Karlsruhe/Duisburg, 1. April 2022 -
Beschluss vom 8. Februar 2022 – 3 ZB 4/21 Der nach dem
Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs bundesweit
für Verfahren der vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung
zuständige 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die
Rechtsbeschwerde eines von einer Freiheitsentziehung nach dem
Polizeirecht Betroffenen verworfen. Der Beschwerdeführer
hatte im Dezember 2020 an einer Versammlung von Gegnern der
staatlichen Maßnahmen zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem
Coronavirus teilgenommen und sich geweigert, einen
Mund-Nasen-Schutz anzulegen, obwohl die Pflicht zum Tragen
eines solchen am Versammlungsort in der Kölner Altstadt
angeordnet war. Nachdem er außerdem massiven körperlichen
Widerstand gegenüber den eingesetzten Ordnungskräften
geleistet hatte, als diese seine Identität feststellen
wollten, nahm ihn die Polizei in Gewahrsam. Das Amtsgericht
hat dies für zulässig erklärt und die Fortdauer des
Freiheitsentzugs für weitere zwei Stunden bis zum Ende der
Versammlung angeordnet. Die hiergegen erhobene Beschwerde des
Betroffenen hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit seiner
Rechtsbeschwerde hat er die Feststellung beantragt, dass er
durch die Entscheidungen von Amts- und Landgericht in seinen
Rechten verletzt worden sei.
Die durch das
Rechtsmittel veranlasste Überprüfung des landgerichtlichen
Beschlusses hat keinen Rechtsfehler ergeben.
Nach § 3
Abs. 2 Nr. 8 der Coronaschutzverordnung des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 30. November 2020 in der ab dem 16.
Dezember 2020 gültigen Fassung war damals – bußgeldbewehrt
nach § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 32, 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG,
§ 18 Abs. 2 Nr. 2 CoronaSchVO NRW – eine Maske an Orten mit
hohem Publikumsverkehr zu tragen, soweit die zuständige
Behörde eine entsprechende Anordnung getroffen hatte. Dies
hatte die Stadt Köln unter anderem für das gesamte Gebiet der
Altstadt, in dem die Versammlung stattfand, getan.
Der Senat hat entschieden, dass die genannten
Rechtsvorschriften und die konkrete bußgeldbewehrte Anordnung
der Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in dem
hoch frequentierten Gebiet der Kölner Altstadt kein
Verfassungsrecht verletzen. Er hat die Bewertung des
Landgerichts, dass die Freiheitsentziehung nach § 35 Abs. 1
Nr. 2 PolG NRW dem Grunde und der Dauer nach unerlässlich
war, um einen weiteren Aufenthalt des Betroffenen ohne
Mund-Nasen-Bedeckung auf der Versammlung und damit die
Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher
Bedeutung für die Allgemeinheit zu unterbinden, nicht
beanstandet.
Vorinstanz: LG Köln – 34 T 27/21 –
Beschluss vom 31. Mai 2021 Maßgebliche Vorschriften
lauten:
§ 35 PolG NRW – Gewahrsam (1) Die Polizei
kann eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn 1....
2.das unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende
Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer
Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die
Allgemeinheit zu verhindern, ...
§ 3 CoronaSchVO NRW
vom 30. November 2020 – Alltagsmaske (1) … (2) Die
Verpflichtung zum Tragen einer Alltagsmaske besteht
unabhängig von der Einhaltung eines Mindestabstands ...
8.an weiteren Orten unter freiem Himmel, für die die
zuständige Behörde eine entsprechende Anordnung trifft oder
bereits getroffen hat, wenn gemessen an der verfügbaren
Fläche mit dem Zusammentreffen einer so großen Anzahl von
Menschen zu rechnen ist, dass Mindestabstände nicht
sichergestellt werden können.
§ 18 CoronaSchVO NRW
vom 30. November 2020 – Ordnungswidrigkeiten (1)
Ordnungswidrigkeiten werden gemäß § 73 Absatz 2 des
Infektionsschutzgesetzes mit einer Geldbuße bis zu 25.000
Euro geahndet. (2) Ordnungswidrig im Sinne des § 73
Absatz 1a Nummer 24 in Verbindung mit §§ 32, 28 Absatz 1 Satz
1 und 2 des Infektionsschutzgesetzes handelt, wer vorsätzlich
oder fahrlässig ... 2. entgegen § 3 Absatz 2
trotz bestehender Verpflichtung keine Alltagsmaske trägt,
... § 1 Nr. 2 der Allgemeinverfügung der Stadt Köln vom
2. Oktober 2020 zur regionalen Anpassung der
Coronaschutzverordnung an das Infektionsgeschehen in der ab
dem 5. Dezember 2020 gültigen Fassung – Mund-Nase-Bedeckung
in öffentlichen Bereichen des Kölner Stadtgebiets
In
folgenden öffentlichen Bereichen des Kölner Stadtgebiets ist
eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen: ... c) in der
Altstadt (s. Lageplan 1) von 10.00 bis 22.00 Uhr, ...
Die Pflicht zum Tragen der Mund-Nase-Bedeckung gilt nicht
für Parks und Grünanlagen, für Personen in oder auf
Kraftfahrzeugen, Fahrrad- und Rollerfahrende, Joggende an
Orten, an denen üblicherweise gejoggt wird, sowie für Kinder
bis zum Schuleintritt und Personen, die aus medizinischen
Gründen keine Mund-Nase-Bedeckung tragen können; die
medizinischen Gründe sind durch ein ärztliches Zeugnis
nachzuweisen, welches auf Verlangen vorzuzeigen ist.
Karlsruhe, den 31. März 2022
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