Neue
Werte des IMK Inflationsmonitors
Düsseldorf/Duisburg, 16. Dezember 2023 - Die Inflationsrate
in Deutschland ist im November auf 3,2 Prozent gesunken.
Damit war die Teuerung einerseits immer noch deutlich höher
als von der Europäischen Zentralbank (EZB) in ihrer
Zielinflationsrate angestrebt, andererseits fast sechs
Prozentpunkte niedriger als ein Jahr zuvor. Ebenfalls
relativ niedrig ist aktuell die Spanne der
Inflationsbelastung zwischen verschiedenen Haushaltstypen,
die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden.
Der Unterschied zwischen der höchsten und der niedrigsten
haushaltsspezifischen Rate betrug im November 0,6
Prozentpunkte, während es 3,1 Prozentpunkte im Oktober 2022
und im März 2023 noch 2,4 Prozentpunkte waren. Den dritten
Monat seit Beginn der drastischen Teuerungswelle waren im
November ärmere Haushalte, unabhängig von ihrer Größe, nicht
mehr am oberen Rand der haushaltsspezifischen
Inflationsraten zu verorten, sondern nun am unteren Ende.
Familien mit niedrigen Einkommen hatten im November eine
Inflationsrate von 2,4 Prozent zu tragen, bei Alleinlebenden
mit niedrigen Einkommen waren es 2,5 Prozent.
Da ärmere Singles und ärmere Familien über den größeren Teil
des Jahres 2023 mit zum Teil deutlich überdurchschnittlichen
Teuerungsraten konfrontiert waren, dürfte trotzdem auch ihre
Jahresrate ebenfalls überdurchschnittlich ausfallen. In den
kommenden Monaten dürfte sich der Trend zu sinkenden
Inflationsraten fortsetzen, allerdings unterbrochen durch
einen zeitweiligen Ausschlag nach oben im Dezember und
möglicherweise im Januar, prognostizieren Dr. Silke Tober
und Prof. Dr. Sebastian Dullien im neuen IMK
Inflationsmonitor, den das Institut für Makroökonomie und
Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung
vorlegt.*
Die Inflationsexpertin und der
wissenschaftliche Direktor des IMK berechnen seit Anfang
2022 jeden Monat spezifische Teuerungsraten für neun
repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter
der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden.
Ärmere Haushalte waren während der
aktuellen Teuerungswelle bis in den Herbst hinein besonders
stark durch die Inflation belastet, weil sie einen großen
Teil ihres schmalen Budgets für Güter des Grundbedarfs wie
Nahrungsmittel und Haushaltsenergie ausgeben müssen. Diese
waren die stärksten Preistreiber. Im Laufe der letzten
Monate hat die Preisdynamik aber vor allem bei der Energie
deutlich nachgelassen, so dass sich die
einkommensspezifischen Differenzen seit dem Höhepunkt im
Oktober 2022 stark verändert haben. Damals hatten Familien
mit niedrigen Einkommen die höchste Inflationsrate im
Haushaltsvergleich mit 11,0 Prozent.
Dagegen waren es bei Alleinlebenden mit
sehr hohen Einkommen 7,9 Prozent. Doch auch wenn die
Inflationsraten seitdem stark gesunken sind und die Werte
für die verschiedenen Haushalte sich angenähert haben, wird
das Problem steigender Preise vor allem für Menschen mit
niedrigen Einkommen dadurch verschärft, dass viele nur
geringe finanzielle Rücklagen haben und die Alltagsgüter,
die sie vor allem kaufen, kaum zu ersetzen sind.
Dass die allgemeine Inflationsrate von
Oktober auf November um 0,6 Prozentpunkte zurückgegangen
ist, liegt unter anderem daran, dass die Energiepreise
niedriger lagen. Zudem verteuerten sich Lebensmittel zwar
noch einmal um knapp sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr,
das stellt aber eine weitere Verlangsamung gegenüber den
Monaten zuvor dar.
Die nachlassende Preisdynamik, die über
den Grundbedarf hinaus viele andere Güter und
Dienstleistungen betraf, wirkte sich auch bei den übrigen
untersuchten Haushaltstypen aus, allerdings weniger stark
als bei den ärmeren: So betrug die Preissteigerung bei
Paaren mit Kindern und hohen Einkommen im November 3,0
Prozent, bei Paaren ohne Kinder mit mittleren Einkommen und
bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen je 2,9 Prozent.
Paare mit Kindern und mittleren Einkommen
waren mit 2,8 Prozent Teuerungsrate konfrontiert. Singles
mit mittleren und mit höheren Einkommen verzeichneten
Inflationsraten von jeweils 2,6 Prozent. Bei
Alleinerziehenden mit mittleren Einkommen schlug die
Inflation mit 2,5 Prozent zu Buche (siehe auch die Abbildung
in der pdf-Version). Dass aktuell die spezifischen
Inflationsraten der einzelnen Haushaltstypen etwas unter der
allgemeinen Rate liegen, beruht darauf, dass das IMK bei der
Gewichtung der Warenkörbe die repräsentative Einkommens- und
Verbrauchsstichprobe (EVS) heranzieht, während das
Statistische Bundesamt seit Jahresanfang auf die
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zurückgreift.
Ab März zügiger Rückgang Richtung
zwei Prozent Teuerungsrate
Für die kommenden Monate erwarten Tober
und Dullien einen weiteren Rückgang der Inflationsrate,
wobei der Dezember wegen der staatlichen Abschlagsübernahme
für Erdgas- und Fernwärme-Haushalte im Vorjahr einen
Ausreißer darstellen wird. Im Januar dürfte sich die Tendenz
zu einer sinkenden Teuerung zunächst abschwächen,
analysieren die Fachleute. Bremsend wirkten zum Jahresanfang
die Normalisierung des Mehrwertsteuersatzes auf Speisen in
Gaststätten sowie die Anhebung des CO2-Preises.
Das Auslaufen der Energiepreisbremsen zum Jahresende und die
Wiederanhebung der Mehrwertsteuer bei Gas und Fernwärme
voraussichtlich zu Ende Februar dürften im ersten Quartal
den weiteren Rückgang der Inflation ebenfalls verzögern. Ab
März „wird sich die Inflationsrate aber zügig in Richtung
zwei Prozent bewegen“, betonen Tober und Dullien. Denn die
hohen Preissteigerungen der Vergangenheit fallen sukzessive
aus der Inflationsberechnung, die Entwicklung der Gas- und
Strompreis dürfte dämpfend wirken.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der
wirtschaftlichen Schwäche im Euroraum und insbesondere in
Deutschland werde immer deutlicher, dass die EZB mit ihren
starken Leitzinserhöhungen überzogen agiert habe: „Da sich
die Zweitrundeneffekte durch erhöhte Lohnsteigerungen in
Grenzen halten und im kommenden Jahr zurückbilden dürften,
war die konjunkturschädliche geldpolitische Restriktion zur
Inflationsbekämpfung nicht nur unnötig, sondern erschwert
zudem klimapolitisch erforderliche Investitionen und
riskiert mittelfristig ein Unterschreiten des
Inflationsziels“, schreiben Tober und Dullien.
Informationen zum
Inflationsmonitor
Für den IMK Inflationsmonitor werden auf
Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des
Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte
typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten,
wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen –
von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin
zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel
ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung
errechnen.
Die Daten zu den Haushaltseinkommen
stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden
neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte
mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem
(3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem
Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit
einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen;
Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem
(1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr
als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte
ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen
3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird
monatlich aktualisiert.
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