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Mitten aus dem Leben - Urteile und Tipps zu §§
D.A.S.
Rechtsschutzexperten erläutern Rechte der Verbraucher
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Archiv 2016
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Dezember 2016 |
Finanzgericht Köln setzt
Wirkung eines Haftbefehls zur Erzwingung einer
Vermögensauskunft aus
Köln/Duisburg, 01. Dezember 2016 -
Das Finanzgericht kann auch dann noch vorläufigen
Rechtsschutz gegen einen Antrag des Finanzamtes auf
Anordnung von Erzwingungshaft gewähren, wenn das
Amtsgericht bereits einen Haftbefehl erlassen hat.
Dies hat der 3. Senat des Finanzgerichts Köln mit
seinem Beschluss vom 12.10.2016 (3 V 593/16)
entschieden.
Das Finanzamt forderte den
Antragsteller wegen Steuerrückständen in Höhe von
7.377 Euro zur Abgabe einer eidesstattlich
versicherten Vermögensauskunft auf. Am Tag vor dem
Termin teilte der Antragsteller dem Finanzamt unter
Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU)
eines Orthopäden mit, dass er nicht in der Lage sei
die Vermögensauskunft zu erteilen. Das Finanzamt
ließ den Termin bestehen, da sich aus der AU nicht
ergebe, dass der Antragsteller vernehmungsunfähig
gewesen sei. Nachfolgend beantragte das Finanzamt
beim Amtsgericht die Anordnung von Erzwingungshaft
gegen den Antragsteller. Der Antragsteller legte
dagegen Einspruch ein und beantragte beim
Finanzgericht den Antrag von der Vollziehung
auszusetzen. Das Amtsgericht ordnete die
Erzwingungshaft gegen den Antragsteller an. Mit
seinem Beschluss hat der 3. Senat dem Antragsteller
Recht gegeben und den Antrag auf Erzwingungshaft von
der Vollziehung ausgesetzt. Damit ist das Finanzamt
an der Vollstreckung des Haftbefehls gehindert. Der
Senat verwies darauf, dass auch nach Erlass des
Haftbefehls ein Rechtschutzbedürfnis an der
Aussetzung des hierauf gerichteten Antrags bestehe.
Die Entscheidung des Finanzamts, den Haftbefehl
zu beantragten, werde nämlich nur vom Finanzgericht
auf Ermessensfehler überprüft. Im Streitfall habe das
Finanzamt das ihm insoweit eingeräumte Ermessen nicht
ausgeübt. Hierzu hätte es dem Antragsteller
Gelegenheit geben müssen, seine
Vernehmungsunfähigkeit durch ein spezifiziertes
ärztliches Attest nachzuweisen. Dies gebiete auch die
Abwägung der relativ geringen Höhe der
beizutreibenden Forderung zum vom Haftbefehl
betroffenen Rechtsgut der Freiheit der Person.
Der Senat hat gegen seine Entscheidung die Beschwerde
zum Bundesfinanzhof zugelassen. Die Beschwerde wurde
jedoch nicht eingelegt.
Zuzahlungsverzicht bei
medizinischen Hilfsmitteln erlaubt Urteil vom 1.
Dezember 2016 – I ZR 143/15 –
Bundesgerichtshof, 01. Dezember 2016 -
Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln Der unter anderem
für das Lauterkeitsrecht zuständige I. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die
Werbung mit einem Verzicht auf die gesetzliche
Zuzahlung bei medizinischen Hilfsmitteln zulässig
ist. Die Beklagte handelt im Internet mit
medizinischen Hilfsmitteln, insbesondere zur
Behandlung von Diabetes. Sie warb damit, dass ihre
Kunden keine gesetzliche Zuzahlung entrichten müssen,
weil sie diese übernehme. Die Klägerin, die Zentrale
zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, beanstandet
diese Werbung, weil sie gegen die Regelungen zur
Zuzahlung in § 33 Abs. 8 SGB V* und § 43c Abs. 1 SGB
V** sowie gegen das Verbot von Werbegaben in § 7 Abs.
1 HWG*** verstoße. Sie begehrt von der Beklagten
Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten.
Das
Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung
der Klägerin hatte Erfolg. Das Berufungsgericht hat
angenommen, der Verzicht auf die Zuzahlung
widerspreche der gesetzlichen Pflicht, die
Zuzahlungen für Hilfsmittel einzuziehen, und stelle
deshalb eine im Gesundheitswesen verbotene Werbegabe
dar. Auf die Revision der Beklagten hat der
Bundesgerichtshof die die Klage abweisende
Entscheidung des Landgerichts wiederhergestellt.
Die gesetzlichen Zuzahlungsregelungen dienen
der Kostendämpfung im Gesundheitswesen und nicht dem
Schutz der dort tätigen Mitbewerber. Die
Einhaltung dieser Regeln kann daher von vornherein
nicht mit Mitteln des Lauterkeitsrechts durchgesetzt
werden. Der Zuzahlungsverzicht ist auch keine
verbotene Heilmittelwerbung.
Nach §
7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a HWG*** sind bestimmte
oder auf bestimmte Art zu berechnende Rabatte jeder
Art für nicht preisgebundene Arzneimittel,
Medizinprodukte und andere Heilmittel erlaubt. In §
33 Abs. 8 Satz 3 SGB V* und § 61 Satz 1 SGB V****
sind die Zuzahlungen an die Höhe des Abgabepreises
gekoppelt und lassen sich ohne weiteres errechnen.
Die gesetzlichen Regelungen zur Zuzahlung stehen
einem solchen Rabatt bei Hilfsmitteln nicht entgegen.
Gemäß § 33 Abs. 8 SGB V* wird bei Hilfsmitteln der
Verkäufer und nicht – wie etwa bei
apothekenpflichtigen Arzneimitteln - die Krankenkasse
Inhaber der Zuzahlungsforderung gegen die
Versicherten. Der Vergütungsanspruch des
Hilfsmittellieferanten gegen die Krankenkasse
verringert sich automatisch um die Zuzahlung. Der
Verkäufer der Hilfsmittel kann über die
Zuzahlungsforderung frei verfügen, also darauf auch
verzichten. § 43c Abs. 1 SGB V** gilt nicht beim
Vertrieb von Hilfsmitteln. Vorinstanzen: LG Ulm -
Urteil vom 23. Juni 2014 - 3 O 4/14, GRUR-RR 2014,
511 OLG Stuttgart - Urteil vom 9. Juli 2015 - 2 U
83/14, GRUR-RR 2015, 449 Karlsruhe, den 1. Dezember
2016 *§ 33 Abs. 8 SGB V lautet: Versicherte, die das
18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu
Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach §
61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der
Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende
Stelle. (…) Die Zuzahlung bei zum Verbrauch
bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des
insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden
Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten
Monatsbedarf. **§ 43c Abs. 1 SGB V lautet:
Leistungserbringer haben Zahlungen, die Versicherte
zu entrichten haben, einzuziehen und mit ihrem
Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse zu
verrechnen. (…) ***§ 7 Abs. 1 HWG lautet: Es ist
unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben
(Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder
zu gewähren …, es sei denn, dass 1. … 2.die
Zuwendungen oder Werbegaben in a) einem bestimmten
oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag …
b) … gewährt werden; … ****§ 61 Satz 1 SGB V lautet:
Zuzahlungen, die Versicherte zu leisten haben,
betragen 10 vom Hundert des Abgabepreises, mindestens
jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro; allerdings
jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels.
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November 2016 |
Befreiungsfestigkeit des
besonderen Stilleschutzes am Karfreitag ist mit den
Grundrechten unvereinbar
Bundesverfassungsgericht, 30. November 2016 - Urteil vom 27.
Oktober 2016
Die Regelungen des Bayerischen Gesetzes
über den Schutz der Sonn- und Feiertage (FTG), die den
Karfreitag als gesetzlichen Feiertag anerkennen und mit einem
qualifizierten Ruhe- und Stillerahmen ausstatten, sind
grundsätzlich verfassungsgemäß. Die Befreiungsfestigkeit
dieses Tages, die eine Befreiung von den damit verbundenen
Handlungsverboten selbst aus wichtigen Gründen von vornherein
ausschließt (Art. 5 Halbsatz 2 FTG), erweist sich jedoch als
unverhältnismäßig. Dies hat der Erste Senat des
Bundesverfassungsgerichts mit heute veröffentlichtem
Beschluss entschieden.
Damit hat er der
Verfassungsbeschwerde einer Weltanschauungsgemeinschaft gegen
die teilweise Untersagung einer am Karfreitag geplanten
öffentlichen Veranstaltung stattgegeben. Sachverhalt: Der
Beschwerdeführer ist eine als Weltanschauungsgemeinschaft
anerkannte Körperschaft des öffentlichen Rechts. Nach seinem
Grundsatzprogramm versteht er sich als Gemeinschaft, die die
Interessen und Rechte von Konfessionslosen auf der Basis der
Aufklärung und des weltlichen Humanismus vertritt. Er tritt
unter anderem für eine strikte Trennung von Kirche und Staat
ein. Der Beschwerdeführer rief für den Karfreitag zu
einer eintrittspflichtigen Veranstaltung in einem Münchener
Theater auf. Diese stand unter dem Motto „Religionsfreie Zone
München 2007“ und umfasste neben dem untersagten
Veranstaltungsteil Filmvorführungen („Atheistische
Filmnacht“/„Freigeister-Kino“), ein Pralinenbuffet sowie
Erläuterungen der Anliegen und die Vorstellung der Ziele der
Weltanschauungsgemeinschaft. Untersagt wurde die zum
Abschluss der Veranstaltung vorgesehene „Heidenspaß-Party“,
die der Beschwerdeführer als „Freigeister-Tanz“ mit einer
Rockband angekündigt hatte. Nach Ansicht der
Ordnungsbehörde hätte der letzte Veranstaltungsteil gegen die
Vorschriften des FTG verstoßen. Das FTG bestimmt den
Karfreitag als „stillen Tag“, an dem über den allgemeinen
Sonn- und Feiertagsschutz hinaus öffentliche
Unterhaltungsveranstaltungen, die den ernsten Charakter des
Tages nicht wahren, sowie musikalische Darbietungen jeder Art
in Räumen mit Schankbetrieb verboten sind. Anders als für
die übrigen stille Tage schließt es die Möglichkeit einer
Befreiung von diesen Handlungsverboten für den Karfreitag aus
(Art. 5 Halbsatz 2 FTG). Die vom Beschwerdeführer erhobenen
Rechtsbehelfe gegen die Untersagung blieben erfolglos. Mit
seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer
insbesondere eine Verletzung seiner Weltanschauungsfreiheit
sowie der Versammlungsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 8
GG). Wesentliche Erwägungen des Senats: Die zulässige
Verfassungsbeschwerde ist begründet. 1. Die Anerkennung des
Karfreitags als gesetzlicher Feiertag und seine Ausgestaltung
als stiller Tag einschließlich des Verbots bestimmter
öffentlicher Unterhaltungsveranstaltungen und musikalischer
Darbietungen in Räumen mit Schankbetrieb greifen in die
allgemeine Handlungsfreiheit sowie gegebenenfalls auch in die
Berufsfreiheit und in die Kunstfreiheit ein. In besonders
gelagerten Fällen kann sie auch die grundrechtlich geschützte
Weltanschauungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit
berühren. 2. a) Diese Eingriffe rechtfertigen sich dem
Grunde nach aus der verfassungsrechtlichen Garantie des Sonn-
und Feiertagsschutzes sowie der dem Gesetzgeber von
Verfassungs wegen verliehenen Befugnis, Feiertage
anzuerkennen und die Art und das Ausmaß ihres Schutzes zu
regeln (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV). Der
Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als
Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich
geschützt. An diesen Tagen soll grundsätzlich die
Geschäftigkeit in Form der Erwerbsarbeit, insbesondere der
Verrichtung abhängiger Arbeit, ruhen, damit der Einzelne
diese Tage allein oder in Gemeinschaft ungehindert von
werktäglichen Verpflichtungen und Beanspruchungen nutzen
kann. Die soziale Bedeutung des Sonn- und
Feiertagsschutzes im weltlichen Bereich resultiert wesentlich
aus der synchronen Taktung des sozialen Lebens. Dabei
verfolgt die Regelung zunächst die weltlich-sozialen Ziele
der persönlichen Ruhe, Erholung und Zerstreuung. Daneben
kommt der Vorschrift auch eine religiöse Bedeutung zu, indem
sie auch auf die Möglichkeit der Religionsausübung sowie
darauf abzielt, dass Gläubige diesen Tagen ein Gesamtgepräge
geben können, wie es ihrem Glauben entspricht. b) Nach
diesen Grundsätzen ist die Auswahl des Karfreitags als
gesetzlicher Feiertag verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden. Sie lässt sich auf die gesetzgeberische
Regelungsbefugnis stützen und ist weder neutralitäts- noch
gleichheitswidrig. Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, im
Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit als Feiertage auch solche
auszuwählen, die aufgrund von Traditionen, kultureller oder
weltanschaulich-religiöser Prägung für große
Bevölkerungsteile wichtig sind. Die Möglichkeit der
Angehörigen anderer Religionen und Weltanschauungen, ihre
Feiertage angemessen zu begehen, wird hierdurch nicht
eingeschränkt. c) Die Ausgestaltung des Karfreitags als
ein besonderen Regelungen unterliegender stiller Tag und
damit die Schaffung eines qualifizierten Ruheschutzes ist dem
Grunde nach ebenfalls gerechtfertigt. Der Gesetzgeber kann
das Ausmaß des Feiertagsschutzes gesetzlich ausgestalten.
Insoweit steht es ihm frei, für bestimmte Tage einen über die
bloße Arbeitsruhe hinausgehenden äußeren Ruhe- und
Stilleschutz zu schaffen. Wie umfassend er diesen Schutz
im Einzelnen fassen darf, ist eine Frage der
Verhältnismäßigkeit der Regelung. Auch die Schaffung eines
besonderen Schutzes, der der gefestigten Bedeutung des
Karfreitags nach christlicher Überlieferung entspricht,
begegnet im Grundsatz keinen durchgreifenden Bedenken mit
Blick auf das grundgesetzliche Neutralitätsverständnis,
solange sich der Gesetzgeber darauf beschränkt, einen
geschützten Rahmen zur Verfügung zu stellen, der eine in
religiöser oder anderer Weise qualifizierte Begehung solcher
Tage nur ermöglicht. Die inhaltliche Ausfüllung dieses
Freiraums obliegt hingegen den Einzelnen allein oder in
Gemeinschaft. Es ist dabei Teil der demokratisch
legitimierten Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, über
die Auswahl solcher Tage zu entscheiden, die nur für Teile
der Bevölkerung eine spezifisch geprägte Rolle spielen. Auf
die Frage, wie viele der Kirchenangehörigen den Karfreitag in
seiner religiösen Bedeutung in Gemeinschaft oder
zurückgezogen in Privatheit begehen, kommt es daher nicht an.
3. Die konkrete Ausgestaltung des
Karfreitagsschutzes erweist sich jedoch als
unverhältnismäßig. Der Ausschluss einer Befreiungsmöglichkeit
lässt sich in dieser Strenge für Fallgestaltungen, bei denen
der Schutz des Feiertages mit den Gewährleistungen der
Versammlungsfreiheit oder der Glaubens- und
Bekenntnisfreiheit anderer zusammentreffen, nicht mehr als
angemessener Ausgleich der verfassungsrechtlichen Positionen
begreifen. Der strikte Befreiungsausschluss des Art. 5
Halbsatz 2 FTG ist deshalb mit der Weltanschauungsfreiheit
und der Versammlungsfreiheit unvereinbar und nichtig.
Zwar sind Unterhaltungsveranstaltungen und musikalische
Darbietungen in Räumen mit Schankbetrieb in der Regel nicht
als Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG oder als Ausübung
der Bekenntnisfreiheit zu qualifizieren, ebenso wie umgekehrt
Versammlungen normalerweise nicht als
Unterhaltungsveranstaltungen aufzufassen sind. Ist dies
jedoch ausnahmsweise der Fall, kann dies zu einer vom
Regelfall abweichenden Beurteilung der Angemessenheit von
Verboten zum Schutz des stillen Charakters führen. Das
Verbot stößt hier nicht allein auf ein schlichtes
wirtschaftliches Erwerbsinteresse oder allein auf ein
Vergnügungs- und Erholungsinteresse von Veranstaltern,
Künstlern und potenziellen Besuchern, sondern betrifft wegen
der besonderen Bedeutung der Versammlungsfreiheit als
wesentliches Element „demokratischer Offenheit“ die Teilhabe
am öffentlichen Meinungsbildungsprozess und damit eine
ihrerseits für das Gemeinwesen gewichtige grundrechtliche
Gewährleistung. Entsprechendes gilt für Veranstaltungen, die
dem Schutz der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit, insbesondere
auch in der Ausprägung als Weltanschauungsfreiheit,
unterfallen. Die Durchführung solcher Veranstaltungen
stellt den grundsätzlichen Ruhe- und Stilleschutz am
Karfreitag nicht gleichermaßen in Frage und hat ein anderes
Gewicht, so dass sich der besondere Schutz der stillen Tage
gegenüber den betroffenen Grundrechten in diesen Fällen nur
nach Maßgabe einer Abwägung im Einzelfall durchsetzen kann.
Werden solche Veranstaltungen von den Verbotsregeln des FTG
erfasst, muss der Gesetzgeber daher einen Ausnahmetatbestand
vorsehen, der es ermöglicht, Befreiungen von diesen Verboten
zu erteilen. Der Erteilung von Befreiungen für
Veranstaltungen bei derartigen Grundrechtskonflikten steht
auch nicht etwa die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der
christlichen Teile der Bevölkerung entgegen. Aus dieser lässt
sich keine verfassungsrechtliche Position ableiten, die den
strikten Befreiungsausschluss rechtfertigen könnte.
Insbesondere schützt sie nicht vor der Konfrontation mit
Bekundungen eines nicht geteilten Glaubens oder einer nicht
geteilten Weltanschauung.
4. Die angegriffenen
Entscheidungen der Behörden und tatsacheninstanzlichen
Gerichte werden den verfassungsrechtlichen Anforderungen
nicht gerecht und konnten diesen angesichts der Gesetzeslage
auch nicht genügen. Sie verletzen den Beschwerdeführer in
seiner Weltanschauungsfreiheit und Versammlungsfreiheit. Der
untersagte Veranstaltungsteil ist dem Schutzbereich der
Glaubens- und Bekenntnisfreiheit in ihrer Ausprägung als
Weltanschauungsfreiheit zuzuordnen und als Ausübung der
Weltanschauungsfreiheit zu beurteilen. Darüber hinaus konnte
der Beschwerdeführer für die untersagte Veranstaltung auch
den Schutz der Versammlungsfreiheit in Anspruch nehmen.
Die Gesamtschau aller Umstände, die wegen ihrer unmittelbaren
Grundrechtsrelevanz vom Bundesverfassungsgericht
verfassungsrechtlich überprüfbar ist, führt hier zu dem
Ergebnis, dass auch der untersagte Veranstaltungsteil dem
Schutzbereich der Versammlungsfreiheit zuzuordnen ist. Fällt
die Veranstaltung des Beschwerdeführers unter den Schutz der
Weltanschauungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit, so
durfte nach den dargelegten Maßstäben dem Feiertagsschutz
nicht der unbedingte Vorrang gegeben werden. Vielmehr
bedurfte es einer Abwägung im Einzelfall. Im Ergebnis dieser
Abwägung wäre eine Befreiung im Sinne des Art. 5 FTG zu
erteilen gewesen. Das Gewicht der Grundrechte des
Beschwerdeführers und der nach den Umständen des Einzelfalls
vergleichsweise geringere Einfluss auf den besonderen äußeren
Ruheschutz des Karfreitags führen hier dazu, dass bei
verfassungskonformem Verständnis vom Vorliegen wichtiger
Gründe für eine Befreiung ausgegangen werden musste. Die
Veranstaltung fand in einem geschlossenen Raum mit
überschaubarer Teilnehmerzahl statt und sollte auch in ihrem
zweiten Teil dort abgehalten werden. An dem konkreten
Veranstaltungsort hatte sie vergleichsweise geringe
Auswirkungen auf den öffentlichen Ruhe- und Stillecharakter
des Tages. Angesichts ihres thematischen Bezuges zum
Karfreitag kam es auch maßgeblich darauf an, die
Veranstaltung gerade an diesem Tag abzuhalten. Schließlich
hätte die Möglichkeit bestanden, dem Ruhe- und Stilleschutz
durch Auflagen gerecht zu werden, welche die Auswirkungen für
den Ruherahmen in seiner Bedeutung für den allgemein
wahrnehmbaren Charakter des Tages als Ganzes gegebenenfalls
weiter begrenzt hätten.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf:
Streit um Betriebsrat bei NRW-Landtagsfraktion
Duisburg, 30. November 2016 - In dem heute
vor der 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf
verhandelten einstweiligen Verfügungsverfahren haben sich die
Fraktion und der Betriebsrat zur gütlichen Beilegung dieses
Verfahrens verständigt. Die Fraktion wird dem Betriebsrat
binnen einer Woche wieder ein E-Mailpostfach nebst Kalender
zur Verfügung stellen, das der Betriebsrat für
Betriebsratsarbeit nutzen darf. Arbeitsgericht Düsseldorf,
Beschluss vom 19.08.2016 – 4 BVGa 11/16 –
Landesarbeitsgericht Düsseldorf - 7 TaBVGa 7/16
Bundesgerichtshof verneint
Störerhaftung für passwortgesichertes WLAN Urteil vom 24.
November 2016 - I ZR 220/15 - WLAN-Schlüssel Der
unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat
hat sich im Zusammenhang mit der Haftung für
Urheberrechtsverletzungen mit den Anforderungen an die
Sicherung eines Internetanschlusses mit WLAN-Funktion
befasst. Die Klägerin ist Inhaberin von Verwertungsrechten an
dem Film "The Expendables 2". Sie nimmt die Beklagte
wegen des öffentlichen Zugänglichmachens dieses Filmwerks im
Wege des "Filesharing" auf Ersatz von Abmahnkosten in
Anspruch. Der Film ist im November und Dezember 2012 zu
verschiedenen Zeitpunkten über den Internetanschluss der
Beklagten durch einen unbekannten Dritten öffentlich
zugänglich gemacht worden, der sich unberechtigten Zugang zum
WLAN der Beklagten verschafft hatte.
Die Beklagte
hatte ihren Internet-Router Anfang 2012 in Betrieb genommen.
Der Router war mit einem vom Hersteller vergebenen, auf der
Rückseite des Routers aufgedruckten WPA2-Schlüssel gesichert,
der aus 16 Ziffern bestand. Diesen Schlüssel hatte die
Beklagte bei der Einrichtung des Routers nicht geändert. Das
Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der
Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Der
Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin
zurückgewiesen. Er hat angenommen, dass die Beklagte nicht
als Störerin haftet, weil sie keine Prüfungspflichten
verletzt hat. Der Inhaber eines Internetanschlusses mit
WLAN-Funktion ist zur Prüfung verpflichtet, ob der
eingesetzte Router über die im Zeitpunkt seines Kaufs für den
privaten Bereich marktüblichen Sicherungen, also einen
aktuellen Verschlüsselungsstandard sowie ein individuelles,
ausreichend langes und sicheres Passwort, verfügt.
Die Beibehaltung eines vom Hersteller voreingestellten
WLAN-Passworts kann eine Verletzung der Prüfungspflicht
darstellen, wenn es sich nicht um ein für jedes Gerät
individuell, sondern für eine Mehrzahl von Geräten
verwendetes Passwort handelt. Im Streitfall hat die Klägerin
keinen Beweis dafür angetreten, dass es sich um ein Passwort
gehandelt hat, das vom Hersteller für eine Mehrzahl von
Geräten vergeben worden war. Die Beklagte hatte durch
Benennung des Routertyps und des Passworts sowie durch die
Angabe, es habe sich um ein nur einmal vergebenes Passwort
gehandelt, der ihr insoweit obliegenden sekundären
Darlegungslast genügt. Da der Standard WPA2 als
hinreichend sicher anerkannt ist und es an Anhaltspunkten
dafür fehlt, dass im Zeitpunkt des Kaufs der voreingestellte
16-stellige Zifferncode nicht marktüblichen Standards
entsprach oder Dritte ihn entschlüsseln konnten, hat die
Beklagte ihre Prüfungspflichten nicht verletzt. Sie haftet
deshalb nicht als Störerin für die über ihren
Internetanschluss von einem unbekannten Dritten begangenen
Urheberrechtsverletzungen. Eine bei dem Routertyp
bestehende Sicherheitslücke ist in der Öffentlichkeit erst im
Jahr 2014 bekannt geworden. Vorinstanzen: AG Hamburg - Urteil
vom 9. Januar 2015 - 36a C 40/14 LG Hamburg - Urteil vom 29.
September 2015 - 310 S 3/15 Karlsruhe, den 24. November 2016
Mehrarbeit in Form von
Bereitschaftsdienst ist im Verhältnis „1 zu 1“ durch Freizeit
auszugleichen Die Mehrarbeit eines Beamten in
Form von Bereitschaftsdienst ist im Verhältnis „1 zu 1“ durch
Freizeit auszugleichen. Hingegen besteht kein Anspruch auf
Freizeitausgleich für eine reine Rufbereitschaft oder bloße
Anwesenheitszeiten ohne dienstliche Inanspruchnahme in dieser
Zeit. Bei Freizeitausgleich für im Ausland geleisteten Dienst
besteht außerdem kein Anspruch auf Auslandsbesoldung, wenn
der Freizeitausgleich im Inland genommen wird. Das hat das
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. Ein
Teil der Kläger sind Bundespolizisten und war in den
vergangenen Jahren mehrfach für jeweils einige Monate bei den
deutschen Botschaften in Kabul und in Bagdad tätig. Dort
nahmen sie Aufgaben des Personen- und Objektschutzes wahr.
Während ihres Dienstes im Ausland erhielten sie
Auslandsbesoldung. Ein weiterer Kläger ist Polizeibeamter des
Landes Berlin und wurde mehrfach für mehrere Tage bei
polizeilichen Unterstützungseinsätzen in anderen
Bundesländern eingesetzt. Die Vorinstanzen haben die
Beklagten verurteilt, den Klägern für Zeiten des
Bereitschaftsdienstes Freizeitausgleich im Verhältnis „1 zu
1“ zu gewähren. Hingegen haben sie die Klagen abgewiesen,
soweit die Kläger (vollen) Freizeitausgleich auch für Zeiten
der Rufbereitschaft und für bloße Anwesenheitszeiten ohne
dienstliche Inanspruchnahme in dieser Zeit begehrt haben.
Außerdem haben sie die Klagen der Bundespolizisten
abgewiesen, soweit diese Auslandsbesoldung für die Zeit der
Inanspruchnahme von Freizeitausgleich im Inland beansprucht
haben. Das Bundesverwaltungsgericht hat sowohl die
Revisionen der Kläger als auch die der Beklagten
zurückgewiesen. Es hat zur Begründung insbesondere
ausgeführt: Der Wortlaut der maßgeblichen Normen (§ 88 Satz 2
BBG, § 53 Absatz 2 LBG Berlin: „entsprechende“
Dienstbefreiung) legt eine Differenzierung nach Mehrarbeit in
Volldienst oder Bereitschaftsdienst oder qualitativ nach der
Intensität der geleisteten Mehrarbeit nicht nahe. Vor allem
aber dient der Freizeitausgleich nicht nur dazu, eine
Regeneration des Beamten zu ermöglichen, sondern hat in
erster Linie den Zweck, die Einhaltung der regelmäßigen
Arbeitszeit jedenfalls im Gesamtergebnis zu gewährleisten.
Dies erfordert einen vollen Ausgleich. Hingegen sind
Zeiten reiner Rufbereitschaft oder bloße Anwesenheitszeiten
ohne dienstliche Inanspruchnahme keine als Mehrarbeit
ausgleichspflichtigen Dienstzeiten. Ebensowenig gibt es
eine Rechtsgrundlage für das Begehren auf Fortzahlung der
Auslandsbesoldung, wenn der Freizeitausgleich für
Auslandsdienste im Inland genommen wird. Auslandsbesoldung
bezweckt einen Ausgleich für Erschwernisse des Dienstes im
Ausland, setzt also einen Aufenthalt im Ausland voraus.
BVerwG 2 C 21.15 - Urteil vom 17. November 2016
Vorinstanzen: OVG Münster, 1 A 419/14 - Urteil vom 24. August
2015 VG Köln, 15 K 3/13 - Urteil vom 16. Januar 2014
BVerwG 2 C 22.15 - Urteil vom 17. November 2016
Vorinstanzen: OVG Münster, 1 A 2545/13 - Urteil vom 24.
August 2015 VG Köln, 15 K 7111/12 - Urteil vom 26. September
2013 BVerwG 2 C 23.15 - Urteil vom 17. November 2016
Vorinstanzen: OVG Münster, 1 A 421/14 - Urteil vom 24. August
2015 VG Köln, 15 K 6/13 - Urteil vom 16. Januar 2014
BVerwG 2 C 24.15 - Urteil vom 17. November 2016
Vorinstanzen: OVG Münster, 1 A 418/14 - Urteil vom 24. August
2015 VG Köln, 15 K 3583/12 - Urteil vom 16. Januar 2014
BVerwG 2 C 3.16 - Urteil vom 17. November 2016
Vorinstanz: VG Berlin, 26 K 58.14 - Urteil vom 02. Dezember
2015 BVerwG 2 C 28.15 - Urteil vom 17. November 2016
Vorinstanzen: VGH Mannheim, 4 S 169/12 - Urteil vom 17. Juni
2014
VG Stuttgart, 3 K 1353/13 - Urteil vom 05.
Dezember 2012
Rechtsmittel gegen den Beschluss
des Oberlandesgerichts Düsseldorf betreffend die
Ministererlaubnis für die geplante Fusion Edeka – Tengelmann:
Bundesgerichtshof hebt Beratungstermin auf
Karlsruhe, den 11. November 2016 - Beim Kartellsenat des
Bundesgerichtshofs sind derzeit Rechtsmittel des
Bundesministers für Wirtschaft und Energie, der EDEKA
Zentrale AG & Co. KG (im Folgenden: EDEKA) sowie der
Tengelmann Warenhandelsgesellschaft KG und der Kaiser"s
Tengelmann GmbH (im Folgenden: KT) gegen einen Beschluss des
Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2016 anhängig
(Aktenzeichen KVR 38/16). Mit diesem Beschluss hat das
Oberlandesgericht die aufschiebende Wirkung der von anderen
Unternehmen, insbesondere von REWE, erhobenen Beschwerden
gegen die Ministererlaubnis angeordnet. Die
Rechtsbeschwerde hat es nicht zugelassen. Gegen diesen
Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf haben der
Bundeswirtschaftsminister sowie EDEKA und KT
Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der
Bundeswirtschaftsminister und EDEKA haben darüber hinaus
zulassungsfreie Rechtsbeschwerde erhoben. Inzwischen haben
die Verfahrensbeteiligten im Hinblick auf das laufende
Schlichtungsverfahren den Bundesgerichtshof übereinstimmend
darum gebeten, derzeit nicht über diese Rechtsmittel zu
entscheiden. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat
entsprechend dieser Bitte den auf den 15. November 2016
anberaumten Beratungstermin aufgehoben.
Bundesgerichtshof: Gerichte müssen
schwerwiegende persönliche Härtegründe auf Seiten des Mieters
auch bei fristloser Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB*
berücksichtigen
Urteil vom 9. November 2016 - VIII ZR
73/16 Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer
Entscheidung mit der Frage befasst, ob schwerwiegende
persönliche Härtegründe auf Seiten des Mieters im Einzelfall
zur Folge haben können, dass ein wichtiger Grund für eine
außerordentliche Kündigung im Sinne des § 543 Abs. 1 Satz 2
BGB* trotz einer erheblichen Pflichtverletzung des Mieters
nicht gegeben ist.
Sachverhalt und Prozessverlauf
Die 97-jährige Beklagte zu 1 hat - zusammen mit ihrem
zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann – im Jahr 1955 von den
Rechtsvorgängern der Klägerin eine Dreizimmerwohnung in
München und im Jahr 1963 zusätzlich eine in demselben Gebäude
und Stockwerk gelegene Einzimmerwohnung angemietet. Die
(bettlägerige) Beklagte zu 1 bewohnt die Dreizimmerwohnung
und steht seit einigen Jahren aufgrund einer Demenzerkrankung
unter Betreuung. Der Beklagte zu 2 bewohnt seit dem Jahr
2000 die Einzimmerwohnung. Seit dem Jahr 2007 ist er Betreuer
der Beklagten zu 1 und pflegt sie ganztägig. Im Jahr 2015
äußerte der Beklagte zu 2 in mehreren Schreiben an die
Hausverwaltung grobe Beleidigungen gegenüber der Klägerin.
Die Klägerin sprach daraufhin die fristlose Kündigung des
Mietverhältnisses gemäß § 543 Abs. 1 BGB* aus. Das
Amtsgericht hat die Räumungsklage abgewiesen. Auf die
Berufung der Klägerin hat das Landgericht ihr allerdings
stattgegeben. Bei derart groben Beleidigungen liege die
Unzumutbarkeit einer Fortsetzung des Mietvertrages für die
Klägerin auf der Hand. Die von der Beklagten zu 1
vorgebrachten persönlichen Härtegründe könnten erst im Rahmen
einer späteren Zwangsvollstreckung im Wege eines
Vollstreckungsschutzantrags nach § 765a ZPO** geprüft werden.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehren die
Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen
Urteils. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Der unter
anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat in seiner heutigen Entscheidung
unterstrichen, dass zu den bei der Gesamtabwägung einer nach
der Generalklausel des § 543 Abs. 1 BGB* erklärten fristlosen
Kündigung zu berücksichtigenden Umständen des Einzelfalls
ohne weiteres auch schwerwiegende persönliche Härtegründe auf
Seiten des Mieters gehören. Denn § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB*
schreibt ausdrücklich eine Abwägung der beiderseitigen
Interessen der Mietvertragsparteien und eine Berücksichtigung
aller Umstände des Einzelfalles vor. Die Abwägung auf
bestimmte Gesichtspunkte zu beschränken und deren
Berücksichtigung - wie das Berufungsgericht - auf das
Vollstreckungsverfahren zu verschieben, verbietet sich mithin
bereits aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelung. Bei
drohenden schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen oder
Lebensgefahr sind die Gerichte zudem verfassungsrechtlich
gehalten, ihre Entscheidung auf eine tragfähige Grundlage zu
stellen und diesen Gefahren bei der Abwägung der
widerstreitenden Interessen hinreichend Rechnung zu tragen.
Das kann bei der Gesamtabwägung nach § 543 Abs. 1
Satz 2 BGB* zur Folge haben - was vom Gericht im Einzelfall
zu prüfen ist -, dass ein wichtiger Grund für eine
außerordentliche Kündigung wegen besonders schwerwiegender
persönlicher Härtegründe auf Seiten des Mieters trotz seiner
erheblichen Pflichtverletzung nicht vorliegt. Das
Berufungsgericht hätte insoweit dem Vortrag der Beklagten
nachgehen müssen, wonach die Beklagte zu 1 auf die Betreuung
durch den Beklagten zu 2 in ihrer bisherigen häuslichen
Umgebung angewiesen und bei einem Wechsel der
Betreuungsperson oder einem Umzug schwerstwiegende
Gesundheitsschäden zu besorgen seien. Der Senat hat
deshalb Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückverwiesen. *§ 543 BGB Außerordentliche fristlose
Kündigung aus wichtigem Grund (1) 1Jede Vertragspartei kann
das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich
fristlos kündigen. 2Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn
dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der
Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen
Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum
Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung
des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. […]
**§ 765a ZPO Vollstreckungsschutz (1) 1 Auf Antrag des
Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der
Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen
oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller
Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz
besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten
Sitten nicht vereinbar ist. […] Vorinstanzen: Amtsgericht
München - Urteil vom 14. August 2015 - 417 C 11029/15
Landgericht München I - Urteil vom 20. Januar 2016 - 14 S
16950/15
Bundesgerichtshof entscheidet zu
Formularklauseln über Darlehensgebühren in Bausparverträgen
Urteil vom 8. November 2016 Der XI.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine
vorformulierte Bestimmung über eine "Darlehensgebühr" in Höhe
von 2 Prozent der Darlehenssumme in Bausparverträgen zwischen
Verbrauchern und Unternehmern unwirksam ist. Sachverhalt: Von
den ursprünglich terminierten drei Verfahren zur Zulässigkeit
von Darlehensgebühren in Bausparverträgen (vgl. dazu die
Pressemitteilung Nr. 155/16) war nach Rücknahme von zwei
Revisionen noch das Verfahren XI ZR 552/15 zu entscheiden.
In dieser Sache klagt ein Verbraucherschutzverband, der
als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen
ist. Er wendet sich mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG
gegen eine in den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge
(ABB) der beklagten Bausparkasse enthaltene Klausel, wonach
mit Beginn der Auszahlung des Bauspardarlehens eine
"Darlehensgebühr" in Höhe von 2 Prozent des Bauspardarlehens
fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen wird (§ 10 ABB)*.
Der Kläger ist der Ansicht, die angegriffene Klausel
verstoße gegen § 307 BGB**, und nimmt die Beklagte darauf in
Anspruch, die Verwendung der Klausel gegenüber Verbrauchern
zu unterlassen. Prozessverlauf: Die Klage ist in beiden
Vorinstanzen abgewiesen worden. Die von dem Oberlandesgericht
zugelassene Revision des Klägers hatte Erfolg. Entscheidung
des Bundesgerichtshofs: Bei der "Darlehensgebühr" handelt es
sich um eine gerichtlicher Klauselkontrolle unterliegende
sogenannte Preisnebenabrede. Die Klausel ist dahingehend
zu verstehen, dass mit der Gebühr keine konkrete vertragliche
Gegenleistung bepreist wird. Vielmehr dient die Gebühr der
Abgeltung von Verwaltungsaufwand, der für Tätigkeiten der
Beklagten im Zusammenhang mit den Bauspardarlehen anfällt.
Damit weicht die Klausel von wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung ab. Denn zum einen wird mit dieser
Gebühr ein Entgelt erhoben, das abweichend vom gesetzlichen
Leitbild für Darlehensverträge, das nach § 488 Abs. 1 Satz 2
BGB*** einen laufzeitabhängigen Zins vorsieht, nicht
laufzeitabhängig ausgestaltet ist. Dieses Leitbild ist
entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts auch für
Bauspardarlehensverträge maßgeblich. Zum anderen sind nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann mit
wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung unvereinbar,
wenn Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird,
zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich
verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse
erbringt. Das aber sieht die angegriffene Klausel vor.
Diese Abweichungen der Klausel von wesentlichen Grundgedanken
der gesetzlichen Regelung benachteiligen die Vertragspartner
der Bausparkasse unangemessen. Insbesondere wird die Gebühr
nicht im kollektiven Gesamtinteresse der Bauspargemeinschaft
erhoben, da sie keinen Beitrag zur Gewährleistung der
Funktionsfähigkeit des Bausparwesens leistet. Die
Darlehensgebühr wird auch nicht durch Individualvorteile für
Bausparkunden, wie z.B. günstige Darlehenszinsen,
ausgeglichen, da diesen bereits nicht unerhebliche Nachteile,
etwa eine Abschlussgebühr, gegenüberstehen. * § 10
Darlehensgebühr Mit Beginn der Darlehensauszahlung wird
eine Darlehensgebühr in Höhe von 2 % des Bauspardarlehens -
bei der Wahl gemäß § 9 Abs. 3 vor Abzug des Disagios - fällig
und dem Bauspardarlehen zugeschlagen (Darlehensschuld).
** § 307 BGB Inhaltskontrolle (1) Bestimmungen in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den
Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu
und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene
Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die
Bestimmung nicht klar und verständlich ist. (2) Eine
unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn
eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu
vereinbaren ist oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten,
die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt,
dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. (3)
Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die
von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende
Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können
nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1
unwirksam sein. *** § 488 Vertragstypische Pflichten beim
Darlehensvertrag (1) Durch den Darlehensvertrag wird der
Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen
Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen.
Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins
zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte
Darlehen zurückzuzahlen. Vorinstanzen: LG Heilbronn -
Urteil vom 21. Mai 2015 - Bi 6 O 50/15 OLG Stuttgart - Urteil
vom 19. November 2015 - 2 U 75/15 Karlsruhe, den 8.
November 2016
Bundesgerichtshof, 03. November
2016 - Erste Entscheidung des BGH zum Umgangsrecht des
biologischen Vaters nach der gesetzlichen Neuregelung
Beschluss vom 5. Oktober 2016 - XII ZB 280/15 Der u.a. für
das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat hat entschieden,
dass die beharrliche Weigerung der rechtlichen Eltern, einen
Umgang ihres Kindes mit seinem leiblichen Vater zuzulassen,
allein nicht genügt, um ein Umgangsrecht abzulehnen.
Aus der Beziehung des aus Nigeria stammenden Antragstellers
mit einer verheirateten Frau sind die Ende 2005 geborenen
Zwillinge hervorgegangen. Die Mutter lebt bereits seit August
2005 wieder mit ihrem Ehemann und den Kindern zusammen,
darunter auch die im Jahr 1996, 1998 und 2000 geborenen,
gemeinsamen Kinder der Eheleute. Der mittlerweile in
Spanien lebende Antragsteller begehrte seit der Geburt der
Zwillinge Umgang mit ihnen, was die Mutter und ihr Ehemann
wiederholt abgelehnt haben. Im Januar 2006 leitete der
Antragsteller das erste Umgangsrechtsverfahren ein. Nachdem
das Familiengericht Umgangskontakte angeordnet hatte, hob das
Oberlandesgericht diese Entscheidung auf, weil ein
Umgangsrecht des biologischen Vaters, der nicht in einer
sozial-familiären Beziehung zu dem Kind stehe oder gestanden
habe, nicht vorgesehen sei.
Die Verfassungsbeschwerde
des Antragstellers blieb erfolglos. Schließlich stellte der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Urteil vom 21.
Dezember 2010 (FamRZ 2011, 269) fest, dass die Versagung
jeglichen Umgangs ohne eine Prüfung der Frage, ob ein solcher
Umgang dem Kindeswohl dienlich wäre, eine Verletzung von Art.
8 EMRK* darstelle. Daraufhin hat der Antragsteller im März
2011 erneut eine Umgangsregelung beantragt. Während das
Amtsgericht wiederum einen monatlichen, begleiteten Umgang
angeordnet hatte, hat das Oberlandesgericht auf die
Beschwerde der rechtlichen Eltern den Umgangsrechtsantrag
zurückgewiesen. Der Senat hat die Entscheidung des
Oberlandesgerichts auf die Rechtsbeschwerde des
Antragstellers aufgehoben. Solange die Vaterschaft eines
anderen Mannes besteht – hier des Ehemanns, der die
rechtliche Vaterschaft gemäß § 1592 Nr. 1 BGB** erlangt hat,
weil er zum Zeitpunkt der Geburt der Zwillinge mit
der Mutter verheiratet war – hat der leibliche Vater, der
ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat, gemäß § 1686 a
Abs. 1 Nr. 1 BGB*** ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn
der Umgang dem Kindeswohl dient.
Diese
Neuregelung ist mit Wirkung vom 13. Juli 2013 in das
Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden. Grund hierfür war
die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zuvor
u.a. auch in dem den Antragsteller betreffenden Verfahren
festgestellte Verletzung von Art. 8 EMRK. Die Entscheidung
des Oberlandesgerichts beruht auf unzureichenden
Ermittlungen. Das folgt bereits daraus, dass die Eltern
sich geweigert haben, die Kinder über ihre wahre Abstammung
zu unterrichten, die Sachverständigen den Kindern deshalb
vorgetäuscht haben, das Gutachten im Rahmen der
Zwillingsforschung zu erstellen und die Gerichte die zum
Zeitpunkt der Begutachtung bereits neun Jahre alten Kinder
nicht angehört haben. Der Senat hat in diesem Zusammenhang
entschieden, dass nicht nur das Familiengrundrecht aus Art. 6
Abs. 1 GG****, sondern auch das von Art. 6 Abs. 2 Satz 1
GG***** geschützte Elternrecht, über die Information des
Kindes hinsichtlich seiner wahren Abstammung zu bestimmen,
grundsätzlich in den Fällen eingeschränkt ist, in denen der
leibliche Vater ein Umgangsrecht nach § 1686 a BGB begehrt.
Das Kind ist vor einer Anhörung bzw. einer etwaigen
Begutachtung bei entsprechender Reife über seine wahre
Abstammung zu unterrichten, sofern ein Umgang nicht bereits
aus anderen, nicht unmittelbar das Kind betreffenden Gründen
ausscheidet. Weigern sich die rechtlichen Eltern, dies selbst
zu tun, steht es im Ermessen des Tatrichters, in welcher Art
und Weise er für eine entsprechende Information des Kindes
Sorge trägt. Ist einziger Grund für das Scheitern des
Umgangs die ablehnende Haltung der rechtlichen Eltern und die
damit einhergehende Befürchtung, dass diese mit einer
Umgangsregelung psychisch überfordert wären und dadurch
mittelbar das Kindeswohl beeinträchtigt wäre, sind zudem
strenge Anforderungen an die entsprechenden Feststellungen zu
stellen.
Vorinstanzen: AG Baden-Baden – Beschluss vom
8. März 2013 – 6 F 80/11 OLG Karlsruhe – Beschluss vom 1.
Juni 2015 – 20 UF 63/13 *Art. 8 EMRK (1) Jede Person hat
das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer
Wohnung und ihrer Korrespondenz. (2) Eine Behörde darf in
die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der
Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen
Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche
Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur
Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten,
zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der
Rechte und Freiheiten anderer. ** § 1592 Nr. 1 BGB
Vater eines Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt
mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, *** § 1686 a Abs.
1 Nr. 1 BGB Solange die Vaterschaft eines anderen Mannes
besteht, hat der leibliche Vater, der ernsthaftes Interesse
an dem Kind gezeigt hat, ein Recht auf Umgang mit dem Kind,
wenn der Umgang dem Kindeswohl dient (…). Art. 6 Abs. 1 und
Abs. 2 GG **** (1) Ehe und Familie stehen unter dem
besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. ***** (2)
Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der
Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre
Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Karlsruhe, den
03. November 2016
|
Oktober 2016 |
Abwarten bei sporadisch
auftretendem sicherheitsrelevantem Mangel für Käufer
unzumutbar ("Vorführeffekt") Urteil vom 26.
Oktober 2016 - VIII ZR 240/15 Der Bundesgerichtshof hat
sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob es
einem Käufer nach § 440 Satz 1 BGB* zumutbar ist, dass der
Verkäufer die geschuldete Nachbesserung bei einem nur
sporadisch auftretenden, aber für die Verkehrssicherheit
relevanten Mangel eine aufwendige Untersuchung zunächst
unterlässt und den Käufer darauf verweist, das Fahrzeug bei
erneutem Auftreten der Mangelsymptome wieder vorzuführen.
Der Sachverhalt: Der Kläger kaufte von der beklagten
Kraftfahrzeughändlerin einen gebrauchten Volvo V 50 zum Preis
von 12.300 €. Kurze Zeit nach der Übergabe des Fahrzeugs
bemängelte der Kläger (u.a.), das Kupplungspedal sei nach
Betätigung am Fahrzeugboden hängengeblieben, so dass es in
die Ausgangsposition habe zurückgezogen werden müssen.
Bei einer daraufhin von der Beklagten durchgeführten
Untersuchungsfahrt trat der vom Kläger gerügte Mangel am
Kupplungspedal allerdings auch bei mehrmaliger Betätigung der
Kupplung nicht auf. Während der Kläger geltend macht, er habe
gleichwohl, allerdings vergeblich, auf einer umgehenden
Mangelbehebung bestanden, will die Beklagte ihm lediglich
mitgeteilt haben, dass derzeit kein Grund zur Annahme einer
Mangelhaftigkeit und somit für ein Tätigwerden bestehe und
der Kläger das Fahrzeug bei erneutem Hängenbleiben des
Kupplungspedals wieder bei ihr vorstellen solle. Nachdem
der Kläger in den folgenden Tagen unter Hinweis auf ein
erneutes Hängenbleiben des Kupplungspedals vergeblich
versucht hatte, die Beklagte zu einer Äußerung über ihre
Reparaturbereitschaft zu bewegen, trat er vom Kaufvertrag
zurück. Die auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und den
Ersatz weiterer Schäden gerichtete Klage ist in zweiter
Instanz erfolgreich gewesen. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf
vollständige Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Der unter anderem
für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Kläger auch ohne
Fristsetzung zur Nachbesserung wirksam vom Kaufvertrag
zurücktreten konnte, weil es ihm trotz des nur sporadischen
Auftreten des Mangels aufgrund dessen Relevanz für die
Verkehrssicherheit des Kraftfahrzeugs nicht im Sinne von §
440 Satz 1 BGB* zumutbar war, ein weiteres Auftreten der
Mangelsymptome abzuwarten. Der Kläger hat den
Anforderungen an ein hinreichendes Nacherfüllungsverlangen
bereits dadurch genügt, dass er der Beklagten neben der
Einräumung einer Untersuchungsmöglichkeit die Mangelsymptome
hinreichend genau bezeichnet hatte.
Bei dem durch
Sachverständigengutachten bestätigten und bereits bei
Gefahrübergang vorhandenen sporadischen Hängenbleiben des
Kupplungspedals handelte es sich nicht um einen
bloßen "Komfortmangel" , sondern um einen
sicherheitsrelevanten Mangel. Denn eine solche
Fehlfunktion kann, selbst wenn sie nur das Kupplungspedal
selbst betrifft, unter anderem wegen des beim Fahrer
hervorgerufenen Aufmerksamkeitsverlusts die Unfallgefahr
signifikant erhöhen. Mit ihrer Erklärung anlässlich der
Vorführung des Fahrzeugs, es bestünde kein Grund für die
Annahme einer Mangelhaftigkeit und damit ein Tätigwerden,
solange der behauptete Mangel nicht (erneut) auftrete und der
Kläger damit nochmals vorstellig werde, ist die Beklagte dem
Nacherfüllungsverlangen nicht gerecht geworden. Denn eine
verantwortungsvolle Benutzbarkeit des Fahrzeugs war ohne
Abklärung des Mangels weitgehend aufgehoben, da der
verkehrsunsichere Zustand fortbestand und es dem Kläger - der
das Fahrzeug insofern auch tatsächlich noch im Juli 2013
stilllegte - nicht zugemutet werden konnte, das Risiko der
Benutzung im öffentlichen Straßenverkehr auf sich zu nehmen.
Ein Rücktritt war im vorliegenden Fall auch nicht wegen
Unerheblichkeit des Mangels (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB***)
ausgeschlossen, auch wenn dieser letzten Endes (nachdem der
Kläger den Rücktritt bereits erklärt hatte) mit geringen
Kosten (433,49 €) beseitigt werden konnte. Denn solange
die Ursache eines aufgetretenen Mangelsymptoms unklar ist,
kann die Erheblichkeit des Mangels regelmäßig nur an der
hiervon ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung gemessen
werden, die vorliegend aufgrund der Gefahren für
Verkehrssicherheit des Fahrzeugs jedenfalls als erheblich
anzusehen war. *§ 440 BGB Besondere Bestimmungen für
Rücktritt und Schadensersatz 1[…] bedarf es der Fristsetzung
auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der
Nacherfüllung […] verweigert oder wenn die dem Käufer
zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm
unzumutbar ist. […] **§ 439 BGB Nacherfüllung […]
(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung
erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-,
Arbeits- und Materialkosten zu tragen. […] ***§ 323 BGB
Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter
Leistung […] (5) […] 2Hat der Schuldner die Leistung nicht
vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag
nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich
ist.
Vorinstanzen: Landgericht Kiel - Urteil vom 18.
Mai 2015 - 12 O 259/13 Schleswig-Holsteinisches
Oberlandesgericht - Urteil vom 2. Oktober 2015 - 17 U 43/15
Bundesgerichtshof
entscheidet über Zulässigkeit eines pauschalen Entgelts für
geduldete Überziehungen - Urteil vom 25. Oktober 2016 –
XI ZR 9/15 und XI ZR 387/15 Der u. a. für das
Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
hat in zwei im wesentlichen Punkt parallel gelagerten
Revisionsverfahren entschieden, dass vorformulierte
Bestimmungen über ein pauschales "Mindestentgelt" für
geduldete Überziehungen (§ 505 BGB*) zwischen einem
Kreditinstitut und einem Verbraucher unwirksam sind.
In dem Verfahren XI ZR 9/15 heißt es in den von der
beklagten Bank verwendeten "Bedingungen für geduldete
Überziehungen" auszugsweise wie folgt: "5. Die Höhe des
Sollzinssatzes für geduldete Überziehungen, der ab dem
Zeitpunkt der Überziehung anfällt, beträgt 16,50 % p. a.
(Stand August 2012). Die Sollzinsen für geduldete
Überziehungen fallen nicht an, soweit diese die Kosten der
geduldeten Überziehung (siehe Nr. 8) nicht übersteigen. (…)
8. Die Kosten für geduldete Überziehungen, die ab dem
Zeitpunkt der Überziehung anfallen, betragen 6,90 Euro (Stand
August 2012) und werden im Falle einer geduldeten Überziehung
einmal pro Rechnungsabschluss berechnet. Die Kosten für
geduldete Überziehung fallen jedoch nicht an, soweit die
angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen diese
Kosten übersteigen." Der Kläger, ein
Verbraucherschutzverein, ist der Ansicht, dass die Regelung
unter Ziffer 8 Satz 1 der Bedingungen Verbraucher
unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB**
benachteiligt, und nimmt die Beklagte auf Unterlassung der
Verwendung dieser Klausel in Anspruch.
Während die
Klage in erster Instanz keinen Erfolg hatte, hat ihr das
Berufungsgericht stattgegeben. In dem Verfahren XI ZR 387/15
begehrt der klagende Verbraucherschutzverein von der
Beklagten, einer Geschäftsbank, die Unterlassung der
Verwendung folgender Klausel: "[Die Bank] berechnet für jeden
Monat, in welchem es auf dem Konto zu einer geduldeten
Überziehung kommt, ein Entgelt von 2,95 €, es sei denn, die
angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen
übersteigen im Berechnungsmonat den Entgeltbetrag von 2,95 €.
Die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen
werden nicht in Rechnung gestellt, wenn sie im
Berechnungsmonat den Entgeltbetrag von 2,95 €
unterschreiten."
Der Kläger ist der
Ansicht, dass die Klausel wegen einer unangemessenen
Benachteiligung von Verbrauchern unwirksam sei. Die
Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der XI.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in dem Verfahren XI ZR
9/15 die Revision der beklagten Bank zurückgewiesen. In dem
Verfahren XI ZR 387/15 hat er auf die Revision des Klägers
der Klage stattgegeben. Die jeweils in Streit stehenden
Bestimmungen über das pauschale "Mindestentgelt" für eine
geduldete Überziehung unterliegen als Allgemeine
Geschäftsbedingungen der gerichtlichen Inhaltskontrolle gemäß
§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und halten dieser nicht
stand, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung abweichen und die Kunden der Beklagten
entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen
benachteiligen. Die Klauseln sind nicht als sogenannte
Preishauptrede einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 3 Satz
1 BGB** entzogen. Vielmehr handelt es sich um
Preisnebenabreden, die einer Inhaltskontrolle
unterliegen. Denn in den Fällen, in denen das Mindestentgelt
erhoben wird, wird mit diesem unabhängig von der Laufzeit des
Darlehens ein Bearbeitungsaufwand der Bank auf den Kunden
abgewälzt. Die angegriffenen Klauseln weichen damit von
wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Denn
der Preis für eine geduldete Überziehung, bei der es sich um
ein Verbraucherdarlehen handelt, ist dem gesetzlichen
Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB*** folgend ein Zins und
damit allein eine laufzeitabhängige Vergütung der
Kapitalüberlassung, in die der Aufwand für die Bearbeitung
einzupreisen ist. Die Klauseln benachteiligen die Kunden der
Beklagten auch in unangemessener Weise, zumal sie gerade bei
niedrigen Überziehungsbeträgen und kurzen Laufzeiten zu
unverhältnismäßigen Belastungen führen. Denn bei einer
geduldeten Überziehung von 10 € für einen Tag und dem hierfür
in Rechnung zu stellenden Betrag von 6,90 € in dem Verfahren
XI ZR 9/15 bzw. von 2,95 € in dem Verfahren XI ZR 387/15 wäre
ein Zinssatz von 25.185% p.a. bzw. von 10.767,5% p.a.
zwischen den Parteien zu vereinbaren. Urteil vom 25.
Oktober 2016 – XI ZR 9/15 LG Frankfurt am Main – Urteil
vom 21. Juni 2013 – 12 O 345/12 OLG Frankfurt am Main –
Urteil vom 4. Dezember 2014 – 1 U 170/13 und Urteil vom
25. Oktober 2016 – XI ZR 387/15 LG Düsseldorf – Urteil
vom 9. April 2014 – 12 O 71/13 OLG Düsseldorf – Urteil
vom 16. Juli 2015 – 6 U 94/14 * § 505 BGB Geduldete
Überziehung (1)
Vereinbart ein Unternehmer in einem
Vertrag mit einem Verbraucher über ein laufendes Konto ohne
eingeräumte Überziehungsmöglichkeit ein Entgelt für den Fall,
dass er eine Überziehung des Kontos duldet, müssen in diesem
Vertrag die Angaben nach Artikel 247 § 17 Abs. 1 des
Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche auf einem
dauerhaften Datenträger enthalten sein und dem Verbraucher in
regelmäßigen Zeitabständen auf einem dauerhaften Datenträger
mitgeteilt werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein
Darlehensgeber mit einem Darlehensnehmer in einem Vertrag
über ein laufendes Konto mit eingeräumter
Überziehungsmöglichkeit ein Entgelt für den Fall vereinbart,
dass er eine Überziehung des Kontos über die vertraglich
bestimmte Höhe hinaus duldet. (2) Kommt es im Fall
des Absatzes 1 zu einer erheblichen Überziehung von mehr als
einem Monat, unterrichtet der Darlehensgeber den
Darlehensnehmer unverzüglich auf einem dauerhaften
Datenträger über die sich aus Artikel 247 § 17 Abs. 2 des
Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ergebenden
Einzelheiten. Wenn es im Fall des Absatzes 1 zu einer
ununterbrochenen Überziehung von mehr als drei Monaten
gekommen ist und der durchschnittliche Überziehungsbetrag die
Hälfte des durchschnittlichen monatlichen Geldeingangs
innerhalb der letzten drei Monate auf diesem Konto
übersteigt, so gilt § 504a entsprechend. Wenn der
Rechnungsabschluss für das laufende Konto vierteljährlich
erfolgt, ist der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen der
Voraussetzungen nach Satz 1 der jeweilige Rechnungsabschluss.
(3) Verstößt der Unternehmer gegen Absatz 1 oder
Absatz 2, kann der Darlehensgeber über die Rückzahlung des
Darlehens hinaus Kosten und Zinsen nicht verlangen. (4)
Die §§ 491a bis 496 und 499 bis 502 sind auf
Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge, die unter den in
Absatz 1 genannten Voraussetzungen zustande kommen, nicht
anzuwenden. **§ 307 BGB Inhaltskontrolle (1) Bestimmungen in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den
Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu
und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene
Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die
Bestimmung nicht klar und verständlich ist. (2) Eine
unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn
eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu
vereinbaren ist oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten,
die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt,
dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. (3)
Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die
von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende
Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach
Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam
sein. *** § 488 Abs. 1 BGB Vertragstypische Pflichten beim
Darlehensvertrag (1) Durch den Darlehensvertrag wird der
Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen
Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen.
Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins
zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte
Darlehen zurückzuzahlen. (2) (…) (3) (…) Karlsruhe, den 25.
Oktober 2016
Bundesgerichtshof bejaht
mögliche Amtshaftungsansprüche von Eltern wegen nicht
rechtzeitig zur Verfügung gestellter Kinderbetreuungsplätze –
Verschulden der beklagten Kommune muss aber noch geprüft
werden Urteile vom 20. Oktober 2016 – III ZR 278/15,
302/15 und 303/15
Der Bundesgerichtshof hat sich
heute in mehreren Entscheidungen mit der Frage befasst, ob
Eltern im Wege der Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB* in
Verbindung mit Artikel 34 Satz 1 GG**) den Ersatz ihres
Verdienstausfallschadens verlangen können, wenn ihren Kindern
entgegen § 24 Abs. 2 SGB VIII*** ab Vollendung des ersten
Lebensjahres vom zuständigen Träger der öffentlichen
Jugendhilfe kein Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt wird
und sie deshalb keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können.
Der Sachverhalt: Die Klägerinnen der drei Parallelverfahren
beabsichtigten, jeweils nach Ablauf der einjährigen
Elternzeit ihre Vollzeit-Berufstätigkeit wieder aufzunehmen.
Unter Hinweis darauf meldeten sie für ihre Kinder wenige
Monate nach der Geburt bei der beklagten Stadt Bedarf für
einen Kinderbetreuungsplatz für die Zeit ab der Vollendung
des ersten Lebensjahres an. Zum gewünschten Termin erhielten
die Klägerinnen von der Beklagten keinen Betreuungsplatz
nachgewiesen. Für den Zeitraum zwischen der Vollendung
des ersten Lebensjahres ihrer Kinder und der späteren
Beschaffung eines Betreuungsplatzes verlangen die Klägerinnen
Ersatz des ihnen entstandenen Verdienstausfalls (unter
Anrechnung von Abzügen für anderweitige Zuwendungen und
ersparte Kosten belaufen sich die Forderungen auf 4.463,12 €,
2.182,20 € bzw. 7.332,93 €).
Prozessverlauf: Das
Landgericht Leipzig hat den Klagen stattgegeben. Auf die
Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Dresden die
Klagen abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass die beklagte Stadt
zwar ihre aus § 24 Abs. 2 SGB VIII*** folgende Amtspflicht
verletzt habe; die Erwerbsinteressen der Klägerinnen seien
von dieser Amtspflicht aber nicht geschützt. Hiergegen
richten sich die Revisionen der Klägerinnen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Der unter
anderem für Rechtsstreitigkeiten wegen
Schadensersatzansprüchen aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1
BGB* in Verbindung mit Artikel 34 Satz 1 GG**) zuständige
III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Urteile des
Oberlandesgerichts Dresden aufgehoben und die Sachen zur
neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückverwiesen. Er hat im Einklang mit beiden
Vorinstanzen das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung der
beklagten Stadt bejaht. Eine Amtspflichtverletzung liegt
bereits dann vor, wenn der zuständige Träger der öffentlichen
Jugendhilfe einem gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII***
anspruchsberechtigten Kind trotz rechtzeitiger Anmeldung des
Bedarfs keinen Betreuungsplatz zur Verfügung stellt. Die
betreffende Amtspflicht ist nicht durch die vorhandene
Kapazität begrenzt. Vielmehr ist der verantwortliche
öffentliche Träger der Jugendhilfe gehalten, eine
ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen selbst zu schaffen
oder durch geeignete Dritte - freie Träger der Jugendhilfe
oder Tagespflegepersonen – bereitzustellen. Insoweit trifft
ihn eine unbedingte Gewährleistungspflicht. Entgegen der
Auffassung des Oberlandesgerichts bezweckt diese Amtspflicht
auch den Schutz der Interessen der personensorgeberechtigten
Eltern. In den Schutzbereich der Amtspflicht fallen dabei
auch Verdienstausfallschäden, die Eltern dadurch erleiden,
dass ihre Kinder entgegen § 24 Abs., 2 SGB VIII*** keinen
Betreuungsplatz erhalten. Zwar steht der Anspruch auf einen
Betreuungsplatz allein dem Kind selbst zu und nicht auch
seinen Eltern. Die Einbeziehung der Eltern und ihres
Erwerbsinteresses in den Schutzbereich des Amtspflicht ergibt
sich aber aus der Regelungsabsicht des Gesetzgebers sowie dem
Sinn und Zweck und der systematischen Stellung von § 24 Abs.
2 SGB VIII***. Mit dem Kinderförderungsgesetz,
insbesondere der Einführung des Anspruchs nach § 24 Abs. 2
SGB VIII***, beabsichtigte der Gesetzgeber neben der
Förderung des Kindeswohls auch die Entlastung der Eltern zu
Gunsten der Aufnahme oder Weiterführung einer
Erwerbstätigkeit. Es ging ihm - auch - um die Verbesserung
der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben und, damit
verbunden, um die Schaffung von Anreizen für die Erfüllung
von Kinderwünschen. Diese Regelungsabsicht hat auch im
Gesetzestext ihren Niederschlag gefunden. Sie findet sich
insbesondere in den Förderungsgrundsätzen des § 22 Abs. 2 SGB
VIII**** bestätigt. Der Gesetzgeber hat hiermit zugleich der
Erkenntnis Rechnung getragen, dass Kindes- und Elternwohl
sich gegenseitig bedingen und ergänzen und zum gemeinsamen
Wohl der Familie verbinden. Demnach kommt ein
Schadensersatzanspruch der Klägerinnen aus Amtshaftung in
Betracht, so dass die Berufungsurteile aufgehoben
worden sind. Wegen noch ausstehender tatrichterlicher
Feststellungen zum Verschulden der Bediensteten der Beklagten
und zum Umfang des erstattungsfähigen Schadens hat der III.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die drei Verfahren nicht
abschließend entschieden, sondern an das Berufungsgericht
zurückverwiesen. In diesem Zusammenhang hat er auf
Folgendes hingewiesen: Wird der Betreuungsplatz nicht zur
Verfügung gestellt, so besteht hinsichtlich des
erforderlichen Verschuldens des Amtsträgers zugunsten des
Geschädigten der Beweis des ersten Anscheins. Auf allgemeine
finanzielle Engpässe kann die Beklagte sich zu ihrer
Entlastung nicht mit Erfolg berufen, weil sie nach der
gesetzgeberischen Entscheidung für eine ausreichende Anzahl
an Betreuungsplätzen grundsätzlich uneingeschränkt -
insbesondere: ohne "Kapazitätsvorbehalt" - einstehen muss. *
§ 839 BGB: (1) 1
Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder
fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende
Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden
Schaden zu ersetzen. 2… … ** Artikel 34 Grundgesetz:
1Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten
öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende
Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich
den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. 2…
*** § 24 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII): (1) …
(2) 1Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat,
hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf
frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in
Kindertagespflege. … … **** § 22 Achtes Buch Sozialgesetzbuch
(SGB VIII): (1) … (2) Tageseinrichtungen für Kinder und
Kindertagespflege sollen 1.die Entwicklung des Kindes zu
einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen
Persönlichkeit fördern, 2.die Erziehung und Bildung in
der Familie unterstützen und ergänzen, 3.den Eltern dabei
helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser
miteinander vereinbaren zu können. (3) … Vorinstanzen:
III ZR 278/15 Landgericht Leipzig – Urteil vom 2. Februar
2015 – 07 O 1928/14 Oberlandesgericht Dresden – Urteil
vom 26. August 2015 – 1 U 320/15 und III ZR 302/15
Landgericht Leipzig – Urteil vom 2. Februar 2015 – 07 O
1455/14 Oberlandesgericht Dresden – Urteil vom 26. August
2015 – 1 U 319/15 Und III ZR 303/15 Landgericht Leipzig –
Urteil vom 2. Februar 2015 – 07 O 2439/14 Oberlandesgericht
Dresden – Urteil vom 26. August 2015 – 1 U 321/15 Karlsruhe,
den 20. Oktober 2016
Europäischer Gerichtshof -
19.10.2016 in
der
Rechtssache C-148/15
Die deutsche Preisbindung bei
verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verstößt gegen das
Unionsrecht Die „Deutsche Parkinson Vereinigung“
ist eine Selbsthilfeorganisation, die die Lebensumstände von
Parkinson-Patienten und deren Familien verbessern möchte. Sie
hat mit der niederländischen Versandapotheke DocMorris ein
Bonussystem ausgehandelt, das ihre Mitglieder in Anspruch
nehmen können, wenn sie bei dieser Apotheke
verschreibungspflichtige, nur über Apotheken erhältliche
Parkinson-Medikamente kaufen. Der Versandhandel mit
verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist in Deutschland
nicht mehr verboten. Die Zentrale zur Bekämpfung
unlauteren Wettbewerbs ist der Auffassung, dass dieses
Bonussystem gegen die deutsche Regelung verstößt, die einen
einheitlichen Apothekenabgabepreis für
verschreibungspflichtige Arzneimittel vorsieht1. Auf
Antrag dieses Vereins untersagte das Landgericht Düsseldorf
der Deutschen Parkinson Vereinigung, das Bonussystem bei
ihren Mitgliedern zu bewerben2. Diese wandte sich daraufhin
an das Oberlandesgericht Düsseldorf, das seinerseits den
Gerichtshof mit der Frage befasst hat, ob die Festlegung
einheitlicher Apothekenabgabepreise für
verschreibungspflichtige Humanarzneimittel mit dem freien
Warenverkehr vereinbar ist. Mit seinem heutigen Urteil
antwortet der Gerichtshof, dass die betreffende Regelung eine
nicht gerechtfertigte Beschränkung des freien Warenverkehrs
darstellt. Die Festlegung einheitlicher Abgabepreise
wirkt sich nämlich auf in anderen Mitgliedstaaten ansässige
Apotheken stärker aus, so dass der Zugang zum deutschen Markt
für Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten stärker behindert
werden könnte als für inländische Erzeugnisse. Hierzu führt
der Gerichtshof erstens aus, dass der Versandhandel für
ausländische Apotheken ein wichtigeres bzw. eventuell sogar
das einzige Mittel darstellt, um einen unmittelbaren Zugang
zum deutschen Markt zu erhalten. Zweitens kann der
Preiswettbewerb für Versandapotheken ein wichtigerer
Wettbewerbsfaktor sein als für traditionelle Apotheken, die
besser in der Lage sind, Patienten durch Personal vor Ort
individuell zu beraten und eine Notfallversorgung mit
Arzneimitteln sicherzustellen. Grundsätzlich kann zwar
eine Beschränkung des freien Warenverkehrs mit dem Schutz der
Gesundheit und des Lebens gerechtfertigt werden, doch ist die
betreffende Regelung zur Erreichung dieser Ziele nicht
geeignet. Es wurde insbesondere nicht nachgewiesen,
inwiefern durch die Festlegung einheitlicher Preise eine
bessere geografische Verteilung der traditionellen Apotheken
in Deutschland sichergestellt werden kann.
Im
Gegenteil legen einige eingereichte Unterlagen nahe, dass
mehr Preiswettbewerb unter den Apotheken die gleichmäßige
Versorgung mit Arzneimitteln fördern
1.
Der Hersteller hat für sein Arzneimittel einen Preis
festzusetzen, auf den ein Großhandelszuschlag und ein
Apothekenzuschlag aufgeschlagen werden.
2.
Konkret hat es ihr untersagt, dieses Bonussystem zu
empfehlen, wenn dies in einer Art und Weise wie im Juli 2009
geschieht, nämlich mit einem an ihre Mitglieder versandten
Anschreiben.
da
Anreize zur Niederlassung in Gegenden gesetzt würden, in
denen wegen der geringeren Zahl an Apotheken höhere Preise
verlangt werden könnten. Zudem liegen dem Gerichtshof
keine Belege dafür vor, dass sich die Versandapotheken ohne
die betreffende Regelung einen Preiswettbewerb liefern
könnten, so dass wichtige Leistungen wie die
Notfallversorgung in Deutschland nicht mehr zu gewährleisten
wären, weil sich die Zahl der Präsenzapotheken in der Folge
verringern würde. Andere Wettbewerbsfaktoren wie die
individuelle Beratung der Patienten durch Personal vor Ort
könnten den traditionellen Apotheken nämlich eventuell dabei
helfen, konkurrenzfähig zu bleiben. Es könnte sich auch
herausstellen, dass für die traditionellen Apotheken, wenn
sie sich einem Preiswettbewerb der Versandapotheken
gegenübersehen, sogar ein Anreiz dazu bestünde, mehr
Leistungen im Allgemeininteresse wie die Herstellung von
Rezepturarzneimitteln anzubieten. Ein Preiswettbewerb
könnte auch den Patienten Vorteile bringen, da er es
gegebenenfalls ermöglichen würde, verschreibungspflichtige
Arzneimittel in Deutschland zu günstigeren Preisen anzubieten
als sie derzeit festgelegt werden.
Bundesverfassungsgericht:
Eilanträge in Sachen „CETA“ erfolglos
Karlsruhe, 13. Oktober 2016- Mit heute
verkündetem Urteil hat der Zweite Senat des
Bundesverfassungsgerichts mehrere Anträge auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung abgelehnt, die sich gegen eine
Zustimmung des deutschen Vertreters im Rat der Europäischen
Union zur Unterzeichnung, zum Abschluss und zur vorläufigen
Anwendung des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen
Union und Kanada (Comprehensive Economic and Trade Agreement
- CETA) richteten, über die der Rat der Europäischen Union
voraussichtlich am 18. Oktober 2016 entscheiden wird. Die
Bundesregierung muss allerdings sicherstellen,
-
dass ein Ratsbeschluss über die vorläufige Anwendung nur die
Bereiche von CETA umfassen wird, die unstreitig in der
Zuständigkeit der Europäischen Union liegen,
-
dass bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
in der Hauptsache eine hinreichende demokratische Rückbindung
der im Gemischten CETA-Ausschuss gefassten Beschlüsse
gewährleistet ist, und
-
dass die Auslegung des Art. 30.7 Abs. 3 Buchstabe c CETA eine
einseitige Beendigung der vorläufigen Anwendung durch
Deutschland ermöglicht.
Bei Einhaltung dieser Maßgaben bestehen
für die Rechte der Beschwerdeführer sowie für die
Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages keine schweren
Nachteile, die im Rahmen einer Folgenabwägung den Erlass
einer einstweiligen Anordnung geboten erscheinen ließen.
Bundesgerichtshof erweitert den
Anwendungsbereich der Beweislastumkehr nach § 476 BGB*
zugunsten des Verbrauchers Urteil vom 12. Oktober 2016 -
VIII ZR 103/15 Der Bundesgerichtshof hat sich
heute in einer Entscheidung mit der Reichweite der
Beweislastumkehrregelung des § 476 BGB* beim
Verbrauchsgüterkauf beschäftigt. Der Sachverhalt: Der
Kläger kaufte von der Beklagten, einer
Kraftfahrzeughändlerin, einen gebrauchten BMW 525d Touring
zum Preis von 16.200 €. Nach knapp fünf Monaten und einer vom
Kläger absolvierten Laufleistung von rund 13.000 Kilometern
schaltete die im Fahrzeug eingebaute Automatikschaltung in
der Einstellung "D" nicht mehr selbständig in den Leerlauf;
stattdessen starb der Motor ab. Ein Anfahren oder
Rückwärtsfahren bei Steigungen war nicht mehr möglich.
Nach erfolgloser Fristsetzung zur Mangelbeseitigung trat
der Kläger vom Kaufvertrag zurück und verlangte die
Rückzahlung des Kaufpreises und den Ersatz geltend gemachter
Schäden. Prozessverlauf: Die Klage hatte in den Vorinstanzen
keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat im Einklang mit dem
Landgericht die Auffassung vertreten, der Kläger habe nicht
den ihm obliegenden Beweis erbracht, dass das Fahrzeug
bereits bei seiner Übergabe einen Sachmangel aufgewiesen
habe. Zwar seien die aufgetretenen Symptome nach den
Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen
auf eine zwischenzeitlich eingetretene Schädigung des
Freilaufs des hydrodynamischen Drehmomentwandlers
zurückzuführen. Auch sei es grundsätzlich möglich, dass der
Freilauf schon bei der Übergabe des Fahrzeugs mechanische
Veränderungen aufgewiesen habe, die im weiteren Verlauf zu
dem eingetretenen Schaden geführt haben könnten. Nachgewiesen
sei dies jedoch nicht. Vielmehr komme als Ursache auch eine
Überlastung des Freilaufs, mithin ein Bedienungsfehler des
Klägers nach Übergabe in Betracht. Bei einer solchen
Fallgestaltung könne sich der Kläger nicht auf die zugunsten
eines Verbrauchers eingreifende Beweislastumkehrregelung des
§ 476 BGB* berufen. Denn nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs begründe diese Vorschrift lediglich eine
in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung dahin, dass ein
innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang aufgetretener
Sachmangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs
vorgelegen habe. Sie gelte dagegen nicht für die Frage,
ob überhaupt ein Mangel vorliege. Wenn daher - wie hier -
bereits nicht aufklärbar sei, dass der eingetretene Schaden
auf eine vertragswidrige Beschaffenheit des Kaufgegenstands
zurückzuführen sei, gehe dies zu Lasten des Käufers.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger
sein Begehren weiter. Die Entscheidung des
Bundesgerichtshofs: Der unter anderem für das Kaufrecht
zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine
bislang zu § 476 BGB* entwickelten Grundsätze zugunsten des Käufers angepasst, um
sie mit den Erwägungen in dem zwischenzeitlich ergangenen
Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 4. Juni
2015 (C-497/13, NJW 2015, 2237 - Faber/Autobedrijf Hazet
Ochten BV) in Einklang zu bringen. Die
mit diesem Urteil durch den Gerichtshof erfolgte Auslegung
des Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie**, der
durch § 476 BGB* in nationales Recht umgesetzt wurde,
gebietet es, im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung des
§ 476 BGB* den
Anwendungsbereich dieser Beweislastumkehrregelung zugunsten
des Verbrauchers in zweifacher Hinsicht zu erweitern.
Dies betrifft zunächst die Anforderungen an
die Darlegungs- und Beweislast des Käufers hinsichtlich des -
die Voraussetzung für das Einsetzen der Vermutungswirkung des
§ 476 BGB bildenden - Auftretens eines Sachmangels innerhalb
von sechs Monaten nach Gefahrübergang. Anders als dies der
bisherigen Senatsrechtsprechung zu § 476 BGB entspricht, muss
der Käufer nach Auffassung des Gerichtshofs im Rahmen von
Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchgüterkaufrichtlinie** weder den
Grund für die Vertragswidrigkeit noch den Umstand beweisen,
dass sie dem Verkäufer zuzurechnen ist.
Vielmehr hat er lediglich
darzulegen und nachzuweisen, dass die erworbene Sache nicht
den Qualitäts-, Leistungs- und Eignungsstandards einer Sache
entspricht, die er zu erhalten nach dem Vertrag
vernünftigerweise erwarten konnte. In
richtlinienkonformer Auslegung des § 476 BGB* lässt der Senat
nunmehr die dort vorgesehene Vermutungswirkung bereits dann
eingreifen, wenn dem Käufer der Nachweis gelingt, dass sich
innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein
mangelhafter Zustand (eine "Mangelerscheinung") gezeigt hat,
der - unterstellt er hätte seine Ursache in einem dem
Verkäufer zuzurechnenden Umstand - dessen Haftung wegen
Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen
würde.
Dagegen muss der Käufer fortan weder
darlegen und nachweisen, auf welche Ursache dieser Zustand
zurückzuführen ist, noch dass diese in den
Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt. Außerdem
ist im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des § 476 BGB*
die Reichweite der dort geregelten Vermutung um eine
sachliche Komponente zu erweitern. Danach kommt dem
Verbraucher die Vermutungswirkung des § 476 BGB* fortan auch
dahin zugute, dass der binnen sechs Monate nach
Gefahrübergang zu Tage getretene mangelhafte Zustand
zumindest im Ansatz schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat.
Damit wird der Käufer - anders als bisher von der
Senatsrechtsprechung gefordert - des Nachweises enthoben,
dass ein erwiesenermaßen erst nach Gefahrübergang
eingetretener akuter Mangel seine Ursache in einem latenten
Mangel hat. Folge dieser geänderten Auslegung
des § 476 BGB* ist eine im größeren Maß als bisher
angenommene Verschiebung
der Beweislast vom Käufer auf den Verkäufer beim
Verbrauchsgüterkauf. Der Verkäufer hat den
Nachweis zu erbringen, dass die aufgrund eines binnen sechs
Monaten nach Gefahrübergang eingetretenen mangelhaften
Zustands eingreifende gesetzliche Vermutung, bereits zum
Zeitpunkt des Gefahrübergangs habe - zumindest ein in der
Entstehung begriffener - Sachmangel vorgelegen, nicht
zutrifft. Er hat also darzulegen und nachzuweisen, dass
ein Sachmangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch nicht
vorhanden war, weil sie ihren Ursprung in einem Handeln oder
Unterlassen nach diesem Zeitpunkt hat und ihm damit nicht
zuzurechnen ist. Gelingt ihm diese Beweisführung - also der
volle Beweis des Gegenteils der vermuteten Tatsachen - nicht
hinreichend, greift zu Gunsten des Käufers die Vermutung des
§ 476 BGB* auch dann ein, wenn die Ursache für den
mangelhaften Zustand oder der Zeitpunkt ihres Auftretens
offengeblieben ist, also letztlich ungeklärt geblieben ist,
ob überhaupt ein vom Verkäufer zu verantwortender Sachmangel
vorlag. Daneben verbleibt dem Verkäufer die Möglichkeit,
sich darauf zu berufen und nachzuweisen, dass das Eingreifen
der Beweislastumkehr des § 476 BGB* ausnahmsweise bereits
deswegen ausgeschlossen sei, weil die Vermutung, dass bereits
bei Gefahrübergang im Ansatz ein Mangel vorlag, mit der Art
der Sache oder eines derartigen Mangels unvereinbar sei (§
476 BGB am Ende*). Auch kann der Käufer im Einzelfall
gehalten sein, Vortrag zu seinem Umgang mit der Sache nach
Gefahrübergang zu halten. Der Senat hat nach alledem das
Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückverwiesen. Insbesondere wird dieses unter Anwendung der
sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 476 BGB*
ergebenden neuen Grundsätze zur Beweislastverteilung zu
prüfen haben, ob der Beklagten der Nachweis gelungen ist,
dass der akut aufgetretene Schaden am Freilauf des
Drehmomentwandlers zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs auch
nicht im Ansatz vorlag, sondern auf eine nachträgliche
Ursache (Bedienungsfehler) zurückzuführen ist.
*
§ 476 BGB Beweislastumkehr Zeigt sich innerhalb
von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird
vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang
mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art
der Sache oder des Mangels unvereinbar. ** Richtlinie
1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.
Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und
der Garantien für Verbrauchsgüter Art. 5 Fristen […] (3)
Bis zum Beweis des Gegenteils wird vermutet, dass
Vertragswidrigkeiten, die binnen sechs Monaten nach der
Lieferung des Gutes offenbar werden, bereits zum Zeitpunkt
der Lieferung bestanden, es sei denn, diese Vermutung ist mit
der Art des Gutes oder der Art der Vertragswidrigkeit
unvereinbar. Vorinstanzen: Landgericht Frankfurt am Main
- Urteil vom 27. Mai 2013 - 2/18 O 443/10 Oberlandesgericht
Frankfurt am Main - Urteil vom 14. April 2015 - 10 U 133/13
Karlsruhe, den 12. Oktober 2016
|
September |
Mieterin darf Rollator im
Hausflur parken Mietrecht 27. September
2016 - Eine nach einer Operation gehbehinderte
Mieterin darf ihren Rollator im Hausflur neben der
Eingangstür abstellen. Wenn es keine Beeinträchtigung der
anderen Hausbewohner gibt, kann der Vermieter dagegen nichts
einwenden. Dies entschied laut D.A.S. Rechtsschutz
Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice) das Amtsgericht
Recklinghausen. AG Recklinghausen, Az. 56 C 98/13
Hintergrundinformation: In Treppenhaus und Hausflur
abgestellte Gegenstände wie Fahrräder, Kinderwagen oder
Rollatoren sorgen immer wieder für Streit unter den Bewohnern
von Mehrfamilienhäusern. Wenn auch die Rechtsprechung nicht
ganz einheitlich ist, eine Faustregel gibt es: Die Sicherheit
darf nicht beeinträchtigt werden. Fluchtwege –
insbesondere für den Brandfall – müssen frei sein. Der Fall:
Eine Mieterin in einem Mehrfamilienhaus war nach einer
Operation gehbehindert und auf einen Rollator angewiesen. Sie
stellte diesen regelmäßig zusammengeklappt rechts hinter der
Hauseingangstür im Hausflur ab, da sie nicht in der Lage war,
ihn in den ersten Stock in ihre Wohnung zu tragen. Es kam
nun zum Streit mit dem im gleichen Haus wohnenden und
ebenfalls gehbehinderten Vermieterpaar. Denn diese wandten
ein, dass der Rollator im Weg sei, wenn sie mit Wasserkästen
oder Wäschekörben die Kellertreppe benutzen wollten. Das
Urteil: Das Amtsgericht Recklinghausen
besichtigte das Haus und entschied, dass die Mieterin ihren
Rollator im Hausflur abstellen dürfe. Es sei eine
Nebenpflicht des Vermieters aus dem Mietvertrag, solche
Notwendigkeiten des Mieters zu dulden, soweit dieser dadurch
das Mietobjekt nicht über das normale Maß hinaus nutze.
Die Mieterin habe keine anderen Möglichkeiten. Insbesondere
sei sie nicht in der Lage, den Rollator im 20 Meter
entfernten Schuppen hinter dem Haus abzustellen, da sie diese
Strecke nicht ohne Rollator gehen könne. Es sei ihr auch
nicht zuzumuten, jedes Mal wie angeboten den Vermieter um
Hilfe zu bitten, um ihren Rollator in ihre Wohnung oder nach
unten zu tragen. Das Gericht erkannte an, dass ein
Begehen der Kellertreppe bei daneben geparktem Rollator mit
Wasserkästen und Wäschekörben kaum möglich sei. Dieses
Problem könne aber gelöst werden, wenn der Rollator auf der
anderen Innenseite der Haustür unter den Briefkästen stehe –
dort sei genug Platz und niemand werde behindert. Amtsgericht
Recklinghausen, Urteil vom 27. Januar 2014, Az. 56 C 98/13
Bundesgerichtshof bejaht
Schadensersatzpflicht eines Zuschauers gegenüber dem Verein
für das Zünden eines Knallkörpers im Fußballstadion Urteil
vom 22. September 2016 - VII ZR 14/16 Der VII.
Zivilsenat hat die Pflicht des Zuschauers eines Fußballspiels
bejaht, dem veranstaltenden Verein die von diesem gezahlte
Verbandsstrafe wegen des Zündens eines Knallköpers durch den
Zuschauer als Schadensersatz zu erstatten. Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt den Profifußballbereich des 1. FC Köln.
Sie verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen des
Zündens eines Knallkörpers bei einem Heimspiel im
RheinEnergieStadion in der 2. Bundesliga gegen den SC
Paderborn 07 am 9. Februar 2014. Der Beklagte zündete in der
zweiten Halbzeit einen Knallkörper, der aufgrund seiner
Sprengenergie dem Sprengstoffgesetz unterfällt, und warf ihn
vom Oberrang der Nordtribüne auf den Unterrang, wo er
detonierte und sieben Zuschauer verletzte. Wegen dieses
Vorfalls und vier weiterer vorangegangener Vorfälle bei
anderen Spielen der Lizenzspielermannschaft der Klägerin
verhängte das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes e.V.
(DFB) eine Verbandsstrafe gegen die Klägerin, u.a. bestehend
aus einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 € sowie der
Bewährungsauflage, weitere 30.000 € für Projekte und
Maßnahmen zu verwenden, die der Gewaltprävention sowie der
Ermittlung von konkreten Tätern bei den Fußballspielen der
Klägerin dienen. Die Klägerin bezahlte die Geldstrafe. Sie
verlangt vom Beklagten Ersatz in Höhe von 30.000 €.
Prozessverlauf: Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die
Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht ist der Auffassung,
dass der Beklagte zwar durch das Zünden und den Wurf des
Knallkörpers seine Verhaltenspflichten aus dem
Zuschauervertrag verletzt habe. Das habe auch die Verhängung
der Verbandsstrafe durch den DFB nach sich gezogen. Es fehle
jedoch an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang. Denn
die Verhängung der Verbandsstrafe unterfalle nicht mehr dem
Schutzzweck der vom Beklagten verletzten Pflichten. Das
Verbot des Zündens von Knallkörpern im Stadion diene dem
Schutz der menschlichen Gesundheit. Hinsichtlich des hier
geltend gemachten Schadens habe sich jedoch das durch die
Unterwerfung der Klägerin unter die Regeln des DFB
geschaffene Risiko, dass der Verein für sportliche Vergehen
seiner Anhänger die Verantwortung zu übernehmen habe und
dementsprechend im Rahmen des Verbandes mit Strafen belegt
werden könne, verwirklicht. Die Entscheidung des
Bundesgerichtshofs: Die vom Oberlandesgericht zugelassene
Revision der Klägerin führte zur Aufhebung des
Berufungsurteils. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass
jeden Zuschauer die Verhaltenspflicht trifft, die
Durchführung des Fußballspiels nicht zu stören. Verstößt er
hiergegen durch das Zünden und den Wurf eines Knallkörpers,
hat er für die daraus folgenden Schäden zu haften und sie zu
ersetzen. Das gilt auch für eine dem Verein wegen des
Vorfalls auferlegte Geldstrafe des DFB. Sie ist kein nur
zufällig durch das Verhalten verursachter, hiermit nicht mehr
in einem inneren Zusammenhang stehender Schaden. Vielmehr
wird sie gerade wegen der Störung durch den Zuschauer
verhängt. Auch die Regeln des Verbandes dienten wie die
Pflichten des Zuschauervertrags der Verhinderung von
Spielstörungen. Der Bundesgerichtshof hat die Sache zur
neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht
zurückverwiesen, damit dieses die weiteren Voraussetzungen
des Schadensersatzanspruchs prüft. Vorinstanzen: LG Köln -
Urteil vom 8. April 2015 - 7 O 231/14 OLG Köln - Urteil vom
17. Dezember 2015 - 7 U 54/15
David
gegen Goliath
Bundesgerichtshof entscheidet über
den vom Norddeutschen Fußballverband e.V. verhängten
Zwangsabstieg des SV Wilhelmshaven e.V. aus der Regionalliga
Nord Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15
20.
September 2016 - Der u.a. für das Vereinsrecht zuständige II.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute der Klage des SV
Wilhelmshaven e.V. gegen den Norddeutschen Fußballverband
e.V. wegen der Anordnung eines Zwangsabstiegs stattgegeben
und dabei über die Grenzen der Disziplinarbefugnis eines
Vereins entschieden. Sachverhalt: Der Kläger, der SV
Wilhelmshaven e.V., begehrt die Feststellung der
Unwirksamkeit eines Beschlusses des Beklagten, des
Norddeutschen Fußballverbands e.V., mit dem dieser den
Zwangsabstieg der 1. Fußballmannschaft (Herren) des Klägers
zum Ende der Spielzeit 2013/14 aus der Regionalliga Nord
verfügt hat. Der Beklagte ist Mitglied des Deutschen
Fußballbunds e.V. (DFB), der wiederum Mitglied der Fédération
Internationale de Football Association (FIFA) ist. Nach dem
Reglement der FIFA "bezüglich Status und Transfer von
Spielern" ist von einem Verein, der einen Spieler eines
anderen Vereins übernimmt, im Rahmen bestimmter Altersgrenzen
eine Entschädigung für die Ausbildung des Spielers zu zahlen.
Der Kläger hatte vom 29. Januar bis zum 30. Juni 2007 für
seine damalige Regionalligamannschaft einen 1987 geborenen
Fußballspieler mit (jedenfalls auch) italienischer
Staatsangehörigkeit verpflichtet, der zuvor bei zwei
argentinischen Fußballvereinen gespielt hatte. Auf Antrag der
beiden argentinischen Vereine setzte die zuständige Kammer
der FIFA im Dezember 2008 Ausbildungsentschädigungen in Höhe
von insgesamt 157.500 € gegen den Kläger fest. Dagegen
rief der Kläger den Court of Arbitration for Sports (CAS) an.
Dieser bestätigte die Ausbildungsentschädigungen. Da der
Kläger die Entschädigungen trotz Verhängung einer Geldstrafe,
Gewährung einer letzten Zahlungsfrist und Abzugs von Punkten
in der Ligameisterschaft nicht an die beiden argentinischen
Vereine zahlte, sprach die Disziplinarkommission der FIFA am
5. Oktober 2012 den Zwangsabstieg der 1. Fußballmannschaft
(Herren) des Klägers aus. Nach der Bestätigung dieser
Maßnahme durch den wiederum vom Kläger angerufenen CAS
forderte die FIFA den DFB auf, den Zwangsabstieg umzusetzen.
Der DFB reichte diese Bitte an den Beklagten weiter.
Dessen Präsidium beschloss sodann den Zwangsabstieg. Eine
dagegen gerichtete Beschwerde des Klägers wies das
Verbandsgericht des Beklagten zurück. Prozessverlauf: Die
gegen den Zwangsabstieg zum Ende der Spielzeit 2013/14
gerichtete Klage ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben.
Das Berufungsgericht hat dagegen die Unwirksamkeit des
Beschlusses des Beklagten, mit dem der Zwangsabstieg verfügt
wurde, festgestellt. Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Der
Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil im Ergebnis
bestätigt. Dabei hat er offen gelassen, ob - wie das
Oberlandesgericht gemeint hat - der Abstiegsbeschuss gegen
das Recht der Fußballspieler auf Freizügigkeit nach Art. 45
AEUV verstößt. Denn jedenfalls ist der Beschluss deshalb
nichtig, weil er in das Mitgliedschaftsverhältnis des Klägers
zum Beklagten eingreift, ohne dass dafür eine ausreichende
Grundlage vorhanden ist. Eine vereinsrechtliche
Disziplinarstrafe darf verhängt werden, wenn sie in der
Satzung des Vereins vorgesehen ist. Dabei muss die Regelung
eindeutig sein, damit die Mitglieder des Vereins die ihnen
eventuell drohenden Rechtsnachteile erkennen und entscheiden
können, ob sie diese hinnehmen oder ihr Verhalten
entsprechend einrichten wollen. Eine derartige Grundlage
fehlt in der Satzung des Beklagten, soweit es um
Disziplinarstrafen bei Nichtzahlung von
Ausbildungsentschädigungen geht. Ob sich aus den Satzungen
des DFB oder der FIFA entsprechende Bestimmungen ergeben, ist
ohne Belang. Maßgebend ist allein die Satzung des Beklagten.
Denn der Kläger ist nur Mitglied des Beklagten, nicht auch
des DFB oder gar der FIFA. Regeln eines übergeordneten
Verbands - wie hier der FIFA - gelten grundsätzlich nur für
dessen Mitglieder. Sie erstrecken sich nicht allein aufgrund
der Mitgliedschaft eines nachgeordneten Vereins - hier des
Beklagten - in dem übergeordneten Verband auf die Mitglieder
des nachgeordneten Vereins - hier den Kläger.
Damit
ist der Beschluss über den Zwangsabstieg allein an der
Satzung des Beklagten zu messen. Diese Satzung verweist
hinsichtlich von Disziplinarmaßnahmen bei Nichtzahlung von
Ausbildungsentschädigungen auch nicht auf die Bestimmungen in
den Regelwerken des DFB oder der FIFA. Damit hat der Beklagte
nicht, wie die Revision anführt, ähnlich einem
Gerichtsvollzieher nur die Entscheidung des DFB und der FIFA
vollzogen, ohne sie selbst zu verantworten. Er hat
vielmehr eine eigene vereinsrechtliche Disziplinarstrafe auf
der Grundlage des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen ihm
und dem Kläger verhängt. Dass damit die Anordnung der
FIFA-Disziplinarkommission umgesetzt werden sollte, ist
unerheblich. Der Kläger hat sich auch nicht auf andere Weise
einer Sanktion in Form des Zwangsabstiegs wegen der
Nichtzahlung der nach dem FIFA-Reglement bezüglich Status und
Transfer von Spielern angefallenen Ausbildungsentschädigungen
unterworfen. Er hat zwar mit dem DFB einen
"Zulassungsvertrag Regionalliga" über die Teilnahme an der
Regionalliga geschlossen. Ob er damit das Reglement der
FIFA bezüglich Status und Transfer von Spielern anerkannt
hat, konnte aber offen bleiben. Denn es ging in dem
vorliegenden Verfahren nicht darum zu entscheiden, ob der
Kläger die Ausbildungsentschädigung aufgrund der Festsetzung
der FIFA und des ersten Schiedsspruchs des CAS zahlen muss,
was ggf. in einem auf Anerkennung und Vollstreckung
ausländischer Schiedssprüche gerichteten Verfahrens zu klären
wäre. Allein entscheidend war hier vielmehr die Frage, ob
der Kläger bei Nichtzahlung mit einem Zwangsabstieg bestraft
werden kann. Dafür hätte es einer ausreichend deutlichen
Ermächtigung bedurft, die auch in dem Zulassungsvertrag nicht
enthalten war. Ebenso wenig genügt die bloße Teilnahme an der
Regionalliga, um eine Unterwerfung unter eine
Zwangsabstiegsentscheidung des Beklagten wegen Nichtzahlung
der von der FIFA festgesetzten Ausbildungsentschädigungen
an-nehmen zu können.
Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (Urteil vom 28. November 1994 - II ZR
11/94, BGHZ 128, 93) gelten die von dem veranstaltenden
Sportverband aufgestellten Wettkampfregeln ohne weiteres für
alle Wettkampfteilnehmer, weil anders ein geordneter
Wettkampfbetrieb nicht möglich wäre. Die Regeln über die
Ausbildungsentschädigung sind aber keine Wettkampfregeln in
diesem Sinne. Der argentinische Spieler durfte vielmehr
antreten, obwohl für ihn die Ausbildungsentschädigung nicht
gezahlt worden war. Vorinstanzen: LG Bremen – Urteil vom
25. April 2014 – 12 O 129/13 OLG Bremen – Urteil vom 30.
Dezember 2014 – 2 U 67/14 Karlsruhe, den 20. September 2016
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August 2016 |
Frisch gewischt: Kein
Schmerzensgeld nach Sturz Zivilrecht: Ein
Reinigungsbetrieb muss kein Schmerzensgeld an eine Frau
zahlen, die an ihrer Arbeitsstelle auf einer feuchten, frisch
gewischten Treppe gestürzt ist. Warnschilder sind bei einer
offensichtlichen Gefahr nicht erforderlich. Dies
entschied laut D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S.
Leistungsservice) das Oberlandesgericht Bamberg. OLG Bamberg,
Az. 6 U 5/13 Hintergrundinformation: Wer eine mögliche
Gefahr für andere schafft, hat eine sogenannte
Verkehrssicherungspflicht. Auf der Verletzung dieser Pflicht
beruhen zum Beispiel die Ansprüche von Fußgängern, die im
Winter auf ungestreuten Wegen stürzen. Aber die
Verkehrssicherungspflicht hat auch Grenzen: Niemand kann
gegen jedes auch nur entfernt denkbare Risiko
Vorsichtsmaßnahmen treffen. Und wer sich selbst allzu
unvorsichtig verhält, bleibt womöglich auf seinem Schaden
sitzen. Der Fall: Eine Frau war an ihrer
Arbeitsstelle auf einer frisch gewischten Treppe gestürzt.
Dabei hatte sie sich einen Trümmerbruch des linken
Handgelenks und ein ganzes Sortiment von Prellungen
zugezogen. Die Frau machte das Reinigungsunternehmen
verantwortlich, das kurz zuvor gründlich geputzt hatte. Sie
sei nur deshalb gestürzt, weil die Gebäudereiniger keine
Warnschilder aufgestellt hätten. Sie habe erst nach dem Sturz
realisiert, dass die Treppe noch feucht war. Nun verlangte
sie 10.000 Euro Schmerzensgeld. Das Reinigungsunternehmen
war der Meinung, dass die Frau selbst schuld gewesen sei:
Jeder habe sehen können, dass die Treppe feucht sei – und
obendrein verwende das Reinigungsunternehmen besonders
schnell trocknende Reinigungsmittel. Das Urteil:
Das Landgericht Coburg entschied nach Informationen des
D.A.S. Leistungsservice in erster Instanz zugunsten des
Reinigungsunternehmens. Vor Gefahren müsse nur dann gewarnt
werden, wenn diese nicht ohne Weiteres durch einen
aufmerksamen Treppenbenutzer erkennbar seien. Zwar sei es
denkbar, dass auf bestimmten Fußbodenbelägen Feuchtigkeit
nicht gleich erkennbar ist. Dies sei hier aber nicht der
Fall gewesen. Das Gericht bezog sich dabei auch auf die
Zeugenaussage eines Sanitäters, der angab, die feuchte Treppe
sofort bei seinem Eintreffen bemerkt zu haben. Obendrein habe
das Unternehmen die Treppe jeden Tag zur gleichen Zeit
geputzt, ohne Warnschilder aufzustellen. Dies habe die
Klägerin gewusst. Dass an diesem Tag die Reinigung ein paar
Minuten später stattgefunden habe, sei nicht entscheidend.
Sei eine Gefahr für jeden erkennbar, müsse nicht extra
davor gewarnt werden. Dieser Ansicht schloss sich das
Oberlandesgericht Bamberg in zweiter Instanz an. Die
Schmerzensgeldklage war damit erfolglos.
Oberlandesgericht Bamberg, Beschluss vom 20.03.2013, Az. 6 U
5/13
Diese Woche: Unfall auf der Jagd
nach Pokémon? Leonie Z. aus Münster: Ich
spiele gerne Pokémon-Go. Wie bin ich eigentlich geschützt,
wenn ich dabei stolpere und einen Unfall habe? Rudolf
Kayser, Unfallexperte von ERGO: Tatsächlich kam es in den USA
schon zu einigen Unfällen, weil Spieler auf der Jagd nach den
virtuellen Monstern ihre Umgebung nur noch eingeschränkt
wahrnehmen. In Deutschland gab es bislang zwar noch keine
größeren Unfälle, unachtsames Verhalten im Straßenverkehr
kann aber durchaus gefährlich werden: Denn die Spieler
sammeln sich nicht nur in Parks, sondern überqueren bei ihrer
Pokémon-Suche auch Straßen. Die Krankenversicherung kommt
bei einem Unfall lediglich für die medizinische
Grundversorgung auf. Bei Unfällen in der Freizeit hilft
darüber hinaus nur eine private Unfallversicherung weiter.
Denn die gesetzliche Unfallversicherung greift nicht bei
Freizeitunfällen. Eine private Unfallversicherung deckt auch
Pokémon-Unfälle ab.
Bundesgerichtshof -
Karlsruhe, den 4. August 2016 Fristlose Kündigung nach
Beleidigung durch Betreuer des Mieters
Verhandlungstermin am 9. November 2016,
10.00 Uhr - VIII ZR 73/16 (Fristlose Kündigung nach
Beleidigung durch Betreuer des Mieters) In diesem Verfahren
streiten die Parteien um die Räumung von Wohnraum im
Anschluss an eine fristlose Kündigung, die darauf gestützt
ist, dass der Betreuer und Pfleger der hochbetagten Mieterin
die Vermieterin und deren Hausverwaltung wiederholt
unerträglich beleidigt habe.
Der Sachverhalt: Die im
Jahr 1919 geborene Beklagte zu 1 hat - zusammen mit ihrem
zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann – im Jahr 1955 von den
Rechtsvorgängern der Klägerin eine Dreizimmerwohnung in
München und im Jahr 1963 zusätzlich eine in demselben Gebäude
und Stockwerk gelegene Einzimmerwohnung angemietet. Die
(bettlägerige) Beklagte zu 1 bewohnt die Dreizimmerwohnung
und steht seit einigen Jahren aufgrund einer Demenzerkrankung
unter Betreuung.
Der Beklagte zu 2 bewohnt seit dem
Jahr 2000 die Einzimmerwohnung. Seit dem Jahr 2007 ist er
Betreuer der Beklagten zu 1 und pflegt sie ganztägig. Im Jahr
2015 äußerte der Beklagte zu 2 in mehreren Schreiben an die
Hausverwaltung grobe Beleidigungen gegenüber der Klägerin
(u.a. "terroristen nazi ähnliche braune mist haufen auf
eigener Art"). Die Klägerin sprach daraufhin die
fristlose Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 543 Abs. 1
BGB* aus. Die Entscheidung der Vorinstanzen: Das Amtsgericht
hat die Räumungsklage abgewiesen, das Landgericht hat ihr
gegenüber beiden Beklagten stattgegeben. Mit der vom Senat
zugelassenen Revision begehren die Beklagten die
Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Das
Amtsgericht hat in den beleidigenden Äußerungen des Beklagten
zu 2 eine gewichtige Pflichtverletzung des Beklagten gesehen,
die der - schuldlosen - Beklagten zu 1 nach § 540 Abs. 2 BGB*
zuzurechnen sei, weil sie ihn für längere Zeit in ihren
Haushalt aufgenommen habe. Im Hinblick auf die
Schuldlosigkeit der Beklagten zu 1 sei die
Zumutbarkeitsgrenze des § 543 Abs. 1 BGB** aber verschoben.
Im Rahmen der nach § 543 Abs.1 BGB gebotenen Abwägung seien
das hohe Alter der Beklagten zu 1, ihre Bettlägerigkeit und
Pflegebedürftigkeit und die lange Dauer des Mietverhältnisses
zu berücksichtigen. Es liege insoweit eine
Ausnahmesituation vor, in der die Vermieterinteressen trotz
der Beleidigungen, die üblicherweise einen wichtigen Grund
zur fristlosen Kündigung darstellten, hinter dem
Bestandsinteresse der Mieterin zurückstehen müssten. Es sei
auch zu berücksichtigen, dass das Betreuungsgericht den
Beklagten zu 2 als Betreuer und Pfleger bestellt und die
Betreuung in Kenntnis des Verhaltens des Beklagten zu 2
aufrechterhalten habe. Der Beklagten zu 1 sei ein Umzug
nicht zuzumuten, zumal davon auszugehen sei, dass ein
Ortswechsel oder ein Wechsel der Pflegeperson bei ihr zu
gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen würde. Das
Berufungsgericht hat seine gegenteilige Entscheidung auf die
Erwägung gestützt, dass eine vom Amtsgericht angenommene
"Verschiebung der Zumutbarkeitsgrenze" nicht in Betracht
komme. Denn die Klägerin habe sich nicht einer erkennbar
schuldunfähigen Person gegenüber gesehen, sondern einem mit
Bedacht und offen zur Schau getragenen Verachtung handelnden
Betreuer. Die von der Beklagten zu 1 vorgebrachten
persönlichen Härtegründe könnten nach der Konzeption des
Gesetzes nur im Rahmen der sogenannten Sozialklausel (§ 574
BGB) berücksichtigt werden, die aber nur für die ordentliche
Kündigung gelte. In einem Zwangsräumungsverfahren bleibe es
der Beklagten zu 2 allerdings unbenommen, mit einem
Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO*** die
Zwangsräumung auf ihre Vereinbarkeit mit den guten Sitten
überprüfen zu lassen. Die Zwangsvollstreckung aus dem
Berufungsurteil wurde vom Senat bis zur Entscheidung über die
Revision der Beklagten eingestellt.
Vorinstanzen:
Amtsgericht München vom 14. August 2015 – 417 C 11029/15
Landgericht München I vom 20. Januar 2016 - 14 S 16950/15
Bundesgerichtshof, 4. August
2016: Frau oder Mann - nach geltenden Recht kann nichts
anderes eingetragen werden!? Keine Eintragung
eines Intersexuellen im Geburtenregister als "inter" oder
"divers" XII ZB 52/15 – Beschluss vom 22. Juni 2016 Der u.a.
für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat hat
entschieden, dass das Personenstandsgesetz eine Eintragung
wie "inter" oder "divers" als Angabe des Geschlechts eines
Intersexuellen im Geburtenregister nicht zulässt.
Die
antragstellende Person begehrt die Änderung ihres
Geburtseintrags dahin, dass ihr Geschlecht als "inter" oder
"divers" angegeben wird. Zur Begründung hat die 1989 geborene
und als Mädchen in das Geburtenregister eingetragene
Betroffene eine Chromosomenanalyse vorgelegt, wonach sie über
einen numerisch auffälligen Chromosomensatz mit einem
X-Chromosom und einem fehlenden zweiten Gonosom verfügt. Sie
sei weder Frau noch Mann. Das Amtsgericht hat den Antrag
zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde
zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit
ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde. Die Rechtsbeschwerde
hatte keinen Erfolg. Eine Änderung der Eintragung im
Geburtenregister in "inter" bzw. "divers" ist nach geltendem
Recht nicht möglich. Das folgt bereits aus dem Wortlaut der §
21 Abs. 1 Nr. 3* iVm § 22 Abs. 3 PStG. Es ist auch keine
verfassungskonforme Auslegung der Norm im Sinne des Begehrens
der antragstellenden Person geboten. Eintragungen in
Personenstandsregistern haben lediglich eine dienende
Funktion; sie enthalten Angaben, die insbesondere nach den
Regeln des Familienrechts grundlegende Bedeutung für die
persönliche Rechtsstellung besitzen.
Das
Familienrecht geht von einem binären Geschlechtersystem aus
(Mann oder Frau). Der Gesetzgeber hat zwar mit der
Neuregelung des § 22 Abs. 3 PStG** für intersexuelle
Menschen, die sich den bekannten Geschlechtern nicht zuordnen
lassen, die Möglichkeit geschaffen, von einer Eintragung des
Geschlechts im Geburtenregister abzusehen. Er hat damit
jedoch kein weiteres Geschlecht geschaffen. Der Senat hat
auch keine Veranlassung gesehen, die Sache dem
Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG***
vorzulegen.
Die Frage, ob die früher bestehende
Notwendigkeit, entweder als männlich oder als weiblich im
Geburtenregister eingetragen zu werden, Intersexuelle in
ihren Grundrechten verletzt, stellt sich nicht mehr. Denn die
Betroffene kann seit der Änderung des Personenstandsrechts
zum 1. November 2013 erreichen, dass die Angabe des
Geschlechts ("Mädchen") nachträglich aus dem Geburtenregister
gelöscht wird, was von ihr aber ersichtlich nicht gewünscht
wird. Schließlich macht es für die Betroffene im Ergebnis
keinen - verfassungsrechtlich bedeutsamen - Unterschied, ob
ein geschlechtszuordnender Eintrag unterbleibt oder - wie von
ihr begehrt - ein Eintrag erfolgt, der keinem bestehenden
"Geschlecht" zugeordnet werden kann, also rein
deklaratorischer Natur ist.
Die Frage, in welcher
Weise der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten ist, der
Situation der intersexuellen Menschen durch eine Änderung des
Familienrechts Rechnung zu tragen, ist im vorliegenden
Verfahren nicht zu prüfen, weil es der Betroffenen allein um
die Eintragung ihres Geschlechts als "inter" oder "divers" im
Geburtenregister geht. Deshalb musste der Senat auch nicht
entscheiden, ob sich die Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts zur Transsexualität auf Fälle der
Intersexualität übertragen lässt. Zu bedenken ist dabei
allerdings, dass anders als bei der Zuordnung zu einem schon
bestehenden Geschlecht (wie im Falle der Transsexualität)
durch die Schaffung eines weiteren Geschlechts staatliche
Ordnungsinteressen in weitaus erheblicherem Umfang betroffen
wären.
Vorinstanzen: AG Hannover – Beschluss vom 13.
Oktober 2014 – 85 III 105/14 OLG Celle – Beschluss vom 21.
Januar 2015 – 17 W 28/14 Karlsruhe, den 4. August 2016 *§ 21
Abs. 1 Nr. 3 PStG Im Geburtenregister werden beurkundet 1. …
2. … 3. das Geschlecht des Kindes, **§ 22 Abs. 3 PStG Kann
das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht
zugeordnet werden, so ist der Personenstandsfall ohne eine
solche Angabe in das Geburtenregister einzutragen. ***Art.
100 Abs. 1 Satz 1 GG Hält ein Gericht ein Gesetz, auf
dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für
verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn
es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes
handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten
zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die
Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
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Juli 2016 |
Pokémon Go – Gefahren im
Straßenverkehr Duisburg, 28. Juli 2016
- Teresa L. aus Hannover: Immer mehr Fußgänger sind
von ihrem Smartphone so abgelenkt, dass sie nicht auf
den Straßenverkehr achten. Seitdem Pokémon Go-Spieler
virtuelle Monster jagen, hat sich diese Entwicklung
noch verstärkt. Gibt es für Fußgänger nicht auch
Regeln zur Handynutzung, so wie für Autofahrer?
Michaela Rassat, Juristin der D.A.S. Rechtsschutz
Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice): Ein
Handyverbot für Fußgänger gibt es nicht. Fachleute
diskutieren allerdings darüber – unter anderem, weil
die Handynutzung ein Grund ist, warum Verkehrsunfälle
mit Fußgängern zunehmen. Aber auch nach der aktuellen
Rechtslage können Fußgänger eine erhebliche Mitschuld
an einem Verkehrsunfall tragen. Gerichte prüfen sehr
genau, wer in welchem Maße zum Unfall beigetragen
hat. Hier haftet also nicht automatisch pauschal
der Autofahrer. Überquert ein Fußgänger fernab vom
Zebrastreifen oder bei roter Fußgängerampel die
Straße, ohne auf den Verkehr zu achten, können ihm
die Richter unter Umständen grobe Fahrlässigkeit zur
Last legen. Daher: Wer Monster jagen will, sollte
dies lieber in Parks und Grünanlagen tun – und nicht
im Umfeld befahrener Straßen.
Erfolglose
Verfassungsbeschwerde gegen die Einführung des
„Bestellerprinzips“ bei Maklerprovisionen für
Wohnraummietverträge 21. Juli 2016 - Das
Bundesverfassungsgericht hat eine neue
Pressemitteilung veröffentlicht. Die mit dem
Mietrechtsnovellierungsgesetz vorgenommene Normierung
des Bestellerprinzips für Wohnungsvermittlungen, das
Maklern den Erhalt einer Provision von
Mietinteressierten weitgehend verstellt, genügt den
verfassungsrechtlichen Anforderungen. Dies hat
der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit
heute veröffentlichtem Beschluss entschieden. Der
Gesetzgeber bringt die sich gegenüberstehenden
Interessen von Wohnungssuchenden und
Wohnungsvermittlern in einen Ausgleich, der
Verhältnismäßigkeitsanforderungen gerecht wird. Mit
der Verfassungsbeschwerde gegen das
Mietrechtsnovellierungsgesetz hatten zwei
Immobilienmakler die Bedrohung ihrer wirtschaftlichen
Existenz und ein Wohnungsmieter die Verletzung seines
Rechts auf Vertragsfreiheit gerügt.
Wer haftet für Schäden am
Mobiliar im Ferienhaus? 21. Juli 2016
- Tanja S. aus Oschersleben: Für die Sommerferien
haben meine Familie und ich ein Ferienhaus an der
Ostsee angemietet. Müssen wir für Schäden am Mobiliar
aufkommen, wenn wir aus Versehen etwas kaputtmachen?
Rolf Mertens, Versicherungsexperte von
ERGO: Grundsätzlich gilt: Wer einen Schaden
verursacht, haftet dafür. Mietverträge von
Ferienimmobilien enthalten meist auch einen
entsprechenden Passus. Haben aber Kinder einen
Schaden angerichtet, ist die Frage der Haftung von
der jeweiligen Situation abhängig. Unter 7-Jährige
beispielsweise gelten als deliktunfähig. Dann haften
die Eltern nur, wenn sie ihre Aufsichtspflicht
verletzt haben. Welches Maß an Betreuung erforderlich
ist, lässt sich nicht pauschal beantworten.
Entscheidend sind neben dem Alter auch Entwicklung
und Charakter des Kindes. Die Gerichte urteilen im
Einzelfall. Gut beraten ist in jedem Fall, wer eine
Privat-Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat.
Wichtig ist, dass der Tarif auch Schäden an
Einrichtungsgegenständen in Ferienhäusern und Hotels
einschließt. Einige Tarife enthalten auch eine
Kinderschadenklausel.
BGH verneint Anwendbarkeit
des § 314 Abs. 3 BGB im Wohnraummietrecht (Kündigung
wegen älterer Mietrückstände) Urteil vom 13. Juli
2016 - VIII ZR 296/15 Der
Bundesgerichtshof hat sich heute in einer
Entscheidung mit der Frage befasst, ob eine auf § 543
Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b BGB* gestützte
fristlose Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses
gemäß § 314 Abs. 3 BGB** unwirksam ist, wenn sie
aufgrund älterer Mietrückstände erfolgt. Sachverhalt:
Die Klägerin, eine katholische Kirchengemeinde, hatte
der Beklagten seit dem Jahr 2006 eine Wohnung in
Düsseldorf vermietet. Die Beklagte blieb die
Mieten für die Monate Februar und April 2013
schuldig. Nach einer erfolglosen Mahnung vom 14.
August 2013 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis
mit Schreiben vom 15. November 2013 wegen der
weiterhin offenen Mietrückstände fristlos.
Bisheriger Prozessverlauf: Das
Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das
Landgericht hat sie unter Abänderung der
erstinstanzlichen Entscheidung abgewiesen. Nach
Auffassung des Landgerichts war die Kündigung der
Klägerin gemäß § 314 Abs. 3 BGB unwirksam, weil sie
erst mehr als sieben Monate nach Entstehen des
Kündigungsgrundes und damit nicht mehr in
angemessener Zeit erfolgt sei. Die Beklagte sei
schutzwürdig, weil sie angesichts des Zeitablaufs
davon habe ausgehen dürfen, dass die Klägerin von
ihrem Kündigungsrecht keinen Gebrauch mehr machen
werde. Für die Beklagte als ehemalige Küsterin der
Klägerin habe es durchaus nahe gelegen, dass diese
aus sozialen und ethischen Erwägungen nach derart
langer Zeit keine Kündigung mehr erklären werde. Mit
ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision begehrt
die Klägerin die Wiederherstellung des
erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidung des
Bundesgerichtshofs: Der unter anderem
für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass § 314
Abs. 3 BGB neben den speziell geregelten Vorschriften
zur fristlosen außerordentlichen Kündigung im
Wohnraummietrecht (§§ 543, 569 BGB) keine Anwendung
findet. Diese vom Senat bislang offen gelassene Frage
ist in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum
umstritten. Bereits
der Wortlaut der §§ 543 und 569 BGB spricht gegen
eine zeitliche Schranke für den Ausspruch der
Kündigung. Diese Vorschriften, die im Einzelnen die
Modalitäten der fristlosen Kündigung eines
Mietverhältnisses regeln, sehen weder eine
Zeitspanne, innerhalb derer die Kündigung
auszusprechen ist, noch einen Verweis auf § 314 Abs.
3 BGB vor. Das entspricht auch der Zielsetzung
des Gesetzgebers. Dieser hat ausweislich der
Materialien zum Mietrechtsreformgesetz von 2001
bewusst davon abgesehen festzulegen, dass die
außerordentliche Kündigung nach §§ 543, 569 BGB
innerhalb einer
"angemessenen Zeit" ab Kenntnis vom
Kündigungsgrund zu erfolgen hat. Die
Gesetzesbegründung verweist darauf, dass nach
ständiger Rechtsprechung ein Kündigungsrecht verwirkt
werden könne und deshalb ein Bedürfnis für eine
solche Festlegung nicht bestehe - zumal eine
einheitliche konkrete Ausschlussfrist angesichts der
Vielgestaltigkeit der Mietverhältnisse ohnehin nicht
festgelegt werden könne. Hieran hat sich durch
die Einführung der allgemein für
Dauerschuldverhältnisse geltenden Vorschrift des §
314 BGB durch das kurze Zeit später eingeführte
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nichts geändert, da
ausweislich der Gesetzesbegründung die
spezialgesetzlichen Einzelbestimmungen weder
aufgehoben noch geändert werden sollten. Da die
fristlose Kündigung von Mietverhältnissen in §§ 543,
569 BGB abschließend geregelt ist, war bereits die
Anwendung des § 314 Abs. 3 BGB durch das Landgericht
rechtsfehlerhaft. Überdies war seine Annahme, die
Kündigung sei nicht in angemessener Frist
ausgesprochen worden, als solche nicht berechtigt.
Denn das Landgericht hat weder berücksichtigt, dass
die Zahlungsrückstände trotz Mahnung fortbestanden,
noch dass die Klägerin durch das Zuwarten mit der
Kündigung vielmehr Rücksicht auf die Belange der
Beklagten genommen hat (vgl. § 543 Abs. 2 Satz 2
BGB*). Die vom Landgericht beanstandete
"Verzögerung" der Kündigung führte überdies auch
nicht zur Verwirkung des Kündigungsrechts, denn
tragfähige Anhaltspunkte für ein berechtigtes
Vertrauen der Beklagten, dass die Klägerin von ihrem
Recht zur fristlosen Kündigung wegen Verzugs mit zwei
Monatsmieten keinen Gebrauch machen werde, sind nicht
festgestellt und auch nicht ersichtlich (sog.
Umstandsmoment). Sie liegen insbesondere nicht
schon darin, dass es sich bei der Klägerin um eine
Kirchengemeinde handelt und die Beklagte früher bei
ihr als Küsterin beschäftigt gewesen ist. Der Senat
hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und das
amtsgerichtliche Urteil wiederhergestellt, da die
fristlose Kündigung aufgrund des Zahlungsverzugs
berechtigt und wirksam war.
*§ 543 BGB
Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem
Grund (1) Jede Vertragspartei
kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund kündigen. […]
(2) 1Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor,
wenn […] 3. der Mieter […] b) in einem Zeitraum,
der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit
der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in
Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
2 Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung
ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt
wird. […] ** § 314 BGB Kündigung von
Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund (1)
1Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus
wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist
kündigen. […] […] (3)
Der Berechtigte kann nur innerhalb einer
angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom
Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.
[…] Vorinstanzen: LG Düsseldorf - Urteil
vom 16. Dezember 2015 - 5 S 40/15 AG Düsseldorf -
Urteil vom 6. Mai 2015 - 23 C 626/14 Karlsruhe, den
13. Juli 2016
Änderungen bei
Hartz-IV-Verfahren und Insolvenzrecht
08. Juli 2016 - Nach der
heutigen Sitzung des Bundesrates gab
es auch Änderungen bei der Bearbeitung von
Hartz-IV-Anträgen. Hartz-IV-Leistungsempfänger sollen
nun können schneller und einfacher Klarheit über ihre
Ansprüche bekommen. Das Gesetz hat die doch sehr
komplizierten und umfangreichen Vorschriften und
-abläufe für die Mitarbeiter in den Jobcentern
sozusagen gerafft. Dies gilt für das
Sozialgesetzbuchs II und Regelungen zur Anrechnung
von Einkommen und Vermögen, zu den
Anspruchsvoraussetzungen sowie für Unterkunft
und Heizung. Personen, die neben Arbeitslosengeld
oder Teilarbeitslosengeld auch Arbeitslosengeld II
beziehen, erhalten künftig Leistungen der aktiven
Arbeitsförderung von den Agenturen für Arbeit. Über
30-jährige Berufsschüler bekommen künftig
ausnahmsweise Zuschüsse zum Lebensunterhalt, wenn die
Fortsetzung der Ausbildung für die Eingliederung in
den Arbeitsmarkt zwingend erforderlich ist.
Änderungen bzw. Ausnahmen beim Insolvenzrecht
Unternehmen, deren aktuelle Zahlungsunfähigkeit oder
Überschuldung durch den Starkregen und Hochwassers
vom Mai und Juni 2016 zurückzuführen ist, soll die
Insolvenzantragsfrist bis zum Ende des Jahres
ausgesetzt werden. Das Gesetz muss nun dem
Bundespräsidenten unterschrieben werden.
Knallkörpers auf
Fußballtribüne – Umfang der Haftung) 30.000
€-Klage des 1. FC Kölns erfolgreich
Karsruhe/Duisburg, 11. Juli 2016 - Die Klägerin
betreibt den Profifußballbereich des 1. FC Köln. Sie
verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen des
Zündens eines Knallkörpers bei einem Heimspiel im
RheinEnergieStadion in der 2. Bundesliga gegen den SC
Paderborn 07 am 9. Februar 2014. Der Beklagte
zündete in der zweiten Halbzeit einen Knallkörper,
der aufgrund seiner Sprengenergie dem
Sprengstoffgesetz unterfällt, und warf ihn vom
Oberrang der Nordtribüne auf den Unterrang, wo er
detonierte und sieben Zuschauer verletzte. Wegen
dieses Vorfalls und vier weiterer vorangegangener
Vorfälle bei anderen Spielen der
Lizenzspielermannschaft der Klägerin verhängte das
Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes e.V. (DFB)
eine Verbandsstrafe gegen die Klägerin, u.a.
bestehend aus einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 €
sowie der Bewährungsauflage, weitere 30.000 € für
Projekte und Maßnahmen zu verwenden, die der
Gewaltprävention sowie der Ermittlung von konkreten
Tätern bei den Fußballspielen der Klägerin dienen.
Die Klägerin bezahlte die Geldstrafe. Sie
verlangt vom Beklagten Ersatz in Höhe von 30.000 €.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Auf die Berufung des Beklagten hat das
Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Das
Berufungsgericht ist der Auffassung, dass der
Beklagte zwar durch das Zünden und den Wurf des
Knallkörpers seine Verhaltenspflichten aus dem
Zuschauervertrag verletzt habe. Das habe auch die
Verhängung der Verbandsstrafe durch den DFB nach sich
gezogen. Es fehle jedoch an dem erforderlichen
Zurechnungszusammenhang. Denn die Verhängung der
Verbandsstrafe unterfalle nicht mehr dem Schutzzweck
der vom Beklagten verletzten Pflichten. Das
Verbot des Zündens von Knallkörpern im Stadion diene
dem Schutz der menschlichen Gesundheit. Hinsichtlich
des hier geltend gemachten Schadens habe sich jedoch
das durch die Unterwerfung der Klägerin unter die
Regeln des DFB geschaffene Risiko, dass der Verein
für sportliche Vergehen seiner Anhänger die
Verantwortung zu übernehmen habe und dementsprechend
im Rahmen des Verbandes mit Strafen belegt werden
könne, verwirklicht.
Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die
Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen
Urteils. Vorinstanzen: LG Köln - Urteil vom 8.
April 2015 - 7 O 231/14 OLG Köln - Urteil vom 17.
Dezember 2015 - 7 U 54/15 Karlsruhe, den 11. Juli
2016
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Stichwort des Monats
Juli: Bauträgervertrag
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Was kann
schiefgehen? Risiken für Unternehmer
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08. Juli 2016 - Viele
Immobilienkäufer erwerben Grundstück und Neubau aus
einer Hand – und schließen einen Vertrag mit einem
Bauträger, der sich um die Errichtung ihres neuen
Heims kümmert. Ein Bauträgervertrag ist sehr komplex,
denn er muss auch viele Punkte regeln, die mit der
Erstellung des Bauwerkes zusammenhängen. Bauträger
sollten ganz besonders darauf achten, dem Vertrag
eine möglichst präzise Leistungsbeschreibung
beizufügen – damit im Verhältnis zum Kunden keine
Missverständnisse aufkommen. Denn diese könnten zu
einem langwierigen Rechtsstreit über die Frage
führen, wie der Bau denn im Einzelnen ausgeführt
werden sollte. Die D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH
(D.A.S. Leistungsservice) hat drei Gerichtsurteile
zum Thema „Bauträgervertrag” zusammengestellt.
|
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Fall 1: Falsche
Angaben im Prospekt
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Dass Werbung nicht allzu
fantasievoll sein sollte, geht aus einem Urteil des
Bundesgerichtshofes hervor. Gegenstand war eine
Dachgeschoss-Maisonettewohnung, die über zwei Etagen
reichte. Im Verkaufsprospekt waren in der oberen
Etage – einem Spitzboden – ein Bett mit
Nachtschränkchen eingezeichnet. Der Käufer ging davon
aus, dass es sich hier um einen Wohnraum handelte.
Nach Fertigstellung vermietete er die Wohnung
umgehend. Nun schritt die Bauaufsichtsbehörde ein und
untersagte die Nutzung des Spitzbodens zu
Wohnzwecken, denn die Baugenehmigung besagte nur
„Abstellraum." Der Käufer verklagte den Bauträger auf
Schadenersatz in Höhe von rund 13.000 Euro wegen des
geringeren Wertes der Wohnung.
Der Bauträger
wehrte sich: Der Bauträgervertrag bezeichne den
Spitzboden als Abstellraum. Man habe den Vertrag also
eingehalten. Der Bundesgerichtshof erklärte, dass
hier trotzdem eine Beschaffenheitsvereinbarung
vorgelegen habe, nach der der Spitzboden ein Wohnraum
sei. Für den Vertragsabschluss sei der Prospekt
maßgeblich gewesen. Das Gericht ging sogar von einer
arglistigen Täuschung durch den Bauträger aus, da
dieser ja den Inhalt der Baugenehmigung kannte. Da
die Wohnung nicht der vereinbarten Beschaffenheit
„Spitzboden als Wohnraum" entsprach, war sie aus
Sicht des Gerichts mangelhaft und der Klage war
stattzugeben.
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Bundesgerichtshof, Urteil
vom 25. Oktober 2007, Az. VII ZR 205/06
|
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Fall 2:
Abschlagsvereinbarung abweichend vom Gesetz
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Im zweiten Fall ging es um
eine Wohnung in einem neu zu bauenden
Mehrfamilienhaus. Vertragspartner waren der Käufer
und der Verkäufer des Grundstücks. Der Verkäufer trat
gleichzeitig als Vertreter des ausführenden
Bauunternehmens auf. Der Preis für das Grundstück
sollte in zwei Raten an den Verkäufer gehen, die
zweite war bei Bezugsfertigkeit der Wohnung fällig.
Dann gab es noch sechs Raten an das Bauunternehmen je
nach Baufortschritt.
Nachdem der Käufer die
fertige Wohnung bezogen hatte, weigerte er sich, die
zweite Kaufpreisrate für den Eigentumsanteil an den
Verkäufer komplett zu zahlen. Er behielt wegen
Mängeln 5.000 Euro ein. Der Verkäufer verweigerte
daraufhin die Auflassung der Immobilie an den Käufer.
Es zeigte sich nun der Grund für die ungewöhnliche
Vertragskonstruktion: Der Verkäufer wollte sich nicht
als Bauträger behandeln lassen und glaubte, mit der
Werkleistung des Bauunternehmens nichts zu tun zu
haben. Das Landgericht Münster spielte da nicht
mit. Es sah die Absprache als normalen
Bauträgervertrag an – immerhin war die zweite Hälfte
der Kaufpreiszahlung für den Eigentumsanteil an die
Baufertigstellung geknüpft. Übergeben werden sollte
kein Baugrundstück, sondern ein Eigentumsanteil an
einem Mehrfamilienhaus. Das Gericht erklärte, dass
die getroffenen Fälligkeitsabsprachen eine
unzulässige Umgehung der verbindlichen
Abschlagsregelungen der Makler- und
Bauträgerverordnung seien. Die vertraglichen
Absprachen über Kaufpreis- und Werklohnzahlung seien
unwirksam. Stattdessen gelte § 641 Absatz 1
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Vergütung bei
Abnahme. Eine wirksame Abnahme habe jedoch nicht
stattgefunden, es seien noch Restarbeiten
durchzuführen. Der Verkäufer müsse trotzdem die
Wohnung an den Kunden auflassen – ein
Zurückbehaltungsrecht stehe ihm ungeachtet der noch
offenen 5.000 Euro nicht zu. Fazit: Es ist nicht
empfehlenswert, die Makler- und Bauträgerverordnung
zu umgehen.
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Landgericht Münster, Urteil
vom 8. Juni 2005, Az. 10 O 638/04
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Fall 3:
Dauerbaustelle
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Im dritten Fall passierte
das, was wohl für alle an einem Bau Beteiligten das
größte Schreckens-Szenario ist: Eine Familie mit drei
Kindern hatte eine 136-Quadratmeter-Altbauwohnung
erworben, die vorher grundsaniert werden sollte. Es
war ein Termin für die Bezugsfertigkeit vereinbart.
Aber: Die Arbeiten zogen sich derart in die Länge,
dass die Wohnung noch immer nicht fertig war, als der
Prozess schon in zweiter Instanz lief. Die
Käuferfamilie wohnte unterdessen sehr beengt in einer
gemieteten 72-Quadratmeter-Wohnung. Sie forderten
nun eine Nutzungsausfallentschädigung für die nicht
bezugsfertige Wohnung. Sie berechneten diese auf
Basis der ortsüblichen Vergleichsmiete für die
Altbauwohnung abzüglich der Miete für ihre kleine
Ersatzwohnung (die der Bauträger sowieso erstatten
musste). Der Bundesgerichtshof gestand der
Familie die verlangte Entschädigung zu. Der längere
Entzug der Gebrauchsmöglichkeit einer zum
Eigengebrauch vom Bauträger erworbenen
Eigentumswohnung könne einen Vermögensschaden
begründen. Voraussetzung für die
Nutzungsausfallentschädigung sei allerdings, dass dem
Käufer inzwischen nur Wohnraum zur Verfügung stünde,
der nicht mit dem Kaufobjekt vergleichbar sei und
eine deutlich niedrigere Qualität habe. Dies sei hier
der Fall. Der Bauträger musste für 24 Monate
Verspätung rund 17.800 Euro bezahlen.
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Bundesgerichtshof, Urteil
vom 20. Februar 2014, Az. VII ZR 172/13
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Staffelung des
Urlaubsanspruchs nach dem Lebensalter
Arbeitsrecht Juli 2016 - Eine
Staffelung des Urlaubsanspruchs nach dem Lebensalter
stellt eine Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer dar
– zumindest, wenn der Arbeitgeber keine ausreichenden
Gründe für die Ungleichbehandlung nennen kann. Der
Schutz älterer Arbeitnehmer reicht nicht aus, um eine
bei 30 Jahren beginnende Urlaubsstaffelung zu
begründen. Dies entschied laut D.A.S.
Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice)
das Bundesarbeitsgericht. BAG, Az. 9 AZR 659/14
Hintergrundinformation: Das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet eine
Diskriminierung unter anderem aus Gründen des Alters.
Dieses Gesetz ist auf verschiedene Rechtsbereiche
anwendbar, darunter auch das Arbeitsrecht. Es hilft
gerade älteren Arbeitnehmern, die es auf dem
Arbeitsmarkt oft schwerer haben. Manchmal werden sie
aber auch bevorzugt behandelt: Denn in vielen
Tarifverträgen sind Klauseln enthalten, nach denen
sich der Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer nach ihrem
Lebensalter richtet – Ältere bekommen mehr Urlaub.
Liegt darin nun eine Diskriminierung der jüngeren
Mitarbeiter?
Der Fall: Ein Tarifvertrag hatte
eine Altersstaffelung enthalten. Danach bekamen
Arbeitnehmer bis 30 Jahre 26 Tage Urlaub, solche
zwischen über 30 bis 40 Jahren 29 Tage, über 40- bis
50-Jährige 30 Tage und über 50-Jährige 33 Tage.
Streit entstand wegen einer tarifvertraglichen
Änderung. Danach sollte nun die Dauer der
Betriebszugehörigkeit entscheidend sein für den
Urlaubsanspruch. Ab Inkrafttreten der Änderung
erhielten Mitarbeiter mit einer Betriebszugehörigkeit
ab acht Jahren 30 Tage Urlaub. Nur, wer vor dem
Stichtag bereits nach dem alten Tarifvertrag einen
höheren Urlaubsanspruch erworben hatte, sollte diesen
behalten. Ein langjähriger Mitarbeiter war kurz nach
Inkrafttreten der Neuregelung 50 geworden. Er bekam
nur 30 Tage Urlaub und ging vor Gericht, um die
zusätzlichen drei Tage einzuklagen. Das
Urteil: Das Bundesarbeitsgericht entschied
nach Informationen des D.A.S. Leistungsservice, dass
die Staffelung des Urlaubsanspruchs nach dem
Lebensalter eine Diskriminierung im Sinne des AGG
sei. Jüngere würden gegenüber Älteren benachteiligt.
Das AGG erlaube eine solche Ungleichbehandlung nur,
wenn sie angemessen sei und einem legitimen Ziel
diene. Der Arbeitgeber müsse dies konkret und im
Einzelnen begründen können. Es sei nicht ausreichend,
wenn er pauschal behaupte, dass Ältere ein
gesteigertes Erholungsbedürfnis hätten. Gerade für
eine Urlaubsstaffelung, die bereits bei einem
Lebensalter von 30 Jahren anfange, sei dies eine
zweifelhafte Begründung. Deshalb sei beim
vorliegenden Fall im Zuge der Gleichbehandlung eine
„Anpassung nach oben“ vorzunehmen und dem Kläger der
gleiche Urlaubsanspruch von 33 Tagen zuzugestehen,
wie den zum damaligen Zeitpunkt älteren
Arbeitnehmern.
Die Übergangsregelung im neuen
Tarifvertrag führe dazu, dass er diesen Anspruch auch
nach dessen Inkrafttreten behalte – unabhängig davon,
ob der Anspruch nun aus dem alten Tarifvertrag stamme
oder aus dem Gerichtsurteil. Bundesarbeitsgericht,
Urteil vom 12.04.2016, Az. 9 AZR 659/14
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Juni 2016 |
Verfassungsbeschwerden und Organstreitverfahren
gegen EZB erfolglos
Urteil vom 21.
Juni 2016 - 2 BvR 2728/13, 2 BvR 2729/13, 2 BvR 2730/13, 2
BvR 2731/13, 2 BvE 13/13
Das Unterlassen von
Bundesregierung und Bundestag in Ansehung des
Grundsatzbeschlusses der Europäischen Zentralbank vom
6. September 2012 über das OMT-Programm geeignete Maßnahmen
zu dessen Aufhebung oder Begrenzung zu ergreifen, verletzt
die Beschwerdeführer nicht in ihrem Recht aus Art. 38 Abs. 1
Satz 1, Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 79
Abs. 3 GG, wenn die vom Gerichtshof der Europäischen Union in
seinem Urteil vom 16. Juni 2015 (C-62/14) formulierten, die
Reichweite des OMT-Programms begrenzenden Maßgaben
eingehalten werden. Unter diesen Voraussetzungen
beeinträchtigt das OMT-Programm gegenwärtig auch nicht die
haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen
Bundestages. Dies hat der Zweite Senat des
Bundesverfassungsgerichts mit heute verkündetem Urteil
entschieden. Der Grundsatzbeschluss über das OMT-Programm
bewegt sich in der vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung
nicht „offensichtlich“ außerhalb der der Europäischen
Zentralbank zugewiesenen Kompetenzen. Zudem birgt das
OMT-Programm in der durch den Gerichtshof vorgenommenen
Auslegung kein verfassungsrechtlich relevantes Risiko für das
Budgetrecht des Deutschen Bundestages.
Sachverhalt: Die Verfassungsbeschwerden und das
Organstreitverfahren richten sich gegen zwei Programme zum
Ankauf von börsengängigen Schuldtiteln durch das Europäische
System der Zentralbanken („ESZB“), insbesondere
Staatsanleihen von Mitgliedstaaten der Eurozone.
Wesentliche Erwägungen des Senats: 1. Die
Verfassungsbeschwerden und das Organstreitverfahren sind
teilweise unzulässig. Insbesondere sind die
Verfassungsbeschwerden unzulässig, soweit sie sich
unmittelbar gegen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank
richten. Insoweit liegen ihnen keine tauglichen
Beschwerdegegenstände zugrunde. 2. Soweit die
Verfassungsbeschwerden und das Organstreitverfahren zulässig
sind, sind sie unbegründet. a) Mit der in Art. 23 Abs. 1
Satz 2 GG enthaltenen Ermächtigung, Hoheitsrechte auf die
Europäische Union zu übertragen, billigt das Grundgesetz auch
die Einräumung eines Anwendungsvorrangs zugunsten des
Unionsrechts. Der Integrationsgesetzgeber kann nicht nur
Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen
Union, soweit sie in Deutschland öffentliche Gewalt ausüben,
von einer umfassenden Bindung an die Gewährleistungen des
Grundgesetzes freistellen, sondern auch deutsche Stellen, die
Recht der Europäischen Union durchführen. Der
Anwendungsvorrang reicht jedoch nur so weit, wie das
Grundgesetz und das Zustimmungsgesetz die Übertragung von
Hoheitsrechten erlauben oder vorsehen. Grenzen für die
Öffnung deutscher Staatlichkeit ergeben sich daher aus der
durch Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Verfassungsidentität des
Grundgesetzes und dem im Zustimmungsgesetz niedergelegten
Integrationsprogramm, das dem Unionsrecht für Deutschland
erst die notwendige demokratische Legitimation verleiht.
b) Das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG) gehört
in seinen Grundsätzen zu der für änderungsfest (Art. 79 Abs.
3 GG) wie auch integrationsfest (Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in
Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG) erklärten
Verfassungsidentität des Grundgesetzes. Die durch die
Wahl bewirkte Legitimation von Staatsgewalt darf deshalb
durch die Verlagerung von Aufgaben und Befugnissen auf die
europäische Ebene nicht entleert werden. Eine Ausübung
öffentlicher Gewalt durch Organe, Stellen und sonstige
Einrichtungen der Europäischen Union, die nicht über eine
hinreichende demokratische Legitimation durch das im
Zustimmungsgesetz niedergelegte Integrationsprogramm verfügt,
verletzt daher den Grundsatz der Volkssouveränität (Art. 20
Abs. 2 Satz 1 GG).
c) Im Rahmen der
Identitätskontrolle prüft das Bundesverfassungsgericht, ob
die durch Art. 79 Abs. 3 GG für unantastbar erklärten
Grundsätze bei der Übertragung von Hoheitsrechten durch den
deutschen Gesetzgeber oder durch eine Maßnahme von Organen,
Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union
berührt werden. Das betrifft die Wahrung des
Menschenwürdekerns der Grundrechte (Art. 1 GG) ebenso wie die
Grundsätze, die das Demokratie-, Rechts-, Sozial- und
Bundesstaatsprinzip im Sinne von Art. 20 GG prägen. Im
Rahmen der Ultra-vires-Kontrolle überprüft das
Bundesverfassungsgericht Maßnahmen von Organen, Einrichtungen
und sonstigen Stellen der Europäischen Union (nur) daraufhin,
ob sie vom Integrationsprogramm (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG)
gedeckt sind und insoweit am Anwendungsvorrang des
Unionsrechts teilhaben. Die Annahme eines Ultra-vires-Aktes
setzt - ohne Rücksicht auf den betroffenen Sachbereich -
voraus, dass eine solche Maßnahme offensichtlich außerhalb
der der Europäischen Union übertragenen Kompetenzen liegt.
d) Die Integrationsverantwortung verpflichtet die
Verfassungsorgane - den grundrechtlichen Schutzpflichten
nicht unähnlich -, sich dort schützend und fördernd vor die
durch Art. 38 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2
Satz 1 GG geschützten Rechtspositionen des Einzelnen zu
stellen, wo dieser nicht selbst für ihre Integrität sorgen
kann. Der Verpflichtung der Verfassungsorgane zur
Wahrnehmung ihrer Integrationsverantwortung entspricht daher
ein in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verankertes Recht des
wahlberechtigten Bürgers, dass die Verfassungsorgane dafür
sorgen, dass die mit dem Vollzug des Integrationsprogramms
ohnehin schon verbundenen Einflussknicks und Einschränkungen
seines „Anspruchs auf Demokratie“ nicht weitergehen, als sie
durch die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische
Union gerechtfertigt sind. Eine Verletzung von
Schutzpflichten liegt grundsätzlich erst dann vor, wenn
überhaupt keine Schutzvorkehrungen getroffen werden, die
getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich
ungeeignet oder völlig unzulänglich sind oder wenn sie
erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben. Für die
Integrationsverantwortung bedeutet dies, dass die
Verfassungsorgane im Falle offensichtlicher und strukturell
bedeutsamer Kompetenzüberschreitungen und sonstiger
Verletzungen der Verfassungsidentität durch Organe,
Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union
aktiv auf die Einhaltung des Integrationsprogramms
hinzuwirken haben. Sie sind gegebenenfalls verpflichtet,
im Rahmen ihrer Kompetenzen mit rechtlichen oder politischen
Mitteln auf die Aufhebung der vom Integrationsprogramm nicht
gedeckten Maßnahmen hinzuwirken sowie - solange die Maßnahmen
fortwirken - geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, dass
die innerstaatlichen Auswirkungen der Maßnahmen so weit wie
möglich begrenzt bleiben. Wie die grundrechtlichen
Schutzpflichten so kann sich allerdings auch die
Integrationsverantwortung unter bestimmten rechtlichen und
tatsächlichen Voraussetzungen zu einer konkreten
Handlungspflicht verdichten. 3. Nach diesen Maßstäben und
unter Beachtung der nachfolgend bezeichneten Maßgaben
verletzt die Untätigkeit von Bundesregierung und Bundestag in
Ansehung des Grundsatzbeschlusses der Europäischen
Zentralbank vom 6. September 2012 die Beschwerdeführer nicht
in ihrem Recht aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 20 Abs. 1 und
Abs. 2 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG. Auch werden
die im Rahmen der europäischen Integration bestehenden Rechte
und Pflichten des Deutschen Bundestages einschließlich seiner
haushaltspolitischen Gesamtverantwortung nicht
beeinträchtigt. a) Das Bundesverfassungsgericht legt
seiner Prüfung die Auslegung des OMT-Beschlusses zugrunde,
die der Gerichtshof in seinem Urteil vom 16. Juni 2015
vorgenommen hat. Die Auffassung des Gerichtshofs, der
Grundsatzbeschluss über das OMT-Programm sei kompetenzgemäß
und verstoße nicht gegen das Verbot monetärer
Haushaltsfinanzierung, bewegt sich noch innerhalb des dem
Gerichtshof erteilten Mandates (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EUV).
Der Gerichtshof stützt seine Auffassung maßgeblich auf
die von der Europäischen Zentralbank angegebene Zielsetzung
des OMT-Programms, auf die dazu eingesetzten Mittel und die
aus seiner Sicht lediglich mittelbaren Auswirkungen des
Programms auf die Wirtschaftspolitik. Er legt seiner Prüfung
nicht nur den Grundsatzbeschluss über die technischen
Merkmale vom 6. September 2012 zugrunde, sondern leitet
insbesondere aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
weitere Rahmenbedingungen ab, die einer etwaigen Durchführung
des OMT-Programms verbindliche Grenzen setzen. Darüber
hinaus bekräftigt der Gerichtshof, dass auch das Handeln der
Europäischen Zentralbank der gerichtlichen Kontrolle
unterliegt, insbesondere mit Blick auf die Einhaltung der
Grundsätze der begrenzten Einzelermächtigung und der
Verhältnismäßigkeit. b) Die dem Urteil vom 16. Juni 2015
zugrunde liegende Art und Weise richterlicher
Rechtskonkretisierung begegnet aus Sicht des Senats
gleichwohl gewichtigen Einwänden mit Blick auf die Erhebung
des Sachverhalts, das Prinzip der begrenzten
Einzelermächtigung und die gerichtliche Kontrolle der
Europäischen Zentralbank bei der Bestimmung ihres Mandates.
Das gilt zunächst für den Umstand, dass der Gerichtshof die
Behauptung einer geldpolitischen Zielsetzung des
OMT-Programms hinnimmt, ohne die zugrundeliegenden
tatsächlichen Annahmen zu hinterfragen oder zumindest im
Einzelnen nachzuvollziehen und ohne diese Annahmen mit den
Indizien in Beziehung zu setzen, die offensichtlich gegen
einen geldpolitischen Charakter sprechen. Es gilt ferner
für den Umstand, dass der Gerichtshof für die kompetenzmäßige
Zuordnung des OMT-Programms zur Währungspolitik trotz der von
ihm selbst angenommenen Überschneidungen von Wirtschafts- und
Währungspolitik im Wesentlichen auf die von dem zu
kontrollierenden Organ angegebene Zielsetzung der Maßnahme
und den Rückgriff auf das in Art. 18 ESZB-Satzung vorgesehene
Instrument des Ankaufs von Staatsanleihen abstellt. Ohne
Antwort bleibt schließlich das dem Gerichtshof vom Senat
unterbreitete Problem, dass die der Europäischen Zentralbank
eingeräumte Unabhängigkeit zu einer spürbaren Senkung des
demokratischen Legitimationsniveaus ihres Handelns führt und
daher Anlass für eine restriktive Auslegung und besonders
strikte gerichtliche Kontrolle ihres Mandates sein müsste.
Dies gilt umso mehr, wenn mit dem Demokratieprinzip und
dem Grundsatz der Volkssouveränität die Verfassungsidentität
eines Mitgliedstaats betroffen ist, zu deren Achtung die
Europäische Union verpflichtet ist. c) Trotz dieser Bedenken
bewegt sich der Grundsatzbeschluss über das OMT-Programm in
der vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung jedoch nicht
„offensichtlich“ außerhalb der der Europäischen Zentralbank
zugewiesenen Kompetenzen im Sinne des
Ultra-vires-Kontrollvorbehalts. Anders als der Senat
hinterfragt der Gerichtshof die angegebenen Ziele zwar nicht
und beurteilt die Indizien, die aus Sicht des Senats gegen
die behauptete Zielsetzung sprechen, jeweils isoliert,
anstatt sie auch in ihrer Gesamtheit zu bewerten. Dies kann
jedoch noch hingenommen werden, weil der Gerichtshof die vom
Senat in seinem Vorlagebeschluss vom 14. Januar 2014 für
möglich gehaltene einschränkende Auslegung des
Grundsatzbeschlusses der Sache nach auf Ebene der
Kompetenzausübung vorgenommen hat. Der Gerichtshof
unterscheidet zwischen dem Grundsatzbeschluss vom
6. September 2012 und der Durchführung des Programms. Mit
Blick auf die Verhältnismäßigkeit des OMT-Programms und die
Erfüllung der Begründungspflichten benennt er über die im
Grundsatzbeschluss angekündigten Rahmenbedingungen hinaus
weitere Einschränkungen, denen eine Durchführung des
OMT-Programms zwingend unterliegt. Vor diesem Hintergrund ist
davon auszugehen, dass der Gerichtshof die von ihm
herausgestellten Konditionen als rechtsverbindliche Kriterien
ansieht. Mit der verfahrensrechtlichen Einhegung durch
die gerichtliche Kontrolle der Einhaltung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes greift der Gerichtshof das
Problem des nahezu unbegrenzten Potentials des Beschlusses
vom 6. September 2012 auf. Zwar beseitigen die vom
Gerichtshof insoweit entwickelten beschränkenden Parameter
den in die Wirtschaftspolitik übergreifenden Charakter des
OMT-Programms nicht vollständig. Zusammen mit den im
Beschluss vom 6. September 2012 festgelegten Konditionen -
insbesondere die Teilnahme der Mitgliedstaaten an
Anpassungsprogrammen, deren Zugang zum Anleihemarkt und die
Fokussierung auf Anleihen mit geringer (Rest-) Laufzeit -
lassen sie die Annahme eines jedenfalls im Schwerpunkt
geldpolitischen Charakters des OMT-Programms aber als
vertretbar erscheinen. d) In der vom Gerichtshof
vorgenommenen Auslegung verstoßen der Grundsatzbeschluss über
die technischen Rahmenbedingungen des OMT-Programms und
dessen mögliche Durchführung auch nicht offensichtlich gegen
das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung. Während der
Gerichtshof den Grundsatzbeschluss selbst ohne weitere
Konkretisierung für zulässig erachtet, muss dessen
Durchführung näheren Bedingungen genügen, wenn nicht das
Ankaufprogramm gegen das Unionsrecht verstoßen soll. In
dieser Auslegung entspricht das OMT-Programm bei wertender
Gesamtbetrachtung den Anforderungen, die der Senat im
Vorlagebeschluss vom 14. Januar 2014 formuliert hat. e)
Da sich das OMT-Programm vor diesem Hintergrund nur dann
nicht als Ultra-vires-Akt darstellt, wenn der vom Gerichtshof
bestimmte Rahmen beachtet wird, darf sich die Deutsche
Bundesbank an der Durchführung des Programms nur beteiligen,
wenn und soweit die vom Gerichtshof aufgestellten Maßgaben
erfüllt sind, das heißt wenn ·
Ankäufe nicht angekündigt werden, · das Volumen der
Ankäufe im Voraus begrenzt ist, · zwischen der
Emission eines Schuldtitels und seinem Ankauf durch das ESZB
eine im Voraus festgelegte Mindestfrist liegt, die
verhindert, dass die Emissionsbedingungen verfälscht werden,
· nur Schuldtitel von Mitgliedstaaten erworben
werden, die einen ihre Finanzierung ermöglichenden Zugang zum
Anleihemarkt haben, · die erworbenen Schuldtitel
nur ausnahmsweise bis zur Endfälligkeit gehalten werden und
· die Ankäufe begrenzt oder eingestellt werden und
erworbene Schuldtitel wieder dem Markt zugeführt werden, wenn
eine Fortsetzung der Intervention nicht erforderlich ist.
f) Ihre Integrationsverantwortung verpflichtet
Bundesregierung und Bundestag nicht, mit Blick auf die
haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Bundestages gegen
das OMT-Programm vorzugehen. In der durch den Gerichtshof
vorgenommenen Auslegung birgt das OMT-Programm kein
verfassungsrechtlich relevantes Risiko für das Budgetrecht
des Bundestages. Insofern ist auch eine Gefährdung der
haushaltspolitischen Gesamtverantwortung durch eine etwaige
Durchführung des OMT-Programms gegenwärtig nicht
festzustellen. g) Bundesregierung und Bundestag sind
aufgrund der ihnen obliegenden Integrationsverantwortung
allerdings verpflichtet, eine etwaige Durchführung des
OMT-Programms dauerhaft zu beobachten. Diese
Beobachtungspflicht ist nicht nur darauf gerichtet, ob die
oben formulierten Maßgaben eingehalten werden, sondern auch
darauf, ob insbesondere aus dem Volumen und der
Risikostruktur der erworbenen Anleihen, die sich auch nach
ihrem Erwerb ändern kann, ein konkretes Risiko für den
Bundeshaushalt erwächst.
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Mai 2016 |
Testament: Darf ein Helfer beim
Schreiben unterstützen? Erbrecht Wer sein
Testament ohne die Hilfe eines Notars aufsetzt, muss es
eigenhändig per Hand niederschreiben und unterschreiben –
ohne dass eine andere Person zu viel Einfluss nimmt. Führt
ein Helfer einem geschwächten Verfasser beim Schreiben die
Hand, ist das Testament unter Umständen ungültig. Dies hat
nach Informationen der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH
(D.A.S. Leistungsservice) das Oberlandesgericht Hamm
entschieden. OLG Hamm, Az. I-15 W 231/12
Hintergrundinformation:
Ein eigenhändiges
Testament muss der Verfasser – wie der Name sagt – komplett
per Hand selbst schreiben und unterschreiben.
Unterschreibt er es nur, nachdem es eine andere Person
geschrieben hat, ist es ungültig. Dies gilt auch für ein per
Computer geschriebenes und ausgedrucktes Testament mit
eigenhändiger Unterschrift.
Wer nicht mehr in der Lage ist, selbst seinen letzten
Willen zu Papier zu bringen, muss einen Notar bemühen.
Der Fall: Das Oberlandesgericht Hamm befasste sich mit einem
Fall, in dem es um das Testament eines 71-Jährigen ging.
Dieser war beim Verfassen des Dokuments so geschwächt
gewesen, dass ihm eine andere Person half – und ihm die Hand
führte. Das Nachlassgericht weigerte sich daraufhin, den im
Testament benannten Erbinnen einen Erbschein auszustellen.
Denn durch die Schreibhilfe sei das Testament unwirksam.
Das Urteil:
Nach Mitteilung des D.A.S. Leistungsservice entschied
das Oberlandesgericht, dass das Testament tatsächlich
ungültig sei. Ein wirksames eigenhändiges Testament erfordere
eine „unbeeinflusste Schreibleistung" des Erblassers. Von
Eigenhändigkeit könne nicht mehr die Rede sein, wenn eine
andere Person dem Erblasser die Hand führe und dadurch seine
Schriftzüge beeinflusse. Zwar sei eine unterstützende
Schreibhilfe, wie etwa ein Abstützen des Arms, noch zulässig.
Der Erblasser müsse aber selbst die Schriftzeichen
formen. Ob das Testament eigenhändig vom Erblasser
geschrieben worden sei, müssten im Zweifelsfall die Personen
beweisen, die einen Erbschein beantragten. Dieser Beweis sei
hier nicht gelungen. Denn der Zeuge – und gleichzeitig
Schreibhelfer – habe eingeräumt, womöglich stärkeren Einfluss
auf die Schreibleistung genommen zu haben. Es habe auch
Unstimmigkeiten im Schriftbild gegeben. Ein Schriftvergleich
zeige Ähnlichkeiten mit der Handschrift des Zeugen. Das
Gericht war hier nicht überzeugt, dass das Testament wirklich
den letzten Willen des Erblassers widerspiegelte.
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 2.10.2012, Az. I-15 W
231/12
Bundesgerichtshof: Urteil des
Landgerichts Essen wegen versuchter Tötung eines
Polizeibeamten bei einem Regionalliga-Fußballspiel ist
rechtskräftig Beschluss vom 28. April 2016 – 4 StR 474/15
Duisburg, 23. Mai 2016 - Das Landgericht Essen hatte den
Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Nebenklägers,
eines Polizeibeamten, zu einer Freiheitsstrafe von sechs
Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus sowie den Vorwegvollzug von einem
Jahr der verhängten Freiheitsstrafe angeordnet. Gegen dieses
Urteil wendeten sich der Angeklagte und - mit dem Ziel einer
Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Mordes – der
Nebenkläger. Der 4. Strafsenat hat nunmehr im
Beschlusswege die auf die Rüge der Verletzung materiellen
Rechts gestützte Revision des Angeklagten als im Wesentlichen
unbegründet verworfen. Die Nachprüfung des angefochtenen
Urteils hat hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs
einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht
ergeben. Insbesondere hält die Annahme des Landgerichts, der
Angeklagte habe mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt, als
er den Nebenkläger während der Vornahme einer Diensthandlung
über einen Zeitraum von 15 bis 20 Sekunden mit voller Kraft
mit beiden Armen im Würgegriff hielt, rechtlicher Nachprüfung
stand.
Die Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils
der Freiheitsstrafe hat der Senat hingegen entfallen lassen.
Die Revision des Nebenklägers hat der Senat wegen Versäumung
der Frist zur Begründung des Rechtsmittels verworfen,
desgleichen dessen Antrag, in die versäumte Frist
wiedereingesetzt zu werden. Die Verurteilung des
Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren ist
damit rechtskräftig. Vorinstanz: Vorinstanz. LG Essen
Urteil vom 16. Juni 2015 – 22 Ks 5/15 (70 Js 523/14)
Nachbarschaftsrecht
Bolzplatz: Ein Ball pro
Woche darf danebengehen Bolzplätze in
Wohngebieten sorgen immer wieder für Rechtsstreitigkeiten. In
Sachsen-Anhalt muss nun ein Sportverein dafür sorgen, dass im
Jahresdurchschnitt nicht mehr als ein Fußball pro Woche über
den Zaun auf das Nachbargrundstück fliegt. Dies entschied
nach Informationen der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH
(D.A.S. Leistungsservice) das Oberlandesgericht Naumburg.
OLG Naumburg, Az. 12 U 184/14
Hintergrundinformation: Bei Streitigkeiten um Bolzplätze geht
es oft um Lärm, manchmal aber auch um Bälle, die über den
Zaun fliegen und dort landen, wo sie nicht hingehören – im
Garten eines Nachbarn nämlich. Auch bei hoher
Toleranzschwelle können häufige Ballattacken auf das
heimische Blumenbeet irgendwann das Nervenkostüm zerrütten.
Dies zeigt sich an einem Prozess, der in Sachsen-Anhalt durch
mehrere Gerichtsinstanzen ging. Der Fall: Ein Sportverein
betrieb einen Bolzplatz. Daneben befand sich ein
Privatgrundstück. Immer wieder flogen nun Bälle über den
Zaun. Der Hauseigentümer ärgerte sich nicht nur über die
Bälle an sich, sondern auch über jugendliche Spieler, die auf
der Suche nach dem runden Leder immer wieder auf sein
Grundstück kletterten und dabei oft nicht allzu höflich
waren. Allein im Jahr 2014 hatte er nach eigenen Angaben 134
Bälle zurückgegeben – die von den Spielern selbst
eingesammelten waren dabei noch nicht mal mitgezählt.
Der Verein räumte zwar „Ballüberflüge“ ein, bestritt aber
den Umfang. Das Urteil: Nach Mitteilung des D.A.S.
Leistungsservice kam das Oberlandesgericht Naumburg zu dem
Schluss, dass deutlich zu viele Bälle dort landeten, wo sie
nicht hingehörten. Ein Überflug von mehr als einem Ball pro
Woche im Jahresdurchschnitt sei eine Beeinträchtigung seines
Grundstücks, die der Kläger nicht dulden müsse. Ursache war
aus Sicht des Gerichts der allzu niedrige Ballfangzaun. Denn
dieser war nur vier Meter hoch und leicht zu „überschießen“.
Bei der vom Verein geschilderten intensiven Nutzung des
Platzes sei es sehr wahrscheinlich, dass die Angaben des
Klägers stimmten. Dem Verein sei es zuzumuten, den
Ballfangzaun auf die übliche Höhe von sechs Metern zu
erhöhen. Es sei unverständlich, warum auf der anderen Seite
des Platzes – zu einem Wald hin – ein sechs Meter hoher Zaun
installiert sei, aber nicht auf der Grundstücksgrenze zum
Kläger. Das Gericht gab dem Verein auf, dafür zu sorgen,
dass im Jahresdurchschnitt nicht mehr als ein Ball pro Woche
im Garten des Nachbarn lande. Für jeden Fall der schuldhaften
Zuwiderhandlung drohte das Gericht ein Ordnungsgeld von
250.000 Euro an. Es bleibt zu hoffen, dass diese Androhung
die jugendlichen Spieler zu größerer Zielgenauigkeit
motiviert – und vielleicht so die ein oder andere
Fußball-Karriere anschiebt. Oberlandesgericht Naumburg,
Urteil vom 23.11.2015, Az. 12 U 184/14
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April 2106 |
Karlsruhe, 21. April 2016 -
Bundesgerichtshof:
Keine pauschale Beteiligung von
Verlagen an den Einnahmen der VG Wort Urteil vom
21. April 2016 - I ZR 198/13 – Verlegeranteil Der u.a. für
das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die VG Wort
nicht berechtigt ist, einen pauschalen Betrag in Höhe von
grundsätzlich der Hälfte ihrer Einnahmen an Verlage
auszuzahlen.
Die Beklagte ist die im Jahr 1958
gegründete Verwertungsgesellschaft Wort. Sie ist ein
rechtsfähiger Verein kraft staatlicher Verleihung, in dem
sich Wortautoren und deren Verleger zur gemeinsamen
Verwertung von Urheberrechten zusammengeschlossen haben. Sie
nimmt als einzige Verwertungsgesellschaft in Deutschland die
ihr vertraglich anvertrauten urheberrechtlichen Befugnisse
von Wortautoren und deren Verlegern wahr.
Der Kläger
ist Autor wissenschaftlicher Werke. Er hat mit der Beklagten
im Jahr 1984 einen Wahrnehmungsvertrag geschlossen. Darin hat
er ihr unter anderem die gesetzlichen Vergütungsansprüche für
das aufgrund bestimmter Schrankenbestimmungen des
Urheberrechtsgesetzes zulässige Vervielfältigen seiner Werke
zum privaten Gebrauch zur Wahrnehmung übertragen. Mit
seiner Klage wendet der Kläger sich dagegen, dass die
Beklagte die Verleger und bestimmte Urheberorganisationen
entsprechend den Bestimmungen ihres Verteilungsplans an ihren
Einnahmen beteiligt und dadurch seinen Anteil an diesen
Einnahmen schmälert.
Das Oberlandesgericht hat der
Klage weitgehend stattgegeben. Gegen diese Entscheidung hat
die Beklagte Revision eingelegt, mit der sie die vollständige
Abweisung der Klage erstrebt. Der Kläger hat
Anschlussrevision eingelegt, mit der er erreichen möchte,
dass seiner Klage in vollem Umfang stattgegeben wird. Der
Bundesgerichtshof hat die Rechtsmittel beider Parteien
zurückgewiesen.
Die Beklagte ist - so der
Bundesgerichtshof - nicht berechtigt, einen pauschalen Betrag
in Höhe von grundsätzlich der Hälfte ihrer Einnahmen an
Verlage auszuschütten. Eine Verwertungsgesellschaft hat die
Einnahmen aus der Wahrnehmung der ihr anvertrauten Rechte und
Ansprüche ausschließlich an die Inhaber dieser Rechte und
Ansprüche auszukehren; dabei muss sie diese Einnahmen in dem
Verhältnis an die Berechtigten verteilen, in dem diese
Einnahmen auf einer Verwertung der Rechte und Geltendmachung
von Ansprüchen der jeweiligen Berechtigten beruhen. Damit
ist es nicht zu vereinbaren, dass die Beklagte den Verlegern
einen pauschalen Anteil ihrer Einnahmen auszahlt, ohne darauf
abzustellen, ob und inwieweit diese Einnahmen auf der
Wahrnehmung der ihr von Verlegern eingeräumten Rechte oder
übertragenen Ansprüche beruhen. Allein der Umstand, dass die
verlegerische Leistung es der Beklagten erst ermöglicht,
Einnahmen aus der Verwertung der verlegten Werke der Autoren
zu erzielen, rechtfertigt es nicht, einen Teil dieser
Einnahmen den Verlegern auszuzahlen. Es ist auch nicht
ersichtlich, dass die Beklagte mit der Wahrnehmung der ihr
von Verlegern eingeräumten Rechte oder übertragenen Ansprüche
tatsächlich Einnahmen in einem Umfang erzielt, der es
rechtfertigt, regelmäßig die Hälfte der Verteilungssumme an
die Verleger auszuschütten. Den Verlegern stehen nach dem
Urheberrechtsgesetz keine eigenen Rechte oder Ansprüche zu,
die von der Beklagten wahrgenommen werden könnten. Verleger
sind - von den im Streitfall nicht in Rede stehenden
Presseverlegern abgesehen - nicht Inhaber eines
Leistungsschutzrechts. Die gesetzlichen Vergütungsansprüche
für die Nutzung verlegter Werke stehen kraft Gesetzes
originär den Urhebern zu. Die Beklagte nimmt auch keine den
Verlegern von den Urhebern eingeräumten Rechte oder
abgetretenen Ansprüche in einem Umfang wahr, der eine
Beteiligung der Verleger an der Hälfte der Einnahmen der
Beklagten begründen könnte.
Das Verlagsrecht räumen
die Verleger der Beklagten nicht zur Wahrnehmung ein.
Gesetzliche Vergütungsansprüche haben die Urheber den
Verlegern jedenfalls nicht in einem Umfang wirksam
abgetreten, der es rechtfertigen könnte, die Hälfte der
Einnahmen an die Verlage auszuschütten. Dagegen durfte die
Beklagte - so der Bundesgerichtshof weiter - bestimmte
Urheberorganisationen an ihren Einnahmen beteiligen, soweit
die Autoren diesen Organisationen ihre bereits entstandenen
gesetzlichen Vergütungsansprüche abgetreten hatten.
Vorinstanzen: LG München I - Urteil vom 24. Mai 2012 - 7 O
28640/11 OLG München - Urteil vom 17. Oktober 2013 - 6 U
2492/12 Karlsruhe, den 21. April 2016
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März 2016 |
30.03.2016: OLG Stuttgart gibt
Klage einer Bausparerin gegen Kündigung ihres
Bausparvertrages durch die Bausparkasse statt
Der u .a. für Bankrecht zuständige 9. Zivilsenat des
Oberlandesgerichts Stuttgart unter dem Vorsitz von Thomas
Wetzel hat heute der Berufung einer Bausparerin stattgegeben,
die sich gegen die Kündigung ihres Bausparvertrages wehrt. In
erster Instanz hatte das Landgericht Stuttgart die Klage
abgewiesen. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat diese
Entscheidung zu Gunsten der Klägerin abgeändert. Die
Klägerin hatte 1978 einen Bausparvertrag mit einer
Bausparsumme von 40.000 DM (20.451,68 €) abgeschlossen. Für
die Laufzeit erhielt sie für von ihr eingezahlte Raten ei-nen
Guthabenzinssatz von 3 % p. a. bei einem
Bauspardarlehenszinssatz von 5 % p. a. Der Vertrag wurde 1993
zuteilungsreif. Nach Zuteilungsreife stellte die Bausparerin
die regelmäßige Zahlung der Sparraten ein, ohne ein
Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen. Im Januar 2015,
also knapp 22 Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife,
kündigte die Bausparkasse den Bausparvertrag. Das
Bausparguthaben belief sich zu diesem Zeitpunkt auf ca.
15.000 €; die Bausparsumme war also nicht vollständig
angespart. Der
Senat hält die Kündigung der Bausparkasse für unberechtigt.
Diese könne sich nicht auf die Vorschrift des § 489 Abs. 1
Nr. 2 BGB berufen, wonach ein Darlehensnehmer das Darlehen
zehn Jahre nach dessen vollständigem Empfang kündigen könne.
Nach den Allgemeinen Bausparbedingungen (§ 5 Abs. 1 ABB) sei
der Bausparer verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur
erstmaligen Auszahlung der Bausparsumme zu zahlen. Vor Ende
dieser Pflicht habe die Bausparkasse das als Darlehen
anzusehende Guthaben nicht vollständig empfangen. Der
Zeitpunkt der Zuteilungsreife spiele nach den
Vertragsbedingun-gen keine Rolle.
Die gesetzliche
Kündigungsvorschrift sei entgegen der Auffassung der
Bausparkasse auch nicht analog anwendbar. Die überlange
Vertragsdauer beruhe zwar auf der vertragswidrigen
Einstellung der Sparleistungen durch die Bausparerin. Diese
müsse die Bausparkasse aber nicht hinnehmen: Nach den
Vertragsbedingungen könne sie die Bausparerin auffordern, die
vertraglich geschuldeten Sparbeiträge wieder zu leisten.
Werde der Aufforderung nicht Folge geleistet, habe die
Bausparkasse ein (kurzfristiges) vertragliches
Kündigungsrecht und es dadurch selbst in der Hand, eine
überlange Bindung an den Vertragszinssatz zu verhindern.
Im Fall der ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung wäre die
Bausparsumme innerhalb von zehn Jahren ab Zuteilungsreife
vollständig angespart worden. Wenn die Bausparkasse selbst –
möglicherweise im eigenen Interesse – ein faktisches Ruhen
des Bausparvertrages erlaube und ein vertragliches
Kündigungsrecht nicht nutze, sei sie nicht schutzbedürftig
und könne sich nicht später auf eine analoge Anwendung eines
gesetzlichen Kündigungsrechts berufen. Die
Revision zum
Bundesgerichtshof hat der Senat zugelassen,
weil die Frage der An-wendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf
zuteilungsreife Bausparverträge grundsätzliche Bedeutung hat
und andere Oberlandesgerichte eine gegenteilige Auffassung
vertreten.
Aktenzeichen: 9 U 171/15 -
Oberlandesgericht Stuttgart 25 O 89/15 - Landgericht
Stuttgart Relevante Normen: § 489 Abs. 1
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Der
Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem
Sollzinssatz ganz oder teilweise kün-digen, wenn die
Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit
endet und keine neue Vereinba-rung über den Sollzinssatz
getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von
einem Monat frü-hestens für den Ablauf des Tages, an dem die
Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzins-satzes
in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so
kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des
Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen; in jedem
Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen
Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs
Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue
Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den
Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser
Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.
§ 5 Abs. 1 der für den Vertrag maßgeblichen
Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB): Der monatliche
Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme
(Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der
zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an
die Bau-sparkasse zu entrichten.
------------------------------------------------------------
Handwerksinnungen dürfen keine
Mitgliedschaft ohne Tarifbindung einführen Das
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am
23. März 2016 entschieden, dass eine Handwerksinnung nicht
durch Satzung die aus dem Bereich der Arbeitgeberverbände
bekannte Mitgliedschaftsform einer Mitgliedschaft ohne
Tarifbindung (sog. OT-Mitgliedschaft) einführen darf. Die
klagende Innung hatte eine Satzungsänderung beschlossen, nach
der Mitglieder ihre Bindung an Tarifverträge der Innung durch
Erklärung ausschließen können und tarifpolitische
Entscheidungen ausschließlich von tarifgebundenen Mitgliedern
in einem besonderen Ausschuss zu treffen sind. Die
Handwerkskammer verweigerte eine Genehmigung der
Satzungsänderung. Nachdem die Klage der Innung hiergegen vom
Verwaltungsgericht abgewiesen wurde, verpflichtete das
Oberverwaltungsgericht die Handwerkskammer zur Genehmigung
der Satzung. Die Revision der Handwerkskammer hatte
Erfolg. Die Handwerksordnung verleiht Innungen die
Befugnis, Tarifverträge abzuschließen, damit in dem durch
kleine Betriebe geprägten Bereich des Handwerks für sämtliche
Innungsmitglieder eine tarifliche Ordnung hergestellt werden
kann. Dieser gesetzliche Zweck wäre gefährdet, wenn einzelne
Mitglieder der Innung für sich eine Tarifbindung ausschließen
könnten. Zudem ist nach der Handwerksordnung die
Innungsversammlung, in der jedes Mitglied stimmberechtigt
ist, das für alle wesentlichen Fragen und für die Erhebung
und Verwendung aller finanziellen Mittel zuständige
Hauptorgan. Die Handwerksordnung lässt es nicht zu, einen für
tarifpolitische Entscheidungen zuständigen Ausschuss der
Innungen so zu organisieren, dass OT-Mitglieder keinen
Einfluss auf diese Entscheidungen erlangen. BVerwG 10 C
23.14 - Urteil vom 23. März 2016 Vorinstanzen: OVG
Lüneburg, 8 LC 23/14 - Urteil vom 25. September 2014 VG
Braunschweig, 1 A 58/13 - Urteil vom 19. Dezember 2013
Loveparade-Zivilverfahren:
Entscheidungen zu Prozesskostenhilfe und Hinweis im
Berufungsverfahren
Oberlandesgericht Düsseldorf, 22.
März 2016 Der 18. Zivilsenat des
Oberlandesgerichts Düsseldorf hat am 17. März 2016 fünf von
insgesamt sieben Beschwerden zu Prozesskostenhilfeanträgen in
Loveparade-Zivilverfahren zurückgewiesen. Eine der
Beschwerden war hingegen teilweise erfolgreich, eine weitere
aus formalen Gründen zumindest vorläufig. Die Antragsteller
hatten sich mit ihren Beschwerden gegen die Entscheidungen
des Landgerichts Duisburg als Vorinstanz gewandt.
Das
Landgericht hatte die Gewährung von
Prozesskostenhilfe abgelehnt, da die beabsichtigen Klagen
keine Erfolgsaussichten hätten. Im Berufungsverfahren eines
Feuerwehrmanns hat der Senat auf die fehlenden
Erfolgsaussichten der Berufung hingewiesen. Bereits das
Landgericht Duisburg hatte die Klage abgewiesen. A.
Beschwerden in Prozesskostenhilfeverfahren (Fall 1) Einer
Antragstellerin, die von der Haftpflichtversicherung der
Veranstalterin Lopavent GmbH bereits vorgerichtlich
Schadenersatz in Höhe von 25.000 € erhalten hatte, hat der
Senat Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung eines
weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 15.000 € sowie
materieller Schäden gegen die Veranstalterin bewilligt.
Die Klage muss nun vor dem Landgericht Duisburg
verhandelt werden. Die 36-jährige Klägerin kam beim
Besuch der Loveparade in das Gedränge im Bereich der
östlichen Rampe, verlor dort das Bewusstsein und gibt an,
eine posttraumatische Belastungsstörung und eine bis heute
nicht ausgeheilte Knieverletzung erlitten zu haben. Wie der
Senat ausführt, hafte indes - jedenfalls soweit dies im
Prozesskostenhilfeverfahren zu beurteilen sei - für die
Ansprüche der Klägerin allenfalls die Veranstalterin Lopavent
GmbH.
Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers
der Veranstalterin scheide aus Rechtsgründen aus. Eine
Haftung der Stadt Duisburg und des Landes NRW komme
gleichfalls nicht in Betracht, da vorrangig die
Veranstalterin hafte. Ansprüchen gegen das Land NRW stehe
außerdem entgegen, dass die Antragstellerin schon nicht
konkret vorgetragen habe, welche Amtspflichtverletzungen sie
der Polizei vorwerfe. (Fall 2) Aus formellen Gründen
zumindest vorläufigen Erfolg hatte eine weitere Beschwerde,
da der die Prozesskostenhilfe ablehnende Beschluss nicht von
den zuständigen Richtern bei dem Landgericht Duisburg
erlassen worden sei. Aufgrund dieses Verfahrensfehlers hat
der Senat die Entscheidung des Landgerichts Duisburg
aufgehoben. Die zuständige Zivilkammer bei dem Landgericht
Duisburg muss über den Prozesskostenhilfeantrag erneut
entscheiden. Die Erfolgsaussichten aller weiteren im
Beschwerdeverfahren gegenständlichen Klagen hat der 18.
Zivilsenat hingegen verneint: (Fall 3) Ein als Ordner
tätiger Antragsteller sei nicht in dem Gedränge selbst
eingeschlossen gewesen, sondern lediglich Zeuge des
Katastrophenereignisses geworden. Er zähle daher nicht zu den
unmittelbar betroffenen Menschen, die unter Umständen auch
für erlittene psychische Beeinträchtigungen entschädigt
werden müssten. (Fall 4) Aus denselben Gründen hat der
Senat die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Klage einer
Frau verneint, die sich auf dem Festivalgelände außerhalb des
Rampenbereichs aufgehalten hat und nicht Augenzeugin des
unmittelbaren Geschehens geworden ist. Die Klagen dreier
weiterer Antragsteller (Fälle 5-7) – eine Besucherin, ein
Besucher und ein privater Ordner – hätten gleichfalls keine
Aussicht auf Erfolg, da die Antragsteller ihre
Prozesskostenhilfeanträge erst nach Ablauf der
Verjährungsfrist bei Gericht eingereicht und ihre Ansprüche
auch vorher nicht rechtzeitig geltend gemacht hätten. Da
sie ihre Ansprüche gegenüber der Veranstalterin haben
verjähren lassen, hafte den Antragstellern auch weder die
Stadt Duisburg noch das Land NRW. Eine Haftung des
Geschäftsführers der Veranstalterin bestehe ebenfalls nicht.
B. Hinweis auf fehlende Erfolgsaussichten im
Berufungsverfahren Im Berufungsverfahren eines Feuerwehrmanns
hat der Senat den Kläger auf die voraussichtliche
Erfolglosigkeit seiner Berufung hingewiesen. Die
Veranstalterin hafte dem Kläger nicht, weil er sich nicht in
dem tödlichen Gedränge befunden habe und dort nicht zu
Schaden gekommen sei. Der Kläger sei wie ein Zeuge des
Geschehens zu behandeln, der seine psychische Schädigung
entschädigungslos hinzunehmen habe. Außerdem sei ein
eventueller Anspruch gegen die Veranstalterin verjährt. Der
Geschäftsführer der Veranstalterin und das Land NRW hafteten
dem Kläger deshalb ebenfalls nicht. Vor einer Entscheidung
des Senats hat der Kläger zunächst Gelegenheit, zu den
erteilten Hinweisen Stellung zu nehmen. Aktenzeichen OLG
Düsseldorf: (Fall 1): I-18 W 64/15, (Fall 2): I-18 W 81/15,
(Fall 3): I-18 W 67/15, (Fall 4): I-18 W 83/15, (Fall 5):
I-18 W 63/15, (Fall 6): I-18 W 79/15, (Fall 7): I-18 W 76/15,
(Berufungsverfahren): I-18 U 1/16 Düsseldorf, 22. März 2016
Übernahme Kaiser's/Tengelmann
durch Edeka: Beschwerde gegen Ministererlaubnis
Oberlandesgericht Düsseldorf, 21. März 2016 Mit
einer auf den 18. März 2016 datierenden und am gleichen Tag
bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangenen Beschwerde
wenden sich die REWE-Zentralfinanz e.G. sowie die REWE Markt
GmbH gegen die am 17. März 2016 durch den Bundesminister für
Wirtschaft und Energie erteilte Erlaubnis zur Übernahme von
Kaiser´s/Tengelmann-Filialen durch Edeka. Darüber hinaus
haben die Antragstellerinnen die "Anordnung der
aufschiebenden Wirkung" ihrer Beschwerde beantragt.
Sollte eine solche Anordnung des Gerichts ergehen, dürfte die
Übernahme trotz der vorliegenden Ministererlaubnis bis zur
abschließenden Entscheidung des Gerichts über die Beschwerde
zunächst nicht vollzogen werden. Eine Begründung der
Beschwerde und des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung ist angekündigt, liegt dem Gericht jedoch noch nicht
vor. Der für das Verfahren zuständige 1. Kartellsenat des
Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Vorsitz von Prof. Dr.
Jürgen Kühnen kann erst nach Eingang der Begründungen über
den weiteren Ablauf des Verfahrens entscheiden. Die
Pressestelle wird über den Fortgang des Verfahrens
unaufgefordert unterrichten. Aktenzeichen: VI Kart 3/16 (V)
(Antrag aufschiebende Wirkung) VI Kart 4/16 (V)
(Beschwerde)
Loveparade-Zivilverfahren: Zweifel
der Klägerinnen an Unparteilichkeit einer Richterin
nachvollziehbar Oberlandesgerichts
Düsseldorf 09. März 2016 Der 11. Zivilsenat
des sieht die von den Klägerinnen in zwei vor dem Landgericht
Duisburg zu verhandelnden Loveparade-Zivilverfahren
vorgebrachten Umstände als ausreichend an, um Zweifel an der
Unparteilichkeit der Vorsitzenden Richterin zu begründen. Der
Senat hat daher mit zwei Beschlüssen vom 3. März 2016 den
Beschwerden der Klägerinnen gegen die gegenteiligen
Entscheidungen des Landgerichts Duisburg stattgegeben.
Diese beiden Loveparade-Zivilverfahren müssen nun unter
Vorsitz eines anderen Richters geführt werden. In den beiden
Zivilverfahren nehmen die Klägerinnen mit ihren Klagen u. a.
die Stadt Duisburg aufgrund der tragischen Ereignisse bei der
Loveparade im Jahre 2010 auf Schadenersatz in Anspruch. Die
beklagte Stadt Duisburg hat ein Rechtsgutachten in die
Verfahren eingeführt, das in ihrem Auftrag von einer
Rechtsanwaltskanzlei erstattet wurde, deren Teilhaber der
Ehemann der abgelehnten Richterin ist. In dem Gutachten
wird u.a. ausgeführt, dass der Stadt Duisburg im Zusammenhang
mit den tragischen Ereignissen bei der Loveparade im Jahre
2010 keine Verletzung von Amtspflichten vorwerfbar sei. Der
11. Zivilsenat hat die Ablehnungsgesuche der Klägerinnen für
begründet erklärt. Nach den gesetzlichen Vorschriften sei es
nicht entscheidend, ob sich ein abgelehnter Richter selbst
für befangen hält. Entscheidend sei, ob die
Gesamtumstände aus Sicht der ablehnenden Partei bei
vernünftiger Betrachtung aller Umstände die Befürchtung
wecken können, der Richter stehe der Sache nicht
unvoreingenommen gegenüber. Bereits der Eindruck einer
möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und
Objektivität eines Richters sei zu vermeiden. Aus Sicht der
Klägerinnen hält der Senat die Sorge einer fehlenden
Unparteilichkeit der abgelehnten Richterin aufgrund der
Umstände des Einzelfalls zumindest für nachvollziehbar:
Für die abgelehnte Richterin könnte durch die Einführung des
Gutachtens in die Zivilverfahren bei der Urteilsfindung eine
Konfliktsituation entstehen, die ihr ein unparteiisches
Urteil erschwert. Auch wenn der Ehemann der abgelehnten
Richterin selbst an der Erstellung des Gutachtens nicht
mitgewirkt hat, sieht der Senat aufgrund der beruflichen Nähe
des Ehemanns zu den Verfassern des Gutachtens und aufgrund
seiner Eigenschaft als Partner der Kanzlei einen hinreichend
konkreten Bezug zum Verfahrensgegenstand. Vom Standpunkt
der Klägerinnen aus kann dies ein Grund sein, der die
Unvoreingenommenheit der Richterin in Frage stellt, wenn z.B.
von der Zivilkammer darüber zu entscheiden ist, ob das von
der Kanzlei des Ehemanns der Vorsitzenden Richterin erstellte
Gutachten tatsächlich und rechtlich zutreffend ist.
Aktenzeichen OLG Düsseldorf: I – 11 W 53/15 und I – 11 W
54/15 Aktenzeichen LG Duisburg: 4 O 256/14 und 4 O 413/14
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Februar 2016 |
KiTa-Gebühren - BAföG gilt als Einkommen
Hintergrundinformation: Die
Gemeinden berechnen KiTa-Gebühren, oft Eltern-Beiträge
genannt, nach unterschiedlichen Methoden. So kann zum
Beispiel eine Grundbetreuung kostenfrei sein und alles, was
über diesen Zeitrahmen hinausgeht, ist gebührenpflichtig. Die
Höhe der Gebühren richtet sich dann nach Kriterien wie der
Einkommenshöhe, der Familiengröße, der Altersgruppe des
betreuten Kindes und dem Betreuungsumfang. Nach einem anderen
Modell ist die Kinderbetreuung für Eltern mit einem Einkommen
unter einer bestimmten Grenze kostenlos, die Gebühren steigen
dann gestaffelt mit der Höhe des Einkommens. Geregelt ist das
Ganze in einer Satzung der jeweiligen Gemeinde.
Der
Fall: Ein Paar
ließ seinen Sohn tagsüber in der gemeindeeigenen
Kindertagesstätte betreuen. Dafür erhob die Gemeinde eine
Teilnahmegebühr. Die Mutter des Kindes war Studentin und
bekam BAföG, und zwar zu je 50 Prozent als Zuschuss und als
Darlehen. Die Gemeinde zählte nun zur Berechnung der
Teilnahmegebühr auch den als Darlehen gewährten Teil der
Ausbildungsförderung zum Einkommen dazu. Die Eltern setzten
sich dagegen zur Wehr, da sie das BAföG-Darlehen nicht als
Einkommensbestandteil ansahen. Das Urteil: Das
Bundesverwaltungsgericht verwies nach Informationen des
D.A.S. Leistungsservice auf Paragraph 82 des 12.
Sozialgesetzbuches. Diese Vorschrift definiert, was im
Sozialrecht als Einkommen gilt – nämlich alle Einkünfte in
Geld oder Geldeswert, die beim Empfänger zu einem Wertzuwachs
führen. Normalerweise sei ein Darlehen kein Einkommen.
Andererseits sei bei einem BAföG-Darlehen durchaus ein
Wertzuwachs vorhanden – denn der so Geförderte könne dadurch
eine gute Ausbildung erlangen und später mehr verdienen. Die
Aussicht auf diesen Mehrwert rechtfertige es, das
BAföG-Darlehen bei der Berechnung der KiTa-Gebühr als
Einkommen anzurechnen. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom
17.12.2015, Az. 5 C 8.15
Vonovia scheitert mit
Übernahmeversuch Mieterbund: Gefahr einer übergroßen
Marktmacht abgewendet 10. Februar -
Deutschlands größter Vermieter Vonovia ist mit dem Versuch,
die Deutsche Wohnen zu übernehmen gescheitert. Der Deutsche
Mieterbund (DMB) hatte die weitere Konzentration auf dem
deutschen Wohnungsmarkt abgelehnt. „Die Gefahr einer
übergroßen Marktmacht und eines entsprechend großen
politischen Einflusses ist vorerst abgewendet“, kommentierte
der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes, Lukas
Siebenkotten, den gescheiterten Übernahmeversuch von Vonovia.
„Die ‚Elefantenhochzeit‘ von Vonovia und Deutsche Wohnen
hätte weder für den Wohnungsmarkt noch für den Mieter
irgendwelche Vorteile gebracht.“
Der Deutsche
Mieterbund fordert Vonovia und Deutsche Wohnen jetzt auf,
sich endlich um die bestehenden Wohnungsmarktprobleme und die
Probleme in ihren Wohnungsbeständen zu kümmern. „Deutschlands
größte Vermieter müssen endlich in den Neubau von Wohnungen
investieren, ihre Wohnungsbestände kurzfristig und
ordnungsgemäß instandsetzen und sozialverträgliche,
bezahlbare Modernisierungen vornehmen. Wir stehen jederzeit
für Gespräche und konkrete Vereinbarungen zur Verfügung“,
sagte Siebenkotten. Die Forderungen und Erwartungen des
Deutschen Mieterbundes sind: Lokale Bestandsverwaltungen
mit kompetenten, für die Mieter/innen kostenlosen
Ansprechpartner/innen der Vonovia für alle Bereiche,
- ordnungsgemäße Instandhaltung der
Wohnungsbestände und eine schnelle Beseitigung aller
gemeldeten Mängel im Haus und in den Wohnungen, -
energetische und altengerechte Erneuerung der
Wohnungsbestände, ohne dass es zu finanziellen Überlastungen
und Verdrängungen der Mieter/innen kommt,
- die Beendigung nicht gerechtfertigter
Mieterhöhungen und Kostensteigerungen, - korrekte,
transparente und rechtzeitig belegte
Betriebskostenabrechnungen, - vertraglicher Schutz aller
Mieter/innen vor Kündigungen wegen Eigenbedarfs (im Falle
eines Weiterverkaufs) oder nicht angemessener
wirtschaftlicher Verwertung, - die Beschäftigung von
qualifiziertem Personal in ausreichender Anzahl und unter
Tarifbedingungen, - soziales Quartiersmanagement und eine
sensible Belegungspolitik unter Beteiligung der Mieter/innen
und Anwohner/innen sowie eine Zusammenarbeit mit den Kommunen
bei der sozialen Stadtentwicklung, keine Veräußerungen von
Wohnungsbeständen an Weiterverwerter oder andere
Finanzinvestoren.
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Januar 2016 |
Bundesgerichtshof: Anforderungen
an die gewerbliche Weitervermietung von Wohnraum Urteil vom
20. Januar 2016 Der Bundesgerichtshof hat sich
heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob der in
§ 565 BGB* vorgesehene Schutz des Mieters bei Anmietung der
Wohnung von einem gewerblichen Zwischenmieter auch für den
Fall der Vermietung der Wohnung durch
eineMieter-Selbsthilfegenossenschaft als Zwischenmieter an
ihre Mitglieder gilt. Der Sachverhalt: Die Kläger
sind Rechtsnachfolger ihrer Mutter als Eigentümer eines mit
einem großen Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks in Berlin
(Stadtteil Prenzlauer Berg), das während des NS-Regimes
enteignet worden war. Das Haus, in dem seit der Enteignung
weder Instandhaltungs- noch Sanierungsmaßnahmen vorgenommen
worden waren, wurde nach der Wiedervereinigung an die Mutter
der Kläger zurückübertragen. Diese hatte zuvor mit der
aus den damaligen Nutzern der Wohnungen bestehenden
Selbsthilfegenossenschaft einen Vertrag über die Nutzung,
Instandsetzung und Modernisierung des Gebäudes geschlossen.
Gemäß diesem Vertrag sollte die Genossenschaft mit Hilfe
öffentlicher Fördergelder umfangreiche Sanierungsmaßnahmen
vornehmen und für die Vertragsdauer von 20 Jahre berechtigt
sein, Mietverträge mit ihren Mitgliedern - den bisherigen
Nutzern der Wohnungen - abzuschließen. Das von der
Genossenschaft an die Mutter der Kläger zu zahlende
Nutzungsentgelt betrug 1,50 DM je qm. Weiter sah der Vertrag
die Berechtigung der Genossenschaft vor, nach Ablauf der
Vertragsdauer von 20 Jahren die bisherigen Nutzer der
Wohnungen als Mieter für die jeweils eigengenutzte Wohnung zu
benennen. Dabei sollte der Eigentümer des Hauses verpflichtet
sein, mit diesen Nutzern Mietverträge nach üblichem
Standardformular unter Vereinbarung der ortsüblichen
Vergleichsmiete abzuschließen. In der Folgezeit führte
die Genossenschaft die Sanierung des Gebäudes mit einem
Aufwand von rund vier Millionen DM durch, wobei ein Betrag
von rund 375.000 DM auf Eigenleistungen entfiel und im
Übrigen öffentliche Fördergelder verwendet wurden.
Anschließend vermietete sie die Wohnungen an ihre Mitglieder
zu Mieten zwischen 1,80 bis 2,86 € je qm. Die
Nettokaltmieten für die zwischen 53 und 159 qm großen
Wohnungen liegen dementsprechend zwischen 124 und 286 €. Nach
Ablauf der zwanzigjährigen Nutzungszeit im Jahre 2013 kam es
zwischen den Klägern und den Beklagten zu
Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die Kläger nach § 565
BGB in die zwischen der Genossenschaft und den Beklagten
abgeschlossenen Mietverträge als Vermieter eingetreten sind.
Die Beklagten meinen, dies sei der Fall und sie hätten daher
an die Kläger lediglich die vorstehend genannte bisherige
Miethöhe zu zahlen; eine Mieterhöhung sei nur in den Grenzen
des § 558 BGB** auf der Grundlage des bisherigen Mietniveaus
möglich. Ein vorprozessualer Schriftwechsel der Parteien
über einen etwaigen Neuabschluss von Mietverträgen blieb ohne
Erfolg. Die Klage, mit der die Kläger die Feststellung
begehren, dass zwischen ihnen und den Beklagten keine
Mietverträge über die jeweilige Wohnung bestehen, blieb in
den Vorinstanzen erfolglos. Die vom Bundesgerichtshof
zugelassene Revision der Kläger hatte Erfolg.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der unter anderem für das Mietrecht zuständige VIII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die
Kläger nicht gemäß § 565 BGB in die zwischen der
Genossenschaft und den Beklagten abgeschlossenen Mietverträge
eingetreten sind. § 565 BGB regelt den Fall, dass der Mieter
(hier: die Genossenschaft) nach dem Mietvertrag den
gemieteten Wohnraum gewerblich einem Dritten (hier: den
Beklagten) zu Wohnzwecken weitervermieten soll. Sie ordnet
insoweit an, dass der Vermieter bei Beendigung des
(Haupt-)Mietvertrages in den zwischen dem Mieter und dem
Dritten abgeschlossenen Mietvertrag eintritt.
Der
Senat hat entschieden, dass die Voraussetzungen für einen
solchen Eintritt der Kläger als Vermieter hier nicht gegeben
sind. Denn bei der im Hauptmietvertrag vorgesehenen
Weitervermietung an die Mitglieder der als Zwischenmieterin
handelnden Selbsthilfegenossenschaft handelt es sich entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts nicht um eine
gewerbliche Weitervermietung im Sinne des § 565 BGB. Der
Regelungszweck dieser Vorschrift zielt nicht darauf ab, den
Schutz des Mieters generell auf Fälle einer Weitervermietung
durch den Hauptmieter auszudehnen, sondern nur auf bestimmte
Sachverhalte, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der
Eigentümer im eigenen Interesse und zum Zwecke des Anbietens
der Wohnung auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt zu üblichen
Bedingungen einen Zwischenmieter einschaltet, der mit der
Weitervermietung wiederum eigene wirtschaftliche Interessen
verfolgt. In einem solchen Fall stellt § 565 BGB den
Endmieter bei Beendigung des Hauptmietvertrages so, als hätte
er die Wohnung direkt vom Vermieter angemietet und gewährt
ihm damit insbesondere auch den sozialen Kündigungsschutz.
Eine grundlegend andere Interessenlage besteht hingegen, wenn
- wie in dem vom Senat heute entschiedenen Fall - der
Vertragszweck des Hauptmietvertrages nicht die gewerbliche
Weitervermietung ist, sondern der Zwischenmieter mit der
Weitervermietung gemeinnützige, karitative oder ähnliche
Zwecke - wie hier in Gestalt der Wahrnehmung der Interessen
der eigenen Mitglieder (der Bewohner des Gebäudes) durch die
aus ihnen bestehende Selbsthilfegenossenschaft - verfolgt.
Denn die Zwischenvermietung erfolgt dann vor allem im
Interesse des Endmieters. Da der Zwischenmieter in diesem
Fall die Interessen des Endmieters in der Regel bereits bei
der Gestaltung des Hauptmietvertrags wahrnimmt, besteht nicht
die Notwendigkeit, den Mieter darüber hinaus bei Beendigung
des Hauptmietvertrages zusätzlich dadurch zu schützen, dass
der Eigentümers gemäß § 565 BGB als Vermieter in den
Mietvertrag eintritt. Vielmehr sind derartige Fälle aufgrund
des engen Verhältnisses zwischen dem Endmieter und dem
Zwischenmieter eher mit der klassischen Untermiete zu
vergleichen, in denen der Untermieter bei Beendigung des
Hauptmietvertrages ebenfalls keinen Kündigungsschutz genießt.
Im vorliegenden Fall diente die Weitervermietung nicht
der Gewinnerzielung oder sonst einem eigenen wirtschaftlichen
Interesse der Genossenschaft, sondern vielmehr dem Interesse
ihrer Mitglieder - der Bewohner des Gebäudes - und der
Verwirklichung eines Sanierungskonzeptes, das zwischen den
Interessen der Eigentümer und der bisherigen Nutzer einen
Ausgleich unter Zuhilfenahme öffentlicher Fördergelder
herbeiführen sollte. Hierbei hat die Genossenschaft bei
Abschluss des Hauptmietvertrages die Interessen ihrer
Mitglieder, nämlich der Beklagten als Endmieter,
wahrgenommen. Sie hat dafür gesorgt, dass der Wohnraum den
bisherigen Nutzern erhalten blieb und diese in der besonderen
Situation nach der Wiedervereinigung Mietverträge zu einer
ungewöhnlich niedrigen Miete erhielten. Zugleich hat sie in
dem von ihr abgeschlossenen Hauptmietvertrag Vorsorge dafür
getroffen, dass die bisherigen Nutzer auch nach Beendigung
des Hauptmietvertrages zu angemessenen Bedingungen in den
Wohnungen bleiben konnten. Bei dieser Sachlage kommt
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder eine
direkte Anwendung des § 565 BGB noch eine analoge Anwendung
dieser Vorschrift in Betracht. Da es keiner weiteren
Feststellungen bedurfte, hat der Senat unter Aufhebung des
Urteils des Berufungsgerichts in der Sache selbst entschieden
und die mit der Klage erstrebte Feststellung getroffen, dass
zwischen den Parteien mietvertragliche Beziehungen nicht
bestehen.
*§ 565 BGB - Gewerbliche Weitervermietung
(1) 1 Soll der Mieter nach dem Mietvertrag den gemieteten
Wohnraum gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken
weitervermieten, so tritt der Vermieter bei der Beendigung
des Mietverhältnisses in die Rechte und Pflichten aus dem
Mietverhältnis zwischen dem Mieter und dem Dritten ein.
2Schließt der Vermieter erneut einen Mietvertrag zur
gewerblichen Weitervermietung ab, so tritt der Mieter
anstelle der bisherigen Vertragspartei in die Rechte und
Pflichten aus dem Mietverhältnis mit dem Dritten ein. **
§ 558 BGB - Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete
(1) 1Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der
Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn
die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten
soll, seit 15 Monaten unverändert ist. 2. Das
Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der
letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. (3) 1. Bei
Erhöhungen nach Absatz 1 darf sich die Miete innerhalb von
drei Jahren, von Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560
abgesehen, nicht um mehr als 20 vom Hundert erhöhen
(Kappungsgrenze). 2. Der Prozentsatz nach Satz 1 beträgt
15 vom Hundert, wenn die ausreichende Versorgung der
Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in
einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders
gefährdet ist und diese Gebiete nach Satz 3 bestimmt sind.
3.Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete
durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens
fünf Jahren zu bestimmen. Vorinstanzen: AG Mitte - Urteil
vom 28. Mai 2014 - 118 C 519/13 LG Berlin - Urteil vom 2.
Oktober 2014 - 67 S 413/14
Bundesgerichtshof zur
Unwirksamkeit einer Formularklausel über die
Nichtberücksichtigung zukünftiger Sondertilgungsrechte bei
der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung
Urteil vom 19. Januar 2016 Der unter anderem für das
Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
hat auf die Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzvereins
entschieden, dass die Klausel in einem Darlehensvertrag
zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher, wonach
im Falle vorzeitiger Vollrückzahlung des Darlehens zukünftige
Sondertilgungsrechte des Kunden bei der Berechnung der
Vorfälligkeitsentschädigung unberücksichtigt bleiben,
unwirksam ist. Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverein,
der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen
ist. Die beklagte Sparkasse vergibt unter anderem
grundpfandrechtlich abgesicherte Darlehen an Verbraucher.
Soweit den Kreditnehmern hierbei Sondertilgungsrechte
innerhalb des Zinsfestschreibungszeitraums eingeräumt werden,
enthalten die "Besonderen Vereinbarungen" des
Darlehensvertrags die nachfolgende Bestimmung: "Zukünftige
Sondertilgungsrechte werden im Rahmen vorzeitiger
Darlehensvollrückzahlung bei der Berechnung von
Vorfälligkeitszinsen nicht berücksichtigt." Das
Landgericht hat die gegen die Verwendung dieser Klausel
gerichtete Unterlassungsklage abgewiesen, das
Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision der
Beklagten hat der XI. Zivilsenat zurückgewiesen. Die
angegriffene Klausel hält der gerichtlichen Inhaltskontrolle
nicht stand: Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB* unterliegen unter
anderem solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen der
Inhaltskontrolle, durch die von Rechtsvorschriften
abweichende Regelungen vereinbart werden. Das trifft auf die
beanstandete Klausel zu.
Die Auslegung der umfassend
formulierten Regelung ergibt, dass sie aus der maßgeblichen
Sicht eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden
jedenfalls auch bei der Berechnung einer
Vorfälligkeitsentschädigung nach § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB**
aufgrund einer außerordentlichen Kündigung des
Darlehensvertrages durch den Darlehensnehmer infolge der
Ausübung seiner berechtigten Interessen nach § 490 Abs. 2
Satz 1 BGB** Anwendung findet. Auf der Grundlage dieser
Auslegung weicht die beanstandete Klausel von gesetzlichen
Regelungen ab. Nach § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB** hat der
kündigende Darlehensnehmer dem Darlehensgeber denjenigen
Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung
entsteht.
Die Anspruchshöhe ist nach den für die
Nichtabnahmeentschädigung geltenden Grundsätzen zu ermitteln,
wonach der maßgebliche Schadensumfang den Zinsschaden und den
Verwaltungsaufwand des Darlehensgebers umfasst. Ersatzfähig
ist der Zinsschaden jedoch lediglich für den Zeitraum
rechtlich geschützter Zinserwartung des Darlehensgebers. Die
rechtlich geschützte Zinserwartung wird - unter anderem -
durch vereinbarte Sondertilgungsrechte begrenzt. Diese
begründen ein kündigungsunabhängiges Teilleistungsrecht des
Darlehensnehmers zur Rückerstattung der Valuta ohne
Verpflichtung zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.
Mit der Einräumung solcher regelmäßig an bestimmte
Voraussetzungen geknüpften Sondertilgungsrechte gibt der
Darlehensgeber von vornherein seine rechtlich geschützte
Zinserwartung im jeweiligen Umfang dieser Rechte auf. Von
diesen Grundsätzen der Bemessung der
Vorfälligkeitsentschädigung nach § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB**
weicht die beanstandete Regelung zum Nachteil des
Darlehensnehmers ab, indem dessen künftige
Sondertilgungsrechte, die die Zinserwartung der Beklagten und
damit die Höhe der von ihr im Falle einer Kündigung nach §
490 Abs. 2 Satz 1 BGB** zu beanspruchenden
Vorfälligkeitsentschädigung beeinflussen, bei der Berechnung
- generell - ausgenommen werden. Die generelle
Nichtberücksichtigung vereinbarter künftiger
Sondertilgungsrechte bei der Berechnung einer
Vorfälligkeitsentschädigung führt zu einer von der
Schadensberechnung nicht gedeckten Überkompensation der
Beklagten. Die Klausel ist deshalb mit wesentlichen
Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen
wird, unvereinbar und benachteiligt die Kunden der Beklagten
entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
Die Überkompensation wird nicht anderweit ausgeglichen oder
auch nur abgeschwächt. Die Beklagte führt auch keine Umstände
oder Erschwernisse an, die eine Außerachtlassung künftiger
Sondertilgungsrechte bei der Berechnung der
Vorfälligkeitsentschädigung rechtfertigen könnten.
Vorinstanzen: Landgericht Aurich - Urteil vom 8. November
2013 - 3 O 668/13 Oberlandesgericht Oldenburg - Urteil vom 4.
Juli 2014 - 6 U 236/13 (ZIP 2014, 2383 ff.) Karlsruhe, den
19. Januar 2016
Bundesgerichtshof zur
Facebook-Funktion "Freunde finden" Urteil vom
14. Januar 2016 - I ZR 65/14 Freunde finden Der unter
anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat
hat heute entschieden, dass die mithilfe der Funktion
"Freunde finden" des Internet-Dienstes "Facebook" versendeten
Einladungs-E-Mails an Personen, die nicht als
"Facebook"-Mitglieder registriert sind, eine
wettbewerbsrechtlich unzulässige belästigende Werbung
darstellen. Der I. Zivilsenat hat weiter entschieden,
dass "Facebook" im Rahmen des im November 2010 zur Verfügung
gestellten Registrierungsvorgangs für die Funktion "Freunde
finden" den Nutzer über Art und Umfang der Nutzung von ihm
importierter Kontaktdaten irregeführt hat.
Der Kläger
ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen
und Verbraucherverbände in Deutschland. Die in Irland
ansässige Beklagte betreibt in Europa die Internet-Plattform
"Facebook". Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der
Gestaltung der von ihr bereit gestellten Funktion "Freunde
finden", mit der der Nutzer veranlasst wird, seine
E-Mail-Adressdateien in den Datenbestand von "Facebook" zu
importieren, und wegen der Versendung von Einladungs-E-Mails
an bisher nicht als Nutzer der Plattform registrierte
Personen auf Unterlassung in Anspruch. Der Kläger sieht
in dem Versand von Einladungs-E-Mails an nicht als Nutzer der
Plattform registrierte Personen eine den Empfänger
belästigende Werbung der Beklagten im Sinne von § 7 Abs. 1
und 2 Nr. 3 UWG*. Er macht ferner geltend, die Beklagte
täusche die Nutzer im Rahmen ihres Registrierungsvorgangs in
unzulässiger Weise darüber, in welchem Umfang vom Nutzer
importierte E-Mail-Adressdateien von "Facebook" genutzt
würden. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die
Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Der Bundesgerichtshof hat
die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Einladungs-E-Mails von
"Facebook" an Empfänger, die in den Erhalt der E-Mails nicht
ausdrücklich eingewilligt haben, stellen eine unzumutbare
Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG
dar. Die Einladungs-E-Mails sind Werbung der Beklagten, auch
wenn ihre Versendung durch den sich bei "Facebook"
registrierenden Nutzer ausgelöst wird, weil es sich um eine
von der Beklagten zur Verfügung gestellte Funktion handelt,
mit der Dritte auf das Angebot von "Facebook" aufmerksam
gemacht werden sollen.
Die Einladungs-E-Mails werden
vom Empfänger nicht als private Mitteilung des
"Facebook"-Nutzers, sondern als Werbung der Beklagten
verstanden. Durch die Angaben, die die Beklagte im November
2010 bei der Registrierung für die Facebook-Funktion "Freunde
finden" gemacht hat, hat die Beklagte sich registrierende
Nutzer entgegen § 5 UWG** über Art und Umfang der Nutzung der
E-Mail-Kontaktdaten getäuscht. Der im ersten Schritt des
Registrierungsvorgangs eingeblendete Hinweis "Sind deine
Freunde schon bei Facebook?" klärt nicht darüber auf, dass
die vom Nutzer importierten E-Mail-Kontaktdaten ausgewertet
werden und eine Versendung der Einladungs-E-Mails auch an
Personen erfolgt, die noch nicht bei "Facebook" registriert
sind. Die unter dem elektronischen Verweis "Dein Passwort
wird von Facebook nicht gespeichert" hinterlegten
weitergehenden Informationen können die Irreführung nicht
ausräumen, weil ihre Kenntnisnahme durch den Nutzer nicht
sichergestellt ist. Vorinstanzen: KG Berlin - Urteil vom
24. Januar 2014 - 24 U 42/12 LG Berlin - Urteil vom 6.
März 2012 - 16 O 551/10 Karlsruhe, 14. Januar 2016 *§ 7
UWG: (1) Eine geschäftliche Handlung, durch die ein
Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist
unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, obwohl
erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese
Werbung nicht wünscht. (2) Eine unzumutbare Belästigung
ist stets anzunehmen 1. […] 3. bei Werbung unter Verwendung
einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder
elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche
Einwilligung des Adressaten vorliegt […] **§ 5 UWG: (1)
Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche
Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder
sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen
Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht
getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend,
wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung
geeignete Angaben […] enthält: […]
Bundesgerichtshof: Zur Haftung des
Reiseveranstalters für Zusatzleistungen am Urlaubsort -
Urteil vom 12. Januar 2016 – X ZR 4/15 12.
Januar 2016 - Die Kläger begehren von der beklagten
Reiseveranstalterin (V.) Schmerzensgeld wegen Verletzungen
bei einem Unfall, der sich auf einer Ausflugsfahrt am
Urlaubsort ereignete. Die Kläger buchten bei der Beklagten
eine Pauschalreise nach Burgas in Bulgarien für den Sommer
2013.
Am Urlaubsort erhielten sie von der Beklagten
eine Begrüßungsmappe mit einem Blatt, auf dem unter dem Logo
der Beklagten und der Überschrift "Ihr Ausflugsprogramm"
verschiedene Veranstaltungen, unter anderem eine "Berg und
Tal: Geländewagen-Tour", angeboten wurden. Unter der
Auflistung wurde darauf hingewiesen, dass die Beklagte
lediglich als Vermittler für die von der örtlichen
Ausflugsagentur organisierten Ausflüge fungiere und die
Ausflüge auch per SMS oder per E-Mail reserviert werden
könnten, gefolgt von der fettgedruckten Aufforderung
"Reservieren Sie bei Ihrer V.-Reiseleitung!".
Die
Kläger buchten die auch als "Jeep-Safari" angebotene
Geländewagentour beim Reiseleiter der Beklagten. Während des
Ausflugs kam es zu einem Unfall, bei dem die Kläger verletzt
wurden. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, da die
Beklagte die Geländewagentour nicht veranstaltet, sondern nur
vermittelt habe. Der Hinweis auf die Vermittlerrolle der
Beklagten, verbunden mit einer Buchungsmöglichkeit mittels
einer bulgarischen Mailadresse habe deutlich gemacht, dass
diese nur als Vermittler für einen mit der örtlichen
Ausflugsagentur zu schließenden Vertrag habe fungieren
wollen.
Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen
Revision haben die Kläger ihre Ansprüche weiterverfolgt. Der
unter anderem für das Reiserecht zuständige X. Zivilsenat hat
das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das
Berufungsgericht zurückverwiesen. Für die Frage, ob das
Reiseunternehmen nur als Vermittler tätig wird oder die
eigenverantwortliche Stellung als Vertragspartner einnimmt,
kommt es auf den Gesamteindruck an, den der Reisende bei der
Vertragsanbahnung gewinnt. Hiernach hat die Beklagte die
Stellung eines Vertragspartners eingenommen. Bereits das
Einfügen des Ausflugsprogramms in eine Begrüßungsmappe der
Beklagten, dessen Aufmachung mit dem Logo "V." der Beklagten
und die Überschrift "Ihr Ausflugsprogramm" weisen auf ein
Angebot der Beklagten hin, das diese als fakultativen
Bestandteil der Gesamtreiseleistung zusammengestellt und
eigenverantwortlich organisiert hat. Weiterhin deutet die
Aufforderung, einen Ausflug bei der Reiseleitung zu buchen,
auf die Beklagte als Vertragspartner hin. Demgegenüber tritt
der Hinweis auf eine Vermittlerrolle wegen der dafür
gewählten kleinen Schriftgröße und seiner inhaltlichen
Einbettung in den Text zurück. Die für eine weitere
Buchungsmöglichkeit angegebene Mailadresse mit einer auf
Bulgarien hinweisenden Top-Level-Domain und einem vom Namen
der Beklagten abweichenden Domainnamen ließen für den
Reisenden jedenfalls nicht eindeutig einen anderen
Vertragspartner als die Beklagte für die Ausflüge erkennen.
Das Berufungsgericht wird hiernach Unfallhergang und -folgen
aufzuklären haben. Vorinstanzen: LG Duisburg
– Urteil vom 19. Mai 2014 – 2 O 3/14 OLG Düsseldorf –
Urteil vom 16. Dezember 2014 – 21 U 99/14 Karlsruhe, den
12. Januar 2016
Bundesverband der
Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände gegen Facebook
Verhandlungstermin 14. Januar 2016, 9.00
Uhr, in Sachen I ZR 65/14 (Facebook) 11. Januar 2016 -
Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und
Verbraucherverbände in Deutschland. Die Beklagte betreibt in
Europa die Internet-Plattform "Facebook". Der Kläger
nimmt die Beklagte unter anderem wegen der Gestaltung der von
ihr bereit gestellten Funktion "Freunde finden", mit der der
Nutzer veranlasst wird, seine E-Mail-Adressdateien in den
Datenbestand von "Facebook" zu importieren, und wegen der
Versendung von Einladungs-E-Mails an bisher nicht als Nutzer
der Plattform registrierte Personen auf Unterlassung in
Anspruch.
Der Kläger sieht in dem Versand von
Einladungs-E-Mails an nicht als Nutzer der Plattform
Registrierte eine den Empfänger belästigende Werbung der
Beklagten im Sinne von § 7 Abs. 1 und 2 Nr. 3 UWG*. Er macht
ferner geltend, die Beklagte enthalte den Nutzern im Rahmen
ihres Registrierungsprozesses Informationen hinsichtlich der
mit dem Import der E-Mail-Adressdateien verbundenen
Datennutzung vor. Informationen zur Funktionsweise der
Anwenderoption "Freunde finden" fänden sich erst in einem
Pop-Up-Fenster, zu dem der Nutzer bei der Registrierung nicht
zwingend geführt werde. Die Beklagte informiere zudem nicht
darüber, dass auch auf Daten von Kontakten des Nutzers
zugegriffen werde, die Personen beträfen, die nicht
Mitglieder bei Facebook seien. Hiermit verstoße die Beklagte
unter anderem gegen §§ 5**, 5a UWG und gegen § 4 Nr. 11 UWG
in Verbindung mit § 28 BDSG***. Das Landgericht hat der
Klage stattgegeben. Das Kammergericht hat die Berufung der
Beklagten zurückgewiesen. Es hat angenommen, die an nicht bei
"Facebook" registrierte Personen versandten
Einladungs-E-Mails stellten keine privaten Mitteilungen,
sondern mangels vorheriger Einwilligung der Adressaten
unzulässige Werbemaßnahmen der Beklagten dar. Durch die vom
Kläger angegriffene Gestaltung der "Freunde finden"-Funktion
würden unter anderem die sich registrierenden Nutzer
irregeführt und zur Preisgabe ihrer E-Mail-Adressdaten
veranlasst. Die Beklagte nutze zudem die
E-Mail-Adressdaten zu Werbezwecken, ohne dass die Nutzer
hierin anlässlich der Aktivierung der "Freunde finden" -
Funktion wirksam eingewilligt hätten. Mit der insoweit vom
Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren
Klageabweisungsantrag weiter.
*§ 7 UWG lautet:
(1) Eine geschäftliche Handlung, durch die ein
Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist
unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, obwohl
erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese
Werbung nicht wünscht. (2) Eine unzumutbare Belästigung
ist stets anzunehmen 1. […] 3. bei Werbung unter
Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines
Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige
ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt […]
**§ 5 UWG lautet: (1) Unlauter handelt, wer eine irreführende
geschäftliche Handlung vornimmt. Eine geschäftliche Handlung
ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder
sonstige zur Täuschung geeignete Angaben […] enthält: […] ***
§ 28 BDSG lautet: (1) […] (3) Die Verarbeitung oder
Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke des Adresshandels
oder der Werbung ist zulässig, soweit der Betroffene
eingewilligt hat und im Falle einer nicht schriftlich
erteilten Einwilligung die verantwortliche Stelle nach Absatz
3a verfährt. […] Vorinstanzen: LG Berlin - Urteil vom 6.
März 2012 - 16 O 551/10, K&R 2012, 300 KG Berlin - Urteil vom
24. Januar 2014 - 24 U 42/12, K&R 2014, 280
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