Duisburg, 13. März 2022 - Dass in
Deutschland ein Fachkräftemangel herrscht, ist bereits seit
einiger Zeit bekannt. Doch eine aktuelle Studie der
Bertelsmann-Stiftung offenbart jetzt, wie schlimm die Lage
wirklich ist: Zwei Drittel der Unternehmen leiden unter
Personalengpässen. Besonders prekär ist die Lage auf der
mittleren Qualifikationsebene. Welche Branchen sind
besonders betroffen? Und was bedeutet das für Arbeitnehmer?
So sieht die Lage aus
Inzwischen herrscht in ganz Deutschland – regional und
in bestimmten Branchen – ein Mangel an qualifiziertem
Personal. Dabei gibt es Bundesländer, die stärker und
Bundesländer, die weniger betroffen sind. Insbesondere das
wirtschaftsstarke Bundesland Bayern klagt über Fachkräfte.
Aber auch in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt
es großen Bedarf. In Berlin, Bremen und dem Saarland zeigen
sich die Ausmaße noch nicht so stark.
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll Lücken schließen,
wobei auch dem Thema Weiterbildung eine große Bedeutung
beigemessen wird. Diese gilt neben der Anwerbung von
Fachkräften aus dem Ausland als eine der drei Säulen der
Fachkräftestrategie der Bundesregierung. Nicht immer müssen
Arbeitnehmer selbst für die Kosten einer Weiterbildung
aufkommen. Gute
Finanzierungsmöglichkeiten für eine berufliche
Qualifizierung bietet zum Beispiel der
Bildungsgutschein. Wer die Voraussetzungen für diesen nicht
erfüllt, findet einige Alternativen wie die Bildungsprämie
oder den Bildungsscheck. Eine weitere Möglichkeit ist die
Förderung über das Qualifizierungschancengesetz.
Welche Chancen bietet der Fachkräftemangel Arbeitnehmern?
Es besteht ein großer Unterschied zwischen
Fachkräftemangel und Arbeitskräftemangel: Ein
Fachkräftemangel besteht dann, wenn eine große Anzahl an
Arbeitsplätzen nicht besetzt werden kann, weil es auf dem
Arbeitsmarkt nicht ausreichend geeignete bzw. qualifizierte
Kandidaten gibt. Im Gegensatz dazu übersteigt bei einem
Arbeitskräftemangel grundsätzlich die Nachfrage das Angebot.
Was für Unternehmen und die Wirtschaft ein großes Problem
darstellt, bedeutet günstige Zeiten für Arbeitnehmer. Diese
können die Gelegenheit nutzen, ihre Qualifikationen zu
erweitern oder beispielsweise umzuschulen um in einem
Engpassberuf Fuß zu fassen. Immerhin gestaltet sich der
Quereinstieg in verschiedene Branchen durch den anhaltenden
Fachkräftemangel leichter.
Arbeitnehmer, die derzeit auf Jobsuche sind oder sich
beruflich umorientieren möchten, sollten sich vorab
informieren, in welchen Branchen der Fachkräftemangel
besonders groß ist. So bietet es sich etwa an, sich vom
Altenpflegehelfer zum Altenpfleger weiterbilden zu lassen.
Auch
Pflegefachfrau ist ein Beruf mit Zukunft. Die
Generalistische Pflegeausbildung ist sehr vielseitig
gestaltet, so dass man zum echten Allroundtalent in der
Pflege wird. Das bedeutet im Umkehrschluss eine große
Flexibilität bei der späteren Jobsuche.
Hier werden Fachkräfte besonders händeringend gesucht
Eine kürzlich durchgeführte Studie des Instituts der
Deutschen Wirtschaft deckt auf, wo der Mangel an
qualifiziertem Personal besonders groß ist.
Insbesondere die folgenden drei Berufsfelder leiden unter
einem Fachkräftemangel:
• Berufe, welche traditionell von Männern bzw. Frauen
ausgeübt werden
• Frauentypische Berufe im
Gesundheitsbereich (zum Beispiel Altenpflege)
• Männertypische Berufe im
gewerblich-technischen sowie im naturwissenschaftlichen
Bereich (zum Beispiel in der Ver- und Entsorgung sowie im
Tiefbau)
Was bedeutet das konkret?
Bereits seit einigen Jahren mangelt es in den so genannten
MINT-Berufen an Fachkräften. Damit sind Berufe in den
Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und
Technik gemeint. Grund dafür ist zum einen, dass bei diesen
Berufen meistens eine umfangreiche, jahrelange Ausbildung
notwendig ist. Zum anderen handelt es sich um Branchen, die
nach wie vor wenig attraktiv für Frauen sind. Auch die
Tatsache, dass MINT-Berufe oftmals einen hohen Grad an
Spezialisierung erfordern, trägt zum Mangel an
qualifiziertem Personal bei. Während die IT-Branche stetig
wächst, wird der IT-Fachkräftemangel umso deutlicher:
Unternehmen suchen vor allem nach gut ausgebildeten
IT-Spezialisten, schließlich werden immer mehr Aufgaben
komplett oder mit der Hilfe von Informationstechnologie
bearbeitet. Data-Analysten und App-Entwickler gehören zu den
Weiterbildungsmöglichkeiten, bei denen die Chancen auf eine
Anstellung besonders hoch sind.
Ebenso gegenwärtig ist der Fachkräftemangel in der Pflege,
wobei der demografische Wandel und die Weiterentwicklung des
Gesundheitswesens einen großen Beitrag dazu leisten. Weil
viele Lehrstellen in der Pflege unbesetzt bleiben, ist der
Bedarf an Arbeitskräften in der Gesundheits- und
Pflegebranche anhaltend hoch. Laut Hochrechnungen werden bis
2035 knapp 500.000 Stellen unbesetzt sein. Durch die
Corona-Krise hat sich die Situation noch verschärft. Wer
bereits in der Pflegebranche arbeitet, kann verschiedene
Möglichkeiten der Weiterbildung nutzen. Zu diesen gehören
Fachwirt/in im Gesundheits- und Sozialwesen,
Anästhesie/Intensivpflege, Alltagsbeleiter/in nach § 87 b
SGB XI sowie Fachwirt/in in der Alten- und Krankenpflege.
Auch die Bau- und Industrie-Branche klagt über viele
unbesetzte Stellen. Im DIHK-Arbeitsmarktreport (Deutscher
Industrie- und Handelskammertag) wurden deutschlandweit mehr
als 21.000 Unternehmen gefragt „Können Sie Stellen
längerfristig nicht besetzen, weil Sie keine passenden
Arbeitskräfte finden?“. Mehr als 60 % der im Bau ansässigen
Unternehmen bejahten diese Frage, ebenso 53 % der befragten
Industrieunternehmen, 49 % der im Dienstleistungsgewerbe
sowie 40 % der im Handel tätigen Firmen. Gesucht wird
beispielsweise in den Berufsfeldern Mechatronik und
Automatisierungstechnik, Energietechnik, Elektrotechnik,
Technisches Zeichnen/Konstruktion/Modellbau sowie Hoch- und
Tiefbau.
Rekrutierung von ausländischen Fachkräften wenig
hoffnungsvoll
Auch wenn die Bundesregierung auf Fachkräfte aus dem
Ausland hofft, sehen Unternehmen ihre Chancen eher in
inländischen Arbeitnehmern. Für sie spielen die Ausbildung
um eigenen Betrieb, Modelle zur Vereinbarkeit von Familie
und Beruf als auch Weiterbildungsmöglichkeiten eine weitaus
wichtigere Rolle. Vor allem Sprachbarrieren, die schwierige
Einschätzung ausländischer Qualifikationen und falsche
Vorstellungen der Bewerber sorgen für die Zurückhaltung bei
der Anstellung ausländischer Mitarbeiter.
Weiterbildung als wichtige Säule im Kampf gegen den
Fachkräftemangel
Zwar haben Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch für eine
Weiterbildung durch den Arbeitgeber. Aufgrund des
anhaltenden Fachkräftemangels sehen heutzutage jedoch immer
mehr Unternehmen die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter als
wichtiges Erfolgskriterium an. Um zu vermeiden, dass andere
Unternehmen Mitarbeiter abwerben, sind sie bereit, ihren
Arbeitnehmern mehr Qualifizierungsangebote zu unterbreiten.
Unterstützt werden sie bei diesem Vorhaben durch das
Qualifizierungschancengesetz. Das 2019 in Kraft getretene
Gesetz bietet Zuschüsse zu Weiterbildungskosten sowie
Zuschüsse zur Lohnfortzahlung während der Weiterbildung. Die
Höhe der Förderung richtet sich nach der Unternehmensgröße.
Eine Besonderheit des Gesetzes: Soll die berufliche
Weiterbildung in einem Engpassberuf – also einem Beruf mit
Fachkräftemangel – erfolgen, stehen die Chancen für eine
Förderung besonders gut.
Wenig später wurde mit dem Arbeit-von-morgen-Gesetz nochmal
nachgebessert. Das Gesetz zur Förderung der beruflichen
Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung
der Ausbildungsförderung enthält unter anderem eine
Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung. Unternehmen
können jetzt bis zu 100 % der Weiterbildungskosten und bis
zu 90 % der Lohnfortzahlungskosten bezuschussen lassen. Für
Unternehmen bringt dies die Chance mit sich, weniger
qualifizierte Bewerber einzustellen, um diesen dann später
die Möglichkeit zum Erwerb weiterer Qualifikationen zu
bieten.
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