Duisburg, Oktober 2011 - Im Bereich Duisburg-Neudorf leben entlang mehrerer Güterzugstrecken Menschen seit Generationen mit der Bahn und kamen sozusagen mehr als ein halbes Jahrhundert lang gut damit klar. Das hat sich seit Annfang 2001 radikal verändert. DBNetz hatte auch im Zuge der Interoperabilität - EU-Forderung an die einzelnen Nationen - die Bahnstrecken erstens für die internationale Durchfahrten öffnen müssen, andrerseits
aber auch konzentriert Strecken bedient. So auch die drei Güterzugstrecken, die Duisburg-Neudorf kreuzen. Diese werden seitdem exzessiv genutzt. Von der Bahn auch in Landgerichtsprozessen zwangsweise veröffentliche Zahlen mit rund 240 Zügen - also laut Planfeststellung irgendwann in den 50er oder 1960er Jahren - höchstzulässiger Frequentierung genutzt. Bei insgesamt drei sich zudem kreuzenden Strecken bedeutet das auch nach der Wirtschaftskrise 2008 bis 2010 rund 200 000 Züge jährlich. Und das in
einem Umkreis von 250 Meter Luftlinie sowie der angrenzenden Bundesautobahn A3 (Kreuz Duisburg-Wedau - Duisburg-Kaiserberg) mit 140 000 Autos am Tag. Das zusammen ergibt eine Belastung von Lärm-, Erschütterungs- und Feinstaubbelastungen, die europäische Spitzenwerte erreicht. Der Kampf des Bürgervereins Duisburg-Neudorf hat nun die Lärmsanierung von zwei Strecken (2323 entlang einer Grundschule) und 2321 in einer Gesamtlänge von 1,9 Kilometern geführt. Da weder DBProjektbau noch DBNetz oder das EBA
die Bürger im Detail informierten, wo was passiert, gab es diese Informationen nur durch besondere Recherchen. Dabei stellte sich Anfang 2010 heraus, dass es eine Lücke von ungefähr 85 Meter in einem höchst sensiblen Bereich gibt. Dieser Bereich wird bei der Einfahrt von einer Böschung einer Autobahn-Zufahrtstraße mit Schwerlastverkehr auf der westlichen Seite begrenzt. Im Osten stößt dieser Wohnbereich an die Lärmschutzwand der A3. Und exakt dort klafft die Lücke bei einer Breite zwischen westlicher
Böschung und östlicher A3-Wand von weniger als 100 Metern Luftlinie. Der damalige Ingenieur von DB-Projektbau Wefringhaus sprach von maximaler Restbetroffenheit. Genau das wird seitens des Bundesverkehrsministeriums dem Bundestags-Petitionsausschuss, den der Bürgerverein auf Anraten einer Mitarbeiterin im Kanzleramt angerufen halte, so bei dem Kosten-Nutzen-Verhältnis zu Felde geführt. Dabei wird aber eine ganze Reihe - eigentlich dutzende von Familien an der Straße entlang der A3, hier Lotharstraße
- erst gar nicht berücksichtigt - eben wegen des Kosten-Nutzen-Verhältnis. Heißt im Klartext: Es leben aus der Sicht der genehmigenden Behörde zu wenig Menschen für so einen Lückenschluss von geschätzt 85 Metern in diesem Bereich. Zur Klarstellung: Diese Information erhielt der Bürgerverein aufgrund eigener Recherche, nicht von der planenden Institution geschweige denn vom Ministerium. Dabei bleibt das gravierende und bedrohende Übel mit der Erschütterungen total außen vor. "Sie können ja klagen",
heißt es wieder Menschen verachtend vom leitenden DBNetz-Mitarbeiter.
Der Bereich des gelben Pfeils bedeutet keine Lärmschutzwand. Hier wird der Schall in diesem Trichter ungehindert zwischen Böschung und Lärmschutzwand A3 ungehindert, eigentlich dann sogar verstärkt zur Belastung. Das meint der gesunde Menschenverstand aber auch mit Technik versierte Unternehmer. Hier leben keine Wut-Bürger, aber im Moment absolut frustrierte Menschen über die unsensible
Vorgehensweise, Lapidar-Erklärungen eines Staatssekretärs, eines hohen Beamten aus dem Bundesverkehrsministeriums, dem Leiter des Referats für Lärmschutz Schiene, der Bürgeranfragen bzw. den Bereich Erschütterungen ganz herausnimmt und wenn man mit ihm spricht, die Antwort bekommt, man könne ihm ja noch einmal schreiben. Oder von der DBProjektbau lesen zu müssen, was vor Einseitigkeit trieft. So wecken Sie kein Demokratieverständnis bei den Menschen. Hier wird nicht gegen die Bahn gearbeitet, aber
ganz sicher für die mit den Auswirkungen von „Bibeln“ wie „Planfeststellungen“, die hier gemacht worden sind, als diese Strecke noch mit der „Draisine bedient wurde“, so das Zitat eines hochrangigen EBA-Beamten. Es betrifft einige Dutzend Familien! Der Bürgerverein weist ausdrücklich darauf hin, dass er mit Anwohnern beim Lärmschutzbeauftragten der Stadt Duisburg die gesamte Situation an der Strecke 2131 durchgesprochen hatte. Aus den Unterlagen der Stadt Duisburg –
soweit wir Einsicht nehmen durften – geht hervor, dass die Schallschutzwand bis zum Tunnel der Koloniestraße führen sollte. Der städtische Vertreter informierte uns auch, dass er den Sanierungsverlauf vom Spielplatz Kammerberg, entlang des Sportvereins TuRa 88 Duisburg als dringend gegeben ansah, was wir auch begrüßten. Die Stadt Duisburg hat – so unserer Kenntnisstand – auch deshalb die gesamte Lärmschutzmaßnahme vom Kammerberg bis hin zur Durchfahrt nach Wedau/Tunnel Koloniestraße
bei der Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung so gesehen und berücksichtigt bzw. in der Unbedenklichkeitsbescheinigung zum Bau der Lärmschutzwände formuliert. Für den Bürgerverein und betroffene Anwohner stellt sich die Situation wie folgt dar: Das Bundesverkehrsministerium sowie das Eisenbahn-Bundesamt stimmten der Lärmsanierungsmaßnahme mit den angegebenen Schallschutzwänden in einem Bereich zu, der nicht unmittelbar von Wohnbebauung betroffen ist. Im Umkehrschluss wurde zum
Entsetzen der Anwohner festgestellt, dass den Behörden das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei den betroffenen Hausnummern wichtiger ist und Sie die Menschen der Steinbruch- und Lotharstraße bei den angegebenen hohen Hausnummern als nicht schutzbedürftig einstufen. Es handelt sich um einen Lückenschluss von rund 85 Metern Länge der rundweg abgelehnt wird, was aus Sicht der betroffenen Anwohner und des Bürgervereins schlichtweg ein Skandal ist. Die Betroffenen finden es unerträglich, weil es hier um
erhebliche gesundheitliche Einschränkungen der betroffenen Anlieger geht, weil Kinder Ängsten durch die erdbebenähnlichen Erschütterungen - seismologische Werte auf der Richterskala von 4,0 bis 4,5 - ausgesetzt sind und was am Schlimmsten ist – wenn lebensgefährliche Situationen durch herabfallende Dachziegel, zersplitternde Duschkabinen neben einem Säugling und mehr völlig lapidar mit „die Strecke ist planfestgestellt abgetan werden. Das nennen die Betroffenen schlicht menschenverachtend! Es ist
schon erstaunlich, dass ein Eisenbahnbundesamt, das immer über zu wenig Personal und zu geringe Finanzausstattung klagt, zur Ausübung eines Bürgertelefons herangezogen wird. Wenn man diese Einrichtung jedoch anspricht, um von schlimmsten Erschütterungen mit Gebäudeschäden spricht, kann das nicht angenommen werden, da dieses Bürgertelefon ja ausschließlich für Zugverspätungen und Ticketprobleme ins Leben gerufen wurde.
Guten Tag Herr Bundesminister Ramsauer. Das ist ein Schlag ins Gesicht
für 16 Millionen Bundesbürger, die vom Schienenverkehr bedroht sind.
Es ist von Bundestags-Petitionsausschuss für ein bundesweit bekanntes Problem nie versucht worden, unabhängige Studien anzuregen – beispielsweise durch das im Revier mit Bergschäden befassten Institut DMT – Deutsche Montantechnologie – oder Erschütterungen im Bauwesen. Dies alles hatten die Bürger erwartet, nicht aber eine so schleppende Geschichte mit unzureichenden Recherchen, Beamten und Ministerien die ihre
Aufgabe für die Bürger nicht wahrnehmen oder sogar wie die Bahn erklärt „klagen sie doch!“ Den Menschen bleiben zwei Möglichkeiten: Zum einen weiter massiv in die Öffentlichkeit zu gehen und anzuprangern, dass Mandatsträger ihre Funktion nicht wahrnehmen und schützenswertes Gut wie Kinder nicht schützen können oder wollen. Zum anderen zum Wahlboykott aufrufen, da die Politik nicht in der Lage ist, die Menschen vor gesundheitlichen Schäden und Gefahren zu schützen, weil diese Republik ja anscheinend
auch „planfestgestellt“ ist.
Viele Menschen - und es werden täglich mehr Initiativen und Vereinigungen - sagen es erneut sehr laut: "Wir schämen uns für Bund und Bahn!"
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