Man kann die Zeit am Lauf der Gestirne oder mit Atomuhren
präzise messen. Uns allen steht am Tag gleich viel davon zur Verfügung,
nämlich 24 Stunden. Die Zeit ist somit etwas Objektives. Dennoch hat
Zeit auch eine subjektive Dimension. Möchten Sie nicht auch in schönen
Momenten die Zeit anhalten? Scheint sie nicht in anderen Fällen zu
kriechen oder dann wieder rasend schnell zu vergehen, fragt Johann
Hahlen, Präsident des Statistischen Bundesamtes.
Drei Stunden täglich wenden Personen ab 10 Jahren im Durchschnitt für
Bildung und Erwerbstätigkeit auf. Eine halbe Stunde mehr Zeit ( 3
Stunden) wird mit unbezahlter Arbeit für Haushalt und Familie und mit
Ehrenämtern verbracht. Ein gutes Drittel seiner Zeit verschläft der
Durchschnittsmensch und rund 2 stunden braucht er für persönliche Dinge
wie Anziehen, Körperpflege und Essen. Gut 25 % des Tages - das sind
sechs Stunden - nehmen Freizeitaktivitäten wie Fernsehen, Sport, Hobby
und Spiele sowie das soziale Leben in Anspruch.
Frauen leisten mehr unbezahlte Arbeit und wenden mehr Zeit für soziale
Kontakte. Dagegen stehen bei den Männern Erwerbstätigkeit sowie Spiele
und die Mediennutzung stärker im Vordergrund. Im Vergleich zum Anfang
der 90er Jahre wird in Deutschland weniger gearbeitet, sowohl bezahlt
als auch unbezahlt. Dafür steht mehr Freizeit und mehr Zeit für
persönliche Dinge wie das Essen zur Verfügung.
In anderen Ländern mit vergleichbaren Erhebungen beansprucht
insbesondere die Erwerbstätigkeit - hier ohne den Weg zur Arbeit - mehr
Zeit als die durchschnittlich 2 Stunden pro Tag bei Männern und 1 œ
Stunden bei Frauen in Deutschland. In Ländern wie Finnland und
Großbritannien, in denen deutlich mehr Personen erwerbstätig sind, wird
insgesamt bis zu einer halben Stunde pro Tag mehr gegen Bezahlung
gearbeitet. Dafür ist hier die unbezahlte Arbeit eine Viertelstunde
geringer als in Deutschland oder Belgien.
Personen, die vollzeiterwerbstätig sind, arbeiten über die Woche von
Montag bis Sonntag verteilt durchschnittlich knapp fünf Stunden pro Tag.
Wenn sie zu Hause sind, wartet weitere Arbeit auf sie: Das Essen
vorbereiten, die Kinder ins Bett bringen und andere unbezahlte Arbeiten
nehmen etwas mehr als 2 œ Stunden in Anspruch. Das ist eine Stunde
weniger unbezahlte Arbeit als im Durchschnitt der gesamten erwachsenen
Bevölkerung. Zur Entspannung lesen, fernsehen, ab und zu zum Sport und
seinen Hobbys nachgehen - das macht insgesamt 3 Stunden aus. Knapp zwei
Stunden werden für das soziale Leben aufgebracht. Für Schlafen, Essen
und Körperpflege bleiben dann noch 10 Stunden.
Rentner machen durchschnittlich 4 Stunden Hausarbeit über den ganzen Tag
verteilt und von vielen Pausen unterbrochen. Zwischendurch lesen sie,
sehen fern oder gehen spazieren - alles in allem knapp fünf Stunden
täglich. Da Rentner oft allein leben, ist die tägliche Stunde an
Gesprächen, Telefonaten und Besuchen von Verwandten oder Bekannten für
sie sehr wichtig. Nahezu ebensoviel Zeit nehmen der Besuch von
Veranstaltungen und die Ruhepausen während des Tages in Anspruch. Für
Schlafen, Körperpflege und Essen nehmen sie sich mit gut 11 Stunden mehr
Zeit als in jüngeren Jahren. Vieles dauert im Alter einfach älter.
Die bezahlten Arbeitsstunden, die die Bevölkerung in Deutschland
einbringt, fließen in jedem Quartal in die Größe des
Bruttoinlandsprodukts ein. Das Bruttoinlandsprodukt ist der am
häufigsten gebrauchte Maßstab für die wirtschaftlichen Leistungen einer
Volkswirtschaft. Doch gearbeitet wird nicht nur gegen Bezahlung.
Unbezahlte Arbeit wird in beträchtlichem Umfang in den privaten
Haushalten von und für die Familie erbracht. Diese unbezahlten
Tätigkeiten umfassen mehr Stunden als die bezahlte Arbeit. In Zahlen
bedeutet das, daß über die ganze Woche verteilt alle Personen ab 10
Jahren durchschnittlich gut 25 Stunden unbezahlt, bezahlt dagegen etwa
17 Stunden arbeiten.
Die Bewertung der unbezahlten Arbeit in Euro ist ein schwieriges
Unterfangen. Eine sinnvolle Bewertung besteht darin, den Stundenlohn
einer Hauswirtschafterin heranzuziehen. Diese Personen erledigen und
organisieren alle Arbeiten im Haushalt. Da mit der unbezahlten Arbeit
keine soziale Absicherung verbunden ist, also keine oder nur geringe
Ansprüche an die Renten-, Arbeitslosen- oder Krankenversicherung
entstehen, erscheint aus dieser Perspektive eine Bewertung mit dem
Nettolohn angemessen. Dieser betrug 1992 knapp 6 Euro, in 2001 gut 7
Euro je Stunde. Obwohl das Jahresvolumen in Stunden zurückgegangen ist,
ist der Wert der unbezahlten Arbeit im Haushalt damit von 603 Milliarden
Euro in 1992 auf 684 Milliarden Euro in 2001 angestiegen.
Nicht alles, was im Haushalt produziert wird, beruht allein auf
unbezahlter Arbeit. So werden für ein Mittagessen Zutaten eingekauft und
dauerhafte Gebrauchsgüter wie Kühlschrank oder Herd genutzt. Auch muss
die Küche entsprechend groß und ausgestattet sein, was Kosten für die
Kücheneinrichtung mit sich bringt. Der Gesamtwert der unbezahlten
Produktion im Haushalt, der alle diese Komponenten einbezieht, war 2001
mit 1121 Milliarden Euro um 22 % höher als im Jahre 1992. Der Wert der
Produktion im Haushalt, der bei Unternehmen am ehesten mit dem Umsatz
vergleichbar wäre, ist somit deutlich stärker angestiegen als der Wert
der unbezahlten Arbeit mit 13 % und etwas stärker als der
Verbraucherpreisindex, der in diesem Zeitraum um gut 18 % zulegt. In
2001 entfielen 61 % des Wertes der Produktion auf unbezahlte Arbeit und
27 % auf Käufe von Gütern, die mit der Haushaltsproduktion verbraucht
werden. Die Abschreibungen auf die im Haushalt genutzten dauerhaften
Gebrauchsgüter hatten nur einen Anteil von 3 %.
Insbesondere die Haus- und Gartenarbeit sowie die Pflege und Betreuung
von Kindern und anderen Haushaltsmitgliedern werden nach wie vor
überwiegend von Frauen durchgeführt. Während sich bei der Haus- und
Gartenarbeit das Verhältnis des Zeitaufwands von Frauen und Männern im
früheren Bundesgebiet von 2,7 auf 2,3 und in den neuen Bundesländern von
gut 2,2 auf knapp 1,9 verbesserte, ergibt sich bei der Pflege und
Betreuung von Kindern bzw. anderen Haushaltsmitgliedern zumindest im
früheren Bundesgebiet ein anderes Bild. Hier hat sich die Arbeitsteilung
sogar noch weiter zu Ungunsten der Frauen verschoben. Je nach Alter, der
Einbindung ins Berufsleben und der Familienstruktur arbeiten die Frauen
zwischen einer Dreiviertelstunde und 4 Stunden mehr im Haushalt. In den
Paarhaushalten sind Männer nach wie vor für Reparaturen und
handwerkliche Aktivitäten zuständig. Daneben beteiligen sie sich
insbesondere an Einkauf und Haushaltsplanung. In Paarhaushalten mit
Kindern, in denen nur der Partner erwerbstätig ist, beteiligen sich
Männer zu 34 % an den Einkäufen. Sind beide erwerbstätig, werden 39 %
der Einkäufe von Männern erledigt (jeweils eine halbe Stunde). Bei
Rentnerehepaaren investieren die Männer sogar mehr Zeit in den Einkauf
und die Haushaltsplanung als die Frauen.
Das Leben der Frauen in den neuen Bundesländern war Anfang der 90er
Jahre ganz wesentlich von der Erwerbstätigkeit bestimmt. Die
Erwerbszeiten von erwerbstätigen Frauen, die in Paarhaushalten mit
Kindern leben, haben zwar seitdem abgenommen. Trotzdem wenden diese
Frauen in 2001 / 2002 von Montag bis Freitag mit durchschnittlich 6 Œ
Stunden deutlich höhere Zeiten für Erwerbstätigkeit und Bildung auf als
im früheren Bundesgebiet mit knapp 4 Stunden. In den neuen Bundesländern
ist der Anteil der vollzeiterwerbstätigen Mütter immer noch höher und
teilzeiterwerbstätige Mütter arbeiten länger als im früheren
Bundesgebiet.
Die tatsächlich praktizierte Arbeitsteilung besagt nichts darüber, ob
die Menschen nach ihrer eigenen Einschätzung über genügend, zu wenig
oder zu viel Zeit für eigene Lebensbereich verfügen. Generell gilt:
Sowohl bei Paaren mit Kindern als auch bei Paaren ohne Kind betrachtet
die Mehrheit ihren Zeitaufwand für Beruf und Qualifikation bzw. für die
Hausarbeit als gerade richtig.
Etwa zwei Fünftel der Bevölkerung finden neben Erwerbstätigkeit und
familiären Aufgaben Zeit für bürgerschaftliches Engagement. Das
Engagement in einer Elternvertretung kann ebenso dazu zählen wie die
Initiative im Mütterzentrum oder die Übungsleitung im Sportverein. Im
breiten Feld bürgerschaftlichen Engagements bildet das Ehrenamt im
engeren Sinne ein wichtiges Element. Immerhin 18 % der Erwachsenen
nehmen sich Zeit für ein Ehrenamt. In welchem zeitlichen Umfang einer
solchen Aufgabe nachgegangen wird, ist nicht zuletzt vom familiären
Rahmen und der Einbindung in das Erwerbsleben bestimmt. Wird der
Durchschnitt über alle Erwachsene herangezogen, scheint der wöchentliche
Zeitaufwand von 52 Minuten eher gering. Wenn aber tatsächlich ein
Ehrenamt ausgeübt wird, so nimmt diese Aufgabe mit gut 4 Ÿ Stunden pro
Woche bei der ausübenden Person einen erheblichen Teil der freien Zeit
ein. Am stärksten ist das Engagement bei den Alleinlebenden.
In welcher Weise sich Männer und Frauen die Kinderbetreuung teilen,
hängt nicht nur von Traditionen und persönlichen Neigungen, sondern auch
stark von der Erwerbstätigkeit des Partners ab. Erwerbstätige Frauen mit
Kindern unter 6 Jahren wenden für die Betreuung ihres Nachwuchses mit 2
Œ Stunden doppelt so viel Zeit auf wie erwerbstätige Männer, nicht
erwerbstätige Frauen mit 3 Œ Stunden sogar etwa das Dreifache. Mit
steigendem Alter der Kinder reduziert sich die Betreuungszeit spürbar.
Bei Paaren, deren jüngstes Kind zwischen 6 und 18 Jahren alt ist, macht
sie weniger als ein Drittel der Zeit aus, die Eltern mit Kindern unter 6
Jahren aufwenden. Dabei verändert sich die Verteilung der zeitlichen
Belastung auf Mütter und Väter kaum.
Viele Haushalte erhalten Hilfe von Verwandten, Nachbarn oder Freunden,
sei es bei Haushaltstätigkeiten oder der Betreuung der Kinder, beim
Bauen oder Reparieren. Nicht immer handelt es sich um praktische
Hilfestellungen. Manchmal kann ein Gespräch mit Freunden ein ebenso
wichtiger Beistand sein. 56 % aller Alleinerziehenden- und 46 % aller
Paarhaushalte mit minderjährigen Kindern sind im Alltag auf
Unterstützung angewiesen.
Das Lernen gehört zu den wichtigsten Aktivitäten überhaupt. Vieles
lernen wir von unseren Eltern, anderes in Schule oder Hochschule, am
Arbeitsplatz, auf Kursveranstaltungen, durch Beobachten und Ausprobieren
oder auch durch Selbststudium. Bildung und Lernen wird jedoch gemeinhin
mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Verbindung gebracht.
Allerdings machen die sich immer schneller wandelnden Anforderungen in
Beruf und Gesellschaft ein kontinuierliches Lernen durch verstärkte
Weiterbildung erforderlich. Doch wie viel Zeit nimmt eigentlich das
Lernen in verschiedenen Lebensabschnitten in Anspruch?
Für den Besuch von Schule und Hochschule, die berufliche Fortbildung
während und außerhalb der Arbeitszeit und die allgemeine Weiterbildung
bringen Personen im Alter ab 10 Jahren durchschnittlich eine knappe
Dreiviertelstunde pro Tag auf. Frauen geringfügiger als Männer. Die
Jugendlichen lernen deutlich länger. So wenden die 10- bis 18jährigen
einschließlich Hausaufgaben und Selbststudium durchschnittlich etwa 3 œ
Stunden täglich für das Lernen auf. Während bei den 18- bis 25jährigen
noch 1 œ auf Lernaktivitäten entfallen, ist es in der Gruppe der 25- bis
45jährigen lediglich noch eine gute Viertelstunde. Personen über 45
Jahren sind durchschnittlich nur wenige Minuten täglich mit Bildung und
Lernen beschäftigt. Mädchen und junge Frauen bis zum Alter von 25 Jahren
beteiligen sich insgesamt etwas mehr an Lernaktivitäten als Männer,
ältere Frauen etwas weniger oder gleich lang.
In unserer schnelllebigen Zeit werden berufliche und allgemeine
Weiterbildung immer wichtiger. Dennoch finden bei allen Personen ab 10
Jahren gut 85 % aller Bildungs- und Lernaktivitäten im Rahmen von Schule
bzw. Hochschule statt. Berufliche Weiterbildungsaktivitäten innerhalb
und außerhalb der Arbeitszeit haben mit knapp 4 % bzw. gut 3 % zusammen
ein ähnliches Gewicht wie die allgemeine Weiterbildung (7,5 %).
Welche Bedeutung hat der formale Bildungsabschluss für die Beteiligung
an beruflicher und allgemeiner Weiterbildung? Bei Personen, die bereits
über einen Abschluss einer Wissenschaftlichen Hochschule (insbesondere
Hochschule) verfügen, steht mit gut 86 % das selbst organisierte Lernen,
etwa durch selbst organisierte Gruppen oder das Selbstlernen mit Büchern,
dem Computer o. ä., eindeutig im Vordergrund. Unter jenen, die eine
berufliche Lehre absolvieren, beträgt dieser Anteil gut zwei Drittel.
Den Feierabend als freie Zeit nach der Erwerbsarbeit gibt es sicherlich
nicht so uneingeschränkt. Zwar endet für viele die Erwerbsarbeit schon
ab 16 Uhr. Das bedeutet aber nicht, dass danach nicht mehr gearbeitet
wird. Gerade in der Zeit 16 bis 20 Uhr wird eine ganze Menge für den
Haushalt getan. Trifft die Vorstellung zu, dass nicht erwerbstätige
Menschen - jung oder alt - freie Zeit im Übermaß haben?
An einem durchschnittlichen Wochentag haben Jugendliche zwischen 10 und
14 Jahren tatsächlich viel Zeit für Mediennutzung, ihr soziales Leben,
Hobbys und Sport. Von Montag bis Freitag beanspruchen diese Aktivitäten
durchschnittlich 6 Stunden am Tag: 5 Stunden bei Mädchen und 6 bei
Jungen. Schule und Hausaufgaben nehmen bei den Jungen und Mädchen
durchschnittlich gute 5 Stunden ein. Bei den unbezahlten Arbeiten im
Haushalt helfen Mädchen mit gut 1 Stunden bereits mehr mit als Jungen
mit etwa einer Stunde.
Mit steigendem Alter nimmt der Anteil derer zu, die erwerbstätig sind.
So befinden sich von den Jugendlichen bzw. Erwachsenen zwischen 15 und
20 Jahren viele in einer beruflichen Ausbildung. Dies spiegelt sich an
den Wochentagen in 1 Stunden Erwerbsarbeit bei den jungen Frauen und gut
2 Stunden bei den jungen Männern wider. |