Neue Daten
Düsseldorf/Duisburg, 13. Mai 2023 - Die Inflationsrate in
Deutschland ist im April gegenüber März nur wenig gesunken
und war mit 7,2 Prozent weiterhin sehr hoch. Die sozialen
Unterschiede bei der Teuerung haben sich spürbar
verkleinert, sie machen gleichwohl noch fast zwei
Prozentpunkte aus. So hatten Alleinlebende mit niedrigen
Einkommen im April mit 8,1 Prozent die größte
Inflationsbelastung zu tragen, Alleinlebende mit sehr hohen
Einkommen mit 6,2 Prozent die niedrigste.
Die soziale Spreizung bei der haushaltsspezifischen
Inflation betrug damit 1,9 Prozentpunkte, nachdem es im März
2,4 Prozentpunkte waren. Dass ärmere Haushalte besonders
stark durch die Inflation belastet sind, liegt daran, dass
die nach wie vor wichtigsten Preistreiber, Haushaltsenergie
und Nahrungsmittel, in ihren Warenkörben ein besonders hohes
Gewicht haben. Allerdings hat die Preisdynamik bei diesen
Gütern des Grundbedarfs gegenüber anderen Waren und
Dienstleistungen zuletzt nachgelassen. Deshalb haben sich
die Raten im April stärker angenähert als in den Vormonaten.
Das ergibt der neue IMK Inflationsmonitor des Instituts für
Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der
Hans-Böckler-Stiftung.*
Die IMK-Inflationsexpertin Dr. Silke Tober und IMK-Direktor
Prof. Dr. Sebastian Dullien berechnen darin seit Anfang 2022
jeden Monat die spezifischen Teuerungsraten für neun
repräsentative Haushaltstypen. Am größten war die soziale
Differenz bei den Inflationsraten bislang im Oktober 2022
mit 3,1 Prozentpunkten.
Eine überdurchschnittlich hohe
Teuerungsrate mussten im April auch Familien mit niedrigen
Einkommen schultern (7,6 Prozent). Sie hatten zwischen
Februar 2022 und Februar 2023 durchgehend die höchste
Inflationsbelastung unter allen Haushaltstypen aufgewiesen,
in den ersten beiden Monaten 2023 zusammen mit
einkommensarmen Alleinlebenden. Dass die ärmeren Familien
nun nicht mehr ganz so stark hervorstechen, beruht auf
zuletzt rückläufigen Kraftstoffpreisen. Diese schlagen sich
rechnerisch im Ausgabenportfolio von Familien spürbar
nieder.
Arme Alleinstehende besitzen hingegen
selten ein Auto, weshalb ihre Inflationsrate weniger
zurückging. Die übrigen untersuchten Haushaltstypen lagen im
April bei oder relativ nahe an der allgemeinen
Inflationsrate. Das gilt für Alleinerziehende sowie für
Alleinlebende und kinderlose Paare mit jeweils mittleren
Einkommen, die 7,2 Prozent bzw. 7,1 Prozent Teuerungsrate
verzeichneten. Bei Familien mit mittleren Einkommen schlug
die Inflation mit 7,0 Prozent zu Buche.
Alleinlebende mit höherem Einkommen und
Familien mit hohen Einkommen hatten Inflationsraten von 6,9
bzw. 6,8 Prozent (siehe auch die Informationen zur Methode
unten und die Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link
unten). Trotz des nachlassenden Drucks bei den Preisen für
Haushaltsenergie und Lebensmitteln spielen diese
Kostenfaktoren für Haushalte mit niedrigeren Einkommen
weiterhin eine große Rolle, wie der Detailvergleich zeigt.
Bei ärmeren Alleinlebenden trugen sie im April 5,5
Prozentpunkte zu 8,1 Prozent haushaltsspezifischer
Inflationsrate bei.
Bei Familien mit niedrigeren Einkommen
summierten sie sich auf 5,2 Prozentpunkte, bei Familien mit
zwei Kindern und mittleren Einkommen immerhin noch auf 3,9
Prozentpunkte. Das Problem wird vor allem für Haushalte mit
niedrigen Einkommen dadurch verschärft, dass die
Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, kaum zu ersetzen
sind und viele nur geringe finanzielle Rücklagen haben. Bei
Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen trugen
Nahrungsmittel und Haushaltsenergie hingegen lediglich 2,2
Prozentpunkte zur Inflationsrate von 6,2 Prozent bei. Bei
ihnen wie den Haushalten mit höheren Einkommen waren dagegen
beispielsweise die deutlich gestiegenen Preise für
Pauschalreisen ein spürbarer Faktor bei der spezifischen
Teuerung.
Für die kommenden Monate erwarten die Fachleute des IMK eine
weitere leichte Entspannung bei der Preisentwicklung.
Dullien und Tober rechnen damit, dass mittlerweile auch die
sogenannte Kernrate der Inflation – die Teuerung ohne
Energie und Nahrungsmittel – ihren Höhepunkt erreicht hat.
Das liege daran, dass die Preisschocks bei der Energie die
Produktions- und Transportkosten nahezu aller Güter und
Dienstleistungen verteuert haben, was zeitversetzt
geschieht.
Dieser Prozess könnte aber weitgehend abgeschlossen sein,
schätzen die Fachleute: Mittlerweile dürften die
Preisschocks „weitgehend in der Kernrate enthalten sein,
sodass bei hinreichendem Wettbewerb in den kommenden Monaten
Entspannung und teilweise auch Preisrückgänge zu erwarten
wären“, schreiben die Forschenden. Im Zuge dieser
Normalisierung dürften sich auch die „teilweise überhöhten
Gewinnmargen“ zurückbilden, die etliche Unternehmen im
Windschatten von Lieferengpässen und allgemein starken
Preissteigerungen aufgeschlagen haben. – Informationen zum
Inflationsmonitor – Für den IMK Inflationsmonitor werden auf
Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des
Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte
typischen Konsummuster ermittelt.
So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene
Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten,
Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und
Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die
haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten
zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS.
Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative
Haushaltstypen betrachtet:
Paarhaushalte mit zwei Kindern und
niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro),
höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem
Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit
einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen;
Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem
(1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr
als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte
ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen
3600 und 5000 Euro monatlich.
Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.
*Sebastian Dullien, Silke Tober IMK Inflationsmonitor
–Inflationsunterschiede zwischen Haushalten im April 2023
deutlich geringer, Haushaltsenergie verteuert sich weiterhin
am stärksten. IMK Policy Brief Nr. 150, Mai 2023
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