Berlin/Duisburg, 12. Januar 2021
© Bundesrat Fristverlängerung
für Insolvenzanträge und Steuererklärungen:
Bundesrat stimmt zu Der
Bundesrat hat am 12. Februar 2021 einer
weiteren Aussetzung der
Insolvenzantragspflicht bis zum 30. April
2021 zugestimmt. Sie gilt für solche
Unternehmen, die Leistungen aus den
staatlichen Hilfsprogrammen zur Abmilderung
der wirtschaftlichen Folgen der
Covid-19-Pandemie erwarten können.
Voraussetzung ist grundsätzlich, dass die
Anträge im Zeitraum vom 1. November 2020 bis
zum 28. Februar 2021 gestellt sind.
Entspricht Forderung der Länder Eine
entsprechende Forderung hatte der Bundesrat
am 18. Januar 2021 erhoben, der Bundestag 10
Tage später umgesetzt.
Begrenzung auf
anspruchsberechtigte Firmen Soweit von
November bis Ende Februar aus rechtlichen,
vor allem beihilferechtlichen oder
tatsächlichen Gründen, besonders
IT-technischen Gründen, noch keine Anträge
gestellt werden konnten bzw. können, wird
die Insolvenzantragspflicht auch für solche
Unternehmen ausgesetzt, die nach den
Bedingungen des Programms in den Kreis der
Antragsberechtigten fallen. Ausgenommen
bleiben solche Fälle, in denen
offensichtlich keine Aussicht auf die
Gewährung der Hilfe besteht oder in denen
die Auszahlung nichts an der Insolvenzreife
ändern könnte.
Anfechtungsschutz bei
Stundungen Ebenfalls verlängert hat der
Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates den
Anfechtungsschutz für pandemiebedingte
Stundungen: Die bis Ende März 2022
geleisteten Zahlungen auf Forderungen
aufgrund von Stundungen, die bis zum 28.
Februar 2021 gewährt worden sind, gelten
damit als nicht gläubigerbenachteiligend.
Voraussetzung ist, dass gegenüber dem
Schuldner ein Insolvenzverfahren zum
Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Regelung
noch nicht eröffnet worden ist.
Steuerberater erhalten
mehr Zeit Weiterer Corona-bedingter
Aufschub: Die Frist zur Abgabe einer
Steuererklärung durch Steuerberaterinnen und
Steuerberater verschiebt sich um ein halbes
Jahr: Für den Veranlagungszeitraum 2019
läuft die Frist bis Ende August 2021 statt
wie sonst üblich bis Ende Februar. Parallel
wird auch die Karenzzeit zur Verschonung von
Verzugszinsen auf Steuerschulden um sechs
Monate ausgeweitet. Hintergrund ist, dass
die Steuerberaterinnen und Steuerberater
derzeit mit der Beantragung der aktuellen
Corona-Hilfsprogramme für Unternehmen stark
ausgelastet sind. Das Gesetz wird nach
Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten
im Bundesgesetzblatt verkündet. Es kann dann
- teilweise rückwirkend - in Kraft treten.
Mehr
Rechtssicherheit für Notfallsanitäter und
Ausbildungsreform für medizinische Berufe:
Bundesrat stimmt zu Zwei Wochen
nach dem Bundestag hat am 12. Februar 2021
auch der Bundesrat einem Gesetz zugestimmt,
das neben einer umfassenden
Ausbildungsreform für medizinische
Assistenzberufe auch eine Rechtsänderung für
Einsatzkräfte enthält: Notfallsanitäter und
-sanitäterinnen dürfen künftig auch schon
vor Eintreffen eines Notarztes bzw. einer
Notärztin am Unfallort eigenverantwortlich
bestimmte lebenserhaltende Eingriffe an
Patientinnen und Patienten vornehmen, wenn
für diese Lebensgefahr besteht oder
wesentliche Folgeschäden drohen. Durch das
Gesetz erhalten sie mehr Rechtssicherheit in
besonderen Einsatzsituationen. Es geht zum
Teil auf eine
Forderung des Bundesrates zurück.
Kein Schulgeld bei MTA-Ausbildung Die
MTA-Reform soll dafür sorgen, dass
medizinische Assistenzberufe attraktiver
werden - unter anderem durch angemessene
Vergütung der - erweiterten - praktischen
Ausbildungszeiten und den Wegfall des
Schulgelds. Neue technische, medizinische
und wissenschaftliche Erkenntnisse werden in
die Ausbildung integriert, deren
Rechtsgrundlagen noch aus den
Neunzigerjahren stammen. Die
Ausbildungsstätten müssen künftig gesetzlich
vorgesehene Mindestanforderungen erfüllen.
Die Mindestqualifikationen von Lehrkräften
und Schulleitungen werden bundeseinheitlich
festgelegt.
Neue Berufsbezeichnungen
Die vier Berufe in der
Laboratoriumsanalytik, Radiologie,
Funktionsdiagnostik und Veterinärmedizin
bleiben bestehen. Die Berufsbezeichnung wird
ersetzt durch "Medizinische Technologin" und
"Medizinischer Technologe". Absicherung für
Impfärzte Außerdem enthält das Gesetz einige
Regelungen für Ärztinnen und Ärzte, die sich
um die Corona-Schutzimpfungen kümmern -
unter anderem sind entsprechende Vergütungen
sozialversicherungsfrei.
Gesplittetes Inkrafttreten Das Gesetz
wird nun dem Bundespräsidenten zur
Unterzeichnung vorgelegt und kann
anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet
werden. Die Regelung für Einsatzkräfte soll
am Tag nach der Verkündung in Kraft treten,
das restliche Gesetz im Wesentlichen am 1.
Januar 2023. Bundesrat fordert, die
Ausbildungsfinanzierung zu sichern In einer
begleitenden Entschließung fordert der
Bundesrat Bundestag und Bundesregierung zu
einer Überarbeitung der MTA-Reform noch vor
dem Jahr 2023 auf. Ziel müsse sein, die
Finanzierung der Ausbildungen aller
MT-Berufe hinsichtlich der Schulkosten, der
Kosten der praktischen Ausbildung und der
Ausbildungsvergütung zu sichern, auch wenn
eine ambulante Einrichtung Trägerin der
Ausbildung ist. Die Bundesregierung
solle zudem prüfen, wie die Finanzierung
staatlich anerkannter Helfer-/(Fach-)
Assistenzausbildungen gesichert werden kann.
Die dafür angepasste Formulierung im
Krankenhausfinanzierungsgesetz solle dafür
sorgen, dass alle aktuellen und zukünftigen
Berufsbezeichnungen generalistischer
Pflegehelfer- und
Pflegeassistenzausbildungen beziehungsweise
Pflegefachassistenzausbildungen der Länder
erfasst sind. Denn gerade diese stellten für
viele Interessentinnen und Interessenten
einen optimalen Einstieg in die
pflegeberufliche Bildung dar.
Anreize für Impfärzte
Eine weitere Prüfbitte des Bundesrates
bezieht sich auf die Befreiung der
Sozialversicherungspflicht für den Einsatz
von Impfärzten: diese sollte möglichst
rückwirkend zum 1. Dezember 2020 in Kraft
treten, um auch Vorbereitungstätigkeiten
abzudecken. Die Entschließung wurde der
Bundesregierung zur Entscheidung vorgelegt
Bundesrat: 1000
Sitzung seit dem 7. September 1949 Die Tausendermarke wird mit der
Sitzung des Bundesrats am 12. Februar 2021
geknackt. Die Länderkammer hat sich als
„immerwährend“ definiert – sie hält sich
nicht an die Wahlperioden des Bundestags,
sondern hat 1949 bei „1“ begonnen und
nummeriert ihre Plenartreffen seither durch.
Die erste
Sitzung fand am 7. September 1949 statt,
vom Alterspräsidenten Johannes Büll (SPD)
aus Hamburg mit einem Zitat Friedrich
Schillers eingeleitet: „Das vollkommenste
Kunstwerk ist der Bau der politischen
Freiheit.“
Die erste Sitzung des
Bundesrates am 7. September 1949 in Bonn,
dauert gerade einmal 41 Minuten. Sie soll,
vier Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs,
die Umkehr zur Demokratie einleiten.
© Bundesrat
Die Sitzung war
sehr kurz, knapp eine Stunde nur. Aber sie
wird zweifellos eine der bedeutendsten in
der Geschichte des Bundesrats bleiben. Denn
damals wurde nicht nur eine Tradition
fortgesetzt, die auf den „immerwährenden“
Reichstag zu Regensburg (der 1663 seine
Arbeit aufnahm) zurückgeht, auf die Bundesversammlung im
Deutschen Bund, den Bundesrat des
Kaiserreichs und den Reichsrat der Weimarer
Republik. Es begann eine neue Ära.
Die
gewandelte Länderkammer Denn im Gegensatz
zu diesen Vorgängern, reine
Gesandtenversammlungen der Reichsstände und
später der Gliedstaaten, war der neue
Bundesrat nicht mehr als „Parlament der
Oberregierungsräte“ gedacht (der spöttische
Spruch wird meist Theodor Heuss
zugeschrieben). Es sollten von nun an die
Regierungsspitzen der Länder in ihm präsent
sein, die politischen Schwergewichte. Daher
war erstmals auch ein echtes Plenum
vorgesehen, das öffentliche Reden und
Gegenreden ermöglichen sollte. Der Bundesrat
wandelte sich so zu einer parlamentarischen
Kammer.
Selbstbewusste
Ministerpräsidenten Im neuen
Bundesrat wollten sich die
Ministerpräsidenten und ihre Kabinette, die
demokratisch legimitierten Vertreter der Länder,
weit stärker in die Gestaltung der
Bundespolitik einschalten, als das zu
Weimarer Zeiten der Fall gewesen war. Ein
Anlass war, dass die Gesetzgebungskompetenzen im Grundgesetz stark
zugunsten des Bundestags geformt wurden. Für
die Beschneidung ihrer Autonomie wollten die
Länder so als Gegengewicht eine Mitsprache
in der Bundesgesetzgebung. Lehre aus
Weimarer Zeiten Ein zweiter, heute weniger
präsenter Grund: Eine starke Länderkammer
sollte die junge Demokratie und
den neu gegründeten Bundesstaat stabiler
machen. Denn es war eine Lehre aus dem
Scheitern der ersten Republik, dass die
damalige Bundesebene – das Reich – politisch
labiler war als die Landesebene. So kam
es 1949 zu einigen Neuerungen wie der
herausgehobenen Rolle des Kanzlers oder dem
konstruktiven Misstrauensvotum im Bundestag,
die der Stärkung von Parlamentarismus und
Regierungsfähigkeit dienen sollten. Der neu
konstruierte Bundesrat gehörte zu diesen
Überlegungen. Länder als Machtfaktoren
Die erste Sitzung des Bundesrates am 7.
September 1949 in Bonn, dauert gerade einmal
41 Minuten. Sie soll, vier Jahre nach dem
Ende des 2. Weltkriegs, die Umkehr zur
Demokratie einleiten.
Aus den Reden
der Bundesratspräsidenten lässt sich
dieser Anspruch immer wieder herauslesen,
vor allem im ersten Jahrzehnt. Der erste
Präsident der Kammer, der
nordrhein-westfälische Ministerpräsident
Karl Arnold (CDU), plädierte in der Auftaktsitzung
1949 für einen starken Bundesrat mit dem
Argument, eine Verfassung könne nicht „an
den vorhandenen Machtfaktoren“ vorbei gebaut
werden, und die Länder seien als
Machtfaktoren nach der totalen Niederlage
„als erste wieder in Erscheinung getreten“.
Diese Sichtweise einer Gründung der Republik
von den Ländern her hat sich in den Debatten
des Bundesrats über tausend Sitzungen hinweg
bis heute gehalten.
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