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16 Städte fordern Soforthilfe für die Probleme der
Zuwanderung
OB Sören Link startet Initiative Richtung Bundesregierung |
Duisburg, 15. November 2013 -
Auf Initiative von Duisburgs Oberbürgermeister
Sören Link haben 15 weitere Städte einen Forderungskatalog
zur Armutszuwanderung unterschrieben, der an die
Parteivorsitzenden der CDU, SPD und CSU gerichtet ist.
Die betroffene Kommunen aus verschiedenen Bundesländern
fordern von Dr. Angela Merkel, Sigmar Gabriel und Horst
Seehofer eine finanzielle Soforthilfe, damit die Probleme
der Zuwanderung aus Südost-Europa bewältigt werden können.
Die schwierige Situation der Städte müsse bei den
Koalitionsverhandlungen auch auf Bundesebene berücksichtigt
werden.
Schon lange sind nicht nur Städte aus dem Ruhrgebiet von der
Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien betroffen, sondern
Kommunen im ganzen Bundesgebiet, wie aus der Liste der
Unterzeichner hervorgeht. Link: „Ich finde es gut, dass wir
die Verantwortlichen in Berlin gemeinsam auf die Probleme
der Städte hinweisen. Wir sind das letzte Glied in der Kette
und müssen uns um die Menschen vor Ort kümmern. Das kostet
viel Geld, das vor allem strukturschwache Kommunen nicht
haben und das wir in Zukunft vom Bund und Europa erwarten.“
Duisburg hatte für dieses Jahr zusätzlich eine Million Euro
für akute Integrationsmaßnahmen zur Verfügung gestellt. „Das
war ein außergewöhnlicher Kraftakt, der ein zweites Mal
nicht mehr zu stemmen ist. Die Erfolge in den Stadtteilen
zeigen aber, dass wir Integration auch unter schweren
Bedingungen können – wenn die nötigen Finanzmittel vorhanden
sind.“
In dem Brief beschreiben die 16 Oberbürgermeisterinnen,
Oberbürgermeister und ein Stadtrat ausführlich die Situation
in ihren Städten, die im Rahmen der EU-Osterweiterung und
der Arbeitnehmerfreizügigkeit entstanden ist. „Gerade aus
Bulgarien und Rumänien kommen viele Menschen in die Städte
und Gemeinden, weil sie hier Arbeit suchen und sich ein
besseres Leben aufbauen wollen. Sie kommen, um längerfristig
zu bleiben und nehmen damit ihre Rechte als
Unionsbürgerinnen und -bürger in Anspruch“, heißt es in dem
Brief. .
Die betroffenen Kommunen verzeichnen aber auch einen seit
mehreren Jahren anhaltenden und sich aktuell verstärkenden
Zuzug von Menschen, die aus prekären Verhältnissen stammen
und auch hierzulande unter prekären Bedingungen leben.
Häufig würden sie Opfer von kriminellen Strukturen, die ihre
Notlage ausnutzten. Hieraus resultierten oft Probleme, die
für die betroffenen Kommunen eine völlig neue Qualität
hätten.
„Vielerorts ist daher eine Situation entstanden, die die
Nachbarschaften völlig überfordert und die
Handlungsmöglichkeiten der einzelnen Kommunen übersteigt“,
schreiben die Städte weiter: „Hinzu kommt, dass häufig
Städte und Gemeinden besonders betroffen sind, die ohnehin
unter schweren finanziellen Problemen leiden. Auch wenn es
regionale und lokale Schwerpunkte gibt, kann die
Problemlösung deshalb nicht einfach dorthin delegiert
werden.“
Die Ursachen seien letztlich im europäischen Kontext zu
suchen. Und diese Probleme betreffen inzwischen Kommunen im
ganzen Bundesgebiet. „Deshalb ist seitens des Bundes und der
Länder, aber ebenso von der europäischen Politik zügiges
Handeln erforderlich, um die Situation in den
Herkunftsländern zu verbessern und hierzulande die Kommunen
bei der Bewältigung sozialer und integrativer
Herausforderungen zu unterstützen.“
Die Unterzeichner des Briefes fordern die neue
Bundesregierung auf, dass die Herausforderung der
Armutszuwanderung mit einer Größenordnung von mehreren
zehntausend betroffenen Menschen endlich als
gesamtgesellschaftliche Aufgabe anerkannt wird, dass Bund
und Europäische Union (EU) die Verantwortung der
Herkunftsländer für die Verbesserung der Lebensverhältnisse
von Zuwandernden einfordern und diese Länder dabei
unterstützen.
Der Bund solle sich gegenüber der EU dafür einsetzen, dass
Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) flexibler
genutzt und in den Herkunfts- und Zielländern der
Armutszuwanderung eingesetzt werden können.
Vor allem fordern die Städte aber, dass der Bund Soforthilfe
leistet: mit ESF-finanzierten Bundesprogrammen, einer
ausreichenden Ausstattung und Aufstockung von Programmen wie
die „Soziale Stadt“, einem Lastenausgleich, der die erhöhten
Sozialausgaben zugunsten betroffener Kommunen deckt.
Außerdem sollen ordnungsrechtliche Maßnahmen geprüft und
umgesetzt werden, wo Leistungsmissbrauch, kriminelle
Strukturen und Ausbeutung Integration behindern und zulasten
der Zuwandernden selbst gehen. Oberbürgermeister Sören Link:
„Wir möchten die Parteivorsitzenden nachdrücklich darum
bitten, die geschilderten Probleme und Maßnahmen zügig in
Angriff zu nehmen.“
Folgende Städte unterstützen die Initiative der Stadt
Duisburg: Bochum, Delmenhorst, Dortmund, Gelsenkirchen,
Hannover, Hamm, Herne, Hof, Köln, Mannheim, Mülheim a.d.R.,
Münster, Nürnberg, Offenbach, Regensburg.
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Der Brief der 16 Städte
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An die Vorsitzende der
Christlich-Demokratischen Union Deutschlands Frau Dr. Angela
Merkel
An den Vorsitzenden der
Sozialdemokratischen Partei Deutschlands Herrn Sigmar
Gabriel
An den Vorsitzenden der
Christlich-Sozialen Union Herrn Horst Seehofer
Soforthilfe für von Armutszuwanderung betroffene Kommunen
als Beitrag zur europäischen Integration
Sehr geehrte Frau Dr. Merkel, sehr geehrter Herr Gabriel,
sehr geehrter Herr Seehofer,
die europäische Einigung, die EU-Osterweiterung und die
Freizügigkeit der Bürgerinnen und Bürger sind Meilensteine
in der politischen und ökonomischen Entwicklung Euro- pas.
Als Vertreterinnen und Vertreter von Städten, in denen
Menschen unterschiedlicher Herkunft und Nationalität seit
vielen Jahrzehnten zusammenleben, wissen wir um den hohen
Wert dieser Entwicklung. Sie trägt gerade auch in
Deutschland entscheidend zu Wohlstand, Prosperität und
Wettbewerbsfähigkeit bei.
Gleichwohl verbinden sich mit der europäischen Integration
auch weitreichende öko- nomische und gesellschaftliche
Herausforderungen. So haben durch die Osterweiterung die
Einkommens- und sozialen Unterschiede in der EU erheblich
zugenommen. Dies führt zu einer verstärkten und im Rahmen
der Arbeitnehmerfreizügigkeit weiter wachsenden Mobilität.
Gerade aus Bulgarien und Rumänien kommen viele Menschen in
un- sere Städte und Gemeinden, weil sie hier Arbeit suchen
und sich ein besseres Leben aufbauen wollen. Sie kommen, um
längerfristig zu bleiben und nehmen damit ihre Rechte als
Unionsbürgerinnen und -bürger in Anspruch. Dabei leisten sie
aufgrund ihrer Qualifikation und ihres Integrationswillens
vielfach einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Entwicklung.
Zugleich aber verzeichnen wir aus diesen Ländern einen seit
mehreren Jahren anhalten- den und sich aktuell verstärkenden
Zuzug von Menschen, die aus prekären Verhältnissen stammend
auch hierzulande unter prekären Bedingungen leben. Sie
gehören sozialen und ethnischen Gruppen an, die in ihren
Herkunftsländern benachteiligt, ausgegrenzt und i. T. Opfer
rassistischer Diskriminierung sind. Ihre Motivation, nach
Deutschland zu kommen und längerfristig bleiben zu wollen,
ist vor diesem Hintergrund verständlich.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sie häufig Opfer
von kriminellen Strukturen werden, die ihre Notlage
ausnutzen. Vielmehr führt das nur zu verfestigten
Abhängigkeiten in abgegrenzten sozialen Zusammenhängen, die
eine Integration erschweren und das Konfliktpotenzial im
direkten Umfeld erhöhen.
Hieraus resultieren Probleme, die für die betroffenen
Kommunen eine völlig neue Quali- tät haben. Viele der
zuziehenden Menschen gehen keiner geregelten Erwerbsarbeit
nach und haben, abgesehen vom regelmäßigen Kindergeldbezug,
kein ausreichendes Familieneinkommen. Meist ist auch ihr
Krankenversicherungsschutz nicht geregelt. Nur wenige kommen
mit den Regularien und Vertragsangelegenheiten rund um ein
Miet- oder Arbeitsverhältnis zurecht, kennen
Versorgungsverträge, Hausordnungen oder Ge- pflogenheiten im
nachbarschaftlichen Miteinander.
Vielerorts ist daher eine Situation entstanden, die die
Nachbarschaften völlig überfordert und die
Handlungsmöglichkeiten der einzelnen Kommunen übersteigt.
Hinzu kommt, dass häufig Städte und Gemeinden besonders
betroffen sind, die ohnehin unter schweren finanziellen
Problemen leiden. Auch wenn es regionale und lokale
Schwerpunkte gibt, kann die Problemlösung deshalb nicht
einfach dorthin delegiert werden. Denn die Ursachen sind
letztlich im europäischen Kontext zu suchen und die
Auswirkungen gehen inzwischen weit über einzelne betroffene
Städte hinaus.
Die Gefährdung des sozialen Friedens vor Ort wird medial
weitervermittelt und beeinflusst gesamtgesellschaftliche
Wahrnehmungen. Zudem gibt es vermehrt Anzeichen dafür, dass
rechtsextreme und fremdenfeindliche Kräfte dieses Thema
aufgreifen und instrumentalisieren.
Nachdem diese Entwicklung von Bund, Ländern und der
europäischen Politik lange ignoriert wurde, stößt sie
inzwischen auf ein verstärktes mediales und politisches
Interesse. Auch die kommunalen Spitzenverbände haben darauf
wiederholt aufmerksam gemacht. Wie der Kreis der
Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dokumentiert, sehen
sich inzwischen Kommunen im ganzen Bundesgebiet betroffen.
Deshalb ist seitens des Bundes und der Länder, aber ebenso
von der europäischen Politik zügiges Handeln erforderlich,
um die Situation in den Herkunftsländern zu verbessern und
hierzulande die Kommunen bei der Bewältigung sozialer und
integrativer Herausforderungen zu unterstützen – im Sinne
der neu zuwandernden wie auch der bereits hier lebenden
Menschen. Die von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe
„Armutszuwanderung aus Osteuropa“
vorgeschlagenen Maßnahmen müssen deshalb zügig umgesetzt
werden.
Wichtig ist vor allem,
• dass die Herausforderung der Armutszuwanderung mit einer
Größenordnung von mehreren zehntausend betroffenen Menschen
endlich als gesamtgesellschaftliche
Aufgabe anerkannt und als solche adressiert wird;
• dass Bund und EU die Verantwortung der Herkunftsländer für
die Verbesserung der Lebensverhältnisse von Zuwandernden
einfordern und diese Länder dabei unterstützen;
• dass sich der Bund gegenüber der EU dafür einsetzt, dass
Mittel aus dem Europäi- schen Sozialfonds (ESF) flexibler
genutzt und in den Herkunfts- und Zielländern der
Armutszuwanderung eingesetzt werden können;
• dass der Bund Soforthilfe leistet: mit ESF-finanzierten
Bundesprogrammen, einer aus- reichenden Ausstattung bzw.
Aufstockung von Programmen wie dem Programm „Soziale Stadt“,
einem die erhöhten Sozialausgaben deckenden Lastenausgleich
zugunsten betroffener Kommunen, Sprachkursen sowie erhöhten
Eingliederungsmitteln und Personalkapazitäten im SGB II;
• dass ordnungsrechtliche Maßnahmen geprüft und umgesetzt
werden, wo Leis- tungsmissbrauch, kriminelle Strukturen und
Ausbeutung Integration behindern und
zulasten der Zuwandernden selbst gehen.
Wir möchten Sie mit diesem Schreiben nachdrücklich darum
bitten, die geschilderten Probleme und Maßnahmen zügig in
Angriff zu nehmen und im Rahmen der derzeit geführten
Verhandlungen zur Bildung einer Regierungskoalition auf
Bundesebene zu berücksichtigen. Dabei geht es wie gesagt
nicht darum, kommunale Einzelphänomene oder örtliche
Sonderprobleme zu lösen, sondern das absehbare Resultat
europäischer Entwicklungen zu bewältigen. Umso mehr
entsprechen gesamtstaatliche Anstrengungen der gegebenen
europapolitischen Verantwortung des Bundes und der Länder.
Sie stellen einen notwendigen Beitrag zur Akzeptanz und zum
Gelingen der Europäischen Integration dar.
Mit freundlichen Grüßen
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