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Kirchen und Gemeinden
Bahnhofsmission Duisburg: 100 Jahre Arbeit mit Reisenden und Hilfsbedürftigen am Hauptbahnhof

Duisburg, 2. Juli 2012 - Es begann mit den jungen Frauen vom Lande, die Anfang des letzten Jahrhunderts massenhaft in die Großstädte kamen und oft schon am Bahnhof den sprichwörtlichen Mädchenhändlern in die Hände fielen. Zu ihrer Rettung entstand am Ostbahnhof in Berlin 1894 die erste Mission. Der Dienst wurde ausschließlich von Frauen, streng nach Konfession getrennt, versehen.

 

Bürgerverein Duisburg-Neudorf ehrte Mitarbeiter der Bahnhofsmission auf seinem traditionellen Neudorfer Empfang am Sonntag, 11. Januar 2009 im Silberpalais.

Laudatorin war die damalige Bundestagsabgeordnete Petra Weis (SPD, links im Bild, rechts Bahnhofsmissionsleiter Torsten Ohletz).
Gewürdigt wurde insbesondere die offene soziale Arbeit, die von beiden großen Kirchen getragen wird.
Nach einem historischen Rückblick auf die Geschichte der Mission, hob Frau Weis insbesondere das unermüdliche Engagement der 50 Aktiven der Duisburger Mission hervor, die heute gesamtgesellschaftliche Aufgaben erfülle. Alleine im Jahr 2007 waren es 32.000 Kontakte von Hilfesuchenden! Man sollte im Zuge der Renovierung auch ein Augenmerk auf eine Renovierung der Missionsräume werfen, so die Neudorfer Bundestagsabgeordnete damals. Was die Mitstreiter der Mission am 24. Juli 20110 zur Loveparade leisteten, war einer erneuten Ehrung wert. haje

 

Wer Weichen stellt, der gibt eine Richtung vor. Die Deutsche Bahn AG befördert Menschen. "Die Bahnhofsmission gibt es seit 96 Jahren in Duisburg und seit 60 Jahren in denselben Räumlichkeiten. Früher gab es noch das Deutsche Rote Kreuz am Osteingang des Bahnhofes. Das DRK ist aber inzwischen weg. Früher wurden wir - aufgrund unseres Logos - auch noch häufiger damit verwechselt," berichtet Bodo Gräßer, neben Torsten Ohletz einer der Leiter der kirchlichen Einrichtung "Bahnhofsmission".
"Die Bahnhofsmission ist eine Hilfsorganisation mit kostenlosen Anlaufstellen auf knapp 100 Bahnhöfen in Deutschland. Weitere Bahnhofsozialdienste mit ähnlichen Aufgabenfeldern existieren in Frankreich, der Schweiz, in Österreich und weiteren Ländern Europas. Hilfsangebote Die Bahnhofsmissionen in Deutschland bieten ihre Hilfe grundsätzlich jedem Menschen anonym und kostenlos an und meist zu Tageszeiten, an denen andere soziale Hilfen nicht verfügbar sind. Das Hilfsangebot ist niederschwellig, für seine Nutzung sind weder bestimmte persönliche Voraussetzungen noch bestimmte Problemlagen erforderlich.
Das Hilfsangebot reicht meist von kleineren Hilfen (Pflaster, Fahrplanauskünfte, Hilfe beim Ausfüllen von Antragsformularen) über Reisehilfen (für ältere Menschen, Kranke und Behinderte, Frauen mit Kinderwagen, alleinreisende Kinder) bis hin zu verweisenden sozialen Hilfen (Vermittlung in Therapieeinrichtungen, Vermittlung an die zuständigen Ämter und Behörden). Die von den einzelnen Bahnhofsmissionen angebotenen Hilfen variieren zum Teil sehr stark. Während einzelne Bahnhofsmissionen über einen oder zwei Sozialarbeiter verfügen und dementsprechende Hilfen anbieten können, stehen anderen Bahnhofsmissionen ausschließlich ehrenamtlich Mitarbeitende zur Verfügung. Über die bei weiten Bevölkerungsteilen bekannten Hilfen hinaus machen einige Bahnhofsmissionen spezielle Angebote, beispielsweise für Straßenkinder, Prostituierte und Senioren oder alleinreisende Kinder in den Zügen.

Geschichte der Bahnhofsmission
Die erste evangelische Bahnhofsmission wurde 1894 in Berlin durch den Pfarrer Johannes Burckhardt gegründet (1897 eröffnete in München die erste katholisch-evangelische Bahnhofsmission), ursprünglich um Frauen Schutz und Hilfe zu bieten, die im Zuge der Industrialisierung in die Städte zogen. Die vom Land stammenden Frauen suchten nach Möglichkeiten, ihren Lebensunterhalt in den Städten als Arbeiterinnen in Fabriken der Metall- und Blechindustrie oder in Anstellungen als Dienstmädchen zu verdienen.
Dabei gerieten viele Mädchen und junge Frauen an unseriöse Arbeitsvermittler mit zweifelhaften Absichten, die ihnen Arbeit und Unterstützung bei der Unterbringung anboten, was aber nicht selten in Ausbeutung und/oder Prostitution endete. Bereits seit 1882 unterstützten Frauen in Deutschland ratsuchende Mädchen bei der Suche nach Arbeit und Unterkunft. Diese Frauen hatten sich nach dem Vorbild der aus der Schweiz stammenden Bewegung "Freundinnen junger Mädchen" organisiert. In Zusammenarbeit mit lokalen Trägern wurden vor Ort erste Bahnhofsmissionen gegründet - als Beistand für junge Frauen und, um dem Mädchenhandel entgegenzuwirken.
Trägerverein der Evangelischen Deutschen Bahnhofsmission war der Internationale Verein der Freundinnen junger Mädchen unter der Protektion der Kaiserin Auguste Viktoria. Trägerverein der Katholischen Bahnhofsmission war der Deutsche Nationalverband der katholischen Mädchenschutzvereine. Auch der Jüdische Frauenbund war auf diesem Gebiet tätig. Bereits einige Jahre später erweiterte die Bahnhofsmission das Angebot um allgemeine Hilfen für Reisende. In dieser Zeit betrieben die Evangelische und die Katholische Kirche strikt getrennte Bahnhofsmissionen. 1910 wurde schließlich die Konferenz für Kirchliche Bahnhofsmission in Deutschland (KKBM) gegründet, die die Zusammenarbeit zwischen evangelischer und katholischer Bahnhofsmission verstärkte.
Auf diese Weise entstand die erste und somit älteste ökumenische Struktur auf dem Gebiet der offenen sozialen Arbeit. 1911 warben die Bahnhofsmissionen in den Zugabteilen der 3. und 4. Klassen jedoch erstmals mit gemeinsamen Plakaten für ihre Arbeit. 1912 gab in 90 deutschen Städten Bahnhofsmissionen. Der Erste Weltkrieg brachte eine Zäsur: Internationaler Frauenhandel kam zum Erliegen und Deutschland fiel als Transitland für diese Zwecke aus. Neues Tätigkeitsfeld der Missionsarbeit wurde die Betreuung Arbeitsloser, die Schützengräben an der Front ausheben mussten, von Frauen, die als Munitionsarbeiterinnen in andere Städte verpflichtet wurden.

Nach dem Weltkrieg betreuten die Bahnhofsmissionen Flüchtlinge, Vertriebene und zurückkehrende Soldaten. Erstmals wurden neben ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die von nun an verstärkt Fort- und Weiterbildungen erfuhren, auch hauptamtliche Arbeitskräfte in den Bahnhofsmissionen eingesetzt. In den Jahren vor der Machtergreifung waren es Landhelfer, alleinreisende Kinder und arbeitslose Jugendliche, auf die sich das Augenmerk der Bahnhofsmissionen am meisten richtete. Auf Grund der Gleichschaltung der Hilfsorganisationen und der Verdrängung der Arbeit konfessioneller Einrichtungen während des "Dritten Reiches" wurde die Arbeit der Bahnhofsmissionen massiv behindert. 1939 wurden die Bahnhofsmissionen im "Dritten Reich" endgültig verboten. Die Aufgaben übernahm die NS-Frauenschaft. Bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen einige Bahnhofsmissionen ihre Arbeit wieder auf, vielfach in provisorischen Unterkünften, beispielsweise in ausgedienten Eisenbahnwaggons auf den Bahnhofsgeländen.
Das zweite Verbot der Bahnhofsmissionen fand in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts statt. Es betraf die Einrichtungen in der DDR unter dem Vorwurf der Spionage für den Westen. Ab den 60er Jahren erweitern die Bahnhofsmissionen ihr Hilfsangebot in der Bundesrepublik verstärkt um Reisehilfen für ältere Menschen, denen es oftmals schwer fällt, allein zwischen zwei Zügen umzusteigen und gleichzeitig ihr Gepäck zu transportieren.

Während der 70er Jahre gehören immer öfter Arbeitslose zum Klientel der Bahnhofsmissionen; sie vermitteln keine Arbeitsplätze, bieten aber Hilfe bei den unterschiedlichsten Folgeerscheinungen der Arbeitslosigkeit (z.B. Alkoholkrankheit, Überschuldung). Ab den 80er Jahren kommen Aussiedler und Asylbewerber zum Klientel hinzu. Während der 90er Jahre werden die Bahnhöfe in Deutschland verstärkt mit Automaten ausgestattet, was viele Reisende vor Probleme stellt, da sie die Geräte nicht bedienen können. Der mit der Automatisierung einher gehende Personalabbau verstärkt die Probleme. Die Bahnhofsmissionen erweitern ihr Hilfsangebot erneut und tragen dazu bei, Menschlichkeit am Bahnhof zu erhalten. Organisation in Deutschland Die Bahnhofsmission wird gemeinsam von der evangelischen und katholischen Kirche mit ihren Organisationen Diakonie, Caritas und IN VIA sowie deren regionalen und lokalen Unterorganisationen betrieben. Die Bahnhofsmissionen in Deutschland sind in folgenden Verbänden organisiert:
* Konferenz für Kirchliche Bahnhofsmission in Deutschland (bundesweit, ökumenisch)
* Bundesarbeitsgemeinschaft der Katholischen Bahnhofsmissionen in Deutschland (bundesweit, katholisch)
* Verband der Deutschen Evangelischen Bahnhofsmission e.V. (bundesweit, evangelisch)
* Diözesan-/Landesverbände IN VIA Katholische Mädchensozialarbeit e.V. oder Diözesan-Caritasverbände (regional, katholisch)
* Landesgruppen der Evangelischen Bahnhofsmission (regional, evangelisch) Finanzierung Die Arbeit der Bahnhofsmission wird zum Großteil aus Kirchensteuereinnahmen über die regionalen und lokalen Trägerorganisationen und aus direkten Spendenmitteln finanziert.
Die Bahnhofsmission verfügt als einzige Institution über das Recht, ohne größeren Verwaltungsaufwand an Bahnhöfen in Deutschland zu sammeln. Das breite Spektrum der Arbeit der Bahnhofsmissionen und die teilweise ausgedehnten Öffnungszeiten der Einrichtungen ermöglicht aber vorrangig der Einsatz der ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die etwa 90 Prozent der bundesweit über 2.000 Mitarbeitenden der Bahnhofsmission stellen," beschreibt die Internetenzyklopädie Wikipedia die Bahnhofsmission.
"Wir in Duisburg bieten die klassischen Angebote wie Hilfe beim Bedienen von Automaten oder Ein- und Ausstiegshilfen. Es gibt aber beispielsweise auch einen Wickelraum für Babys. Außerdem bieten wir Leuten in schwierigen Lebenslagen Hilfe zur Selbsthilfe, nennen Adressen von Hilfsangeboten und ermutigen die Ratsuchenden, dort hinzugehen. Wir haben eine riesige Liste mit Kontaktadressen. 
Daher sind wir keine Konkurrenz zu den Angeboten der Bahn. Es ist eher so, daß wir uns ergänzen," berichtet Gräßer. "Wir sind an dieser Stelle ein Seismograph für gesellschaftliche Veränderungen. Leute in finanziellen Notlagen kommen genauso zu uns wie die Kinder aus der Straßenkinderszene." Träger dieser lobenswerten Einrichtung sind das Diakonische Werk und die Caritas. 45 ehrenamtliche Mitarbeiter sind in der Duisburger Bahnhofsmission, die eine von rund 100 in ganz Deutschland ist, tätig. Rund 32.000 Kontakte gab es im Jahre 2007. Die Öffnungszeiten sind von montags bis freitags von 7.30 bis 19.30 Uhr sowie samstags und sonntags von 7.30 bis 14 Uhr. Die Räumlichkeiten liegen ganz in der Nähe des Informationsschalters am Haupteingang.