Duisburg, 20. April 2017 - Nach
der
'TaskForce Problemimmobilien', eine sinnvolle und
absolut notwendige, und
rechtlich bestätigte, Einrichtung der Stadt Duisburg,
wendet sich die WAZ in einem 'reißerischen', und anscheinend
erneut schlecht recherchierten, Artikel 'unter
Bild-Zeitungsniveau' gegen den Zoo Duisburg. Dieser
regiert nachfolgend mit einem 'offenen Brief'.
Offener Brief an die WAZ, betreffend den Artikel
„Artenschutz oder Tierquälerei?“ vom 13.4.2017
Sehr geehrter Herr Schmeer, in der
Duisburger Ausgabe der WAZ sind zwei Artikel von ihrer
Kollegin Frau Reichard erschienen, die deutliche
Recherchemängel aufzeigen. In diesem offenen
Leserrief möchte ich mich gerne zu diesen äußern.
Alina Reichardt schreibt in der WAZ vom 13.4.2017 einen
Artikel mit dem Titel „Artenschutz oder
Tierquälerei?“. Hierbei geht es um die
Elefantenhaltung in Zoos.
Schon die
Bildunterschrift ist schlichtweg falsch und kündigt einen
reißerischen Artikel an. „Pfleger im Zoo
Hannover setzen spitze Haken ein, um Elefanten zu dressieren
– das ist erlaubt.“ Nein, das ist es nicht.
Laut
Tierschutzgesetz darf keinem Tier Schmerz, Leiden oder
Schaden zugefügt werden. Aus diesem Grund ist der
Elefantenhaken, oder auch Ankus genannt, auch nicht spitz,
sondern stumpf. Der Ankus stammt aus Asien und wurde und
wird und von den Mahouts eingesetzt. Mahouts heißen die
Elefantenführer die häufig ihr gesamtes Leben mit ihren
Arbeitselefanten verbringen. Die Tiere werden gehegt und
gepflegt und sogar innerhalb der Familie von einer
Generation zur nächsten weitervererbt.
In Zoos und
Tierparks mit einer Elefantenhaltung im sogenannten
direkten Kontakt ist der Tierpfleger ein Teil der
Herde und bildet die Tiere für den täglichen Umgang aus. Der
Ankus wird als Leitinstrument genutzt. Über bestimmte
Druckpunkte wird er als Führstab und Orientierungshilfe
eingesetzt.
Keinesfalls dient er als
Folterinstrument, wie es der WAZ-Artikel suggerieren möchte.
Bei Haustieren ist er vergleichbar mit der Leine des Hundes
oder der „Stick“ aus der Freiarbeit mit Pferden. Niemand
sollte mit der Leine seinen Hund schlagen oder aber mit dem
Stick auf sein Pferd. In Notwehrsituationen können sie aber
durchaus auch zur Verteidigung genutzt werden, die Menschen
haben der Masse Pferd oder insbesondere Elefant sehr wenig
entgegenzusetzen. Sie dienen aber nicht dazu, den eigenen
Forderungen Nachdruck zu verleihen oder schneller einen
Trainingseffekt zu erzielen. Das mag kurzzeitig
funktionieren, schafft auf Dauer aber wenig oder gar kein
Vertrauen zwischen Mensch und Tier und auf lange Sicht ein
eher gespanntes Verhältnis mit viel Unfallpotential.
Um dieser Situation zu entgehen, haben bereits einige Zoos
bei der Elefantenhaltung auf den sogenannten
geschützten Kontakt umgestellt, bei der der
Tierpfleger nicht mehr Teil der Herde ist. Hierbei bildet
die Elefantenfamilie ihre eigene Rangordnung und arbeitet
nur noch rein freiwillig mit den Tierpflegern zusammen.
Eigentlich die ideale Haltung. Dennoch sind auch dort
Grenzen gesetzt, zumal die Elefantengehege baulich verändert
werden müssen. Die meisten Elefanten fühlen sich wohl im
geschützten Kontakt, manche allerdings tun sich damit auch
schwer, insbesondere wenn ein Elefant ein Leben lang im
Pfleger eine direkte Bezugsperson sah.
Schwierig ist
die Umstellung auf den geschützten Kontakt auch, wenn ein
krankes Tier oder eines mit Altersgebrechen regelmäßiger
intensiver Pflege bedarf, die im direkten Kontakt viel
leichter geboten werden kann als im geschützten Kontakt.
Dann kann man schon an die Grenzen des Tierschutzgesetzes
stoßen, wenn ein Tier, welches sich nicht mehr behandeln
lässt, welches am medizinischen Training nicht mehr
mitwirken möchte etc., letztendlich Schmerzen und Schäden
erleidet. Eine schnelle Umstellung kann man nicht erzwingen
und man muss diese immer für den individuellen Fall erwägen.
Der WAZ-Artikel vermischt zudem den
geschützten Kontakt mit der sogenannten Hands-off Methode.
Letztere bedeutet gar keinen Kontakt zwischen Pfleger und
Tier, also auch kein medizinisches Training, keine Fußpflege
etc. Auch diese Form der Haltung gibt es, sie ist aber die
am wenigsten professionelle, da hier bei jedem Problem der
Elefant in Narkose gelegt werden müsste.
Von den
Elefanten scheint der Bogen schnell zu den Delfinen
geschlagen zu sein, denn unter ihrem fehlerhaft
recherchierten Elefantenartikel geht es dann zu den
Großen Tümmlern mit ebensolchen Falschinformationen.
„Intelligente Säuger in Gefangenschaft“. Ein
etwas unglücklich gewählter Titel. Über Intelligenz bei
Delfinen lässt sich streiten. Sie lernen gerne und
schnell, aber das tut z.B. auch das Huhn und kaum jemand
beschwert sich wie viel Intelligenz sich auf dem Grill neben
dem Kaufhaus am Spieß dreht.
Das Buch „Are dolphins
really smart?“ von Justin Gregg gibt eine gute Übersicht,
wie klug diese Tiere wirklich sind und stellt sich dem
Mythos. Natürlich erweckt auch das Wort „Gefangenschaft“ im
Artikel gleich wieder eine negative Grundeinstellung. Hunde,
Katzen und Meerschweinchen leben auch in Menschenhand und
kaum jemand würde hier das Wort Gefangenschaft benutzen.
Wikipedia definiert es als längerfristigen und
unfreiwilligen Entzug der Freiheit. Insgesamt 5 der 7 Großen
Tümmler, die momentan im Duisburger Delfinarium
leben, wurden genau dort geboren. 4 weitere
Nachzuchten aus Duisburg leben in Nürnberg und auf
Lanzarote. Wann genau wurde diesen Tieren unfreiwillig ihre
Freiheit entzogen?
Die Autorin fährt im Artikel
fort, in dem sie einen Vorfall aus dem letzten Jahr im
Duisburger Delfinarium beschreibt. Tierschützer seien zu den
Delfinen ins Wasser gestiegen. Tierschützer????
Ist das Ihr Ernst, Frau Reichardt??? Sie
bezeichnen Menschen als Tierschützer, die ohne geeignete
Desinfektionsmassnahmen in das Wasser eines Delfinariums
steigen, welches ohne den Einsatz von Chlor rein mit
biologischer Filtration die Wasserqualität für die Delfine
aufrecht hält? Selbst ein Schwimmbad setzt auf den Einsatz
von Chlor, um die darin badenden Menschen vor den
Krankheiten und Ausscheidungen der anderen Menschen zu
schützen. Abgesehen vom potentiellen Keimeintrag haben
diese, für die Delfine völlig fremden Menschen mutwillig in
Kauf genommen, dass die Delfingruppe in Panik gerät und
sogar das nur wenige Monate alte Jungtier verletzt werden
könnte.
Denise Ade vom Tierschutzbund Deutschland
wird ausführlich zitiert, nur der Zoo Duisburg, über dessen
Delfine im Artikel berichtet wird, kommt bei Ihrer
Darstellung nicht zu Wort. Schade. Gerne hätte ich gewusst
aus welcher wissenschaftlichen Quelle Frau Ade ihr Wissen
bezieht und was Delfine soviel besser macht, als das oben
angesprochene Haushuhn, welches, laut Frau Ade, auf einem
Schaubauernhof allerdings wohl in „Gefangenschaft“ gehalten
werden darf.
Im Artikel wird auch über das Aufstocken des Bestandes aus
Wildfängen angesprochen. Wenn Frau Reichardt oder auch Frau
Ade sich wenigstens die Mühe machen würden, z.B. die
Homepage des Zoo Duisburg zu studieren, dann würde ihnen
auffallen, dass der Zoo zuletzt im Jahr 1982 einen Delfin
aus der Wildbahn importiert hat!!!
Vor sage und
schreibe 35 (!!!) Jahren wurde also der letzte
Delfin für Duisburg gefangen. Das bezeichnet
man als Aufstocken des Bestandes mit Wildtieren??? Warum
finden die vielen seither im Duisburger Delfinarium
erfolgreich aufgezogenen Jungdelfine keine Erwähnung?
Dann wird auch noch das Wal- und Delfinschutzforum (WDSF)
zitiert, eine Ein-Mann-Organisation des Steuerberaters und
Delfinariumgegners Jürgen Ortmüller, während ein Statement
des Zoo Duisburg weiterhin ausbleibt. Das scheint einfacher
zu sein, im schlimmsten Fall könnte ja die eigene
vorgefertigte Meinung ins Wanken geraten, wenn man sich
mit realen Fakten auseinandersetzen muss
und sich nicht in Pippi-Langstrumpf-Manier, die Welt macht,
wie sie einem gefällt.
Auch hier hätte ein Besuch
der Homepage des Zoos geholfen, um die im Artikel
aufgeführten Zahlen in Relation zu setzen und journalistisch
korrekt darzustellen. Insgesamt 19 Delfine
sind nach Duisburg gekommen, und das in nunmehr 52
Jahren der Delfinhaltung. Seit 1978 wurden
30 Trächtigkeiten in Duisburg festgestellt. 25
wurden tatsächlich ausgetragen, 5 Aborte festgestellt. 11
von 25 Tieren überlebten das erste kritische Jahr im Leben
eines Delfins. Die in Duisburg geborenen Delfinweibchen
Delphi und Daisy haben selbst bereits erfolgreich
nachgezogen. Mit dem Fortschreiten der medizinischen
Möglichkeiten veränderten sich natürlich auch die
Haltungsbedingungen für alle Tiere im Zoo inklusive der
Delfine. Daher kann man auch nicht die überproportional
hohen Todesfälle aus den 60er und 70er Jahren mit den Zeiten
von heute in einen Topf werfen.
Auch unsere eigenen
Lebensbedingungen waren früher völlig andere. Das Rauchen
war ein Zeichen von Freiheit, wir Kinder turnten
unangeschnallt auf dem Autorücksitz herum und Säuglinge
wurden mit dicken Federbetten zugedeckt. Auch das gibt es
heute nicht mehr. Die Zigarettenschachteln zieren
abscheuliche Bilder, es gibt die Anschnall- und
Kindersitzpflicht und Säuglinge schlafen in Rückenlage ohne
jegliche Decken und Kissen.
Die Zeiten haben
sich geändert, wir alle haben aus Fehlern gelernt und
Maßnahmen wurden ergriffen. So auch in der
Haltung der Delfine oder anderer Zootiere. In den letzten 10
Jahren wurden 11 Jungtiere im Delfinarium geboren, davon
leben 7. Das ist eine Überlebensrate von 64%.
Ein letzter Bericht dazu aus der Wildbahn
erschien 2014, aus dem Doubtful Sound,
Neuseeland. Hier überlebten 67% der Kälber das erste
Jahr, aber nur 40% das dritte Lebensjahr.
Die letzten im Duisburger Delfinarium geborenen Delfine,
Debbie und Dobbie, sind noch zu jung, aber sie sind topfit
und es ist nicht davon auszugehen, dass die 64% Überlebenden
sobald sterben werden.
Schade, dass
sich weder Frau Reichardt noch Frau Ade jemals mit den
Verantwortlichen im Zoo unterhalten haben und Frau Reichardt
leider nur eine sehr einseitige Darstellung des Themas mit
vielen Falschinformationen fabriziert hat.
Mit bestem Gruß, K. Ternes Leitende
Zootierärztin Fachtierärztin für Zoo- und Wildtiere
Dipl. ECZM (Zoo Animal Health) Zoo Duisburg
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