiden.  Die sich wie folgt äußert:
     Gereiztes oder aggressives Verhalten
    Selbstverletzendes oder leichtfertiges Verhalten
    Erhöhte Vigilanz (Wachsamkeit) 
    Übermäßige Schreckreaktion
    Konzentrationsschwierigkeiten
    Schlafstörungen

Dadurch entstehen bei ihnen Krankheitsbilder wie Panikattacken, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, Phobien, Alkoholsucht, Drogen/Medikamenten Abhängigkeiten, Angststörungen, Psychosen  Intakte, Schlaganfälle durch Durchblutungsstörungen. Zwangsstörungen, Wahrnehmungsstörungen. 

Folgen: Keine Schulabschluss, keine Ausbildung, Verlust von Familie und Freunden, sozialer Rückzug, mangelhaftes Selbstwertgefühl, Beschaffungskriminalität, Selbstschuldzuweisungen.

Im Jahre 2013-2015 haben wir gemeinsam mit der Stadt Duisburg den Jahrestag ausgelegt.
2012 bis 2016 haben wir die ,,Nacht der tausend Lichter‘‘  ein/durchgeführt. 
2016 waren zwei von drei Personen aus unserem Verein Stiftungsgründer der Stiftung 24.07.2010. Wir hatten dies seit 2011 gefordert. 
2017 haben wir die Stiftung allerdings verlassen, da sie 
a. nicht satzungsgemäß gearbeitet hat 
b. kein Interesse hatte Spenden einzusammeln und 
c. nur rein der politischen Darstellung  der Stadt Duisburg dient. 

Bis heute kennen wir keine Opfer, die bereit sind oder waren, sich von dieser Stiftung helfen zu lassen oder die entstandenen Leerräume im Beirat zu besetzen. 
Bis heute sieht man bei öffentlichen Auftritten nur den Geschäftsführer im evangelischen Amt, der unsere Spendengelder einbehalten hat, sowie eine uns unbekannte Psychotherapeutin, deren einzige uns bekannte Aufgabe es ist am Jahrestag die Glocke zu läuten. 

Wir haben seit 2011 in Zusammenarbeit mit vielen Fachleuten uns eine Kompetenz erarbeitet, werden bis zum heutigen  Zeitpunkt jedoch weiterhin als ,,Spinner‘‘ und ,,Betrüger‘‘ bezeichnet. Wir haben von den Spenden bis heute keinen Cent erhalten. Die evangelische Notfallseelsorge hat alle Spenden für sich verwandt. Final zum zehnten Jahrestag wurden nur Angehörige bis heute eingeladen. Die Stiftung hat den Verletzten nur erlaubt am Unglückstag an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen und den Zugang zur Gedenkstätte verweigert. 

Die Aufarbeitung des Unglückes, sowie finanzielle Absicherungen Verletzter hätte schon von Anfang an geschehen müssen. Allerdings hatte die Politik schon immer Angst Verantwortung zu übernehmen. Regelmäßig versuchten wir bis zum heutigen Zeitpunkt Gespräche mit Politikern zu führen, um das Leid zu beenden.  Wir werden einfach nur vertröstet. Bis heute hatte kein Landespolitiker Interesse die teilweise sehr schweren Fehler in der Nachsorge oder Bedürfnisse sich von Angehörigen und Betroffenen anzuhören und einen gemeinschaftlichen Lösungsweg zu finden. Hier sehen wir leider einen schweren Denkfehler in Ihren großherzigen Versuch den Opfern zu helfen. Wir bitten Sie, sich mit uns den Verletzten der LOVEPARADE an einem Tisch zu setzen und sich nach dem realen Bedarf zu erkundigen, bevor sie gedankenlos wieder Geld in die Runde werfen, wie es schon einst durch die Landesregierung im Jahre 2010 geschah. Was von Nöten wäre, würden wir Ihnen gerne erklären, bevor Sie die Soforthilfe verlängern. Auch ein entstehender Fond sollte klar auf die individuellen Bedürfnissen der Menschen angepasst sein.

Deswegen bitten wir Sie abermals zum Schluss, setzen Sie sich mit den Menschen an einem Tisch und führen Gespräche, bei denen wir als Verein LOPA 2010 gerne die nötigen Kontakte vermitteln würden. Gemeinsam, da  sind wir uns sicher, kann man dafür sorgen enorme Summen einzusparen und Ruhe zu schaffen, damit wir alle aufrecht in eine neue Zukunft gehen können. 

Mit freundlichem Gruß
LOPA 2010

Pressemitteilung zum Antrag der Fraktion der CDU, FDP und SPD und den Grünen
Das der Landtag des Landes NRW nun im Nachgang der  juristischen Aufarbeitung der LOVEPARADE Katastrophe nach 10 Jahren doch plötzlich und unerwartet beschließt,  die bis heute anhaltende Hilferufe zu erhören und zu handeln, schafft neue Hoffnung. 
Dies kann in die Geschichte der Katastrophen-Nachsorge als Vorbild dienen, so dass Menschen wesentlich besser geholfen wird.  Sie müssen besser verstanden und respektiert werden. 

Dennoch bitten wir zu verstehen, dass wir vorerst skeptisch bleiben.
Dieses begründen wir wie folgt:
Es gab viele Versprechungen aus der Politik uns zu helfen,  fast keine wurde eingehalten.
Viele lassen sich öffentlich als Gutmenschen  feiern und schaffen eine falsche Sichtweise für die Öffentlichkeit.
Das Leid der Menschen wurde für einen parteipolitischen  Wahlkampf ausgenutzt, um einen politischen Wechsel umzukehren!
Die hohe Spendenbereitschaft der Bürger wurde für die Finanzierung der Seelsorge gebraucht, leider nicht für die Betroffenen. Heute ist bekannt, dass die Spenden in voller Höhe einbehalten wurden.

Leider schaute die Politik weg, obwohl sie 
1. die  Seelsorge selbst finanzierte
2. laut Aussagen beim Prozess der Veranstalter ebenfalls hohe Summen an die Organisation zahlte 
3. sie zusätzlich den Seelsorger dieser Organisation als Ombudsmann der Stadt einsetzten. Er nimmt sich raus, im Namen der Opfer und Angehörigen zu sprechen. Kritiker werden von ihm wegen ihrer Krankheiten diskreditiert und  beleidigt, ohne je Bezug zu ihnen gehabt zu haben.

Als Verein LOPA 2010 e.V. sind wir mit hunderten Menschen im Laufe der letzten 10 Jahren zur größte existierende Selbsthilfegruppe geworden. Diese wird von der Politik weder anerkannt noch genutzt.

Dass wir Kontakte zu hunderten dieser Menschen haben ist darauf zurückzuführen, dass wir als Verletzte uns untereinander kennen; als Freunde, Bekannte und Familien, die das Unglück erlebt haben.